Problem von Sophie - 16 Jahre

Ich hasse mich...obwohl alles gut ist

Hallöö liebes KuKa Team :) Puuh .. Ich habe schon immer irgendwie eine Art Selbsthass gegen mich gehabt. Aber richtig schlimm wurde das erst vor ca einem Jahr. Ich hatte einen Freund der 6 Jahre älter war als ich. Ich war richtig verliebt , was er ausnutze und hat mich ziemlich unterdrückt. Er brachte mich dazu mich von meinen Freunden abzuschotten und auch meiner Familie gegenüber habe ich mich sehr verschlossen. Er hat so viel erfunden damit ich auch ja bei ihm bleibe.. Er sagte das er eine Krankheit hätte und das er daran sterben könne. Er hat mir die Symptome genannt und ich habe die Krankheit nachgeschlagen ...alles was er mir darüber sagte stimmte also schenkte ich ihm glauben . Ich war in der Zeit sehr unglücklich verlor an Gewicht und rutschte in der Schule ab uns es sah so aus als würde ich die neunte nicht schaffen .. ich hatte davor schon einen hang dazu mich zu ritzen ..aber während der Zeit wurde es immer schlimmer....als er mir dann unterstellte das ich ihn mehrmals betrogen hätte und er meinte das hätten ihm meine freunde gesagt war ich so verzweifelt das ich mir meine Pulsadern aufgeschnitten habe ..ich hatte zu niemanden mehr vertrauen weil ich ihm in aller Hinsicht vertrauen schenkte ...ich hatte Angst ... ein paar Wochen später sprach mich ein Junge aus meinem Französischkurs auf meine Narben und meine Adern an ... ich habe irgendetwas von Problemen gemurmelt....ich fasste aber nach einiger zeit doch vertrauen zu ihm da er als einziger trotz der narben und der vorurteile freundlich zu mir war...ich redete viel mit ihm und das tat gut . Wir haben viel unternommen und nach einiger zeit waren wir unzertrennlich ..beste freunde eben:) Durch ihn habe ich den mut gefasst mit meinem damaligen Freund Schluss zu machen ..ich war die letzten Monate eigentlich nur noch aus angst mit ihm zusammen . Mittlerweile haben sich die Dinge zum guten gewendet ...ich bin mit diesem Jungen ein halbes Jahr lang glücklich zusammen habe die besten Freunde gefunden die es nur gibt und wenn es in der Schule so weiter geht kann ich Abitur machen . Aber die ganze scheiße mit dem ritzen hat nie aufgehört !! Ich habe mich an unseren Schulsozialarbeiter gewandt und habe meinen Eltern alles erzählt ..ich bin zu einer Jugendberatungsstelle gegangen doch das alles half nichts ...ich bin ohne jede Zweifel glücklich ..doch ab und zu wenn ich nachdenke kommen stücke von Verzweiflung und angst hoch ...ich weiß selber das ich das auf keinen fall machen soll ...und ich will das auch nicht...aber für diesen Moment fühlt es sich so verdammt richtig an ! Ich habe Gespräche mit meinem Vater gehabt . Er gibt sich die Schuld daran ..sagt das er zu wenig für mich da war und fängt oft an zu weinen ...lebt in der angst das ich irgendwann nicht mehr lebe! Ich hatte nie Probleme mit meinen Eltern...naya die üblichen Teenagerprobleme halt :) ..aber wir haben ein super Verhältniss... Ich verstehe mich selber einfach nicht ... Ich habe alles was ich brauche um glücklich zu sein ...und dann kann ich damit nicht auf hören?? Psychologen bringen nichts :/ Ich weiß einfach nicht weiter Ich danke im Vorraus für eure Antwort :) Eure Sophie

Carolin Anwort von Carolin

Liebe Sophie,


vielen Dank für Deine Mail. Es freut mich sehr, dass Du die schlimme Zeit mit Deinem Ex-Freund inzwischen überstanden hast und nun, zumindest die äußeren Umstände betreffend, wieder auf der Höhe bist. Das sind sehr gute Voraussetzungen, damit es weiter bergauf gehen kann.
Diesen Weg solltest Du weiter verfolgen, auch an schwereren Tagen. Bleib nicht allein, wenn es Zeiten gibt, in denen es Dir nicht gut geht und lass Dich von jemandem auffangen, dem Du vertraust.

Deine Mail vermittelt mir den Eindruck, dass Du sehr reif, überlegt und verantwortungsvoll handelst, insbesondere nach Deiner schlechten Beziehung zu Deinem Ex. Ich habe den Eindruck, dass Du sehr darum bemüht bist Dir selbst zu helfen und wieder neu anzufangen, hinzu kommen die positiven Veränderungen in Deinem Umfeld.
All das sind selbstverständlich sehr gute Entwicklungen, allerdings könnte ich mir durchaus vorstellen, dass diese Faktoren auch gleichzeitig dazu beitragen, dass Du dich selbst von Zeit zu Zeit vielleicht sehr unter Druck setzt, so dass Du vielleicht unbedingt glücklich werden willst, der Wille zum Glück jedoch nicht dazu führt, dass Du automatisch glücklich wirst. Deinen Worten entnehme ich, dass ein gewisser Druck möglicherweise auch von außen kommen kann, beispielsweise durch Deinen traurigen Vater, der sich Vorwürfe macht.

Wenn ich Dich richtig verstehe, begleitet Dich der Selbsthass schon sehr lange, das Ritzen aber erst seit der Beziehung zu Deinem Ex-Freund. Möglicherweise hast Du im Ritzen eine Möglichkeit gefunden diesem Hass Raum zu geben und ihn in eine bestimmten Form umzusetzen. Eventuell greifst Du also deshalb von Zeit zu Zeit auf das Ritzen zurück, weil Du die Erfahrung gemacht hast, dass sich Dein Selbsthass damit besser ertragen und verarbeiten lässt. Vielleicht stehst Du manchmal so sehr unter Druck, sowohl von innen als auch von außen, dass Du keinen anderen Ausweg weißt als Dich zu verletzen.
An dieser Stelle möchte ich jedoch betonen, dass Dich das Ritzen zu keinem schlechten Menschen macht. Du bist nicht schlecht, schuldig oder hast versagt, weil Du dich ritzt. Ich bin mir sicher, dass es viele Ursachen für Deinen Selbsthass gibt, an denen Du jedoch absolut keine Schuld trägst. Ich denke, es sollte nun darum gehen das Ritzen in eine andere, positivere und gesündere Verhaltensweise umzuwandeln, die Dir nicht schadet und Dich von Deiner inneren Anspannung befreit. Gleichzeitig denke ich, dass es sinnvoll wäre den Ursachen für Deinen Selbsthass nachzugehen, damit Du Gelegenheit bekommst nachhaltig an Deinem Selbstbild zu arbeiten.

Du schreibst, eine psychologische Behandlung habe Dir nicht geholfen. Warst Du bei mehreren Psychologen, oder hast Du lediglich einen Therapeuten kennengelernt? Solltest Du bisher nur mit einem Psychologen in Kontakt gekommen sein, würde ich Dir raten noch einmal einen Probetermin bei ein oder zwei anderen Therapeuten zu vereinbaren. Manchmal stimmt die Chemie zwischen Psychologe und Patient nicht, das kann vorkommen. Da ich jedoch glaube, dass die Ursachen für Deinen Selbsthass tiefer liegen und komplex sein können, wäre es bestimmt einen Versuch wert noch einmal eine andere Therapie zu beginnen. In jedem Fall hättest Du nichts zu verlieren, notfalls lässt sich eine erfolglose Therapie auch abbrechen.

Eventuell könnte Dir auch eine medikamentöse Therapie weiterhelfen, zum Beispiel bei einem Psychiater beziehungsweise einem Kinder- und Jugendpsychiater. Diesbezüglich lässt Du dich am besten zunächst bei Deinem Hausarzt beraten, er kann Dich gegebenenfalls weitervermitteln, sofern eine psychiatrische Behandlung angebracht ist.
Weiterhin könnte Dir vielleicht auch die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe mit dem Schwerpunkt Selbstverletzendes Verhalten weiterhelfen, dort könntest Du dich mit anderen Betroffenen austauschen und würdest bestimmt auf viel Verständnis treffen. Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe kannst Du zum Beispiel über eine Beratungsstelle knüpfen. Ich könnte mir auch vorstellen, dass es hilfreich für Dich sein könnte körperlich aktiv zu bleiben, Sport zu treiben und eventuell Entspannungsübungen zu erlernen, zum Beispiel Autogenes Training oder Yoga. Kurse hierfür werden oft von den Volkshochschulen angeboten, unter Umständen können die Kosten hierfür auch von der Krankenkasse bei einem Nachweis über die Teilnahme erstattet werden.


Ich wünsche Dir für Deine Zukunft alles Gute!



Liebe Grüße,

Carolin