Problem von Jassi - 16 Jahre

Rückfall in Depressionen?

Also bei mir ist es so das ich eine Phase hatte in der ich kaum gegessen hatte, leider ohne groß abzunehmen, aber hab es körperlich schon gemerkt. Zu der zeit hatte ich auch starke Depressionen und Suizidgedanken, hab jede Nacht geweint, und mich öfters "geritzt" indem ich mit meiner Pinzette meine Haut aufkratzte, weiß nicht ob das Ritzen ist.
Ich war auch in nem pro ana Forum drinne hatte eine twin mit der ich Diäten gemacht hab etc. Danach ging es mir eig. besser hatte meine schlechten Gefühle einfach immer wenn sie aufkamen verdrängt und mich abgelenkt, oder wenn's gar nicht anders ging meine Fingernägel ganz doll in meine haut gerammt, aber so im Ganzen ging es mir für so 3/4 Monate echt gut, hatte mich auch aus dem Forum abgemeldet und Kontakt zu meiner twin abgebrochen.
Jetzt bin ich für ein Jahr nach Thailand gefahren, hab mir schon sehr lang ein Auslandsjahr gewünscht. Ich bin jetzt seid fast 2 Monaten hier und vllt fühle ich mich zu einsam oder es liegt an einem jungen bei dem ich mit nicht sicher bin was er für mich empfindet, was mich total verrückt macht weil ich Unwissenheit nicht aushalten kann. Auf jeden fall hab ich hier wieder angefangen zu Ritzen dieses mal mit der Schere zwar nicht sehr tief aber es blutet schon. Ich hatte hier in Thailand außerdem eine Blinddarm op nach der ich 3kg abgenommen habe was ich jetzt wieder versuche zu halten. Und jetzt kommen die Gedanken and essen zurück, die Angst vor dem noch fetter werden, obwohl mein BMI normal ist, und halt das Ritzen noch stärker. Außerdem habe ich hier wieder öfters Depressionen und Weine oft nachts und habe auch wieder pro ana und depri Musik auf meinem Handy.
Ich weiß aber auch nicht wie ich das stoppen soll an meiner Gastfamilie liegt es nicht die ist toll und meine klasse auch aber mir geht es immer schlechter und ich hab Angst das es mit bald wieder Mega schlecht geht habt ihr irgendwelche Ideen wie ich das vermeiden kann?
Liebe Grüße jassi :)

Florian Anwort von Florian

Hallo Jassi,


es sind nicht die Depressionen die zurückkehren, sondern es ist die Angst und die Sorge das sie wiederkehren könnten. Wer bereits einmal tiefe Depressionen erlebt hatte, die wie in Deinem Fall mit Selbstmordgedanken und selbstverletztendem Verhalten einhergingen, macht sich darüber sehr viele unnötige Sorgen. Gerade durch erhöhten Stress, wie etwa einem längeren Auslandsaufenthalt, einer Operation, dem Gefühl von Einsamkeit und eventuellen Liebeskummer, können solche Ängste verstärkt werden und so auch Grübeleien auslösen, wie etwa über das Gewicht oder das Selbstbild im Allgemeinen. Das sorgt wieder für neuen Stress und damit auch angstverstärkend.

Der Schlüssel um diese Sorgen und Ängste also zu überwinden ist gelassener zu werden, den Stress zu reduzieren und die unnötigen Grübeleien zu stoppen.


Um dies zu erreichen musst Du Dir selbst, genau genommen Deinem Unterbewusstsein, einfach mehr vertrauen. Das Unterbewusstsein ist ein vereinfacher Begriff für alle Funktionen innerhalb Deines Gehirns, welche Deinen ganzen Körper selbstständig steuert. Dazu gehört z.B. die Atmung, der Herzschlag, der komplette Bewegungsapparat, die Verdauung usw.. Jeder Prozess der in Deinem Körper stattfindet wird von Deinem Unterbewusstsein kontrolliert und auf natürliche Weise möglichst optimal ausgeführt.
Dem Entgegen steht Dein Bewusstsein. Das wären alle Funktionen innerhalb Deines Gehirns, welche Du bewusst wahrnehmen kannst. Wenn Du Dein Bewusstsein auf eine bestimmte Körperfunktion, wie dem Atmen, lenkst, so kannst Du diese in der Regel (mehr schlecht als recht) selbst steuern. Das Bewusstsein verfügt, im Vergleich zum Unterbewusstsein, über weitaus weniger Ressourcen und erfasst nicht einmal einen Prozent aller Aktivitäten im Gehirn. Trotzdem reicht dies aus, um den gesamten Betriebsablauf empfindlich stören zu können. In Folge dieser Störungen kommt es häufig zu Fehlern, welche sich dann psychisch z.B. durch Depressionen oder Ängste bzw. physisch z.B. durch Stolpern oder Stottern zeigen.

Grübeleien und Sorgen sind zwei Beispiele dafür, wie das Bewusstsein durch zu starke Fokusierung auf einen Gedankengang die restlichen Abläufe behindern kann. Wenn Du z.B. Dir Sorgen um Dein Gewicht machst, blockierst Du mit dieser Fokusierung Dein Unterbewusstsein, welches durch seine Ressourcen Deinen Hunger und Dein Essverhalten optimal steuern kann. Während das Unterbewusstsein Dich nur dann Essen lässt wenn es notwendig ist und Du so zu einem optimal angepassen Gewicht gelangst, will Dein Bewusstsein diese Kontrolle übernehmen. Es ist aber dafür nicht ausgelegt diese wirklich tun zu können, denn es gehören weitmehr Informationen dazu den Hunger zu kontrollieren, als das Bewusstsein steuern kann. Die Folge sind neben intensiver Grübeleien auch Stress. Stress wiederum verursacht Hunger, da Stress ein Notfallprogramm startet welches möglichst viel Energie speichern will. Was daraus folgt, kann man sich denken.
Optimaler wäre es das Unterbewusstsein die Kontrolle zu überlassen. Nur dieses ist fähig dazu alle notwendigen Informationen zu verarbeiten um eine optimale Nahrungsaufnahme zu garantieren. Zugleich entstehen so auch keine Grübeleien und damit auch kein unnötiger Stress. Vorhandene Fettzellen werden entsprechend nach und nach soweit abgebaut, dass sie trotzdem noch die eigentliche Aufgabe erfüllen, nämlich für Notzeiten Reserven zu bilden und die Körpertemperatur zu halten.

Dies ist nur ein Beispiel in dem das Unterbewusstsein bessere Leistungen als das Bewusstsein vollbringt. Ein weiteres Beispiel wäre die Unsicherheit im Bezug auf Deinen Schwarm. Dein Unterbewusstsein weiß eigentlich wie es reagieren will, aber Dein Bewusstsein baut sofort Sorgen auf die ein Gefühl der Unsicherheit darstellen. Dein Bewusstsein bremst Dich also hier aus, aus Angst irgendeinen Fehler machen zu können. Dein Unterbewusstsein aber würde es einfach riskieren und so Erfahrungen sammeln, um beim nächsten Mal besser zu werden und neue Chancen besser zu nutzen.


Es wäre zu einfach zu sagen, um das Unterbewusstsein seine Arbeit machen zu lassen, wäre es notwendig weniger bewusst zu denken. Das wäre eine unmögliche Forderung, da das Bewusstsein durchaus eine Aufgabe hat und nicht mal eben abgeschaltet werden kann. Die eigentliche Aufgabe des Bewusstseins ist es nämlich alles zu beobachten was es wahrnehmen kann. In Folge dessen bewertet und analysiert es das wahrgenommene. Was aus diesen Analysen gemacht werden soll ist eigentlich die Entscheidung des Unterbewusstseins, wird aber, z.B. in Fällen von Grübeleien, Ängsten und Stress, unnötigerweise auch vom Bewusstsein übernommen.
Um dies zu verhindern bedarf es einer Konzentrierung des Bewusstseins auf nur eine Aufgabe, nämlich dem Beobachten. Ist das Bewusstsein damit beschäftigt, möglichst viel zu beobachten was gerade geschieht, so kann es keine Energie mehr darauf verwenden selbst irgendwelche Funktionen übernehmen zu wollen. Das Unterbewusstsein kann nun frei arbeiten und das Bewusstsein beobachtet dies aufmerksam ohne eine Bewertung abzugeben.

Praktisch umgesetzt bedeutet das: Du musst Dich vollkommen auf etwas konzentrieren was in diesem Moment stattfindet. Sei es das beobachten Deines Atems oder Deines Herzschlages, sei es das bewusste zuhören eines anderen Menschen oder das bewusste Lesen eines Textes, sei es die Konzentration auf die gegenwärtige Arbeit oder das Lernen. Einfach auf etwas konzentrieren was im Moment stattfindet, denn Rest erledigt Dein Körper wie von selbst.
Zu Anfang kann es vorkommen, die Konzentration nicht über eine längere Phase hinweg aufrecht erhalten zu können. Sollte man dies merken, kann man die Aufmerksamkeit auf etwas anderes gegenwärtiges lenken und so neu beginnen. Je mehr übung desto spontaner und desto optimaler reagiert Dein Unterbewusstsein und Dein Körper auf die gegenwärtigen Ereignisse. Es kann am Anfang beängstigend sein, zum einen weil es ungewohnt ist die Kontrolle bewusst abzugeben und zum anderen, wenn man erkennt wie schnell und effektiv das Unterbewusstsein arbeiten kann ohne bewusstes Zutun. Dies ist beides nur aus Ungewohnheit, sobald die Gewöhnung einsetzt, fällt es auch viel leichter nochmehr dem Unterbewusstsein zu überlassen.


Ich habe selbst mit dieser Methode bereits seit etwa einem halben Jahr sehr gute Erfahrungen gemacht. So bin ich selbst früher immer recht faul und schwerfällig gewesen. Heute habe ich einen sehr hohen Bewegungsdrang, gehe häufiger spazieren oder zu Fuß anstatt mit dem Bus und schaffe Strecken von sonst 30 Minuten Fußweg in 20 Minuten. Auch beim Essverhalten hat sich bei mir einiges verändert. So verspüre ich weniger Hunger, dafür mehr Durst. Das Schlafverhalten orientiert sich nach dem Müdigkeitsempfinden und nicht mehr nach der Uhr, was zugegeben nachteilig wird wenn es um das rechtzeitige Aufstehen vor dem Sonnenaufgang geht. Die Spontanität ist dafür auch weitaus größer als früher, setzte ich früher viel auf Sicherheit durch Pläne, lasse ich heute mein Unterbewusstsein entscheiden wann ich was tue. Ein nicht zu verachtender Nebeneffekt ist dadurch auch die gesteigerte Lebenszufriedenheit und -Freude. Das Unterbewusstsein ist nämlich überaus hedonistisch veranlagt, also auf Spaßerlebnisse aus. Es werden also ein Glückmoment nach dem anderen gesucht und gefunden.


Du musst auch nicht gleich so vollkommen übertreiben, wie ich es gerne tue und zunächst einmal diese Methode nur in jenen Fällen testen, wenn Du Dir am meisten Sorgen machst oder wenn solche Grübeleien wieder anfangen. Die Effekte sind die gleichen, jedoch in abgemilderter Form bei zugleich steigender Gelassenheit und damit deutlich weniger Stress. Dies kann auch bereits ausreichen, um die Gefühle nahender Depressionen zu lindern oder gar gänzlich zu beseitigen.


Ich hoffe Dir damit weitergeholfen zu haben und wünsche Dir alles Gute.


Gruß


Florian