Problem von Anonym - 20 Jahre

Hier bin ich wieder!

Hallo liebes Kuka-Team!
Zu aller Erst: Vielen Dank für die Antwort. Ein besonderer Dank gilt dir, Monika. Ich habe erst vor kurzem geschrieben (Wie helfe ich Schwester?). Es wäre nett, wenn wieder Monika antworten könnte, weil sie sich ja schon mit meinem Problem befasst hat. Ich war sehr glücklich über die Antwort. Sie kam gerade dann, wo ich am wenigsten damit gerechnet hatte. Es ist so simpel, was da steht! Aber doch finde ich es gut und es hat mich sehr aufgemuntert. Das komische daran ist, dass ich einer guten Freundin ungefähr dasselbe geraten habe (Bei ihr war es der Bruder, aber genauer werde ich darauf nicht eingehen). Selber bin ich aber nicht drauf gekommen, dass ich auch auf mich schauen sollte und ich selber nicht zu kurz kommen sollte. Ich hatte...wie soll ich das sagen? Schlechtes Gewissen, weil es mir besser geht als meiner Schwester.
Nun...wo fange ich an? Ich habe ja schon das über meine Schwester erklärt. Ihre Probleme, ihr Verhalten, mein Verhalten, meine Gefühle. Einige Sachen sind noch unklar. Das möchte ich nun genauer erläutern, weil ich ja doch sehr ungenau war, wie ich gemerkt habe.
Als aller erstes meine Eltern. Ich habe nur einen Vater, meine Mutter hat uns, als ich ein Kind war, verlassen. Er hat uns also die restlichen Jahre allein grossgezogen. Es ist wichtig zu erwähnen, dass er Jahrgang 1931. Somit ist er also schon ziemlich alt und seine Rente ist auch schon etwas her, wobei er sogar eher länger gearbeitet hat als üblich. Es hat alle überrascht, als ich also zuerst kam. Meine Mutter wollte uns, meine Schwester und mich, also sind wir nun da.
Mein Vater, er ist speziell. Er ist halt in einer anderen Zeit aufgewachsen (Man bedenke, dass er sogar den zweiten Weltkrieg miterlebt hat!) kam selber nicht aus stabilen Verhältnissen. Seine Mutter war nicht in der Lage sich um die 5 Kinder zu kümmern, die Grossmutter (die sehr streng war) übernahm es. Heute ist er sehr zynisch, macht gerne Witze (Auch wenn es gerade überhaupt nicht passt) und ist nicht so der Gefühlstyp. Er wiederholt sich sehr gerne (Was er sich bewusst ist, aber das tut er trotzdem) und motzt gerne ein bisschen rum. Aber alles in allem ist er ein lieber Mann und hat das Herz am rechten Fleck. Er hat auch mal gesagt, dass meine Schwester und ich vielleicht nicht einmal seine Kinder sind (Weil meine Mutter etwas zuzutrauen wäre) aber das wäre ihm egal, weil wir halt dann trotzdem irgendwie seine Kinder sind. Für ihn sind und bleiben wir seine "Mädchen".
Zu meiner Mutter ist nicht viel zu sagen. Sie kommt aus Asien, aus ärmlichen Verhältnissen und von ihrer Vergangenheit weiss ich wenig, weil keiner mir davon erzählen will. Ich weiss aber, dass sie zwei Schwestern und einen Bruder hat, dass sie ohne Vater aufgewachsen ist und die Schule nur bis zur 6. Klasse besucht hat.
Ich weiss nicht, wie es dazu kam, dass meine Eltern heirateten. Von seiner Seite her hatte es wenig mit Liebe zu tun, er erklärte mir immer, dass es eher Vernunft war, dass ihn dazu trieb, aber näher erläutern will er es mir nicht. Meine Mutter hat es mir, als sie noch da war, auch nie erzählt, also ist mit ihre Motivation noch schleierhafter.
Da meine Mutter nichts von den Problemen meiner Schwester weiss, muss sie auch nicht damit umgehen. Wir haben keinen Kontakt. Mein Vater reagiert eher hilflos und zynisch. Er weiss oft nicht, was er tun soll. Er sagt aber manchmal Sachen zu meiner Schwester wie: "Du bist so dünn! Du muss mal recht essen!" Oder: "Die Bettdecken haben Blutflecken die bei der Wäschen nicht mehr weggehen. Willst du nicht mal damit aufhören?" Und wenn nur er und ich alleine sind sagt er sehr oft: "Deine Schwester knurrt mich immer an, egal was ich sage. Du bist angenehmer, bei dir kann ich noch, ohne angeknurrt zu werde, Witze machen. Du scheinst noch zu wissen, dass ich es nicht böse meine." Er ist halt so aufgewachsen, dass es keine psychischen Probleme gibt. Dort wird geschwiegen und die Zähne zusammen gebissen. Aber bloss weil man so tut, als gebe es keine Depression, heisst das ja nicht, dass es sie dann nicht gibt. Mit ungefähr 20 hatte er selber ziemliche Probleme, wie er mal gebeichtet hat. Er hat mit niemandem darüber geredet und es wurde erst besser, als er dann zu Seemann geworden ist und sein altes Leben hinter sich gelassen hat und die Welt gesehen hat. Er ist eigentlich noch unbeholfener als ich wenn es um meine Schwester geht. Ihn motzt sie noch öfters an. Manchmal wird er dann auch wütend und motzt zurück. Ja, er ist halt zynisch und seine Witze sind manchmal blöd. Aber etwas Verständnis muss man auch haben. Er ist alt und in dem Alter ändert man sich nicht mehr so schnell. Er hat Psychologen und Psychiater am Anfang sogar immer Psychopathen genannt.
Und zum Punkt, an wen ich mich wende, wenn mir alles zu viel wird...Nun , ich selber habe eine Therapeutin, mit der ich mich allerdings nicht gut verstehe und die ich demnächst auch wechseln werde. Früher hatte ich eine andere, mit der hatte ich es gut. Sie ist halt jünger als die jetzige, 36, die jetzige halt 60. Die Frühere ist halt nicht so bemutternd und tadelnd (Ich will mir nicht wie ein dummes Kind vorkommen, dass zur Therapie geht um eine Standpauke zu bekommen) sondern eher wie eine gute Freundin die mich halt auch irgendwie gleichzeitig therapiert. Leider kann sie wegen gewissen Umständen mich nicht mehr bei sich aufnehmen, also suchte ich mir einen Neuen, aber mit dem wurde ich nicht warm, nun habe ich meine jetzige, die ich auch wechseln werde und dann klappt es hoffentlich. Ich habe auch einen Begleiter (50), der mir neben der Therapeutin zugestellt wurde. Er hilft bei allen erdenklichen Dingen. Papierkrieg, Arbeit, Haushalt, Finanzen, wo ich einen schönen Schrank kaufen kann und wie ich es nach Hause bringe, auch emotionale Sachen. Alles, was ich will, aber er ist halt kein Therapeut und hat auch keine Psychologie studiert, aber er hat Erfahrung mit sowas. Ihm vertraue ich sehr. Zum anderen habe ich auch eine beste Freundin (19), mit der ich über sehr viel reden kann. Sie versteht mich, wenn es um Gefühle geht, am meisten, weil sie auch mit meiner Schwester befreundet ist und auch schon so einiges versucht hat. Aber ich muss bei ihr aufpassen, dass wir, wenn wir über unsere Sorgen reden, uns nicht gegenseitig traurig und besorgt machen, weil wir zwei zu keiner guten Lösung für unser Problem mit meiner Schwester kommen. Und da wäre noch mein Freund (22), mit dem ich auch manchmal rede. So gesehen ist, bis auf die Therapeutin, für mich gesorgt. Ich habe auch schon mit denen darüber geredet, aber meine Therapeutin wimmelte das Thema ab, weil sie sagt, es gehe hier um mich, der Begleiter weiss selbst nicht so genau was tun (er muntert mich aber gerne auf, das hilft) und das die beiden anderen es noch weniger wissen, erklärt sich von selbst.
Ja, ich bin froh, dass sie in Therapie ist. Mir ist damals eine extreme Last von der Schulter gefallen.
Ich denke, dass ich schon Bescheid weiss über ihre Erkrankungen. Ich habe mich im Internet, Büchern, Dokus und auch bei Psychologen und Psychiater mich darüber erkundigt, oder selber mit psychisch kranken Leuten geredet und ich selber war auch mal ein "Problemfall". Aber nichtsdestotrotz bin ich mit meinem Latein am Ende. Ich war auch schon beim Therapeuten meiner Schwester und wir haben ein Dreiergespräch geführt, gerade heute war das Letzte. Ich habe noch nie über eine Selbsthilfegruppe für Angehörige gedacht. Ich glaube für mich wäre das auch kein Problem welche zu finden. Die Frage ist eher, ob ich das dann auch wirklich durchziehe. Aber da will ich noch nichts versprechen.
Um ehrlich zu sein habe ich eher das Gefühl, dass ich zu selten zu Hause bin und zu oft was draussen unternehme. Das hat meine Schwester nämlich zu mir gesagt, dass ich ihr zu selten zu Hause bin und sie mehr von mir haben will. Aber ich hoffe, dass das verständlich ist, dass ich dafür auch Kraft tanken muss vorher und das geht eben am besten, wenn ich nicht bei ihr oder zu Hause bin. Ich streite mich nicht gern mit ihr und gebe eigentlich auch oft nach. Früher habe ich das nicht getan, da ging ich mit all meinen Waffen auf sie los um zu "gewinnen".
Wir unternehmen schon was. Zusammen shoppen, auf der PS3 zocken oder PC, zusammen einen Film oder Serie anschauen, ein bisschen quatschen...aber einfach nicht mehr so oft wie früher und auch etwas krampfhaft und steif.
Ja....es ist nicht immer leicht.
Naja. Ich hoffe, dass das einige Fragen klärt.
Liebe Grüsse

Monika Anwort von Monika

Liebe Unbekannte,

es freut mich sehr, dass dich meine Mail erreicht und dir etwas geholfen hat.

Ich weiß, dass die Umsetzung, sich um sich selbst zu kümmern, nicht leicht ist. Aber ich sage es dir noch einmal: Es darf dir gut gehen! Du darfst Spaß haben in deinem Leben! Du darfst raus gehen und wie du selber schreibst Kraft tanken, die du brauchst!

Nun da ich etwas mehr über deine Familie weiß, ist mir noch klarer warum du dich so für deine kleine Schwester verantwortlich fühlst.
Es gibt keine Mutter, die sich kümmern könnte! Und auch dein Vater scheint zwar sein Bestes zu geben, aber dennoch überfordert zu sein.
Das heißt natürlich, dass du dich als die Ältere verantwortlich fühlst und noch mehr in die Rolle der Beschützerin hineingerätst.

Das ist verständlich, aber du kannst deiner Schwester eben nur eine Schwester sein. Du bist nicht die Mutter und auch nicht der Vater.
Auch hier nochmal mein Appell an dich: Sei die beste Schweter die du sein kannst, nicht mehr und nicht weniger!

Hier denke ich habt ihr auch viel gemeinsam. Viel gemeinsam durchstehen müssen. Die Mutter, die euch verlassen hat und der Vater, der einfach einer ganz anderen Generation angehört und vieles was ihr durchmacht, was euch wichtig ist, nicht versteht.
Hinzu kommt vielleicht auch noch die Sorge, dass er eben schon älter ist und man nicht weiß, wie lange er noch für euch da sein kann.
Er scheint aber zumindest robust zu sein (ein richtiger Seemann eben) und euch sehr zu lieben!
Toll finde ich es auch wie reflektiert du seine Eigenarten hinnehmen und durch seine Vergangenheit erklären kannst.
Ihr zwei seid also immer als Schwestern verbunden, die in der gleichen Familie aufgewachsen sind und vieles ähnlich erlebt haben..
Tauscht ihr euch darüber aus? Wie es euch ging als eure Mama plötzlich weg war? Wie es euch mit den Eigenarten eures Vaters geht? Dass ihr eure Mutter vermisst, wütend oder traurig seid? Das ihr euch manchmal eine heile Familie wünscht? Eine Mutter, die sich um euch kümmert? ...

Zudem finde ich es sehr gut, dass auch du professionelle Unterstützung hast! Es ist immer gut jemanden zum Reden zu haben (auch wenn er kein Psychologe ist). Du machst das genau richtig mit deiner Therapeutin - wenn du keinen guten Draht zu ihr findest, dann such dir jemanden der zu dir passt und dem du vertrauen kannst. Hier geht es um dich! Du sollst dich wohl fühlen!
Du scheinst auch ein stabilies soziales Umfeld zu haben. Auch das ist enorm wichtig. Ein Freund, der zu dir steht, dir zuhört und für dich da ist. Wo du auch mal weg kommst, von dem ganzen Drama zu Hause. Bei dem du vielleicht etwas Normalität erfährst und auch Kraft tanken kannst.
Und natürlich auch die beste Freundin! Es ist auf jeden Fall wichtig, dass du ein Leben außerhalb deiner Familie hast. Du bist alt genug - das gehört nun mal dazu! Fühl dich nicht schuldig! Es ist normal, es tut dir gut, es ist dein gutes Recht und es kommt letztendlich auch deiner Familie zu Gute. Was hätte deine Schwester davon, wenn du die ganze Zeit mit ihr verbingen würdest und es dir am Ende genauso schelcht geht wie ihr?
Du darfst ruhig auch mal egoistisch sein und an dich denken (ich weiß leichter gesagt als getan!)

Wie lief denn das Dreiergespräch? Hat es dir geholfen? Hat dir der Therapeut Tipps gegeben wie du mit deiner Schwester umgehen kannst?
Ich betone auch hier nochmal - es gibt kein richtig oder falsch. Du bist die Schwester und du darfst deine Schwester ganz normal behandeln. Fühl dich nur nicht zu sehr gekränkt, wenn sie dich wegstößt, das ist nicht böse gemeint sondern sie kann eben im Moment nicht anders. Wenn es dir zu viel wird dann geh! Sprich mit einem der oben genannten Personen und schau, dass es dir wieder gut geht.
So eine Gruppe halte ich immer noch für sinnvoll, aber natürlich musst du selbst entscheiden, ob du es willst oder ob dir das, was du bereits an Hilfe hast ausreicht.

Woran liegt es denn, dass es steif und krampfhaft zwischen euch geworden ist? Hättest du Ideen, wie man das wieder verändern könnte?
Ich finde es gut, dass ihr Sachen zusammen unternehmt. Mach so viel wie es dir gut tut. Oder sprich auch mal mit deiner Schwester darüber, wie es wieder mehr werden könnte.

Ich denke du brauchst einfach ganz viel Geduld. So eine psychische Krnakheit heilt nicht von heute auf morgen. Das hast du bestimmt auch selbst gemerkt. Das kostet viel Erngie und eben auch Zeit. Aber deine Schwester tut was sie kann, damit es ihr wieder besser geht. Kann man denn shcon Vortschritte erkennen?

Liebe Grüße
Monika