Problem von Alexandra - 19 Jahre

Wutanfall oder SVV

Hallo liebes Team,
ich weiß ehrlich gesagt gar nicht,ob es überhaupt berechtigt ist,hier zu schreiben. Unter der Suche "SVV" kamen wirklich schlimme Geschichten zu Tage, die mit meinem kleinen Problemchen kann nicht gleichzusetzen sind.
Was ich selbst nur als SVV ausdrücken kann ist eigentlich nicht mehr als ein "oberflächliches" kratzen mit Nägeln oder Schere - es kann von Ritzen also gar nicht die Rede sein. (zw. 14-16 war es oberflächliches Ritzen mit Rasierklingen,was aber wirklich 100%ig abgelegt ist).

Weswegen ich euren Rat suche ist der: Wenn ich wütend oder bekümmert bin gerate ich quasi in einen wirklichen Emotionsanfall, der nur abschwächt, wenn ich entweder komplett ausraste - und am liebsten das ganze Geschirr zertrümmern würde inklusive Küchenschränke - oder mich ins Bad einschließe und kurz mit der Schere über die Haut fahre oder die Nägel ins Bein ramme. (Was angesichts der lieben Nachbarn natürlich vorteilhafter ist ;)

((Ehe irgendwelche Aufschreie erklingen sollten und der Weg zum Therapeuten empfohlen wird: Es ist nur ein ganz feiner Strich,der kaum blutet. Das kann man wirklich nicht mit ritzen gleichstellen...))

Meinem Freund, mit dem ich zusammenwohne, habe ich mich anvertraut und natürlich meint er,ich solle zu ihm kommen - da ich jedoch schlecht in solchen Sachen bin,findet dies kaum statt.
Meine Frage wäre - wie kann ich meine Wut/Emotionen kontrollieren, so dass der Weg zum Bad oder neuem Geschirrhandel gar nicht mehr nötig ist? Gibt es da eine bestimmte "Zählmethode" oder ähnliches, um von den Emotionen runterzukommen? (Im Alltag bin ich alles andere als eine agressive Person - naiv und zahm passt es da eher ;)

Sicherlich gibt es viele Einträge mit eben jenem Problem, aber da ich, wie gesagt, dass nicht mit wirklichem SVV gleichsetzen kann, frag ich lieber selbst nochmal nach.

Dankeschön und liebe Grüße,
Alexandra

Judith Anwort von Judith

Liebe Alexandra,

Vielen Dank fuer Dein Vertrauen.
Auch wenn Du vehement ablehnst, mit den "wirklich schweren Faellen" von "echtem" SVV in eine Kategorie zu gehoeren: Auch Dein Verhalten ist eine Form der Autoagression. Das weisst Du auch! Es gibt da ja nicht nur "entweder/oder", sondern viele Abstufungen. Klar, Du ritzt nicht bis das Blut kommt, und Du hast Dich auch meist im Griff, aber dennoch hast Du wohl ein Defizit im Umgang mit Traurigkeit, Enttaeuschung und anderen Gefuehlen.

Ich finde es ganz toll, dass Du uns geschrieben hast. Und ich werde Dir auch nicht nur den Gang zum Therapeuten empfehlen (den halte ich aber auch fuer sinnvoll!). Der erste Schritt fuer Dich ist, Dir wirklich einzugestehen, dass Dein Verhalten ungesund ist, und dass Du Hilfe brauchst und auch in Anspruch nehmen darfst. Du schreibst, dass Du eine ruhige, friedliche Person bist. Vielleicht bist Du eher konfliktscheu? Versuch ganz bewusst, Konflikte zB mit Deinem Freund, mit Deinen Eltern oder mit Freunden auszuhalten. Du musst nicht auf Kollisionskurs gehen, aber mach Dir bewusst, dass DEINE Meinung und DEINE Vorlieben zaehlen. Du bist nicht fuer den Familienfrieden verantwortlich, sondern primaer fuer Dich selbst. Erst, wenn Du zufrieden und gluecklich bist, kannst Du auch andere gluecklich machen! Das hat nichts mit Egoismus zu tun.

Aber sonst kann ich Dir nur raten, eine Therapie zu machen. Keine Angst, es muss ja nicht gleich die tiefgreifende Psychoanalyse ueber 2 Jahre sein. Such Dir mal einen Gespraechstherapeuten, schilder ihm/ihr Deine Verhaltensmuster, und dann wird sich schon ein Weg finden, wie Du das aendern kannst. Vielleicht musst ein Muster aus Deiner Kindheit im Gespraech aufgearbeitet und "verlernt" werden, vielleicht brauchst Du einfach ein paar Tricks zum Thema Stressbewaeltigung. All das kann aber ein Therapeut wesentlich besser einschaetzen als ich.

Also, zoegere nicht, hol Dir Hilfe und Unterstuetzung.
Hier sind auch noch weitere Informationen http://www.selbstverletzung.com/index.html

Alles Gute,
Judith