Problem von Chrissy - 25 Jahre

Betrogen, gedemütigt, beschimpft - aber ich habe Angst vor der Trennung

Ich bin seit 6 Jahren mit meinem Freund zusammen, ich habe eine kleine Tochter (jetzt 7) mit in die Beziehung gebracht. Meine Tochter kennt nur meinen Freund als Papa, der Erzeuger hat sie nie sehen wollen, und sie weiß auch nicht, dass es noch einen anderen gibt und da sie damals noch sehr klein war, war mein Freund von Anfang an ihr Papa für sie- so viel erstmal zum familiären Hintergrund.

Am Anfang unserer Beziehung lief alles super, wir waren glücklich und ich konnte ihm vertrauen, ob wohl ir dies sehr schwer fiel, in meiner vorherigen Beziehung bin ich belogen und betrogen worden. Er gab mir aber von Anfang an das Gefühl, er wäre ehrlich und treun und beteuerte dies auch immer wieder. Ich glaubte ihm alles und vertraute ihm.

Bis zu einer Nacht kurz nach unserem ersten Jahrestag. Da wollte er erstmals abends nur schnell noch was einkaufen gehen und kam die ganze Nacht über nicht nach Hause. Er meldete sich auch nicht. Am nächsten Morgen kam er gegen 6 zurück und erzählte mir, er hätte kurzfristig arbeiten müssen ( er arbeitete damals als Türsteher in einer Disco). Ich glaubte ihm jedoch nicht und entdeckte in seinem Handy SMS, in denen er sich für den Abend mit einer alten Bekannten verabredete und auch die Nacht bei ihr verbrachte.

Er beteuerte, da sei nichts gelaufen. Er hätte zwar erst gewollt, aber dann wäre das schlechte Gewissen kommen und er hätte es gelassen. Ich wusste nich, ob ich ihm glauben sollte, aber wir blieben vorerst zusammen. Er beteuerte, sowas würde nie wieder passieren, das war nur ein Ausrutscher.

Das ging auch einige Zeit, bis mir sein Verhalten wieder komisch vorkam, er hatte ständig Geheimnisse und ich ertappte ihn immer wieder beim Lügen. Darauf angesprochen, stritt er alles ab. Eine Freundin entdeckte ihn auf einer Online-Dating-Seite, mit Foto, und ich fragte ihn danach. Auch das stritt er ab, meine Freundin hätte nur gelogen, um uns auseinander zu bringen. Aber ich schaute mir seine Profilseite selbst an und wusste, dass es sie gab. Am nächsten Tag war das Profil gelöscht.

So ging das über die letzten Jahre hinweg, es gab Phasen, da gab es keine anderen Frauen, die er anbaggerte und es gab Phasen, da war er auf jeder Singlebörse im Internet zu finden. Es hat mich immer wieder verletzt, auch die Nachrichten, die da so hin und her gewandert sind. Aber einmal darauf angesprochen, hat er sich entschuldigt und es war wieder vorbei. Ich wusste auch ganz sicher, dass er sich nie mit einer dieser Damen getroffen hatte.

Ansonsten war unsere Beziehung ok, nach außen hin waren wir das perfekte Paar, verstanden uns gut und wirkten glücklich. in seine "mädelsfreien" Phasen haben wir auch wenig gestritten, er war auch meistens sehr liebevoll. Streitereien passierten, wurden ausdiskutiert und waren vergessen. Sie liefen auch immer auf einem vernünftigen Niveau ab. Immer wieder dachte ich, jetzt wird alles gut. Wir sprachen auch vom Heiraten, von gemeinsamen Kindern...

Bis vor etwa einem 3/4 Jahr. Er begann gerade wieder als Türsteher zu arbeiten. Er veränderte sich. Inzwischen können wir überhaupt nicht mehr miteinander reden, jedes Gespräch, selbst über Kleinigkeiten, arten in Streit aus. Dieser Streit geht immer, wirklich immer, mit Beleidigungen von seiner Seite einher. Er beschimpft mich als "dumme Fotze", die eh für alles zu doof ist, wirft mir vor, ich würde nichts auf die Reihe kriegen, würde nicht wissen, was Arbeit bedeutet, ich wäre stinkend faul, ich bekomme den Haushalt nicht auf die Reihe und für Kindererziehung sei ich auch zu blöd.

Durch seine Arbeit trifft er vile Frauen und besorgt sich von jeder 2ten die Handynummer. Sie schreiben dann auch den ganzen Tag SMS miteinander, in denen er die Frauen mit Komplimenten überhäuft und der Gentleman ist, den ich damals auch kennen gelernt habe. Als ich einmal darauf ansprach und ihm mitteilte, wie weh mir das tut, so etwas zu lesen, zumal er sich mir gegenüber so gemein benimmt, teilte er mir mit, es sei ihm scheißegal, wie es mir gehe, es würde ihn nicht interessieren, wie ich mich dabei fühle und wenn ich nicht so dämlich und scheiße im Bett wäre, würde er den Kontakt zu anderen Frauen nicht suchen. Dann sagte er mir breits mehrmals, er könne meine ANwesenheit nicht mehr ertragen, er hätte schon die Schnauze voll, wenn er nur daran denke zu mir zurückzukehren und ich solle doch einfach meine dämliche Schnauze halten, ihn in Ruhe lassen und ihmk nicht mehr auf die Nerven gehen. Er könne es nicht ertragen, mit mir zu reden. Daraufhin herrscht tagelang eisiges Schweigen.

DIe ersten Male hat er sich noch dafür entschuldigt, er hätte nur überreagiert und das in der Wut gesagt, aber nie so gemeint. Mittlerweile macht er auch das nicht mehr, ich würde es ihm aber sowieso nicht glauben.

Irgendwann fängt er einfach wieder an, mit mir zu reden, als sei alles in Ordnung. Probleme können so nicht geklärt werden, weil er sie einfach ignoriert. Und ich hüte mich auch davor, das Streitthema noch einmal anzusprechen. In diesen "ruhigen" Tagen ist er auch plötzlich wiedr ganz liebevoll, sagt nette Sachen und redet von Zukunft. Aber nebenbei hat er immer noch die Geschichten mit den anderen Frauen laufen, gerade so als würde er mich nur hinhalten, bis es mit einer anderen ernst geworden ist.

Und trotzdem hat er sich bis vor kurzem nicht privat mit diesen Frauen getroffen, bis letzte Woche. Da hat er mir was von "mit Kumpels grillen" erzählt, aber ich hatte herausgefunden, dass er sich mit einer Frau treffen wollte. Ich sprach ihn darauf an, er log. Ich konfrontierte ihn damit, dass ich das ganz sicher weiß, er gab es zu, sie wollten sich treffen um zu reden. Als ich ihn auf die Heimlichtuerei ansprach, wenn sie doch nur befreundet seien, gab er mir die Schuld daran. Und dann wieder: ist mir scheißegal, was mit dir ist, ich lass mir nicht vorschreiben was ich mit wem mache, es geht dich nichts an, wenn ich mich mit anderen Frauen treffe... Und all die üblichen Beleidigungen. Das Ergebnis war, dass er sich gleich am nächsten Tag noch einmal mit ihr getroffen hat.

Ich weiß einfach nicht mehr weiter. Bei dem ganzen Bericht habe ich meine Tochter außen vor gelassen. Die beiden hatten immer ein sehr gutes Verhältnis zueinander. Egal wie unfreundlich er zu mir war, zu ihr war er immer der liebe Papa, hat sich Zeit für sie genommen, ist ihr gegenüber nie laut geworden. Das gab mir immer wieder die Hoffnung, dass es zwischen uns auch noch einmal besser werden könnte. Darum bin ich nie gegangen. Inzwischen hat er auch für die Kleine keine Zeit mehr, und sie leidet immer sehr darunter, wenn er nicht da ist. Er ist ja immer weg, Uni, danach Sport, danach seine Kumpels/Frauen. Hochgerechnet verbringt er vielleicht 2 Stunden in der Woche mit dem Kind. Immer wieder weint sie, dass sie den Papa vermisst und warum er immer nicht da ist.

Das tut mir in der Seele weh, ich kann ihr ja nicht mal sagen, wann Papa wieder kommt, denn ich weiß es ja selbst nie. Ich weiß nicht, wie ich sie trösten soll. Ich versuchte schon einmal mit ihr über eine Trennung zu sprechen. Erklärte ihr, dass es Mama und Papa nicht mehr gut läuft und das sie das selbst ja auch merken würde. Sofort brach sie in Tränen aus, wenn wir ausziehen würden, würde sie den Papa ja noch weniger sehen, dann würde sie ihn ja immer vermissen.

Ich machte sofort einen Rückzieher was die Trennung betraf und muss lasse seitdem beinahe tagtäglich diese Demütigungen über mich ergehen. Teilweise lässt er auch seine Launen an mir aus, ohne das ich überhaupt ein Wort zu ihm sagte. Ich versuche ihm aus dem Weg zu gehen. Die "guten" Tage werden immer seltener, beschränken sich mittlerweile auf vielleicht 1 pro Woche, wenns gut läuft.

Ich weiß einfach nicht mehr was ich machen soll, ich halte das nicht mehr aus. Wenn ich eine Trennung in Erwägung ziehe, denke ich sofort an das todtraurige Gesicht und die Tränen meiner Tochter und ich bringe es nicht übers Herz. Das einzige was ich immer für sie wollte, war eine heile Familie, Vater, Mutter, Kind, so wie ich sie auch hatte. Ich dachte wirklich, er sei der Richtige dafür.

Aber ich halte diese ständige Demütigung einfach nicht mehr aus. Wenn ich Essen koche, ist es das falsche, koche ich nicht, macht er mir Vorwürfe. Die Tshirts in seinem Schrank passen ihm auch immer nicht, wenn die anderen noch nicht gewaschen oder trocken sind, bin ich halt einfach zu blöd dafür. Verlegt er irgendetwas, bin auch ich immer diejenige, die es verbummelt hat, taucht es dann in seinem Rucksack auf, hat er es natürlich nie da rein getan.

Verstehen Sie was ich meine? Ich bin immer an allem schuld, nichts mache ich richtig oder gut genug. Ich kann das nicht mehr hören.

Aber ich fürchte mich vor dem Schritt in die richtige Richtung. Was, wenn ich allein nicht klar komme, finanziell gesehen? Was, wenn meine Tochter wirklich so sehr unter der Trennung leidet und er sich vielleicht sogar weigert, sie danach noch zu sehen, auch wenn sie es sich wünscht? Wenn ich ihr ihren Papa wegnehme? Was ist, wenn das doch wieder nur eine, zugegeben sehr lang dauernde, schlechte Phase ist und ich alles kaputt gemacht habe? Was ist, wenn ich es überhaupt bereue?

Ich weiß keinen Ausweg mehr. Ich kann nicht mehr schlafen, nicht mehr richtig essen, mich nicht konzentrieren. Immer kreisen meine Gedanken nur darum, was ich denn besser machen könnte, damit die Beziehung wieder besser läuft. Vielleicht bin ja tatsächlich ich das Problem und müsste nur das ändern, was er mir ständig vorwirft.

Michaela Anwort von Michaela

Hallo Chrissy!

Vielen Dank für deine Email!

Beim Lesen deiner Geschichte habe ich mich wirklich gefragt, was er dir noch antun muss, damit du dich von ihm trennst. Er demütigt dich und ist gemein, er geht höchstwahrscheinlich fremd; was er macht, hat nichts mit einer gleichberechtigten Partnerschaft zu tun. Er liebt dich nicht, da kannst du dir ziemlich sicher sein. Und selbst wenn du dich so veränderst, wie er es gern möchte: das bist am Ende nicht mehr du selbst und er wird nie zufrieden sein. Es kann auch nicht sein, dass man immer nur von einem guten Tag zum anderen lebt, die dann auch immer seltener stattfinden.
In welche Richtung du gehen musst, weißt du eigentlich. Du schreibst ja selbst, dass du dich vor dem Schritt in die richtige Richtung fürchtest. Und der Schritt ist die Trennung.
Und diesen Schritt kannst nur DU vollziehen. Du bist die Erwachsene und musst diese Angelegenheit regeln. Deine Tochter kannst und darfst du mit dieser Entscheidungsfindung nicht belasten. Sie ist noch zu klein, um die Tragweite eurer Differenzen und einer Trennung zu verstehen. Sie kann das nicht mitentscheiden.
Du musst klären, wie es für euch beide - ohne deinen Freund - weitergehen kann. Wo ihr wohnen werdet, vielleicht auch erstmal nur übergangsweise und wie ihr euch finanziert. Eventuell gibt es Unterstützung vom Amt; da musst du mal nachfragen. Und erst wenn das alles geklärt ist und du dich entschieden hast, setzt du deine Tochter davon in Kenntnis. Sie braucht Sicherheit und die musst du ihr bieten, so schwer das in dieser Situation auch fällt.
Und du musst stark für sie sein, weil sie vielleicht ihren Papa als Bezugsperson verliert. Wenn das so sein sollte, kannst du das nicht ändern. Du kannst dann nur für sie da sein und ihr mit ihrer Traurigkeit helfen. Da hast du dann auch die Gelegenheit, ihr eine "heile" Familie zu bieten; das seid dann ihr beide. Auch wenn ihr im Moment einen Vater dabei habt, seid ihr momentan von einer heilen Familie meilenweit entfernt, sorry, wenn ich das so deutlich sage. Deine Tochter bekommt die Demütigungen doch ständig mit, die du über dich ergehen lässt. Und ist das wirklich das Bild, das du deiner Tochter von einer harmonischen, funktionierenden Familie vermitteln willst?
Ich denke nicht.
Der richtige Schritt ist die Trennung. So eine Behandlung hat niemand verdient, du musst dir da ganz eindeutig mehr Wert sein. Mach dich frei von ihm und du wirst am Ende aus dieser ganzen Geschichte gestärkt hervorgehen.
Ich hoffe wirklich, dass du die Kraft findest, einen Schlussstrich zu ziehen, weil du mit ihm nicht glücklich werden wirst. Und daran bist DU nicht schuld. Er ist nicht der richtige für das, was du suchst: Liebe, Familie, Miteinander. Er behandelt dich wie einen Fußabtreter; bitte mach dem ein Ende. Für dich und für deine Tochter. Sie wird es - wenn nicht jetzt - dann später einmal verstehen und stolz sein auf eine Mutter, die ihren Mut und ihre Kraft zusammengenommen und sich aus so einer furchtbaren Beziehung befreit hat.
Ich wünsche dir alles Gute und viel Kraft für deinen weiteren Weg!

Viele Grüße,
Micha