Problem von Anonym - 16 Jahre

Verwirrtheit

Ich habe, seit ich denken kann, mit meiner Mutter und meinem Stiefvater, sowie meinen zwei Schwestern zusammengelebt. Zu meinem leiblichen Vater bestand nie Kontakt, und den Scheidungsgrund habe ich nie gekannt.
Vor circa einem halben Jahr hat mir meine Mutter dann die Story erzählt.
Mein Vater ist ein pädophiler, hat sich an mir wie auch an meiner großen Schwester vergangen als wir noch klein waren, ich war 1-2,
und Kinderpornographie begangen.
Die Beweise, dass heißt die fotos, hat meine Oma damals in Panik verbrannt, so kam mein Vater nicht ins Gefängnis, jedoch besteht ein Kontaktverbot- verständlich.
Auch geht er schwarzarbeiten, um kein Kindergeld zahlen zu müssen.
Das alles hat mich sehr schockiert, aber trotzdem verspüre ich immer noch den Wunsch, meinen Vater einmal kennenzulernen, etwas, dass mich sehr verwirrt und auch verunsichert.
Trotz allem, was er meiner Mutter angetan hat, trotz der 8-Monatigen therapie, die wir seinetwegen durchgemacht haben, möchte ich ihn kennenlernen, und das ist mir unbegreiflich.

Jonas Anwort von Jonas

Liebe/r Anonym,
was dir durch deinen leiblichen Vater angetan wurde ist ein Verbrechen. Ich denke nur wenige Menschen sind in der Lage den Schmerz und das Leid, dass du und deine Schwester, ja deine ganze Familie erfahren hat ansatzweise nachzuvollziehen. Um so beeindruckender finde ich deine Stärke. Du hast dich entschieden dir helfen zu lassen, das dir Angetane zu verarbeiten, dich dem allem zu stellen. Das ist eine unglaubliche Leistung die du bereits vollbracht hast, ich finde es gibt’s nicht Schwierigeres in einem Leben als an sich selbst zu arbeiten. Ich hoffe sehr, dass dir die Therapie geholfen hat dir zu helfen, solltest du „immer noch“ Wut empfinden, bitte sei dir sicher, dass ist mehr als verständlich und eine absolut gesunde, eine heilende Reaktion. Das Gefühl mag vielleicht negativ erscheinen aber in erster Linie ist es einfach nur da, weder gut noch schlecht. Steh zu diesem Gefühl und ich finde genauso kannst du dazu stehen, dass du deinen leiblichen Vater kennenlernen möchtest. Du möchtest wissen, erfahren, was für ein Mensch das ist, der dir das angetan hat.
Um ehrlich zu sein, möchte ich dir, nachdem du beschrieben hast was für ein Mensch er ist, von einem Treffen abraten. Das ist meine subjektive Einschätzung, ich halte diesen Menschen für gefährlich und möchte dir das direkt sagen. Wenn du aber das Gefühl hast, du kannst erst nachdem du ihn kennengelernt hast, anfangen die ganze Sache in den Hintergrund treten zu lassen, dann solltest du das Gefühl nicht ignorieren aber unbedingt bitte ich dich, triff dich mit diesem Mann nicht alleine und überstürze nichts. Besprich es mit deinen Eltern und solltest du dich noch in Therapie befinden mit deinen Therapeuten. Solltest du ihn treffen, wenn du dir sicher bist, dass die Zeit reif ist, dann nur an einem öffentlichen Ort mit Begleitung und Kenntnis deiner Eltern und Therapeuten.
Ich finde es so verständlich, dass es dir Angst und Verwirrung bereitet, dass du ihn kennenlernen möchtest, aber es hat definitiv einen Grund, sonst wäre der Wunsch nicht in dir spürbar. Aber meinst du nicht, gegeben was passiert ist, das diese Gefühle, Angst, Verwirrung, gesund und normal sind? Eine Vorsichtsreaktion. Bei einem bin ich mir sicher. Du hast so viel durchgemacht. Du wirst auch jetzt bestehen. Überleg mal, was du schon alles hinter dir hast, wer kann dir denn, die/der so viel erlebt und gemeistert hat noch Steine in den Weg legen? Du hast jetzt schon erreicht, was andere Menschen leider nie schaffen. Du hast dein Leben selbst in die Hand genommen.
Ich hoffe ich konnte dir helfen und vielen Dank für dein Vertrauen.
Grüße

Jonas