Problem von K. - 20 Jahre

Liebe wird zu Hass

Hallo.
Ich bin 20 Jahre. Ich studiere, habe einen Freund, keine größeren Probleme in der Familie und auch keine materiellen Probleme. Eigentlich ist vieles sehr schön in meinem Leben. Aber eine Sache will mich einfach nicht loslassen.

Vor 7 oder 8 Jahren habe ich in der Schule ein Mädchen, kennen gelernt. Wir verstanden uns von Anfang an sehr gut, egal worum es ging. Wir konnten über alles reden. Musik, Jungs, Familie... Alles. Sie wurde meine beste Freundin. Ich war täglich bei ihr. Ihre Eltern und ich waren auch sehr gut befreundet. Wir waren 2 Mal zusammen im Urlaub. Dank ihr durfte ich mit 16 Jahren das erste Mal auf ein Musikfestival gehen. Sie war mein ein und alles... Weiß nicht. Sie war, glaub ich, der erste Mensch, den ich wirklich geliebt hab, der mir über alles wichtig war. Ich hätte alles für sie getan und sie für mich. Mit den Jahren haben wir auch einen Freundeskreis um uns bekommen von ca. 10-15 Leuten. Ich kenne jeden von ihnen sehr gut, wie sie ticken und so weiter. Auch heute noch, seit fast 8 Jahren besteht dieser Freundeskreis. Wir alle wissen, dass diese Freundschaft sehr wichtig und nicht normal ist, darum pflegen wir sie auch, sehen uns an den Wochenenden. Nach dem Abitur sind die meisten aus dem Freundeskreis erst einmal ins Ausland. Auch meine beste Freundin. Das hat mich damals tödlich gekränkt. Ich hab mich abgewiesen gefühlt, als ob ich es nicht wert wäre da zu bleiben. Aber sie ist gegangen, ich musste es halt akzeptieren. Das Jahr, in dem die anderen gefaulenzt haben, habe ich begonnen zu studieren. Jetzt ein Jahr später beginnen auch die anderen zu studieren. Viele meiner Freunde aus der Clique studieren in der selben Stadt, wie ich. Aber meine (ehemals) Beste und eine zwei andere Freund ziehen in eine Stadt 120km weg von meiner. Weil es dort \"viel bessere Studienbedingungen als an dieser Dorf-Uni\" gibt.
Als ich von diesen Plänen erfuhr, war das wie ein Schlag ins Gesicht. Ich bin nicht gut genug. Ich bin es nicht wert hier zu wohnen. Warum brauchen wir K.?
Nach diesem Entschluss, wurde ich sehr abweisend zu meiner damaligen besten Freundin. Ich gehe weg, wenn sie über ihre neue Wohnung reden und ich mache auch oft provozierende Kommentare. Aber irgendwie, will ich, dass es ihr genau so schlecht geht, wie mir. Ich will, dass auch sie gekränkt ist und sich abgewiesen fühlt.. aber ich glaube, dass sie das nicht tut, vielleicht hat ihr die Freundschaft nie so viel bedeutet wie mir?!
Ich weiß, dass ich hier der Knackpunkt bin. Mich nicht so aufführen sollte. Aber ich bin so sauer. Sicherlich wäre es auch das Beste, wenn ich mit ihr darüber rede. Aber ich will es gar nicht. Ich will grantig zu ihr sein :( Ich weiß, dass sie genau weiß, was los ist. Aber auch sie spricht es nie an. Sie versucht sehr oft so zu tun, als wäre alles wie früher... ich hasse das, weil wir beide wissen, dass es nie mehr so sein wird. Wir haben uns noch nie wirklich laut gestritten, es ist eher so etwas leises, was viel tiefer geht als ein Streit. Einmal fing sie an mit \"K.! Ich geb mir doch Mühe , jetzt mach es mir nicht so schwer.\" Da habe ich dann so getan, als ob ich nichts wüsste... Und das sie mich in Ruhe lassen soll.
Ich habe es auch schon probiert sie einfach zu ignorieren.. aber dadurch, dass wir den selben Freundeskreis haben und dass die anderen sie als eine Art \"Super-Woman\" (alle wollen am Wochenende machen, was sie will.... solange sie etwas macht, ist es cool *blablabla*) sehen... macht es mich jedes mal trauriger, wenn ich merke, dass auch sie den anderen wichtiger ist, als ich es bin. (Ich bin halt nich so super toll wie sie.)

Ich weiß, dass ich viel an der Situation ändern könnte. Aber ich bin ehrlich gesagt nicht bereit dazu :( Mein Freund sagt, ich solle es nicht so persönlich nehmen. Ich versuch es ja. Aber dann kommt immer wieder was neues, was mich ärgert (z.B. dass sie mich zum Geburtstag nicht mal angerufen aht, sondern nur ne kleine SMS kam...)

Wir sind über die Zeit so anders geworden... hören andere Musik, sie liebt andere Länder und will reisen (wie sie es schon einmal tat), ich möchte eine Familie haben und ein Leben aufbauen. Sie tut so, als wäre in diesem Jahr studieren DIE Aktion *uhh wie aufregend...und endlich ne eigene Wohnung* Toll?! Das hab und mach ichs chon seit einem Jahr.

Ich habe sie damals geliebt, heute hasse ich sie. Ich wünsch ihr, dass ihr nur Pech wiederfährt... freue mich über ihre Missgeschicke :(
Ich weiß. Das ist wirklich total gemein und scheiße von mir. Aber ich weiß nich, wie ich über diese ganze Sache drüber weg kommen kann... ich bin ja auch fast jedes Wochenende mit dieser Situation konfrontiert.

Wie reagiere ich, wenn ich mich wieder gekränt fühle? Kann ich die Situation, die langsam zu kochen beginnt noch retten? Ich möchte meinen Freundeskreis nicht aufgeben, er bedeutet mir viel.

Was kann ich nur tun? :(

Marie Anwort von Marie

Liebe Ratsuchende,

ich kann so gut verstehen, wie du dich fühlst!
Bei mir war es ähnlich: Nach dem Abi ist mein bester Freund, den ich durch die Schule kennen gelernt hatte und der mir wahnsinnig viel bedeutet hat, ins Ausland gegangen. Als er wiederkam, hatten wir noch ein paar Monate zusammen und dann ist er in eine andere, knapp 400 km entfernte Stadt gezogen.

Das hat mich damals wahnsinnig verletzt. Ich hatte dieselben Gedanken wie du: Warum tut er mir das an? Wenn ich ihm wirklich etwas bedeuten würde, würde er doch hier bleiben. Ich bin schließlich auch nicht weggezogen, sondern wegen meiner Freunde hier geblieben.
Immer, wenn es um das Thema ging, habe ich sehr empfindlich reagiert. Ich fand es wahnsinnig ungerecht, dass ich darunter leiden musste und er, der mir das antat, nicht. Jedes Gespräch mit ihm lief unweigerlich auf dieses Thema hinaus, bis er irgendwann gar keine Lust mehr hatte, sich mit mir zu unterhalten. Die Diskussionen waren natürlich ziemlich sinnlos, weil unsere Standpunkte einfach völlig unterschiedlich und unvereinbar waren. Er wollte eben weg, ich wollte, dass er bleibt. Aber was sollte ich tun? Ich konnte ihn nicht überreden, hier zu bleiben. Er hatte seine Entscheidung getroffen und die musste ich akzeptieren.
Ich habe auch überlegt, ob ich einfach anfangen soll ihn zu hassen und nur noch wütend auf ihn zu sein, damit es mich nicht mehr so verletzt. Das ist genau das, was du jetzt tust, und es ist vollkommen verständlich. Du fühlst dich verletzt, gekränkt, zurückgewiesen und willst natürlich "Rache": es soll ihr genauso schlecht gehen wie dir. Du glaubst, wenn es dir gelingen würde, sie zu verletzen, würdest du dich wieder stärker fühlen und nicht so schwach und hilflos wie jetzt.

Die andere Möglichkeit, wie du damit umgehen kannst, besteht darin, ihr zu verzeihen.
Sie ist auch nur ein Mensch und es ist einfach menschlich, andere mit dem eigenen Verhalten auch mal zu kränken und zu verletzen. Sie ist nicht perfekt.
Kannst du ihr das vergeben?

Mach dir eins immer wieder bewusst: Sie tut das alles nicht, um dich abzuwerten oder dir wehzutun. Sie tut es, weil sie einfach andere Vorstellungen vom Leben hat als du. Sie will weg, weil sie denkt, dass es woanders besser ist als hier und vielleicht auch, weil sie vor irgendetwas fliehen möchte, z.B. vor der Enge ihrer Familie. Du hingegen suchst Beständigkeit und bist mit dem zufrieden, was du an deinem jetzigen Wohnort hast.
Wenn du von ihr erwartest, dass sie nur dir zuliebe hier bleibt, obwohl sie das eigentlich nicht möchte, dann könnte sie theoretisch auch von dir erwarten, dass du ihr zuliebe mit in die neue Stadt ziehst. Und ganz ehrlich: Das würdest du auch nicht machen, oder?
Im Grunde ist alles, was man ihr vorwerfen kann, dass sie an dieser Stelle ihr eigenes Wohl über deines stellt. Das ist vielleicht nicht edelmütig und selbstlos, aber es ist menschlich. Und es bedeutet nicht, dass du ihr nicht wichtig bist.

Wenn du ihr verziehen hast (falls du das möchtest), dann kannst du danach das Gespräch mit ihr suchen und ihr erklären, dass dich das einfach wahnsinnig verletzt hat und du dich deswegen manchmal so verhalten hast. Wenn du dir wünschst, dass eure Freundschaft erhalten bleibt, dann sage ihr das auch so und trage selbst dazu bei, dass ihr auch weiterhin regelmäßig Kontakt habt (euch gegenseitig besucht, miteinander telefoniert etc.) Du hast Recht: Es wird nicht genauso sein wie früher. Aber es ist möglich, eine Freundschaft, die einem viel bedeutet, trotzdem aufrecht zu erhalten, auch wenn man an unterschiedlichen Orten lebt.
Ich schreibe einfach mal, wie es mit mir und meinem besten Freund weitergegangen ist: Immer, wenn er hier ist, sehen wir uns so oft und lange wie möglich, dazwischen telefonieren wir ab und zu. Wir können immer noch über alles reden und wenn wir uns sehen, ist es genauso wie früher. Wir sind immer noch beste Freunde und ich bin ihm immer noch mindestens genauso wichtig wie vorher (durch den Umzug hat er unsere Freundschaft sogar noch mehr schätzen gelernt). Wenn er nicht da ist, verbringe ich jetzt einfach mehr Zeit mit anderen Freunden und mit meinem Freund, und das ist vollkommen okay so.
Eure Freundschaft kann in Zukunft auch so aussehen, wenn ihr (insbesondere du) das möchtet und euch darum bemüht.

Ich wünsche dir alles Gute! :-)

Liebe Grüße,
Marie