Problem von Anonym - 33 Jahre

Totaler Familienstreit

Hallo Bernd, also es war so, dass meine Schwester einen Kuchen backen wollte, da sie nicht so gerne bäckt hat sie mich gefragt ob ich mitmache. Das hab ich dann auch getan, hab die Zutaten besorgt und bin dann zu Ihr gefahren. Der Kuchen war fertig und ein Teil davon verzehrt, die Küche ebenfalls wieder i.O, da wollte ich mich auf den Heimweg machen und Ihre Frage war: \"Und was ist mit dem Kuchen?\" Ich sagte den kannst Du ja mit in die Schule nehmen (sie macht ein BWL Studium), da meine Kinder diese Art von Kuchen nicht mögen und ich persönlich auch kein Kuchenfreund bin. Das passte Ihr nicht und sie machte mich wieder mit irgendwelchen Sprüchen blöd an. Daraufhin hab ich beschlossen mich weder von Ihr noch von meinem Vater so minderwertig behandeln zu lassen.
Früher telefonierten wir täglich, dass heißt ich rief sie jeden Tag mindestens 1x an um zu quatschen. Ab diesem Tag tat ich dies nicht mehr und umgekehrt rief sie auch nicht an.
Das Wochenende darauf bin ich mit den Kindern zu meiner Mutter gefahren (meine Schwester wohnt im selben Haus).
Meine Schwester kam dann aus Ihrer Wohnung zu unserer Mutter, aber einen Guten Tag wünschte sie nicht. Daraufhin sagte ich auch nichts und ignorierte sie einfach und unterhielt mich so gut es ging mit meiner Mutter. Es kamen immer wieder Spitzen von Seiten meiner Schwester, welche ich versuchte zu ignorieren und mich nicht provozieren zu lassen.
Dies war der eigentliche Auslöser für die jetzige Siuation!
Da meine Schwester wahrscheinlich bemerkte mich so nich aus der Reserve locken zu können kam sie auf eine ganz miese Tour. Meine Schwester und meine Mutter liehen mir einen größeren Geldbetrag, welchen ich nach mündlicher Vereinbarung in monatlichen Raten zurück zahle. Nun meinte meine Schwester sowie auch meine Mutter sie wollen den Betrag in einer Summe zurück. Sie wissen beide das dies eine Sache der Unmöglichkeit für mich ist und setzten mich nun damit unter Druck. Mir ist klar, dass sie mir eigentlich nichts können, da ja keine schriftliche Vereinbarung vorliegt und ich die Raten auch einstellen könnte, doch ich halte mich weiterhin an die Abmachung. Aber es belastet mich schon sehr, wenn ich die Möglichkeit hätte würde ich natürlich die Summe sofort tilgen damit ich endlich Ruhe vor Ihnen habe. Ich weis das es sie ärgert, dass ich mich nich mehr melde, aber ich bin in einem Alter wo ich mich nich mehr wie ein Kleinkind oder einen pupertierenden Teenager behandeln lassen muß und es ärgert sie denke ich maßlos, dass sie nun ihre eigenen Probleme anschauen müssen, da ich ja nicht mehr als Prellbock zur Verfügung stehe.
Und trotzdem seh ich momentan keine Lösung, es für mich und die Kinder erträglicher zu machen.

Bernd Anwort von Bernd

Liebe Unbekannte,

Danke dafür, dass Du mir eine zweite Chance gibst.

Dass Deine Eltern über Euren Streit ihre eigenen Enkel vergessen, bzw. die Kinder mit leiden lassen, finde ich besonders schlimm.

Du hattest Recht: Dein Streit mit Deiner Schwester ist euer beider nicht würdig!
Deshalb ist er aber längst noch nicht lächerlich!

Denn es zeigt, an welchen Nebensächlichkeiten wir alle uns bisweilen aufhängen, wo wir doch eigentlich etwas ganz anderes zum Ausdruck bringen wollen.

Du schreibst, dass Dich Deine Schwester ?wieder blöd angemacht hat?. Das bedeutet aber doch, dass schon vor diesem einen Streit irgendetwas zwischen euch geschwelt hat?

Wodurch schafft es Deine Schwester, dass Du das Gefühl hast, als ?minderwertig? behandelt zu werden?
Womit versucht Dich Deine Schwester aus der Reserve zu locken? Und schafft es doch, Dir Deine Ruhe zu nehmen und Dein Selbstwertgefühl anzukratzen?

Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass jeder von euch beiden dem Anderen irgendetwas neidet!?

Oft ist es ja so, dass wir den Anderen genau dort und in dem zu verletzen versuchen, was uns selbst am meisten fehlt.
Was wir selbst gerne hätten, machen wir dem, dem wir es neiden, möglichst madig.
Damit der sich dann auch nicht mehr richtig daran erfreuen kann.

Du hast ein eigenes Zuhause und Kinder, die Deinem Leben einen ganz eigenen, schönen Sinn und einen hohen Wert geben. Du hast allen Grund, stolz auf Dich zu sein.

Deine Schwester studiert und wohnt noch bei den Eltern.
Sie hat wahrscheinlich einige Freiheiten, die Dir als Mutter vorenthalten bleiben.

Aber dafür hängt sie mit ihrem ganzen Leben, mit ihrer Zukunft auch irgendwie noch vollkommen in der Luft, wo Du schon festen Boden unter den Füßen hast:

Dein Leben hat einen Sinn. Einen schönen und wertvollen Sinn.
Den muss Deine Schwester ihrem Leben erst noch geben!

Du schreibst nichts, was mich erkennen lässt, aus welchem Grund es Dir schwer fällt, einfach ?über? den Spitzen und der Anmache Deiner Schwester zu stehen.
Warum es Dir an der inneren Ruhe und Gelassenheit fehlt, die Schwester zu ertragen und Deinen Eltern die Enkel wieder näher zu bringen.

Du kennst den Spruch: ?Was kümmert es den Mond, wenn ihn ein Hund anbellt?. ?

Eigentlich hast Du Grund genug, ein wenig Mitleid mit Deiner Schwester zu haben.

Und das sollte es Dir auch ermöglichen, von Deiner Seite aus den ersten Schritt auf sie und Deine Eltern zuzugehen. Voller begründetem Selbstbewusstsein.

Du hast natürlich Recht damit, dass Du Dich nicht wie ein Kleinkind oder einen pubertierender Teenager behandeln lassen musst!

Aber unsere wirkliche Reife beweisen wir unserer Umwelt oft erst dadurch, dass wir uns wirklich nicht durch deren kleine ?Spielchen? verunsichern lassen und dass wir bereit sind, über kleinlicher Streiterei zu stehen, ohne frustriert und beleidigt den Rückzug anzutreten.

Schon um Deiner Kinder willen solltest Du Dir in aller Ruhe einmal überlegen, was wirklich der Grund für Deine Schwester sein könnte, Dich ?runterputzen? zu wollen. Was neben dem Kuchen tatsächlich zwischen euch beiden stehen könnte. Womit sie Dich immer wieder zu provozieren versucht.

Und wenn Du darin erkennen kannst, dass es ?die Sache nicht wert ist?, darüber zu streiten:

Springe über Deinen Schatten und gebe ihr die Hand!

Besser und einfacher kann kein Mensch sich selbst und anderen beweisen, dass er wirklich reif und erwachsen ist.

Ich wünsche Dir viel Mut.

Und Dir und Deinen Kindern viel Glück auf eurem weiteren Weg.

Von ganzem Herzen,

Bernd