Problem von Jan - 15 Jahre

Ich komm zu nix

Hey,
Ich habe in der Grundschule nie lernen müssen, da alles von alleine ging und Hausaufgaben habe Ich damals auch nur _sehr_ widerwillig gemacht, weil Ich in ihnen keinen Sinn sah, da Ich ohne sie genau so gut war, nämlich konstant eins bis zwei. Das weiß ich, weil ich circa ein viertel Jahr lang verschwiegen habe, dass wir etwas auf bekamen, bis dann mal meine Mutter in der Schule anrief um nachzufragen. Deswegen hasse Ich sie immer noch. :D

Naja. Und jetzt auf dem Gymnasium in der neunten Klasse ist das eigentlich nicht großartig anders. Ich schreibe ohne zu Lernen oder Hausaufgaben zu machen locker Einser- und Zweierarbeiten. Die Hausaufgaben mache Ich entweder morgens schnell vor dem Unterricht oder schreibe sie ab, meine Klasse ist so sozial. ;)

Das klingt jetzt erst mal alles schön und jeder würde gerne mit mir tauschen, nur leider wirft das Probleme auf. Ich bin mittlerweile so daran gewöhnt, zu Hause nichts mehr zu machen, dass Ich es auch nicht machen will oder auch kann - das erörtere Ich gleich genauer - Wenn Ich es wirklich müsste.

Zum Beispiel komme Ich mit komplexeren Hausaufgaben, die man sich selbst einteilen soll, wie insbesondere Portfolios, gar nicht klar. Weil Ich das immer alles vor mir her schiebe und verdränge. Das gestaltet sich dann meistens so, dass Ich in der Nacht vor dem Abgabetermin durcharbeite, aber auch zu einem sehr respektablem Ergebnis komme. Aber so kann es ja nicht weitergehen.

Darum versuche Ich gerade an dem jetzigem Deutschportfolio (Schiller'S Erstwerk "Die Räuber") zu arbeiten, jedoch scheitere Ich kläglich. Ich sitze eine ganze Stunde vor dem Aufgabenblatt, springe von einer Aufgabe zur nächsten und wieder zurück und überfliege das Blatt und lese eine Aufgabe, verschiebe sie auf Später, lese eine andere, will sie gerade anfangen, nehme dann doch eine ganz andere und bearbeite am Ende keine.

Zudem habe Ich noch nicht mal die Lektüre gelesen. Warum auch. Klappt auch gut ohne. Es gibt Tante Google und Opa Wikipedia. Da steht alles, was Ich wissen muss und da steht auch alles, was Ich wissen muss, um die Aufgaben für das Portfolio zu bearbeiten.

Aber Ich kann einfach nicht anfangen. Stattdessen verstricke Ich mich in "Pseudo-Arbeit", wie das Gestalten des Layouts oder des Deckblatts und so weiter. Das sind nämlich Dinge, die Ich gerne mache. Und, dass Ich nur Dinge tue, die Ich gerne tue, sitzt mittlerweile so tief in mir drin, dass es mich in allen Lebenslagen blockiert.

Ein weiteres Beispiel dafür ist das Fach Französisch. Ich habe eine stark ausgeprägte Hochbegabung unter anderem im Bereich des Sozialen, sowie der Kommunikation und insbesondere der Sprache. Ich spreche Deutsch und Englisch fließend, als auch Spanisch, Italienisch und Arabisch ein wenig (meine Tante spricht Italienisch und Arabisch, daher kann Ich diese Sprachen).

Jetzt würde wieder jeder gerne mit mir tauschen und sagen: "Ja, da ist Französisch doch ein Klacks!" Setzen wir das in den Konjunktiv. Es wäre ein Klacks. Aber, meine Französischlehrerin - das klingt jetzt arrogant, aber es ist treffend - hat es sich mit mir verspielt. Ich hege eine abgrundtiefe Abneigung gegen sie, Französisch, Frankreich und jeden Franzosen.

Da Ich jetzt in Klasse 9 bin, hatte Ich bereits zwei ein halb Jahre Französisch-Unterricht, in dem Ich absichtlich nicht einmal gelernt habe, was nicht nötig gewesen wäre, hätte Ich dem Unterricht gefolgt, was Ich aber ebenfalls absichtlich nicht tat. Dementsprechend gestalteten sich auch meine Noten. Ich konnte zwar die Aufgaben, die in den Arbeiten gestellt wurden verstehen, da Ich alles ableiten konnte und eine grundlegendes Verständnis für jede Sprache habe, aber antworten, war mir nicht möglich, da Ich keine komplexen Satzkonstrukte bilden konnte.
Die Vokabeltests verliefen gut, bis sie merkte, dass Ich das Französische Wort, das sie vorgab, problemlos ableiten konnte. Dann hat sie nämlich nur noch deutsche Wörter vorgegeben.

Der Sportunterricht ist auch so ähnlich. Ich hasse Sport, Ich hasse meine Lehrerin, Ich mache nicht mit. Ja. Prima.

Also, Ich versuche jetzt schon etwas länger, dieses Denkmuster zu verbannen, aber es gelingt mir einfach nicht.
Habt Ihr Tipps für mich?

Danke im Vorraus,
Jan

Dana Anwort von Dana

Hallo, Jan!

Wenn man es theatralisch ausdrückt: "Du hast das schwere Los eines Hochbegabten". Das meine ich gar nicht ironisch oder verarschend, sondern völlig ehrlich. Ich komme selbst aus einer sehr intelligenten Familie (meine Geschwister und ich kennen das mit den Einserzeugnissen etcpp) und habe als Klavierlehrerin schon einige Hochbegabte unterrichtet, wo viel Kontakt mit den Eltern gelaufen ist.

Dieses "Nichteinteilenkönnen" ist absolut normal für diesen Grad an Begabung. Woher auch lernen, wenn man es nie braucht?

Was ich sehr gut finde, ist, dass du merkst, es kann so nicht weiter laufen. Und ich rede jetzt nicht von Französisch oder Sport. Meine Güte, du magst zwei Fächer nicht...dann schmeiß Französisch weg, sobald du die Zehn hinter dir hast und akzeptiere die schlechte Note in Sport. Französisch ist fürs Abi nicht relevant, Sport nur wirklich minimal. Sollte dich Französisch, fernab der Lehrerin und den Leuten doch interessieren, gibt es so viele Möglichkeiten, wie man es erlernen kann - und wenn du dir ne französische Mailfreundin holst. Gibts doch alles.

Was die Wochen- und Monatsaufgaben angeht, in denen du frei die Zeit einteilen kannst und versagst, müssen strenge Pläne her. Anders geht es nicht, da musste ich auch durch. Ich kann dir aber aus eigener Erfahrung (und der Erfahrung meiner Geschwister) versichern, dass es wirklich was nutzt.

Du musst anfangen zu staffeln, zu strukturieren und das dann absolut hart abzuarbeiten. Das Ganze schriftlich, notfalls mit Hilfe einer Freundin oder eines Freundes. Meist ist es wirksamer, wenn jemand dabei hilft und es auch etwas überwacht. Begabte Menschen sind fast immer Saisonarbeiter. Die, die keine sind, sind die absoluten Überflieger und schaffens wirklich überall. Ich habe grundsätzlich am Abend vor Klausuren angefangen drüber zu gucken. Das hat völlig gereicht. Aber irgendwann reicht es nicht mehr und das musste ich dann irgendwann bitter lernen.

Ich habe das damals in verschiedenen Versionen gemacht:

- Arbeitsplan
- Arbeitsgruppe
- Aufpasser

1. Arbeitsplan: sah so aus, dass ich mir die Aufgabenstellung angeschaut habe und dann aufgelistet habe, was ich dazu machen muss. Erstmal Brainstorming, dann in chronologischer Reihenfolge. Also zB "Materialbeschaffung - Materialordnung - Grundstruktur der Arbeit mit den verschiedenen Teilen - inhaltliches Füllen der verschiedenen Teile - zusammen setzen, fertig. Das Ganze mit "Mo, Di, Mi, Do, Fr" gekennzeichnet.

2. Die Arbeitsgruppe muss gar nicht unbedingt miteinander arbeiten, das ginge auch, es geht aber vor allem darum, nicht alleine zu lernen und zu arbeiten. Das ist SO produktiv und ich habe vor meinem Abitur eigentlich nur so gelernt. Man zieht sich gegenseitig immer wieder hoch und motiviert sich. Man sieht die anderen arbeiten und will dann nicht als einziger rumhängen.

3. Aufpasser: sind am schwersten zu finden, weil man dafür ein wenig "Seelenstrip" hinlegen muss. Meist sind Geschwister, mit denen man gut kann, gut geeignet oder eine wirklich gute Freundin eine Lösung. Man erklärt die Arbeitsweise und lässt sie sich quasi "abzeichnen".

Hilfe von außen ist einfach nötig, wenn man da Struktur reinbringen will. Alleine kann man einfach "zu gut" zu sich sein.

Wenn du zB vier Wochen für etwas Zeit hast, kann man es schön in Tage aufteilen, wann was fertig sein muss. Am Anfang vertut man sich manchmal noch mit den Zeiten, so dass du schneller oder langsamer bei etwas bist, aber das gewöhnt sich mit der Zeit ein. Und es wird nicht gemauert, sondern alles wirklich an den Tagen abgehakt. Selbstdisziplin ist oberfies, wenn man es nicht kann und sehr hart zu lernen. ABER: du bist intelligent und klug und weißt, dass du dadurch noch große Stufen springen kannst.

Ich habe früher auch immer gedacht: naja, um das zu können, was die anderen können, muss ich kaum was bis gar nichts tun.
Das ist aber ein Denkfehler!
Richtiger wäre: wenn ich so viel tue wie meine Mitschüler, WO WÄRE ICH DANN!...weit, weit oben. Irgendwann kommt der Tag, wo es nicht mehr so einfach geht. Bei mir kam der Knall schon in der siebten Klasse, bei meinem Bruder erst in der Oberstufe, meine Schwester umging den Knall, indem sie frühzeitig loslegte mit lernen. Sie hat auch das beste Abi von uns gebaut.

Ich für mich habe festgestellt, dass die Arbeitsgruppe mir am besten getan hat, in Kopplung mit dem Arbeitsplan. Man bringt wirklich Struktur in sein Arbeiten und hat damit Erfolg. Als das Abi nahte, bin ich bei uns in die Hochschulbibliothek mit meinen ganzen Sachen gefahren und habe mich in den großen Lesesaal und Lernsaal gesetzt. Da habe ich dann zwischen den ganzen lernenen Studenten gelernt...und auch das klappt. Man muss sich einfach überlisten, vor allem alles weg tun, was im entferntesten ablenkt.

Ich wünsche dir viel Erfolg! Du wirst deinen Weg schon machen, du kluger Kopf! =)

Liebe Grüße,

Dana