Problem von Rieke - 13 Jahre

8. Versuch

Wie bereits im Titel steht ist dies mein 8. und wahrscheinlich auch mein letzter Versuch von euch einen Rat zu bekommen.

Ich gehe in die 7. Klasse eines G8 Gymnasiums, komme aber mit dem ganzen Leistungsdruck nicht mehr klar. Meine Noten werden immer schlechter, die Lehrer nehmen mich dank meiner Dummheit kaum noch ernst und ich habe die meiste Zeit nur noch Kopfschmerzen. Das sind aber nicht die Probleme, wegen denen ich um Rat suche, es sind nur Umstände, die alles noch verschlimmern.
Das eigentliche Problem ist meine Mutter. Sie hasst mich. Ihr bin ich vollkommen egal. Ich glaube sogar, dass ich ihr peinlich bin. Das kann ich ihnen nicht verübeln, ich bin schließlich untalentiert, fett, viel zu groß, dumm und hässlich. Und immer wieder bekomme ich ihren Spott zu spüren.
Immer wenn ich nach Hause komme werde ich nur angeschrien, beleidigt und fertig gemacht.
Hier ein paar Beispiele, damit ihr merkt, dass das alles nicht mehr normal ist:
Einmal kam ich gerade ins Wohnzimmer, wo meine Mutter gerade mit irgendjemandem telefonierte. Sie sah nicht, dass ich reinkam und ich hörte, wie sie sagte: '' Ja, Rieke ist wirklich eine Heulsuse und immer hat sie irgendwas zu meckern. Ich bereue wirklich, dass ich nciht eingesehen habe, dass eine Tochter reicht. '', als sie dann merkte, dass ich auch da war schaute sie mich nur einmal kurz an und sagte dann leise so etwas wie '' Oh, der Feind hört mit. ''

An einem anderen Tag kam ich dann in mein Zimmer und ging zu meinem Schreibtisch, an dem ich immer zeichne. Ich öffnete die Schublade um einen Bleistift rauszuholen und mir viel auf, dass meine mühevoll gezeichneten Bilder und all meine Acryllfarben, die ich mir von meinem gesparten gekauft hatte, verschwunden waren. Deswegen ging ich nach unten und fragte meine Eltern, ob sie wussten wo sie waren. Sie verneinten. Einige Tage später hörte ich dann aber, nachdem ich noch einmal gefragt habe, wo mein Zeug denn hin verschwunden war, hörte ich wie mein Vater meine Mutter fragte, ob sie wirklich nicht wüsste wo die Sachen sind und sie sagte dann: '' Ja, ich hab die weggeschmissen. Das lenkt sie doch nur vom Lernen ab und du weißt ja wie dumm sie ist. ''

Ich gehe einmal in der Woche zum Fechten und eigentlich holt mein Vater mich danach immer mit dem Auto ab. An diesem Tag konnte er aber nicht, weil er noch Arbeiten musste. Deswegen sollte meine Mutter mich abholen. Die Betonung liegt auf sollte. Denn ich stand wirklich 2 Stunden da, ehe ich die Warterei dann leid war und mich zu Fuß auf den viel zu langen Weg nach Hause machte. Nach ungefähr einer Stunde Fußmarsch kam ich dann endlich zu Hause an, und fragte meine Mutter, warum sie denn nciht gekommen war. Sie erklärte mir, dass sie noch den Hund füttern musste und danach mit ihm Gassi war. (Ja, dieser Hund sit auch noch ein tolles Thema. Meine Mutter umpflegt ihn wo sie nur kann und zieht ihm allem und jedem vor. Das Viech hat mich sogar schon 3 mal so doll gebissen, dass mir immer wieder das Blut den Arm hinunterfloss, aber meine Mutter meinte dann immer wieder dass ich mich nciht so anstellen sollte und der Hund das doch nur aus Spaß gemacht hatte. )

Da wir auf einem kleinen Bauernhof leben haben wir auch ein paar Hühner, um die ich mich kümmer. Ich füttere sie, hole die Eier aus den Nestern und sitze manchmal einfach gerne bei ihnen. Dann hat ein Huhn ein paar Küken ausgebrütet, hat sich aber nie um sie gekümmert und hat sie einfach sitzen gelassen. Deswegen habe ich sie in einen leeren Stall gebracht, eine Warmlichtlampe aufgehängt und bin immer, wenn ich Zeit hatte zu ihnen gegangen um mich um sie zu kümmern. Sie sahen mich schon richtig als Mutter an und für mich waren sie mein ein und alles. Besonders das Küken, dass einen schiefen Schnabel hatte und somit nicht gerade schön war, hatte ich ins Herz geschlossen. Als sie dann etwas größter wurden stellte sich heraus, dass die meisten von ihnen Hähne waren aber sie feindeten sich nicht an. Aber als ich dann einmal wieder nach ihnen sehen wollte waren sie plötzlich nicht mehr da. Meine Mutter hatte sie zum Tierpark gebracht, weil sie meinte so viele Hähne wären nicht gut. Und sie waren nicht beim Tierpark, um sich dort streicheln und füttern zu lassen. Nein, sie landeten bei den Wölfen.
Sogar das Huhn mit dem schiefen Schnabel, dass gar kein Hahn war. Meine Mutter fand es einfach hässlich und wollte es nicht mehr haben.

Früher (vor mehreren Jahren, da war ich glaube ich 8 oder 7) hatte ich auch 2 Katzen. Die eine davon war noch sehr Jung, aber sie war mir trotzdem ans Herz gewachsen. Eines Tages war ich dann oben in meinem Zimmer, als meine Mutter mich rief. Ich kam die Treppe hinunter und dort stand dann meine Mutter mit meiner halb zerfetzten, röchelnden Katze auf dem Arm und sagte zu mir, dass der Nachbarshund sie zerbissen hatte und sie sie weil sie ja immer noch atmete wohl mit irgendwas entgültig umbringen musste. Ich verstehe bis heute nicht, warum sie mir das erzählt hatte und mir diese halbtote Katze, die ich so sehr geliebt hatte gezeigt hatte. Ich hatte monatelang Alpträume und habe diesen Moment immer noch glasklar in meiner Erinnerung.

Ich könnte noch tausende von diesen Beispielen nennen, aber ich glaube das waren fürs erste genug.
Worauf ich hinauswollte, war die Tatsache, dass es immer schlimmer wird. Ich fühle mich so, als würde sie mich gar nciht mehr als Mensch ansehen, sondern als eine Maschine. Denn wenn ich dann mal für sie existiere, dann wenn es um die Schule geht. Sie will krampfhaft, dass ich das Abi schaffe und merkt dabei gar nicht, dass ich meine Grenzen dabei schon lange überschritten habe. Ich kann einfach nicht mehr. Ich habe rund um die Uhr Kopfschmerzen, die so schlimm sind, dass ich manchmal einfach nur noch weinend im Bet liegen will. Aber nein, nicht mal das darf ich. Wenn ich mich auch nur ein paar Minuten hinlege kommt sofort meine Mutter ins Zimmer und schreit mich an, dass das mit meiner Müdigkeit ja nicht mehr normal sei und zieht mich aus dem Bett, so dass ich wundervoll schmerzhaft auf dem Fußboden lande.
Zudem habe ich schon beinahe jeden Tag 2 Stunden Nachhilfe in allen möglichen Fächern, wodurch ich wirklich wenig Freizeit habe.
Mein einziges Ventil ist das Fechten. Aber das wird für mich bald wahrscheinlich auch wieder wegfallen, da mein Fechtlehrer, einer der wenigen Menschen, mit denen ich mich wirklich gut verstanden habe, schon sehr alt und krank ist. Seid 2 Wochen liegt er nun schon im Krankenhaus und es sieht nicht gut für ihn aus.
Und immer wenn ich sage, dass ich das mit der Schule nicht mehr schaffe und dass es für mich wohl besser wäre die Schule zu wechseln schütteln meine Eltern nur den Kopf und sagen ich soll mich einfach mehr anstrengen, da es ja wohl nicht so schwer sei. Doch es ist einfach zu schwer!
Noch eine weitere Sache ist, dass ich einfach niemanden habe, dem ich meine Probleme anvertrauen kann. Ich habe in der Schule einfach keine richtigen Freunde. Es gibt zwar ein paar Leute, mit denen ich mich einigermaßen gut verstehe und ich habe auch versucht mit ihnen über meine Probleme zu reden, doch sie glaubten mir einfach nicht, dass es in meiner Familie so schlimm ist.
Nächstes Jahr wird dazu noch die Klasse neu eingeteilt und mit den Leuten aus den anderen Klassen verstehe ich mich gar nicht und ich habe Angst davor, dass ich gemobbt werde. Es gibt ja bereits 2 Jungs aus der 8. Klasse, die mich auf dem Schulhof ständig anlabern und schubsen, obwohl ich sie noch nicht einmal kenne! Ich habe auch schon versucht mit meinem Vater darüber zu reden, dass meine Mutter immer einfach nur gemein ist, doch er sagt ebenfalls ich übertreibe und gibt mir somit das Gefühl, dass es ihm egal ist.
Ich habe sogar damit angefangen mir immer wieder den Arm aufzukratzen, bis er blutet. Ich tue das immer in Stresssituationen und merke es meistens nicht mal, bis es dann plötzlich anfängt zu brennen und mir das Blut an den Händen klebt. Mittlerweile sehe ich keinen Ausweg aus meiner Situation mehr und denke an Selbstmord. Einen anderen Weg aus dieser Hölle sehe ich nciht mehr.

Marina Anwort von Marina

Hallo liebe Rieke,

es freut uns sehr, dass du trotz all den unbeantworteten Versuchen uns zu erreichen nicht aufgibst. Und endlich bekommst du auch einmal eine Antwort, es tut uns sehr Leid, dass du bis jetzt immer durch unser Raster geschlüpft bist und deshalb noch keinen Rat bekommen hast. Ich hoffe, dass ich dir ein bisschen weiterhelfen kann.

Durch deine Ausdrucksweise habe ich das Gefühl, dass du eigentlich schon resigniert hast und alles nur noch auf dich zukommen lässt, akzeptiert hast, dass es so ist wie es ist und sich niemals etwas ändern wird. Das macht mich einerseits sehr traurig, andererseits kann ich es auch nachvollziehen.
Nun geht es hier aber um dich und vor allem darum: Lass dich nicht davon unterkriegen. Nur weil deine Mutter dir das Gefühl gibt nicht gut genug zu sein, heißt das überhaupt nicht, dass sie damit Recht hat. Du schilderst zum Beispiel, dass du dir Geld zusammengespart hast, weil du gerne malst, das heißt für mich, dass du großes Interesse hast Dinge auszuprobieren und daran Spaß hast dich damit auseinanderzusetzen. Auch, dass du uns immer wieder geschrieben hast beweist Stärke und Mut, du willst nicht, dass es einfach alles so weitergeht wie jetzt, deshalb suchst du Rat! Ich könnte noch einiges mehr aufzählen und dabei kenne ich dich nicht einmal. ;) Lass dir nicht vorschreiben, was du alles nicht kannst und was anderen nicht passt. Es geht darum, dass du der Mittelpunkt in deinem Leben bist und du willst mit deinem Leben leben, nicht deine Mutter. Ich kann dir eine schöne Seite empfehlen, falls du dich noch ein bisschen mit deinem Selbstbewusstsein beschäftigen willst. Ich bin nämlich der Überzeugung, dass du tief in dir drin ein sehr starkes Mädchen bist und es würde mich sehr freuen, wenn dir das auch wieder bewusst wird. http://aufgeklaehrt.beepworld.de/selbstbewusstsein.htm

Ich denke, es würde dich unterstützen, wenn du dir jemanden an deine Seite holst, der dir ein wenig Beistand leistet, denn diese Situation mit deiner Mutter scheint mir sehr schwer und vor allem kompliziert zu sein. Allein die Geschichte mit dem Hund stößt bei mir auf Unverständnis, das geht gar nicht, wer seinen Hund nicht unter Kontrolle hat, der sollte das schleunigst ändern und das, was passiert ist, nicht als Lappalie abtun.
Ich weiß, dass sich das Wort Jugendamt gleich schrecklich anhört, aber das Jugendamt bietet sehr viel mehr Möglichkeiten, wie man immer denkt. Unter anderem können sich dort Jugendliche beraten lassen und Unterstützung holen (auch anonym) wie in Situationen in der du gerade steckst. Falls du dich ein wenig einlesen willst gibt es hier die wichtigsten Fragen und deren Antworten: http://www.beratung-caritas-essen.de/index.php?id=beratungsstellen_fuer_eltern_kinder_jugendliche_junge-erwachsene_eltern_fragen_und_antwort#c91
Dir wird sicherlich klar sein, dass sich das nicht von heute auf morgen ändert, es ist ein langer Weg, aber wenn er Besserung für dich versprich, dann ist es das wert. Hab Geduld und gib nicht auf! Denn die Symptome, die du hast werden früher oder später vielleicht in einem Nervenzusammenbruch, starken Depressionen oder sogar Burn-out äußern, damit ist nicht zu spaßen. Und auch wenn es dir anders erscheint glaube ich nicht, dass deine Eltern das wollen. Wahrscheinlich fehlt ihnen einfach das Verständnis, um deine Gefühle, die Situation, das Alltägliche nach zu vollziehen. Leider sind auch Eltern manchmal mit Blindheit geschlagen.
Es erscheint mir, als wäre das Verhältnis zwischen dir und deinem Vater ein wenig besser, als das mit deiner Mutter. Du hast geschrieben, er würde dich leider ebenfalls nicht richtig ernst nehmen. Könntest du dir denn vorstellen noch einmal mit ihm zu reden? Z.B. nachdem du dir noch ein paar Tips von ausgebildeten Fachkräften beim Jugendamt geholt hast. Oder vielleicht auch einfach so?! Du kannst z.B. einfach mal eine Situation, die noch nicht so lange her ist genau aufschreiben, was passiert ist und wie du dich dabei gefühlt hast. Und damit meine ich nicht einfach nur kurz und knackig, sondern ausführlich, mit allen Kleinigkeiten, mit all den Facetten von Emotionen, die es in die ausgelöst hat. Vielleicht fällt es dir dann auch leichter deinem Vater wirklich klar zu machen, wie schlimm das für dich ist und wie sehr du darunter leidest.

Ich sehe dich als Mensch, als ein Mädchen mit ganz vielen Gefühlen, Wünschen und Stärken. Jemand, der gerade nicht weiß, wie es weitergehen soll, aber nicht davon abkommen wird ihren Weg zu finden, komme was wolle. Nicht jeder hat es so leicht, wie man sich das wünscht, aber dafür wächst du daran ungemein und ich bewundere, wie viel du bis jetzt ausgehalten hast, deshalb bin ich auch davon überzeugt, dass du eine Lösung findest, sei es durch das Jugendamt, durch deinen Vater, durch dich, mit unserer Unterstützung. Du kannst dich gerne wieder an uns wenden, ich werde in nächster Zeit nachsehen, ob etwas von dir kommt.
Du bist nicht allein mit deinem Problem, ich will gerne für dich da sein, wenn du das möchtest.

Herzlichst und alles alles Gute
Marina