Problem von Anonym - 24 Jahre

Vergewaltigung

Hallo Kummerkasten-Team,

vielleicht könnt ihr mir ja weiterhelfen. Zuviele Gedanken habe ich mir gemacht ..

Ich wurde vor 7 Jahren in einer Nacht von zwei Männern vergewaltigt. Ich überlebte mit viel Schmerz diese Nacht nur änderte sich schlagartig meine Welt. Ich war nicht mehr Ich! Ich stand ein halbes Jahr vor meinem Abitur, verschlechtert mich extrem, dachte an den Tod und flehte (leider) sogar meine Mutter an mich von diesem Leben zu erlösen.. Um meine Lebensenergie zu finden und eine Therapie zu beginnen brach ich ein halbes Jahr vor meinem Abitur die Schule ab. Wir suchten einen Ausbildungplatz für sechs Monate später und in meiner "sechmonatigen Lebenspause" habe ich wieder Spaß an meinem Leben gefunden. Ich arbeite in einer Männerdomäne, so dass ich auch lernte mit Männern umzugehen und allein als Frau unter Männer ohne Angstzustände arbeiten kann. Ich denke, dass ich es einigermaßen verarbeiten konnte, doch es verfolgt mich... Bei Bewerbungsgesprächen wird prinzipiell gefragt, warum ich ein halbes Jahr vor meinem Abitur die Schule abgebrochen habe. Bis jetzt habe ich immer gelogen, umso mehr habe ich mich in Lügen verstrickt und umso mehr wurde mir von den Arbeitgebern Druck gemacht und Fragen gestellt.. Ich möchte meine Vergangenheit nicht mehr verleugnen müssen, auch bei neuen Freunden und Arbeitskollegen... Denn ich habe nicht einfach so das Abitur abgebrochen..wie es immer scheint. Ich war nicht faul oder hatte keine Lust...Wer weiß was mit mir geworden wäre wenn ich es nicht getan hätte.. vielleicht würde ich jetzt nicht mehr leben?! Wie kann ich am besten damit umgehen ohne dass ich ständig meine Vergangenheit verheimlichen muss.... Ich habe genug Folgen ertragen müssen z.B. dass ich keine längere Beziehung zustande bekomme..
Vielleicht habt ihr ja einen Ratschlag für mich?!

Anwort von Sabine

Hallo!

Es tut mir leid, was Dir damals passiert ist und ich kann gut nachvollziehen, dass es irgendwo immer noch einige Schwierigkeiten in Deinem Lebens deswegen gibt. Für andere kaum erkenntlich, aber für Dich sehr gravierend. Ich will Dir nichts vormachen. Was man erlebt hat und was einem passiert ist, kann man nicht vergesssen. Man kann lernen damit zu leben, wie Du es selber auch erkannt hast, aber vergessen kann man es nie. Der Schaden, den die Männer damals angerichtet haben durch die Vergewaltigung war nicht nur äußerlich, sondern innerlich ist eine viel größere Narbe geblieben. Glaube mir, dass kann ich sehr gut nachvollziehen. Diese Narbe ist nicht sichtbar für irgendjemanden. Wäre es eine Narbe, die auf der Haut liegen würde, würde Dich vielleicht jeder oder einige darauf ansprechen und fragen, was passiert ist. Bei dieser Narbe, die tief innen liegt, tut das aber keiner und so muß man lernen damit umzugehen. Ich weiß, dass das schwierig ist, denn es ist eine unangenehme Sache darüber zu sprechen. Dennoch ist es ein Teil von Dir geworden und es hat Dich verändert. Jedern neuen Partner den Du kennenlernst, mit dem solltest Du, wenn Du anfängst ihm zu vertrauen oder eine Zukunft darin siehst, darüber sprechen. Ich finde, dass es wichtig ist, dass er es von Dir erfährt und nicht irgendwann erst nach einer langen Zeit einer Beziehung. Ich weiß auch, dass es schwierig ist Menschen sowas zu erzählen, aber ich finde, dass ein neuer Partner es erfahren sollte um mit gewissen Situationen besser umgehen zu können. Für Dich ist es wichtig darüber zu reden, damit die Angst, dass es aufgrunddessen schief gehen könnte mehr abnimmt. Was die Bewerbungsgespräche betrifft, weiß ich nicht, ob ich es so direkt erzählen würde. Wahrscheinlich würde ich eine Umschreibung finden, welche Dritten dennoch klar machen kann, dass es einen Vorfall in meinem Leben gab in Verbindung mit Dritten, welcher Dein Leben kurzfristig verändert hat. So in der Art würde ich versuche es zu umschreiben. Es sind bei dem Bewerbungsgespräch ganz Fremde und in dem Fall würde ich es größer umschreiben, aber ehrlich bleiben. Dennoch sollten die Information ehrlich und aussagekräftig sein. Du wirst bestimmt eine Formulierung finden.
Nunja und was ein neuer Partner oder eine nue Beziehung betrifft, kann ich Dir eigentlich nur raten immer ehrlich zu sein. Du hast akzeptiert, dass es nun zu Deinem Leben gehört und das es passiert ist. Wenn Dich jemand nun kennenlernen möchte und Du spürst, dass er wirklich ernstes Interesse hat, dann solltest Du auch mit ihm darüber sprechen. Kann er damit leben oder umgehen, dann hat er wahres Interesse an Dir. Erschrickt es ihn oder reagiert er abnormal, dann war es auch nicht der richtige.
Ich weiß selber, dass es nicht leicht ist, aber je mehr Du darüber sprichst, ob mit Freunden oder Familie, je mehr wird es sich aus Deinem Kopf lösen. Wie gesagt, vergessen kann man es nie, aber man kann lernen damit zu leben.

Lieben Gruß