Problem von Anonym - 14 Jahre

Depressionen/Selbstmordgedanken

Hallo liebes KuKa-Team.
Ich habe seit ungefähr zwei Monaten wiederkehrende Selbstmordgedanken und ich fühle mich \"leer\" und allein.
Mein Bruder ist von zu Hause abgehauen und nicht wiedergekommen (saß mehrmals in der JVA usw.). Ich erfahre ab und zu etwas über ihn durch meinen anderen Bruder, allerdings wird er von meinen Eltern gegen meinen Bruder aufgehetzt und sie beeinflussen ihn sehr, sodass ich neuerdings fast nichts mehr erzählt bekomme. Ausserdem scheint er mich nicht zu vermissen. Als ich ihn neulich in einer Community fand, zerbrach es mein Herz, weil ich wusste, dass eine Nachricht an ihn nichts bringen würde.
Dazu kommt, dass ich stark untergewichtig bin (ich hab keine Magersucht o.ä., das liegt bei uns in der Familie. Meine Eltern waren in meinem Alter auch beide untergewichtig u. haben jetzt beide Übergewicht ... Ich finde mich so auch nicht schön und würde lieber etwas mehr Rundungen haben). In meiner Klasse werde ich deswegen schief angeschaut und ein paar meine Klassenkameraden kapieren einfach nicht, dass ich auch schon weiß, dass mein Gewicht zu niedrig ist. Ihre ständigen Kommentare ziehen mich total runter.
In meiner Familie gibt es neuerdings auch immer wieder Stress mit meinem Stiefvater, der immer Pascha spielen muss und meine Mutter total unterbuttert. Das macht mich total fertig !
Ich bin versetzungsgefährdet und muss wahrscheinlich bald auf die Hauptschule, was mich zusätzlich runterzieht.

All das macht mich fertig und ich grenze mich selbst von allem aus. Ich werde immer wieder eingeladen auf Partys, Bälle und viele wollen was mit mir unternehmen. Allerdings sage ich immer Nein, grenze mich selbst aus etc. Und ich weiß nicht, warum ich das mache. Mein Rollo lasse ich auch immer geschlossen und mache selten Licht an, weil ich mich in der Dunkelheit sicher fühle. Wenn es Stress gibt, schließe ich meist meine Augen, ziehe meine Decke übers Gesicht oder so etwas. Ich habe wie gesagt auch Selbstmordgedanken und versuche, mich immer wieder zu ritzen. Ich habe wahrscheinlich Depressionen, aber ich kann mit niemandem darüber sprechen, meine Freunde lachen mich schon aus, wenn ich sage, dass ich nicht mehr leben will. Und mit meiner Familie kann ich sowieso über nichts sprechen. Ich würde gern Hilfe von Psychologen o.ä. bekommen, weil ich es allein nicht mehr schaffe, aber ich weiß nicht, wo ich mich melden kann und ob das überhaupt ohne die Zustimmung meiner Eltern möglich ist.

Bitte helft mir, ich weiß nicht mehr weiter und bekomm von keiner Seite Hilfe.

Liebe Grüße.

Dana Anwort von Dana

Liebe Unbekannte!

Zuerstmal: GUT, dass du dich nicht total einigelst, sondern versuchst, dir doch Hilfe zu holen. Nicht jeder schafft das, manche versanden einfach völlig. Dadurch, dass du dich auf Hilfe einlassen möchtest, sieht man, dass du durchaus eine Stärke hast, die dir vielleicht noch nicht bewusst ist. Du bist in der Lage, über dein Problem zu reden und forderst Hilfe ein. Das ist ein prima erster Schritt, bravo!

Und ja, es gibt durchaus Hilfe.

Momentan sind es ja mehrere "Baustellen", die in deinem noch jungen Leben auf dir lasten. Da ist die Familiensituation mit einem dominanten Stiefvater, mit einem nicht mehr bei euch lebenden, straffällig gewordenen Bruder, den du vermisst und von dem du glaubst, dass es ihn nicht interessiert, wie es dir geht. Da ist deine "Schlankheit", die Anstoß in der Klasse ist und da sind deine "Freundinnen", die lachen, wenn du ehrlich bist.

Bei den Freundinnen würde ich mich erstmal fragen, wie sehr Freundin sie wirklich sind. Wenn sie dich auslachen, kann das zwei Gründe haben: 1. sie sind überfordert mit der Situation, 2. sie nehmen dich nicht ernst. Ersteres ist verständlich. Freunde sind oft mit solchen komplexen Problemen überfordert, nimm ihnen das nicht übel. Zweiteres IST übel. Da würde ich mir überlegen, ob sie wirklich weiterhin meine Freundinnen sein sollten.

Was mir das mit den Freundinnen allerdings gezeigt hat, ist, dass du nicht alleine bist. Du scheinst also ein Mensch zu sein, den man gerne um sich hat. Das ist doch schon mal was sehr Schönes! Es ist wichtig, im ganzen Grau auch mal die Lichtblicke wahrzunehmen. Du bist jemand, den man gerne in seiner Mitte hat.

Gibt es denn vielleicht EINE Freundin, der du mal mehr erzählen kannst? Es wäre wichtig, dass sie eben NICHT über dich lachen, denn es ist ja eine ernste Sache. Sei ehrlich, erkläre, was bei dir gerade passiert. Erkläre aber auch, dass du nicht erwartest, dass du von deiner Freundin Hilfe bekommst. Sag nur, dass dir das Lachen wirklich weh tut, zumal es für dich ein sehr starkes Problem darstellt, was gerade so alles bei dir passiert.

Des weiteren würde ich dir zwei Dinge empfehlen:
1. probiere, Kontakt mit deinem Bruder aufzunehmen.
2. such dir einen Therapeuten/eine Therapeutin

Erstmal zu 2.:
Du fragtest oben, ob es überhaupt möglich sei, dass jemand in deinem Alter das in die Hand nimmt. JA, das ist möglich. Du kannst einfach bei Google mal den Namen deiner Stadt und "Psychotherapeut" oder "Psychologe" eingeben und wirst fündig. Ebenso kannst du "Psychiater" eingeben. Ein Psychiater ist dem Psychologen ähnlich, er hat nur eine komplette medizinische Ausbildung genossen und darf, wenn es nötig sein sollte, Medikamente verschreiben. Egal, welche Richtung du wählst, alle haben erstmal das Bestreben, dir in deinem Leben wieder auf die Beine zu helfen und dich im Alltag zu stärken. Und das ist das Wichtigste erstmal. Du brauchst wieder Kraft, die Baustellen angehen zu können. Und das tut man in ganz langsamen Schritten. Und es HILFT. Sehr sogar. Ich kann es dir nur wärmstens empfehlen. Du warst so ehrlich zu uns, obwohl du uns nicht kennst. Du kannst sicher auch ehrlich zu einem Menschen sein, der vom Fach ist, der solche Fälle kennt und der dich deshalb wirklich gut beraten kann. Hingehen, sagen, dass du kaum aus dem Bett kommst, dass du Suizidgedanken hast, dass du dich ritzt etcpp. Dich wird da keiner fressen, es wird dir geholfen.

Wichtig ist, dass du weißt, in welcher Krankenkasse ihr seid. Es kostet dich nämlich nichts, sondern wird mit der Kasse abgerechnet. Aber selbst, wenn du das nicht weißt, kannst du erstmal einfach hingehen. Die helfen dir auch dabei gerne. Und ganz klar: es ist NICHT PEINLICH, sich mal dort vorzustellen. Gar nicht. Die Seele ist ein sehr verletzliches menschliches Gut...und inzwischen weiß man das und geht es an. Nicht umsonst gibt es so viele Psychologen heutzutage und sie sind oft überlastet, weil so viele Menschen die Möglichkeit wahrnehmen.

So, nun zu 1., einer deiner Baustellen:
Ich würde wirklich einfach erstmal gucken, ob du mit deiner Einschätzung, deinen Bruder betreffend, überhaupt Recht hast! Vielleicht ist er einfach nur verbittert und will mit "daheim" nichts mehr zu tun haben. Wenn du ihm schreibst, dass du ihn vermisst und dass du dich freuen würdest, ab und an mal unverbindlich Nachricht von ihm zu kriegen, dann muss das nicht heißen, dass er sofort fluchend Dreck auf dich kippt. Es sollten keine Vorwürfe in deiner Nachricht enthalten sein, sondern einfach nur der unverbindliche Wunsch, dass der Kontakt ab und an wieder besteht. Schreib ihm herzlich und freundlich und guck, was passiert.

Wenn du durch psychologische Behandlung wieder gestärkt bist, wird sich auch das Problem mit der Schlankheit lösen. Schlank wirst du bleiben, aber die Kommentare werden dich nicht mehr stören. Du wirst sie ignorieren. Das tust du nur momentan nicht, weil in dir alles so wenig stabil ist. Das bessert sich mit der Therapie merklich.

Ich wünsche dir alles Gute und viel Erfolg!
Geh diesen Weg, den du jetzt eingeschlagen hast, weiter, er ist definitiv der richtige.

Liebe Grüße,

Dana