Problem von F. - 20 Jahre

BeinaheSekte und Zukunftsangst

Hey Liebe Leute

hab hier vor ein oder zwei Wochen mal was eingeschickt, aber ihr habt echt saumäßig viel zu tun, daher schick ich's einfach nochmal :)

Ich war von März '12 bis Ende Jänner '13 mit meinem ersten Freund in einer Beziehung, die sehr heftig und eigentlich schon grausam war.
Er war ein Jahr jünger als ich und zugegebenermaßen aus einer sehr schwierigen Familie (Mutter eine Dramaqueen, Schwester suizidgefährdet, Vater ein arbeitsscheuer und manipulativer Idiot).
Es sind jetzt vier Monate ins Land gegangen, seid er und ich uns getrennt haben. Konnte mir mittlerweile auch wieder Fotos von ihm ansehen, die ich zufällig noch entdeckt habe bei mir ohne sofort zu heulen anzufangen.

Wisst ihr, ich bezeichnete die Beziehung deshalb als grausam, weil er versucht hat mich zu manipulieren und in eine gewisse Richtung zu drängen.
Aufgrund seiner Kindheit bzw. Jugend war er sehr anhänglich, eigentlich schon eine Klette und ließ mir nicht meinen Freiraum.
Er manipulierte und erpresste mich emotional, dass ich den Hoffman Quadrinity Prozess machen soll, eine Pseudotherapie, bei der man sich vorstellt seine Eltern zu erstechen und wie sie bzw. man selbst im Grab liegt.
Er war total eingenommen von diesen esoterischen Sachen, las Bücher von Hellinger und seinem reaktionären Gewäsch sowie von Steiner und dessen rassistischen Kauderwelsch.
Irgndwann merkte ich, dass ich meinen eigenen Sinnen nicht mehr vertraute und zog die Notbremse.. ich wollte alles anders machen. Mit ihm eine Paartherapie, um die Probleme zu lösen, da ich ihn wahnsinnig liebte, mir aber klar war, dass Liebe niemals zerstören, sondern eigentlich gemeinsam wachsen lassen sollte.
Er dagegen steigerte sich immer mehr hinein in seinen Prozess und nachdem er erneut ein Wochenende dort in der Schweiz verbracht hatte, ließ er mich erneut die Worte des Schluss - Machens aussprechen.. zum zweiten Mal.. er hat den Mut einfach selbst nicht gehabt, sondern es mich sagen lassen..

All die letzten Monate habe ich mit Recherchen und Informationssammlung, Anrufen und Mails zu Personen und Institutionen zugebracht, die mir erklären sollten, was genau dieser esoterische HQProzess ist. Ich weiß nur, dass es sektenähnlich ist... Ich wurde ebenfalls letztes Jahr genötigt den Prozess zu machen, denn andernfalls würde die Beziehung mit ihm nicht klappen... Es war der HoffmanTherapeut von meinem Ex, der mit mir telefonierte, um mir seine Pseudotherapie anzudrehen... ich erkannte, dass dieser Mistkerl nur auf Macht und Geld aus is und lehnte ab... hab meinem Ex erklärt wie ich mich fühlte, dass er Infos über mich und mein Leben und aus dem Beziehungsleben von uns beidne an dieses AR** übergeben hatte, die dieser dann gegen mich verwendet hatte.

Mittlerweile kann ich mir sogar wieder Fotos von meinem Ex ansehen ohne sofort heulen zu müssen.... ich kann mih wieder auf den normalen Alltag konzentrieren ohne ständig an ihn denkne zu müssen..
Aber eine Sache bleibt:
Ich kann keiner Ideologie, keiner Religion, keinem Glauben mehr Respekt und Toleranz entgegenbringen!
Ich verachte diese Märchen und propagandistischen Lügen... meine erste Liebe hat mich manipuliert, verachtet und wollte mich nicht akzeptieren wie ich bin, hat versucht mich in eine Art Sekte einzuschleusen, er warf mir immer wieder vor, dass ich ihn nicht bedingungslos liebte sondern ERWARTUNGEN an ihn hätte und dass nichts mit Liebe zu tun hätte... wobei er sich ins eigenen Bein schoss... ich habe ihn nie um mehr gebeten als um Ehrlichkeit und emotionale Treue... habe versucht auf ihn einzugehen, hab mein Studium und meine Arbeit parallel weitergeführt während ich sein Leben ebenfalls noch wie in einem Drahtseilakt balancieren musste!!! Ich wurde für alles verantwortlich gemacht, mir warf er vor, ich wolle ihm seine Würde nehmen, als ich ihm Ratschläge zu geben versuchte, als er damals nicht einschlafen konnte, wo ich SELBST Mittelohrentzündung hatte und eig Ruhe gebraucht hätte.
Er hat mich gedemütigt, ausgenutzt und schlecht gemacht.. lange hab ich das mitgemacht... ich habe eine Seite an ihm geliebt die wunderbar war.. menschlich und sehr friedliebend.. aber er hat mir keine Freiheit gelassen.. alles musste ich erklären, ich durfte mit keinen anderen Jungs sprechen UND mich mit ihnen gut verstehen, da er mir dann vorwarf ich würde auf sie stehen und ihm fremdgehen!

Ich selbst habe alles geschafft was ich mir vorgenommen hatte... ich war immer für ihn da soweit ich es mir zugetraut habe (und seit meinem Suizidversuch kenne ich meine Grenzen sehr genau)... er stellte mich und meine Gefühle, ja meine ganze Seele in Frage... Bei der Trennung hab ich ihn noch gefragt, ob ich etws tun könnte für die Bez und er meinte, dass ich diesen Prozess und ein Familienstellen (wohl à la Hellinger) machen müsste... wie ich mittlerweile weiß war wohl auch dies von den Ar***ern des Prozesses in ihn eingepflanzt worden.. es steht auf deren Website, dass man selbst schuld ist wenn der jeweilige partner sich nicht zu einer "Therapie" einlässt...

wie gesagt... ich kann einfach nicht mehr vertrauen fassen... ich habe gesehen und am eigenen Leib erfahren, was Manipulation unter dem Deckmantel der Liebe anrichtet und weiß nicht, wie ich damit für meine ganze Zukunft umgehen soll! Es ist, als wäre alles wertlos geworden, denn: Religionen, Ideologien usw. bauen auf einem Machtanspruch von einigen wenigen über viele andere auf! Esoterische, religiöse und andere Glaubensdinge sind ein und derselbe Mist! Nichts kann belegt, noch weniger ohne Gewalt und Manipulation durchgesetzt werden!!!
Ich dachte, mit Liebe kann man alles schaffen, alles erreichen!
Und jetzt stand ich vor den rauchenden Trümmern und frage mich, wofür ich gekämpft habe.. nicht nur, dass ich (m)eine große Liebe verloren hab, nein, sondern auch noch dass ich nicht mehr glaube kann, dass irgendetwas in der Welt es wert ist, dass man darum kämpft... jetzt wo ich sah, was die aus dem was Liebe ist, gemacht haben..!

Könnt ihr mir helfen?
Liebe Grüße


Dana Anwort von Dana

Liebe F.!

Dein Problem berührt mich, ich kann sehr gut nachvollziehen, dass du in deinen Grundfesten erschüttert bist und nun alles anzweifelst, da ja, nach deinem Empfinden, eigentlich sehr viel diesem Muster im Leben folgt.

Ich versuche, mal mit meinen eigenen Gedanken und Vorstellungen, in dein Problem "einzugreifen", um dir vielleicht neue Wege aufzuzeigen. Da es aber ein wirklich kompliziertes Problem ist, hoffe ich sehr, nicht zu scheitern. Sieh es mir nach, wenn nicht alles strukturiert klingt...ich lasse es einfach mal "laufen".

Ich selbst bin auch schon zu der Erkenntnis gelangt, dass eigentlich alles Gute, das es auf der Welt gibt, von irgendwelchen Vollidioten zum Bösen gewendet werden kann. Das reicht vom Feuer (hilft zum Überleben - Brandstiftung) bis hin zu komplizierten Techniken (zB Atomenergie - Atombombe). Auch das Internet zB ist eine supertolle Erfindung und wird von so vielen Menschen missbraucht.
Banalstes Beispiel für GEbrauch und MISSbrauch: Du kannst mit deinem Frühstücksmesser ein Nutellabrötchen schmieren oder deinen Freund erstechen.

Es ist immer eine Sache der eigenen Entscheidung. Wie entscheide ich mich? Wo will ich im Leben hin? Und genau da beginnt der persönliche Weg. Es gab schon immer Menschen, die andere manipuliert haben und es gab schon immer Menschen, die das zuließen. Geboren wird so ein Gedanke aus Missständen im eigenen Leben und schwubbs gibt es Personen, die das ausnutzen und andere, die sich ausnutzen lassen, in der Hoffnung, dass "alles besser wird". Gehirnwäschen sind unglaublich schlimm...und leider unglaublich wirksam. Wenn man für sich so einen Weg als den richtigen annimmt, ist es sehr schwer, davon weg zu kommen, bzw von außen einzuwirken. Auch hier wieder: erst die persönliche Entscheidung würde so etwas möglich machen.

Du hast dich für dich gegen diese Projekte und leider zwangsweise damit auch gegen deinen Freund entschieden. Ich halte das für rettend und richtig für dich selbst. DU selbst hast deinen Weg gewählt und kannst ihn nun weiter gehen. Leider nicht ganz unversehrt, weil die Beziehung und diese "Therapie" einiges in dir verwundet haben, aber du gehst ihn mit geradem Rücken und erhobenem Kopf. Das ist ein sehr wertvoller Schatz, den du da hast. Du hast Rückgrat bewiesen und dich nicht kirre machen lassen, obwohl du anscheinend wenig Eigenliebe empfindest (wenn du schon einmal versucht hast, dir das Leben zu nehmen). Das ist ein sehr positiver Punkt. Ich hoffe, dass du es wieder lernen kannst, dich selbst wirklich anzunehmen. Das wäre vielleicht sogar der erste Schritt, bevor du wieder anderes annehmen und vielleicht sogar lieben kannst.

Zu deiner Beziehung und dem Verarbeiten der Vergangenheit:

Du siehst hier meine These schon bestätigt, dass oft, nein eigentlich immer Missstände im eigenen Leben dafür verantwortlich sind, wenn Menschen sich entschließen, solche Wege zu betreten. Dein Freund hat immense Probleme, seine Seele wird sehr stark beansprucht worden sein durch diese Familie, in der er leben musste und da klammert man sich an scheinbare Lichtstrahlen, wie ein Ertrinkender an einen rettenden Ast. Er hat sich mit vollem Herzen da hinein gehängt, fühlte sich plötzlich verstanden und angenommen - merkte nicht, dass die Schiene eine gefährliche sein könnte. Er war die biegsame Seele, die verhungert an die Tür klopft. Und natürlich war er dann vollends überzeugt! Es konnte ja nicht angehen, dass das, wofür er nun lebte, nicht richtig sein konnte - wo doch schon sein ganzes Leben irgendwie nicht richtig war.

Ich nehme deinen Freund nicht in Schutz, ich versuche nur, dir aufzuzeigen, was in ihm vorgegangen sein kann, damit du verzeihen kannst. Verzeihung und Vergebung ist ein sehr wichtiger Schritt, um mit dem Vergangenen abzuschließen und sich neuen Richtungen zu öffnen.

Dein Freund wollte seinen Idealen nahe sein und er wollte dir nahe sein. Um dies zu verbinden, hat er versucht, dich in seine Richtung zu verbiegen. Wahrscheinlich wollte er, dass es dir genauso innerlich geht wie ihm, dass du genauso das "Licht siehst" etc. Er hat dich drangsaliert, er hat dir böse zugesetzt. Er hat es nicht verstanden. Dass er so anhänglich war, zeigt auch sein völlig fehlendes Selbstwertgefühl. Dieses Manipulieren und Druck ausüben, das "Kletten" und die Ausradierung sämtlichen Freiraums zeigt ähnliches. Er hatte Verlustangst und wollte unbedingt die Kontrolle erlangen und behalten. Kontrolle und ein klarer Weg, das war etwas, das er wollte und sicher noch will. Verwurzelt in etwas sein. Und leider hat er sich dafür eindeutig eine sehr zweifelhafte Richtung ausgesucht. Denn egal, ob Sekte oder sonstige radikale Vereinigungen, oft sind die Menschen darin auf der intensiven Suche nach etwas, das ihnen die Leere nimmt, das sie ausfüllt und ihnen Anerkennung schenkt. Und nur deshalb sind sie dann auch zu so vielem bereit.

Vergib deinem Freund, dass er so gehandelt hat. Ob er es je kapiert, dass etwas falsch läuft, kann ich natürlich nicht sagen. Im Prinzip bräuchte er eine Therapie - und zwar eine richtige.

Nun zu deiner Resignation, die momentan vorherrscht: "Wie kann man nun noch Vertrauen schenken? Wie kann man überhaupt jemals wieder an etwas glauben? Alles hat seinen Wert verloren."

Da wären wir wieder bei den persönlichen Entscheidungen. Wenn du dich entscheidest, allem auf der Welt nun nur noch mit Misstrauen zu begegnen, dein Herz zu verschließen und auf Liebe zu sch...., dann ist das eine Entscheidung, die du natürlich treffen kannst. Resignation ist ein gängiger Grund für genau solche Entscheidungen. Die Frage "wozu?" und "worin liegt denn bitte der Sinn, es noch zu versuchen?" prägen die Denkweise der Resignierten. Dieser Weg ist voller spitzer Steine, er wird weh tun, er isoliert. Sicher, du wirst auf nichts mehr "herein fallen", aber du wirst auch keine warmen, weichen Hände fühlen, die sich dir aus Güte und Liebe entgegenstrecken.

Ideologien, Religionen und Lebensweisen mit gesunder Skepsis gegenüber zu stehen, ist nicht falsch. Sie genau zu ergründen, sogar manchmal notwendig. Ich persönlich bin gläubig und ziehe aus meinem Glauben eine Menge Kraft. ABER ich bin nicht wirklich sehr religiös. Für mich passt zB ein christlicher Wert nicht mit Kreuzzügen oder Massenmorden aus missionarischer Ambition heraus zusammen. Für mich passt es nicht, dass jede Religion "Recht haben" möchte und dafür auch kämpft. Aber deshalb ist nicht alles schlecht. Es ist wieder die Sache der eigenen Entscheidung. Was lasse ich zu? Was ziehe ich mir an? Was lehne ich ab? Es ist deine Sache, wie du deinen eigenen Weg gestaltest. NICHTS mehr zuzulassen, macht den Weg sehr einsam. Ideologien kritisch zu hinterfragen, schützt. Wichtig ist immer, den eigenen Kopf nicht auszuschalten und in sich selbst zu Hause zu sein.

Wenn du nämlich deine Werte kennst und weißt, wer du bist, wird es sehr schwierig, dich umzupolen.
Sei nicht von nun an tatenlos oder zieh den Kopf total ein!

Es gibt einen Spruch, den ich sehr gut finde: "Damit das "Böse" gewinnt, muss das "Gute" nur still stehen und schweigen." "Gut und Böse" hier in Anführungszeichen, da die Definition von Gut und Böse bzw die Möglichkeiten einer Definition oder die Frage, ob überhaupt eine Definition möglich ist, ein mehrere Bücher füllendes eigenes Thema ist. Aber der Inhalt des Spruchs passt gut. Es bedeutet, dass du nicht stillstehen solltest. Lebe dein Leben aus deiner eigenen Kraft heraus. Wenn du gemerkt hast, wie schlimm solche "falschen" Ideologien sein können, wie vernichtend und verachtend, wie manipulativ...hast du dir schon mal Gedanken gemacht, einer Gruppierung beizutreten, die gegen solche Ideologien kämpft? Oder für dich selbst immer so zu handeln, dass du dir selbst ins Gesicht schauen kannst? Zeige allem die Stirn, das dir zuwider ist! Kämpfe für das, das schön und für dich persönlich gut ist!

Ich zB habe mich damals hier beworben, weil ich etwas Gutes tun wollte, etwas bewegen. Einfach so. Resignation ist wie eine falsche Ideologie! Sie ist destruktiv, isolierend, verbitternd! Sie macht Leben grau!

Es wird immer schlechte Wege geben und immer Menschen, die sich für diese Wege leider entscheiden. Geh einen anderen und setz dich nicht mutlos irgendwo auf eine Bank und tu gar nichts! Tu das, was deiner Meinung nach das Richtige ist. Sei Vorbild für andere, lebe intensiv, kümmere dich um das, was für dich persönlich wichtig ist. So bekommt das Leben einen guten Sinn und die Waagschale des Guten hat ein Steinchen mehr...

In diesem Sinne, alles Liebe für dich!

Dana