Magersucht, Klinik oder nicht?
ich bin seit über einem Jahr an Magersucht erkrankt und war deswegen auch schon 4 Monate lang in einer Klinik. Im Moment bin ich in ambulanter Therapie. Aber es ist nicht sicher ob ich wieder in eine Klinik muss oder ob ich zu Hause bleiben darf. Ich weiß nicht was für mich besser wäre oder mit wem ich darüber reden könnte. Eigentlich möchte ich auf jeden Fall zu Hause bleiben aber ich sehe auch dass meine Eltern immer hilfloser werden und ich hab einfach Angst, dass ich das gute Verhältnis zu meinen Eltern kaputt mache. Deswegen ziehe ich mich auch wie damals vor dem ersten Klinikaufenthalt immer mehr in mein Zimmer zurück was die Sache eigentlich nur noch schlimmer macht. Ich fühle mich total schlecht weil ich zwar meinen Eltern gefallen will und ihnen zeigen will, dass ich es irgendwie schaffe aber andererseits will ich eigentlich nur abnehmen und nicht mehr essen. Jetzt sind sowohl meine Eltern als auch meine Therapeutin am Überlegen ob es nicht besser für mich wäre noch mal in die Klinik zu gehen. Und ich weiß, dass wenn ich wirklich nochmal in die Klinik muss, dass ich wieder von meiner Familie getrennt sein werde, dass ich wieder essen und zunehmen müsste (also genau das Gegenteil von dem was ich will). Außerdem müsste ich meine Klasse wiederholen und davor habe ich groß Angst. Ich habe auch schon überlegt mit meiner Therapeutin zu reden aber ich hab Angst, dass ich dann auf jeden Fall in die Klinik muss. Deswegen wollte ich erst Mal eure Meinung hören weil ich echt nicht mehr weiter weiß.
Anwort von Dana
Liebe Marly!
Entschuldige bitte, dass du lange auf deine Antwort warten musstest, ich hoffe, sie hat noch aktuellen Bezug.
Wenn du dir deinen Text nochmals aufmerksam durchliest, wirst du wahrscheinlich dasselbe feststellen wie ich:
Über dem Berg bist du noch nicht. Du schreibst, dass du nichts lieber möchtest als abnehmen und nichts mehr essen. Somit steckst du immer noch sehr tief in deiner Magersucht drin und bräuchtest wirklich dringend nochmals Hilfe. Da sollte alles andere egal sein - die Trennung zu den Eltern und auch die Wiederholung einer Klasse.
Das Wichtigste ist erstmal, dass du gesund wirst. Du kannst dir jetzt noch nicht vorstellen, wie es wäre, wieder normal zu leben, ohne diesen Drang, alle Kalorien abzuzählen und dem absoluten Ekel vor jedem Essen. Du denkst, alles würde besser, wenn du noch dünner wärst. Aber das ist nicht so. Du würdest irgendwann an Unterversorgung sterben. Der Körper ist für diese Art der Selbstkontrolle nicht gemacht.
Magersucht ist behandel- und auch heilbar, allerdings braucht es Zeit und starke Hinwendung auf das Thema. Das Falscheste ist, alles in sich reinzufressen, sich im Zimmer zurück zu ziehen, nur weil du deine Eltern nicht weiter belasten willst. Glaub mir, die sind nicht dumm. Ihre Sorge ist VIEL größer, wenn du nicht mit ihnen sprichst und so tust, als wäre alles ok (obwohl sie sehen können, dass es das nicht ist), als wenn du zu ihnen gehst und sagst: "Ok, Leute...hier ist immer noch alles im Argen, los gehts."
Du schreibst sehr deutlich, was in dir vorgeht, das ist gut, denn das heißt, du kannst ehrlich zu dir selbst sein. Das ist eine sehr gute Voraussetzung und erhöht durchaus die Heilungschancen. ABER es wäre wichtig, dass du auch in deinem Umfeld offen bist und dass du die Hilfe in Kauf nimmst, egal, wie die ausschaut. Vor allem die psychiatrische und psychologische Betreuung ist unerlässlich. Es muss in dir drin irgendwann KLICK machen, dass du dich auf diese momentane Weise systematisch zugrunde richtest und das kann es nur, wenn mit dir gearbeitet wird.
Die Klinik kann ein gutes Mittel sein, aber nur, wenn du nicht einfach nur zum Essen gezwungen wirst (das bringt meines Erachtens überhaupt nichts), sondern wenn mit dir viel verarbeitet wird und du viel über dich selbst lernst. Wenn also Klinik, dann eine, die auch eine psychologische Betreuung rund um die Uhr hat. Sonst werden nur die Symptome behandelt, nicht aber die Ursachen.
Ich finde es gut, dass du in Behandlung bist und wenn dir geraten wird, noch einen Klinikaufenthalt dran zu setzen, dann mach ihn mit. Dieser übermächtige Wunsch nach Gewichtsreduktion und Nichtsessen ist die eigentliche Krankheit. Du weißt nicht, wie es sich gesund lebt, du willst nur dünner werden. Das kann man auch nicht auf einen Schlag abstellen, aber man kann dran arbeiten. Und das solltest du weiterhin tun, ganz egal, ob die Schule drunter leidet, egal, ob du deine Eltern eine Weile nicht siehst.
Du musst gesund werden - das ist die Hauptsache.
Ich wünsche dir alles Gute, liebe Marly und richtig viel Erfolg!
Alles Liebe,
Dana