Problem von Leiyane - 23 Jahre

Gefangen in der Essstörung.

Hallo liebes Kummerkasten-Team,

ich leide an einer Essstörung und bin seit vielen Jahren in psychologischer Behandlung, u.a. auch wegen Depression und Angststörung. Ich bin sehr verzweifelt. Die Krankheit füllt noch immer meinen ganzen Alltag aus, nimmt mir ein erhebliches Maß an Lebensqualität und die körperlichen Folgeschäden sind auch nicht mehr aufzuhalten. Ich war am Gymnasium, habe jedoch aufgrund meiner psychischen Probleme und mehrerer stationären Aufenthalte keinen Abschluss. Meine Eltern sind Ärzte und viel beschäftigt, ich wohne noch immer bei ihnen. Da die Therapie nicht wirklich fruchtet und es in den Jahren keine Forschritte gab, fühle ich mich wie eine Last für jeden in meinem Umfeld. Ich habe kaum noch Kontakt zu meiner Außenwelt, ziehe mich zurück und falle immer tiefer in dieses Loch.

Das Einzige was mir Struktur im Alltag gibt, sind Arzttermine und Therapien, und eben paradoxerweise die Essstörung. Ich klammere mich noch immer an sie, habe Angst vor jeder Veränderung, die mir auch noch den letzten Halt im Leben nehmen könnte. Das macht es zu einem Kreislauf. Da ich nun jedoch mit einem BMI von 14,4 die Gewichtsgrenze für die ambulante Therapie unterschritten habe, fallen nun auch die Termine und somit auch die therapeutische Unterstützung weg. Ich fühle mich weder dünn, noch dick, sondern eher ganz normal. Obwohl ich rational weiß, dass es nicht gesund sein kann. Ich fühle mich wie in einem Käfig, bin kaum in der Lage, über realistische Auswegsmöglichkeiten nachzudenken. Meine Zukunft sieht ziemlich grau und leer aus und ich denke häufig daran, es alles zu beenden. Vor allem um anderen das Leid und die ständige Sorge um mich zu nehmen. Aber ich möchte nicht aufgeben. Noch nicht. Es ist nur so verwirrend, wenn man trotz aller Rationalität und Krankheitseinsicht noch immer im Problem die Lösung sieht.

Ich habe nun kein direktes Problem beschrieben, erwarte also auch keine direkten Lösungsvorschläge. Ich würde mich einfach über ehrliche Gedanken und Meinungen freuen, die vielleicht ein wenig Hoffnung spenden.

Vielen Dank im Voraus,
Leiyane

Dana Anwort von Dana

Liebe Leiyane!

Es ist gut, dass du keine direkten Lösungsvorschläge erwartest und es ist sehr nett, dass du uns davon "freisprichst", das macht es einfacher, sich dieses Problems mal anzunehmen und einfach mit dir im Kontakt zu sein, das zu schreiben, was man selbst so denkt.

DASS du uns schreibst, beweist deinen Willen und ich bin herzlich froh darüber, dass du klug genug bist, dich nicht einfach aufzugeben. In dir drin scheint es also einen Winkel deiner Seele zu geben, die weiß, was du wert bist und deshalb nicht locker lässt. Sieh das immer vor dir! Solange besteht allemal Hoffnung und Zuversicht. Auch wenn du momentan immer mal daran denkst, alles zu beenden, weil du Angst hast, dass der Berg nur zunimmt und nicht abnimmt, den du erklettern musst, momentan ersuchst du immer noch um Hilfe und das ist der entscheidende Faktor! Man kennt ja den Weg nie vorher, daher kann er Angst machen. Man weiß auch nie, was danach noch kommt, wenn man den und den Schritt gegangen ist. Den Weg einfach abzubrechen und sich ein Loch zu bohren, in dem man verschwindet, kappt alle Möglichkeiten, um die nächste Kurve zu gehen und Licht zu sehen. Jegliche Möglichkeiten.

Wenn ich mir deine Situation ansehe, sagt mein Bauch: "Sie muss da raus..." Und damit meine ich nicht deine Krankheit, sondern deine Lebensumstände. Ich habe den Eindruck, aus dem, was du schreibst, dass du sehr wenig Verantwortung für dich selbst übernehmen musst. Alle wissen "was gut für dich ist" und entziehen dir quasi die Kontrolle. Daraus entsteht ein ewiger Teufelskreis, da du dich unbewusst dagegen auflehnst und "ihnen mal zeigst", wer hier die Kontrolle hat. Deine Essstörung dient also, so meine laienhafte Meinung, als Machtinstrument. Macht über dich (ich habe die Kontrolle!), Macht über deine Eltern und die Ärzte (ihr DENKT nur, dass ihr das kontrollieren könnt!)...und das ist ein ewiger Teufelskreis. Du schreibst selbst, dass du dich an deine Essstörung klammerst, dass du Angst hast, etwas zu verändern, weil das ja einem zeitweiligen Kontrollverlust gleich kommt (den Nachsatz habe ich dran interpretiert).

Ich kenne deine familiären Verhältnisse nicht, aber man bekommt das Gefühl, dass du trotz Hilfe recht alleine bist. Nicht unbedingt ohne Freunde, nicht ohne Familie, aber seelisch alleine. Du beschreibst deine Eltern als "Ärzte, die dauernd weg sind und keine Zeit haben". Wenn ich meine Eltern beschreibe, dann kommt SEHR viel anderes vorher, bevor der Beruf kommt. Ich meine, daran sehr deutlich den Abstand zu sehen, den ihr zueinander habt... Sie, die erfolgreichen Ärzte, die viel zu tun haben, du das "Sorgenkindchen, das halb zwangsernährt werden muss". Das ist eine sehr ungesunde Rollenverteilung und meiner Meinung nach wird sich nicht viel ändern, wenn das genau so bleibt.

Das Problem: ich kenne die Art deiner Angststörung nicht. Ich weiß nicht, wovor du Angst hast. Nur vor Veränderungen? Oder vor dem Alleinesein? Auch wenn wir hier normalerweise ein "Einwegbetrieb" sind, möchte ich dich herzlich bitten, mir nochmals etwas genauer zu berichten, was bei dir alles los ist. Folgende Themen hätte ich gerne genauer beschrieben:

- Verhältnis zu den Eltern (seelische Basis, Dialog möglich? Wie sehen sie dich? Wie siehst du sie?)
- Stand beim Therapeuten (du darfst momentan nicht kommen?)
- Stand der Angststörung (welche Bereiche?)
- Stand der Depression (auf welche Art hemmt sie dich?)
- was würdest du gerne tun, wenn du gesund wärst?
- was würdest du gerne ändern?

Linke dann bitte dieses veröffentlichte Problem in den Titel und schreibe unter der Kategorie "Feedback" nochmals.

Es hat keinen Sinn, wenn ich dir Rat gebe, mir Gedanken mache, ohne einige Fakten zu kennen. Dann wird das sicher eine "bunte Suppe", mit der du nichts anfangen kannst. Ich möchte auch einfach nichts schreiben, das dich dann in eine Richtung schickt, die dich überfordert. Insgesamt glaube ich an dich, das merke ich. Ich bin der Meinung, in dir noch einiges an Kraft zu sehen. Und die muss in die richtige Richtung, um auf dem Weg noch ein Stück weiter zu laufen, um die nächste Ecke.

Ich freue mich auf Post. ;)

Liebe Grüße,

Dana