Problem von sandra - 23 Jahre

ich ersticke

Hallo, mein Name ist Sandra und ich habe starke mordgedanken. Ich bin eher bereit zu verschwinden als was zu erreichen im leben. Ich finde einfach keinen Platz. Ich habe meiner Schwester bereits gesagt wenn es passiert, das sie nicht schuld ist. Das habe ich vorhin gesagt und bin schon etwas erschrocken von mir. Ich bin mir zu viel ich ersticke an meinen Gefühlen. Ich hasse die ganze Welt und bin verdammt traurich. Ich bin so verdammt alleine, meine mom ist psychotisch so ziemlich krank und ich weis nicht wie ich ihr helfen soll. Ich komme aus einer zerrütteten Familie. Ich hätte viel zu erzählen, aber davon wird mir nur schlecht. Ich weis nicht warum ich das hier schreibe.

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Sandra,

Hass auf die ganze Welt ist eine schwere Bürde. Auch wenn deine Verzweiflung übermächtig ist, schreibe ich dir trotzdem, wovon ich überzeugt bin: Dass es einen Platz für dich gibt. Klinge ich überheblich? Das kann sein. Vielleicht geht dir jetzt durch den Kopf: Der hat gut reden... habe ich einen Platz? Ich werde nie ans Ende kommen, ihn zu suchen. Es ist nie zu spät, die Richtung zu ändern - und in gewisser Weise entwickeln wir uns immer, immer. Jetzt gerade ist mein Platz hier, um dir zu antworten. Ein Leben ist dabei, weggeworfen zu werden, das noch andauern soll. Nichts braucht mich jetzt mehr. Mein Platz ist jetzt vor dir, um dir das zu sagen. Möchtest du zulassen, dass dein Platz solange der mir gegenüber ist, um es zumindest zu hören?

Du willst aufgeben. Liebe Sandra, dreh das Papier um - das Bonbonpapier, das du wegwerfen möchtest. Die Süßigkeit ist noch drin. Öffne den Deckel - des Topfes, den du aussortieren willst. Der Deckel hat Macken, aber der Boden ist noch heil. Öffne das Fenster - die Blume, die du ins Dunkel stoßen wirst, sieht nur bei geschlossenen Läden welk aus.

Der Tag ist noch nicht gekommen, sich alt und verbittert aufzugeben. Und wenn alles um dich herum zu zerbrechen scheint - es sind Ereignisse, die nicht deine Schuld sind. Nicht der Misserfolg, nicht die Krankheit deiner Mutter; es sind keine Zeichen, die dir sagen sollen, dass du bedeutungslos wärst. Wie, denkst du, würde es deiner Schwester und Mutter damit gehen? Würden sie erleichtert sein, wenn du sterben würdest? Ich glaube nicht. Heißt das, dass du nur am Leben bleiben sollst, um Anderen zu gefallen? Nein. Aber dies ist einer von vielen Gründen, warum du hier gebraucht wirst - neben vielerlei Gründen, die du noch entdecken kannst.

Horche einmal nach: Welche Träume hattest du einst, lange bevor du an den Punkt kamst, wo du jetzt stehst? Welche Bilder von deiner eigenen Zukunft haben dich erfreut? Ich bin sicher, wenn auch schwach und flatterhaft, du wirst einige finden. Fühlst du dabei nicht den dringenden Wunsch, so zu tun, als sei alles nur ein böser Traum? Den Wunsch, weiter zu kämpfen, als hättest du deine Energie noch nicht aufgerieben? Diese Möglichkeit besteht, so unglaublich es scheint. Auch du bist bestimmt, zu leuchten - kannst du mir das glauben? Vielleicht nicht jetzt. Und doch hoffe ich, dass es dazu kommt.

Wann immer dich das Gefühl des Erstickens überkommt: Rührt sich da nicht tief drinnen das Verlangen, die Luft einzusaugen, ohne Furcht, was sie bringen mag? Klingt nicht irgendwo unter dem Schmerz die Saite weiter, die einmal Träume eingeben konnte? Sie kann es wieder tun. Du sollst nicht verloren sein, denn die Welt braucht dich noch. Es gibt noch viele schöne Dinge am Weg, die ohne dich kein Ziel hätten. Traust du dir zu, dich vom Schönen finden zu lassen? Ich wünsche es dir.

Depression ist wie ein schleimiger, schwarzer Pilz, der sich von deinem Glück ernährt. Und je mehr du dich zurückziehst, im Zimmer und im Bett einen Tempel stummer Verzweiflung errichtest, der den Schmerz anzieht wie Licht die Motten - umso größer wird die Fäulnis werden. Aber wenn du die Kraft aufbringst, den Wind und die Sonne an deine Haut zu lassen, dich aufzuraffen, schrumpft er schon ein klein bisschen. Und so hangelst du dich von Lichtblick zu Lichtblick, bis du die Strahlen gebündelt hast, sie einfallen lässt, und dein Herz aufatmet. Aber, wie gesagt: Je mehr Raum du der Finsternis lässt, desto mehr breitet sie sich darin aus. Es gibt immer einen Weg aus dem Dunkel - hab den Mut, zu vertrauen, dass er sich unter deine Füße legt, so du möchtest. Bitte, verlass uns nicht. Tu dir nichts an, es wäre furchtbar. Du hast noch soviel vor, noch soviel zu bedeuten, zu geben.

Dies sind Metaphern - im Grunde wollen sie dich zu einem Schritt ermuntern, der dich ins Licht führt. Und wenn es nur ein winziger ist. Mein Vorschlag - einer unter vielen möglichen -: Warum gehst du das Wagnis nicht ein, es auszusprechen? Versuche doch einmal, uns zu schreiben, was dir im Kopf umher geht. Ist es Schuldgefühl, Hass, Wut, Trauer - oder ganz etwas Anderes, und noch viel mehr? Ich kann dir hier und heute zurufen: Gib nicht auf! Gib DICH nicht auf! Ich bin restlos überzeugt, dass dein Tod ein schrecklicher Verlust wäre. Und ich möchte dem einzigen Menschen, der es in der Hand hat, sagen, dass du sehr bedeutend bist. Es mag dir anders scheinen - aber die Blume, die die Fäulnis angegriffen hat, kann wieder blühen. Schenke ihr einen Tropfen, sie wird es dir danken. Der Grund, es zu schreiben, ist der: Weil du dich tief im Innern noch nicht aufgegeben hast. Das erfüllt mich mit Hoffnung und bewegt mich, dir umso stärker zu versichern: Du bist gut, so wie du bist. Wir brauchen dich, und du darfst dein Glück einfordern. Lass den Schmerz fließen - nur so kann es auch das Glück. Fasse das böse Gewächs an der Wurzel - dies ist der erste Schritt, wieder aufzublühen. Ich wünsche es dir so sehr.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul