Anwort von Sarah Z.

Hallo liebe Unbekannte,

ich danke dir sehr für deine Mail.

Ich finde es super klasse, dass du dich so sehr um deine Freundin bemühst und für sie da sein magst. Sowas ist wirklich nicht oft und sie kann sich sehr glücklich schätzen dich zu haben.

Weißt du, ich war selbst lange an der Bulimie erkrankt und kann dir nur sagen, wenn man den eigenen Willen nicht hat, gesund zu werden, dann ist jede Hilfe zwecklos. Das heißt aber nicht, dass du aufhören sollst ihr bei zu stehen. Das ist in der Zeit das Wichtigste was man braucht.

Hast du ihr schon mal einen Breif geschrieben, in dem du all deine Gefühle, Befürchtungen, Ängste und Meinungen aufgeschrieben hast? Das fände ich super wichtig, denn dann hat sie etwas, was sie sich nicht nur anhört, sondern selbst in den Händen hält. Das ist noch mal etwas ganz anderes.
Auch du kannst dir alles mal von der Seele reden und wirst dich dann sicherlich auch freier fühlen.

Diese Ohnmacht, die man als Außenstehender hat ist mehr als furchtbar. Man sieht einen, für sich sehr wichtigen Menschen, in sein Unglück rennen und kann nichts machen.
Scheu dich nicht ihr alles was du denkst über sie und die Krankheit zu sagen. Was denkst du, wenn du die siehst? Klappergestell? Haufen Elend? Sag ihr das.

Was mich immer abgeschreckt hat war, wenn mir das Menschen gesagt haben,die mir wichtig sind, dass ich furchtbar aussehe oder das sie mich so nicht kennen, sie es schrecklich finden und es nicht wollen, dass es mir so schlecht geht.
Ich habe irgendwann gemerkt, dass es denen noch viel schlechter geht als mir.

Ja, bei vielen fängt es mit einer Diät an und endet eben in der Magersucht. weißt du, wenn du viele Wochen über nichts gegessen hast, hast du auch kein Hunger - und Sättigungsgefühl und das wieder zu bekommen ist wie als wenn du wieder laufen lernen würdest. Du weißt nicht mehr, wie Sachen schmecken, welche gut für dich sind und welche eben nicht. Das ist hart, aber leider für die Menschen die Realität.

Zeige ihr, dass du immer präsent bist, besuche sie so oft du kannst in der Klinik. Und auch kannst du ihr sagen: Hey, schau mal, so weit ist es schon gekommen, dass du nun hier bist. Sieh endlich ein, dass du wirklich krank bist! Aber bitte nicht als total Vorwurfston.
Gehe raus mit ihr in den Park und versuche ihr zu zeigen, was sie alles verpasst, wenn sie sich weiter so runterhungert.

Wenn sie bald wieder anfangen sollte zu essen, dann sag auch bitte nicht, dass sie noch mehr essen soll, sondern, dass du es super findest, dass sie etwas gegessen hat, denn für viele essgestörte Menschen ist schon eine halbe Möhre wie für uns 10 Scheiben Brot.

Wenn du magst und die Zeit es zulässt, dann versuch sie doch mal zu animieren und zeige ihr auch die schönen Zeiten. Ich weiß nicht, was sie gerne macht, aber vielleicht ist das auch in der Klinik möglich. Das fand ich damals immer wieder schön.

Sie kann wirklich stolz auf dich sein, so eine Freundin zu haben, die sich so super um sich kümmert. Ich finde es echt klasse von dir.

So, das ist alles was mir nun so eingefallen ist, ich hoffe, dass ich dir etwas helfen konnte.

Wenn du magst, dann schreibe mir doch noch mal und erzähle mir, wie es weiter gegangen ist.
Dir alles Liebe
Sarah Z.