Problem von Anonym - 19 Jahre

Mein Vater verschweigt das er geheiratet hat

Hallo Liebes Kummerkasten-Team,

meine Eltern sind seit einigen Jahren schon getrennt und 2009 haben sie sich scheiden lassen. Ich habe eigentlich ein gutes Verhätniss zu meinem Vater aber wenn uns um Probleme geht blockt er ab es gibt immer nur ein "mhm" oder "ja" also man kann ich ihn nicht ansprechen weil er eh dazu nie was sagt.. seit ca 10 Jahren ist er mit seiner aktuellen Freundin zusammen nun habe ich vor einigen Tagen ein Bild im Wohnzimmer endekt wo die zwei einen Heiratsvertrag unterschreiben im Standesamt. ich war geschockt ich war nicht in der Lage die zwei anzusprechen ich war in dem moment und auch jetzt noch verletzt das mein Vater mir es nicht gesagt hat das er geheiratet hat. ich habe von bekannten erfahren das es im Oktober 2012 war. Aber ich frage mich wieso hat er mir oder meiner Schwester (27) nichts gesagt ich habe das gefühl ich gehöre nicht zu seinem leben dazu weil er mir solche sachen nicht erzählt Die Kinder seiner Lebenspartnerin wissen von der heirat bescheidt. Mein Vater ist so ein Typ er würde es verschweigen ohne auch etwas zu sagen das ist in vielen situationen scho vorgekommen. Ich würde es verstehen ich wäre nicht so verletzt wenn er es mir direkt gesagt hätte aber das von anderen zu erfahren das sie vor 4 monaten geheiratet haben kränkt mich ich weiß einfach nicht was ich dazu sagen soll.. Ich bin ja froh das mein Vater halt bei einer Frau gefunden hat aber wieso muss man es verschweigen.
Ich weiß einfach nicht was ich tun, denken, bzw wie ich reagieren soll.
Was sagt Ihr dazu? Wenn euer Vater euch verschweigen würde das er geheiratet hat?

Bernd Anwort von Bernd

Hallo Unbekannte,

soweit ich das herauslesen kann wohnst Du nicht bei Deinem Vater. Egal, wie gut Du Dich mit Deinem Vater verstehst: mit der räumlichen Trennung ist meist auch verbunden, dass Eure Treffen einen gewissen "Besuchscharakter" hat: ihr erlebt die gegenseitigen Probleme nicht miteinander, sondern ihr könnt nur darüber sprechen.
Wenn Du bei Deiner Mutter lebst, wird Dein Vater bei vielem was er denkt und sagt hoffentlich auch noch ein wenig Rücksicht darauf nehmen, wie sich Deine Mutter fühlt.
Das ist gerade in Deinen zurückliegenden Jahren für beide sicherlich nicht einfach gewesen.
Ich denke da an die Jahre, in denen Du in der Phase warst, in der sich liebende Eltern oft fragen: "wie umarme ich einen Kaktus?" ...also als Du in der Pubertät warst.
Es ist schwierig für getrennte Eltern, die aber hoffentlich in ihrer Verantwortung für ihre Kinder noch zusammenhalten, eine Atmosphäre aufrecht zu erhalten, in der ihr Kinder euch verstanden und geliebt fühlen könnt, aber gleichzeitig auch wißt, dass ihr nicht Einen gegen den Anderen ausspielen könnt. Das heißt, dass getrennte Eltern für ihre Kinder eigentlich nur gut sind, wenn sie zueinander noch ein respekt- und vertrauensvolles Verhältnis aufrecht erhalten können.
Oft überwiegt leider, dass Elternteile über ihre Kinder versuchen, ihr eigenes Scheitern und vielleicht auch ihr Fehlverhalten zu entschuldigen. Das sie versuchen, von den Kindern Recht zu bekommen.
Und das ist dann meist auch damit verbunden, dass dadurch natürlich der andere Elternteil "Schuld" hat?

Wenn Du also schreibst:
"ich habe das gefühl ich gehöre nicht zu seinem leben dazu."

Ist das zum Einen, dass Du vielleicht wie die meisten Teens selber dazu neigst, die Eltern nicht mehr so sehr an Deinem Leben teilnehmen zu lassen.
Und zum Anderen wahrscheinlich auch, dass Dein Vater sich nicht in das einmischen will, wozu er ja nicht mehr gehört: Deine Hausgemeinschaft mit Deiner Mutter.

Ist das nun Grund genug, Dir und Deiner Schwester zu verheimlichen, dass er noch einmal geheiratet hat?

Vielleicht hattet ihr ja in den vergangenen 10 Jahren schon einmal in irgendeiner Form so ein Thema berührt?
Vielleicht hatte Dein Vater aus irgendeiner Äußerung von euch das Gefühl behalten, dass es eine fruchtlose Diskussion auslösen, und einer von euch eine 2. Ehe nicht gutheißen würde?
Vielleicht war es auch nur, weil er euch durch eine Einladung zu seiner Hochzeit nicht in eine Zwickmühle zu eurer Mutter bringen wollte?
Einer von den Gründen wird es wohl gewesen sein. Wobei euer Vater sicherlich auch wußte, dass er es nicht auf Dauer geheim halten kann!
Und er wollte es wohl auch nicht! Hat es dem Zufall überlassen, wann Du / ihr es bemerkt.
Sonst wäre das Bild wohl nicht im Wohnzimmer gestanden!

Dein Vater wird sich gesagt haben: wenn Du es merkst, wird es "Schnee von gestern" sein. Und über Schnee von gestern lohnt es sich nicht, zu diskutieren! Es sind vollendete Tatsachen.

Was er übersehen hat: dass es im Nachhinein immer noch schwerer ist, etwas Wichtiges zu erzählen: die Diskussion, die man sich vorher ersparen wollte, holt einen danach gleich doppelt so heftig ein: zu der Sachfrage (ob ihr es gut findet, dass er nochmal geheiratet hat) kommt noch eure verständliche Enttäuschung wegen seinem fehlenden Vertrauen.

Wenn ihr es ihm wirklich gönnt, dass er mit seiner neuen Frau glücklich sein soll:
verzeiht ihm diesen Fehler großzügig und freut euch mit ihm darüber, dass er sein Glück gefunden hat!
Wahrscheinlich ist es sogar so, dass eure Großzügigkeit ihn mehr in Verlegenheit bringen wird, als wenn ihr ihm böse seid!
Weil, wenn eine beleidigte Reaktion kommt, wird er auf irgendeine Weise sagen können: "siehste, ich wußte doch, dass ihr mich nicht versteht!"

Alles Liebe,

Bernd