Problem von Lo - 23 Jahre

Ein guter Freund von mir isoliert sich selber und geht nichts an im Leben!

Hallo liebes Team,

also um die Situation zu verdeutlichen.
Es geht um eine sehr guten Freund welchen ich schon 8 Jahre kenne. Er ist 25 Jahre und wohnt mit meinem besten Kumpel zusammen, die beiden kennen sich noch länger und sind auch sehr gut miteinander befreundet. Er hat in den letzten Jahren mehrere Studiengänge begonnen und nichts davon durchgezogen.

Ich zähle mal ein paar Eigenschaften auf die mir aufgefallen sind, damit ihr euch ein bild von seiner Person machen könnt.
Egal welcher Wochentag es wird lange geschlafen und er bleibt lange munter, oft bis tief in die Nacht. Also kein Rhytmus vorhanden. Ich weiß dass er einen Job besitzt von dem aber niemand weiß was er wirklich verdient und von dem auch nicht erzählt wird. Jedenfalls klingt es nach einen Geringfügigen Job. Gut das is ja nicht so schlcht ne Arbeit zu haben, das Problem was ich damit habe ist dass er 25 ist, diesen Job schon seit gut 3-4 Jahren macht und seinen Lebensstandard kein bisschen erhöht.

Ich glaub er ist momentan in ein Studium Inskribiert um Familienbeihilfe zu kassieren, aber mir wäre nicht aufgefallen dass er jemals in einer Vorlesung war, geredet wurde so oder so nicht darüber.

Ich hatte letztens ein Gespräch mit ihm bezüglich Leben, Zukunft, vorallem fortschritt im Leben. Ich habe wirklich darauf geachtet über Ich-Botschaften zu kommunizieren und hab z.b. danach gefragt wie es ihm im Beruf geht, ob er das weiter macht oder eventuell eine Ausbildung anstrebt die ihn interessiert.
Die Antworten waren sehr Passiv, sehr viel drum herum geredet aber nie direkt oder Sätze wie, "Ja genau das würde mich interessieren, ich hab mich schon darüber informiert!"
Ich kann mich daran erinnern dass er gesagt hat dass er ein Studium beginnen möchte was ihn interessiert, aber er möchte nur das mindeste dafür tun. Ich höre keinen Funken Motivation, Enthusiasmus für Themen oder Interessen, oder generelle Neugierde an der Welt dem Umfeld.

Wenn ich mich nicht wöchentlich bei ihm Melden würde hätten wir nur noch Kontakt weil ich meinen anderen Freudn bei ihnen daheim besuche.

Grundsätzlich ist jetzt meine Sorge dass er durch die Selbstisolation und das viele Computerspielen auf der Strecke bleibt. Ich kann keinen Fortschritt in seinem Leben sehen, mir sind in den letzten Monaten auch Dinge wie eine extrem unordentliche Wohnung, ein stinkendes Zimmer und mangelnde Körperhygiene aufgefallen. Die Qualität seines kompletten Lebens ist mittlerweile an einem Punkt angelangt was einfach keinen Spaß mehr machen kann. Vor allem dadurch dass mein zweiter Kumpel seit Oktober dort wohnt, den ich wöchentlich sehe und sehr offen über alle Kritischen, persönlichen und banale Themen reden kann, bekomme ich immer mehr Information, was dafür spricht dass er sich in einer Spirale befindet aus die er sich nicht mehr rausholen kann.

Ich wollte euch eben um Rat fragen was von meiner Seite noch eine Unterstützung für ihn sein könnte! Ich wiege momentan zwischen: Ihn als Menschen so akzeptieren, vielleicht stelle ich mir persönlich einfach etwas anderes unter Lebensqualität vor und interpretiere meine Wünsche in sein Leben. Mein zweiter Gedanke ist eine Intervention und ihn wirklich mal mit den Problemen die er sich im Leben schafft konfrontieren, deswegen auf die "harte" Tour weil das Gespräch was ich schon einmal im Gang hatte mit ihm nur auf, Abblocken, Ausweichen und wirklich das Thema wechseln, basiert ist.

Vielen vielen Danke für jeden Leser!
Was meint ihr dazu?

Adriano Anwort von Adriano

Hallo Lo,

zunächst einmal vielen Dank für deine Nachricht. Ich möchte voranstellen, dass es dich ziemlich ehrt, dass Du dir solche Gedanken um deinen Freund machst. Ohne lange Umwege hier nun meine Antwort, quasi meine ersten Gedanken zu deiner detailierten Schilderung.

Ein klares Ja zur offenen Konfrontation! Dabei klingt Konfrontation jetzt sicher etwas härter, als ich es meine. Es ist absolut nichts Verkehrtes daran, einem Menschen, den man mag und bei dem man irgendwie das Gefühl hat er befinde sich in einer prekären Lage, seine Gedanken mitzuteilen. Gewisser Maßen ist es auch einerseits das Recht und die Pflicht eines guten Freundes, genau das zu tun. Ich habe nur das Gefühl, dass dabei ziemlich viel Fingerspitzengefühl von Nöten sein wird. Warum ich das denke - es ist nicht selten, dass sich Menschen, auch wenn sie ihre Lage selbst als misslich erkennen und ihre Probleme durchaus wahrnehmen, sich dann in einer Situation der Konfrontation mit Freunden oder Familie peinlich entblößt sehen. Was wiederum zur Folge haben kann, dass sich der Mensch komplett verschließt, jedes Argument blockiert und aus natürlichem Reflex sofort auf Distanz geht.

Es ist also gewisser Maßen eine Gratwanderung zwischen "Erfolg" und "Misserfolg".

Grundsätzlich halte ich es beispielsweise für völlig angebracht, deinem Freund mitzuteilen dass du das Gefühl hast, dass der Kontakt nicht mehr wirklich Bestand hätte, würdest du nicht hin und wieder mal zu Besuch kommen. Ihm zu sagen, dass du dich schon sehr freuen würdest, wenn dort mal etwas mehr Initiative und Interesse von ihm käme. Eben, da er dir als Freund schon sehr wichtig ist. Es kann gut sein, dass dein Freund es bisher einfach nicht so wie Du wahrgenommen hat, dass die Freundschaft bisher sehr einseitig geführt wird. Auch das ist gut möglich. Andererseits kann es auch sein, dass dein Freund tatsächlich in einer Lebenslage steckt, in der er sich lieber zurückzieht als "Umstände" zu bereiten. Weshalb das so sein könnte, hätte natürlich viele Gründe, die es dann, insofern er darüber reden mag, herauszufinden gilt. Es gibt tatsächlich das Phänomen, dass sich Menschen bewusst zurückziehen, gleichwohl sie die Gesellschaft anderer Menschen sehr mögen. Was wiederum auch sie selbst bedrückt, da sie ihre eher unsoziale Lebensweise zwar schon erkennen, ihnen aber der Mut oder das Selbstbewusstsein fehlt, das einzugestehen und sich so zu geben, wie sie sind. Dass sie sich also ihrerseits so gut wie nie melden, hat, so ironisch das klingen mag, nichts damit zu tun, dass sie die Freundschaft oder Gesellschaft nicht wertschätzen. Sie tun das, weil sie sich möglicher Weise im Vergleich zu anderen Lebenstandards von Freunden oder Bekannten minderwertig fühlen. Oder weil sie schlicht und ergreifend eher schüchterner sind, nicht auffallen, sondern lieber zuhören anstatt reden wollen. Weil sie Angst haben, die zumeist nicht existenten oder in diesem Zusammenhang in ihrer Vorstellungen übertriebenen Erwartungen und Hoffnungen, die man in sie setzt, nicht erfüllen zu können.

Es ist also durchaus möglich, dass Du ihm mit einem offenen Gespräch einen großen Gefallen tun wirst. Da es vielleicht Dinge gibt, über die er dann endlich mal reden könne. Über Ängste, Zweifel, Gedanken oder, oder. Solltest Du also dieses Gespräch suchen, so rate ich dir, dich vielleicht mit deinem besten Freund noch einmal zusammenzusetzen und darüber zu reden, wie und wann man dieses Gespräch am besten suchen sollte. Wichtig ist dann meiner Meinung nach auch sehr, dem Freund einfach zu signalisieren, dass man sich lediglich etwas Sorgen mache und es einem in keinster Weise darum ginge, ihm, wie du es auch gut beschreibst, die eigenen Wünsche am Leben vorzudichten. Denn - natürlich ist es gut möglich, dass er völlig zufrieden ist mit dem, wie alles ist und er die "Aufregung" darum gar nicht verstehe. Sollte das so sein, solltest Du dich dann auch zurückziehen und es eben so akzeptieren, wie es ist. Auch wenn es dir schwer fallen sollte.

Sollte jedoch tatsächlich etwas an der von dir und mir vermuteten bzw. in Aussicht gestellten, misslichen Lage sein, so kann schon allein der Schritt zu diesem Gespräch so viel in seinem Kopf bewirken, ihm deine Besorgnis so viel signalisieren, dass er sich nicht sofort, aber vielleicht irgendwann später von selbst dir oder euch gegenüber öffnet.

Deine Idee an sich, das Gespräch zu suchen, kann ich demnach nur gutheißen. Es bleibt jedoch eine Gratwanderung, in der es gilt, einfach den .... richtigen Ton zu finden, quasi. Ich wünsche Dir dabei viel Erfolg und bin mir sicher, dass du bzw. vielleicht ihr zwei das gut hinbekommt. Ich würde mich freuen, über die weiteren Geschehenisse zu erfahren, solltest Du uns das mitteilen möchten. Ich hoffe, Dir ein wenig geholfen zu haben.


Alles Gute und viel Erfolg wünscht,
Adriano