Problem von Anonym - 15 Jahre

Probleme, Ritzen und Suizidgedanken

Hi,

es ist lang geworden ich weiß, sorry. ich will echt nicht langweilen aber manche Sachen muss man einfach vorweg wissen.

also erstmal hoffe ich das ich nicht verurteilt werde für das was ich getan habe.

Vorweg: ich habe mich eigentlich immer ganz gut mit meinen Eltern verstanden, hatte Freunde im Kindergarten und in der Grundschule. Eine Freundin kenne ich schon mein ganzes Leben lang und wir waren beste Freundinnen seit keine Ahnung wann (Sie heißt Elena). Dann ging ich auf die weiter führende Schule. Da wir aber ein wenig reicher sind als manche andere, ging ich auf eine Privatschule. Meine Eltern haben mich obwohl ich reicher bin nicht abnormal verwöhnt und ich sah auch ganz anders aus als eine verzogene Göre. Dort spielte das aussehen so viel mehr rolle als vieles. Als der Charakter.

Wir hatten ein paar in der Klasse die jeden mobbten und wenn man sich nicht auf ihre Seite stellte, dann wurde man selber gemobbt. sie fingen also an mich zu Mobben. Und nicht nur ein einziger!! Nein bestimmt über die Hälfte der Klasse. Viele waren neidisch weli ich mir mehr leisten konnte als andere, die anderen weil ich immer nur 1 und 2 als Note hatte. Ich habe mich nie beschwert. teilweise haben sie ein Stück Papier mit mir beschriftet und bemalt und dann haben alle wie auf einen boxsack darauf eingeschlagen. Ich wurde rumgeschuckt und beleidigt. Einmal wurde ich mit einem Bleichen Schimmelkäse verglichen. Meine Sachen wurden herumgeworfen und meine Hausaufgaben zerschnitten. Ich wurde einfach von jedem fertiggemacht. Und sogar die die ebenfalls gemobbt wurden haben immer mitgemacht weil sie irgendwie so gehofft haben "beliebter" zu werden. Nach außen hin haben sie das immer so gewahrt, das wir eine Gemeinschaft wären. Das sie alle ganz nett wären. Aber schon während dem Unterricht haben sie mir Zettelchen zugesteckt auf denen Sätze standen wie: >>Du und deine Mutter ihr arbeitet in der Kläranlage, denn genauso seht ihr auch aus.<< auch wenn ich öfter Streit mit meinen Eltern oder meiner Mutter hatte, regte mich das unfassbar auf. Niemand sollte mich oder meine Familie beleidigen. Aber sie waren eben in der Mehrzahl. Ich hatte zwischendurch eine Freundin (Sarah) die zu mir hielt aber sie hatte auch Angst gemobbt zu werden. Also hat sie mich im Stich gelassen und sich mit anderen befreundet. Elena war in dieser Zeit für mich da, sie hatte auch ähnliche Probleme. Aber so richtig reden würde daraus nie. ich Habe es einfach ertragen und niemandem davon erzählt. Ich konnte nicht, keine Ahnung warum vielleicht war ich einfach noch nicht bereit dazu. Vielleicht konnte ich mich auch niemandem öffnen. Oder hatte Angst ob es schlimmer werden würde. Oftmals hatte ich Angst in die Schule zu gehen weil ich Angst hatte was sie heute wieder zu mir sagen würden oder was sie mit mir machen würden. Aber ich wollte meine Eltern nicht belasten und ich hatte Angst das nach einem Gespräch mit den Eltern alles schlimmer werden würde. In der 6. Klasse hatte ich einen meiner Tiefpunkte. ich wollte sterben und Selbstmord begehen. Ich verstand das alles einfach gar nicht. Vier Jahre habe ich es ertragen. Wenig mehr als vier Jahre bin ich jedes Jahr tapfer in die die Schule gegangen und habe die Zähne zusammengebissen und es durchgehalten. Heute frage ich mich teilweise wie ich es ausgehalten habe, wie ich es geschafft habe so stark zu sein. Keine Ahnung ich habe einfach weitergelebt.

Danach besserte es sich ein wenig weil ich Anschluss fand. eine von ihnen war ganz ok und befreundete sich mit mir. Sie würde auch mal gemobbt und konnte es nachvollziehen. Sie half mir sodass die anderen nichts gegen mich zu verwenden konnten.

Dann kam eine neue in die Klasse und sie konnte niemand leiden. Eigentlich Mobbte jeder sie oder nutzte sie nur aus. Ich war die einzige die etwas mit ihr zutun haben wollte und die einzige die nett zu ihr war . sie zog mich runter und die anderen nörgelten schon warum ich immer so oft mit ihr abhing. Es war mir egal. Sie tat mir leid. irgendwann war ich fast nur noch mit ihr befreundet. Dann teilte unsere Gruppe sich auf: ich ging weg, eine andere ging weg und Marie meine jetzige gute Freundin auch. Die anderen machten ihr Probleme weil sie nicht mehr in die Schule kam und Sachen erfinden musste. die Wahrheit war, sie hielt es zwischen ihnen nicht aus. Eine die Laura heißt und zu unserer Clique zählte war ihre beste Freundin. Dann starb Maries Vater. Marie war am Boden zerstört. Mit ihrer Mutter verstand sie sich nicht besonders gut und sie sollte diesen monat zu ihrem Vater ziehen. Dann starb er. Als so Laura das erzählte war die erste Antwort darauf: >>Jetzt kann Marie sich keine teuren Klamotten mehr leisten.<< ich war für Marie da. Sie änderte sich. Wir wurden Freundinnen. Bei ihr wurden dann Depressionen festgestellt. Es grenzte auch echt an Schulangst. Die anderen waren ihre Freunde und ließen sie einfach im Stich. Ich war die einzige die dablieb. Mit meiner Hilfe und einer Schulsozialarbeiterin schaffte es Marie wieder in die Schule zu gehen. Die Zeit war echt krass. einfsch total kompliziert und schwierig.

Dann passierte der bedeutende Fehler. Ich wurde weiterhin teilweise nicht freundlich behandelt und kam mit Abfuhren oder nicht netten Menschen nicht zurecht. Ich hatte einfach dann immer Panik. Das ist auch jetzt noch so das ich einfach abnormale Angst habe ich zu sein und nicht akzeptiert zu werden. Dann kam alles hoch all die Erinnerungen und dann sehe ich die Bilder. Jetzt bitte nicht verurteilen. wollte ich von Marie ablenken (sie war weiterhin Gesprächsthema Nr 1) und habe etwas sehr schlimmes erzählt und zwar das ich Leukämie hätte. Was aber nicht stimmte. jeder glaubte es und erst da war es mir bewusst was ich getan hatte. Ich fing an mich selber zu hassen (was auch jetzt noch der Fall ist) und naja ich fing in den Sommerferien 2014 weil es mir dadurch so schlecht ging mit dem Ritzen an. Keine Ahnung wie ich überhaupt darauf kam. Auch über das andere das ich das einfach so erfunden habe. Ich kann das immer noch nicht fassen. Ich wollte sowas nie. Ich bin eigentlich ein Grund ehrlicher Mensch und läge niemanden so an. auch wenn die anderen es noch nicht erfahren hatten, hatte ich Angst das sie es erfuhren. Ich erzählte Elena davon und sie versuchte mich abzulenken. Aber ich merkte und wusste das ich sie mit meinen storys störte. Schon klar. Sie fand natürlich auch Anschluss und eine neue beste Freundin, die war wichtiger. Mit der schrieb sie täglich. Mit mir nicht und dabei wusste sie wie dreckig es mir ging. bei ihr war es nur immer so: wir stritten nie, weil wir einfach nie zu Komplikationen kamen. Wir waren voreinander so wie vor keinem. Vor ihr hatte ich kein problem ich zu sein. Ich die viel laberte, die komisch lachte, die tollpatschig war. Vor ihr lief ich ungeschminkt rum. Dabei hasse ich das eigentlich. Ich habe nur Angst das die Leute dann wieder irgendwas über mich labern. Allgemein, die in der Schule nahmen mir echt mein Selbstvertrauen. Dieses einfache Vertrauen in mich selbst.

Das Ritzen tat echt gut. Es befreite. Für einen moment vergaß ich alles. Für diesen moment war ich nicht dumm. für diesen Moment konnte ich mich bestrafen. Für diesen Moment konnte ich den Hass auf mich selbst rauslassen. so genau kann ich gar nicht sagen warum ich es tue. Es beruhigt einfach und gibt Sicherheit. Es war das, nachdem ich nicht mehr so gestresst war oder mir sorgen gemacht habe.

Dann kam raus das ich das alles vorgelogen habe und meine engsten Freunde haben mich gehasst und mich in der Schule fertig gemacht. Meine Eltern haben natürlich auch davon erfahren. Wollten wissen warum. Aber ich wusste und weiß es ja selber noch nicht einmal. Ich verstehe mich einfach auch nicht mehr. Ich kann nicht mehr in den Spiegel schauen und noch sagen das da, das bin ich. Ich wurde wieder in der Schule gemobbt nachdem das rauskam. Eine freundin fand es heraus, redete erstmal mit mir darüber (naja, was heißt reden, eigentlich schrie sie mich die ganze Zeit an) dann bedrängte sie mich es den anderen gleich noch am nächsten Tag zu sagen. Sie ließ mir die Wahl, ich oder sie. Weil ich aber wollte das sie es von mir wussten, das ich den Fehler eingestand und so weiter, etc. entschied ich mich es zu tun. Ich war gar nicht bereit dazu und stand vor den anderen. Ich musste es sagen und es fiel mir so schwer wie weniges. Ich hatte einfach Angst vor den Reaktionen. Marie blieb bei mir und fand es nicht schlimm. Sie kannte mich gut genug um zu wissen, das hier etwas schiefgelaufen war und das nicht meine Art war. Sie verzieh es mir und stand zu mir.Es war dann auch heftig. Sie schnaubten teilweise verächtlich oder schüttelten den Kopf, nannten mich Psychopath und sagten mir gehörig die Meinung. Ich wurde ausgelacht und beschimpft. Ich hielt es längere Zeit wieder aus.
Meine Eltern erfuhren natürlich auch von der Lüge. Wollten alles darüber wissen. Ich musste mit ihnen reden. Sie haben mich gezwungen am Tisch zu bleiben und mit ihnen zu reden. Ich wollte aber nicht reden. Ich wollte einfach nicht. Irgendwann wurden meine Eltern echt sauer und schrieen mich sogar an. Dann redete ich und erzählte das was ich wusste und das ich es bereute. Natürlich wollten sie wissen warum, Wieso, und so weiter. Ich blockte echt ab. Ich wollte nicht reden. Ich vergaß dabei aber ihnen zu sagen das ich schon davor gemobbt wurde und mich ritze. Lauter Sachen ließ ich einfach weg. Es dauerte schon mindestens drei Stunden bis ich anfing zu reden. Ich konnte einfach nicht. Es war einfach zu schwer. Alle setzten mich einfach so unter Druck. Ich ging weiter in die Schule. Ertrug die Sticheleien, die Bemerkungen, die Beleidigungen. Irgendwann wurden sie weiter aktiv und schrieben mich sogar über Whats-App an. Alle Beleidigungen. Und ich war sogar noch nett. Ich wusste ja das ich daran schuld war. Sogar eine im Rollstuhl machte mich fertig. Und ich hatte ihr immer das Zeug hinterher getragen und ihr geholfen. Klar das hier war etwas echt schlimmes aber konnten sie mich nicht einfach in Ruhe lassen? An dem Abend an dem die meisten Nachrichten kamen die einfach nur weh taten, wollte ich mit meinen Eltern reden weil ich merkte das ich nicht nur konnte aber sie hatten keine Zeit weil sie arbeiten mussten. Ich ging in mein Zimmer, doch die Hass-Nachrichten kamen trotzdem. Und ich zwang mich sie zu lesen obwohl sie so schlimm waren. Ich las jede einzelne und wiederholte das lesen sogar. Es stand da wirklich förmlich "Ich hasse dich für das was du getan hast", "Ich kann dir nie mehr in die Augen sehen", "Krass was für ein schlechter Mensch du bist", "Schau dich mal an Mädchen du solltest dringend an dir arbeiten.", "Ich ertrage deinen Anblick in der Schule nicht. Wäre schön wenn du jetzt doch Leukämie hättest. Schade nur Lügen", "Bitte verreck an deiner angeblichen Krankheit" oder "Ich glaube du spinnst! Hast du eigentlich noch alle Latten am Zaun? du bist psychisch gestört". Ich bin an diesem Abend zusammen gebrochen. Ich habe nur noch unter Tränen geschrien das ich nicht mehr Leben will und habe mich davor geritzt. Ich war so fertig das ich nicht einmal richtig reden konnte. Ich habe nur noch geschluckt und gestottert und gezittert. Mein Vater kam irgendwann um nach mir zu sehen. Er war erstaunt mich hier so aufzufinden. Erstmal war er erschrocken dann holte er meine Mutter. Sie wollten alles wissen. Doch ich konnte nicht viel reden und habe nur geheult. Das nötigste habe ich dann doch erzählt. Mein Vater meinte das sie mich krank machen und das er ein Gespräch mit dem Rektor möchte. Ich war dafür gar nicht weil ich Angst hatte das mich alle danach nur noch abweisen würden. Irgendwie waren sie mehr eben trotzdem noch wichtig. Nur Marie stand noch zu mir. Sie verteidigte mich und musste dafür manchmal selber einstecken. Und daran war ich schuld. Ich. Meine Eltern ließen sich nicht mehr davon abbringen der Klassenlehrerin zu Mailen und die Beweise zu schicken, außerdem machten sie einen Termin bei einer Psychologin aus. Mein Vater erklärte mir manchmal ganz unsanft das er das tun müsste weil ich gestört wäre. Meine Familie war in diesem Moment eigentlich immer für mich da. In der Schule war es ein Kampf aber meine Klassenlehrerin half mir das sie mich in Ruhe ließen. Natürlich musste ich ihr auch alles erklären . Es war alles nicht so leicht. Doch dann ließen sie mich in Ruhe. Ich fehlte in dieser Zeit oft. manchmal musste ich mich aus Angst morgens übergeben. Ich habe auch eine Zeit lang Bulimie gehabt glaube ich. Ich habe aus Frust so viel gegessen, mich schlecht gefühlt und gebrochen. Die anderen ließen mich in Ruhe und ignorierten mich trotzdem noch immer. Unter ihnen war auch wirkliche Freunde die mir etwas bedeuteten. Es tat einfach nur weh. Natürlich hörte ich nicht mit dem Ritzen auf. Ich wollte und will manchmal noch gerne heute Selbstmord begehen. Dann ist alles weg. Dann muss ich nicht mit diesem Fehler Leben und die anderen nicht ertragen. Nichts in meinem Leben macht mir noch Spaß.

Dann musste ich ja zu einer Psychologin und redete auch mit ihr. sie bat mir verschiedene Wege wegen dem Ritzen an. Naja alle haben nicht wirklich geholfen. Ich musste meiner Mutter auch versprechen es ihr zu sagen wenn es mir schlecht ging oder so. Ich hatte weitere Termine und das reden half eigentlich echt wirklich.

In den Weihnachtsferien war ja niemand aus meiner Klasse da der mich ärgerte oder böse Nachrichten Schrieb aber ich war trotzdem deprimiert und konnte mich an nichts freuen. Ich liebe Weihnachten und Silvester. Aber ich konnte mich einfach Nicht freuen. Ich habe es wirklich versucht aber ich war einfach nur übellaunig und langweilig drauf. Nach den Weihnachtsferien waren alle plötzlich wieder nett zu mir, was mir erstmals komisch erschien, aber dann so blieb.

Dann kamen weitere Probleme, bei meiner Freundin Marie wurde Krebs festgestellt den sie wahrscheinlich auch von ihrem Vater geerbt hat. Ich hatte recht viel Stress wegen meinem Rücken. Es wurde ein Bandscheibenvorfall vermutet da ich meinen rechten Arm nicht mehr hochheben konnte. Dann musste ich ins MRT und und und... Dann wurde ein mehrfaches Schleudertrauma festgestellt beidem sich die Halswirbelsäule verschoben haben soll. Alles ganz kompliziert und Krankengymnastik und Physiotherapie. Im Klartext darf ich nicht mehr Reiten gehen und fast keinen Sport mehr machen. Das Reiten war das einzige was in meinem Leben immer geblieben ist und mich immer glücklich gemacht hat. Zudem war ich relativ erfolgreich darin. Ich kann einfach nicht mehr.

Ich muss immer nur zu dieser blöden scheiß Physiotherapie und Rückenübungen machen. Meine Eltern stressen mich wegen allem und wir streiten oft. Ich darf keinen Sport machen. Oder mich mit Freunden treffen. Meine Noten sind enorm schlecht geworden weil ich mich nicht mehr konzentrieren kann. z.B. hatte ich immer eine 2 in Mathe und jetzt stehe ich auf 5. in anderen Fächern bin ich auch schlechter geworden. Heute habe ich wieder eine 5,1 in Mathe zurückbekommen. Meine Eltern habe ich so das Gefühl haben das mit mir schon wieder vergessen. Sie streiten genauso mit mir wie bevor ich mich ihnen anvertraut habe und ich traue mich nichtmal ihnen die Note zu sagen. Sie waren so gut in der Schule und können schlechte Noten gar nicht ab. Ich lerne immer mehr aber werde immer schlechter das ist so deprimierend. Ich habe auch Angst ihnen zu sagen wie es mir geht. In Wahrheit einfach nur scheiße. Doch wenn ich versuche ihnen das mitzuteilen dann machen sie abfällige Bemerkungen das das übertrieben ist. Dabei sagte damals die Psychologin, wenn es mir zu viel ist dann sollte ich auf keinen Fall in die Schule. Und wenn es mir jetzt schlecht geht wegen irgendwas auch nicht psychisch sondern wegen z.B einer starken Erkältung und Übelkeit dann schicken die mich knallhart in die Schule weil sie denken das ich sonst zu viele Fehltage in der Schule habe. Dabei habe ich bereits die Lehrerin gefragt und sie meinte das alles im grünen Bereich ist. Meine Eltern machen mir auch einfach wegen den Noten so einen Druck. "Mit diesen Noten schaffst du nie ein gutes Abitur da musst du gar nicht erst hin gehen." Sie demotivieren mich da voll. Dazu kommt das meine Schwester eigentlich die ganze Zeit Klamotten oder Schuhe von mir nimmt und mein Geld klaut und da sind meine Eltern dann plötzlich so am Ende und fertig dass sie ihr nicht die Meinung sagen können.

Bitte helft mir ich weiß nicht mehr weiter. Ich kann einfach nicht mehr. Es war jetzt zu viel. Ich will nicht mehr. Sterben hört sich so leicht an. Ich weis man soll nicht weglaufen usw. Aber ich will echt nicht mehr. Es wäre ok wenn es jetzt dann vorbei wäre.

Dankeschön schonmal,

Melissa

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Anonyme,

bevor Christoph Kolumbus aus Amerika zurück nach Spanien segelte, gründete er die erste Siedlung der Europäer auf dem Kontinent. Er nannte sie "La Navidad" - Weihnachten. Neununddreißig Männer blieben dort zurück. Als er nach einigen Monaten wiederkehrte, fand er das Fort zerstört und die Bewohner erschlagen. Was war geschehen? Die tropische Sonne, die süßen Früchte und schönen Frauen waren den Spaniern zu Kopf gestiegen. Sie waren in der Abwesenheit ihres Hauptmanns zu Plünderern und Vergewaltigern mutiert, die die Indianer in ihrer Not endlich töteten. Als Kolumbus zum zweiten Mal kam, trat ihm der Häuptling des Stammes entgegen. Um sein Bein trug er einen dicken Verband, aber es war offensichtlich, dass er nicht verletzt war. Es dauerte eine Weile, bis der Sinn dieser Geste klar wurde: Es gibt Verletzungen, die nicht sichtbar sind. Das Leiden des Mannes bestand in dem Schmerz um seine Leute, und in seinem enttäuschten Vertrauen, das er in die Spanier gesetzt hatte. Ihm war bewusst: Würde er seinen Schmerz nicht zur Schau tragen, hätte Kolumbus ihn nie gefragt "Wie geht es dir? Bist du gesund? Und wie steht es um die Deinen?" Sein Interesse hätte nur den eigenen Männern gegolten, die er nicht mehr fand. So aber verstand er. Schön wäre es noch, wenn ich berichten könnte, dass diese Begebenheit eine Lehre war; leider war sie es nicht.

Warum habe ich dir diese Geschichte erzählt? Weil ich dich in einer Reihe mit dem Indianerhäuptling sehe. Deine schlimmsten Wunden sind nicht sichtbar, denn sie liegen innen. Was bedeutet das Wort "Leukämie", das du dir verliehen hattest? Bedeutet es ein übertriebenes Geltungsbedürfnis? Angst, zu kurz zu kommen? Nein, keineswegs. Die Sache ist die: Erst als du so getan hast, als seist du lebensgefährlich krank, war jemand bereit, zu fragen: "Wie geht es dir? Geht es dir gut heute? Ist es schlimm?" Und deshalb hast du dich auch nicht schuldig gemacht. Rede dir das bloß nicht weiter ein.

Es wäre entsetzlich, wenn du sterben würdest. Deine Zeit ist noch nicht gekommen, noch lange nicht. Ich kann verstehen, dass es dir einfacher erscheint, aus diesem Leben zu scheiden, als es weiter zu ertragen. Du hast kaum einen Vergleich, wie es hier besser sein könnte. Und doch: Willst du jetzt wirklich aufgeben? Willst du wirklich allen, die dich gequält und erniedrigt haben, ihren Willen geben? Möglicherweise wirst du entsetzt sein, wenn ich ihnen das unterstelle. Mit Sicherheit würden sie es heftig zurückweisen. Aber du: Nichts Anderes bedeutet das Mobbing. Es ist Verachtung, Gleichgültigkeit, was mit einem Menschen passiert. In der Hochzeit deines Leidensweges, denkst du, es hätte sie groß berührt, wenn du plötzlich gestorben wärst? Entführt? Schwer erkrankt? Überfahren? Wir wissen es nicht. Aber wir haben keinen Grund, anzunehmen, dass es sie groß bewegt hätte. Mobbing kommt in allen Schulen und Altersgruppen vor, und es ist nur so zu erklären, dass wir Menschen halt egoistisch sind. Alle haben schon gehört, wie schlimm sich sowas anfühlt, und keiner will es selbst. Fakt ist trotzdem: Jeder Mobber pocht auf sein Recht. Kaum einer wird angekrochen kommen. Stattdessen heißt es: "Ich bin doch nicht so! Es war doch nur Spaß! Ich habe es nicht so gemeint! Das war doch nicht so schlimm!"... Und immer so weiter. Dabei ist es ja keine Schande, Fehler zu machen, und auch mal rücksichtslos zu sein - das tun wir alle. Jeder ist mal eigensüchtig, und behandelt Andere mit Absicht schlecht. Aber irgendwo ist eine Grenze. Und wer solche Sätze raushaut, wie ich sie eben genannt habe, der ist über diese Grenze weit hinaus. Nicht nur äußerlich, sondern auch in sich selbst. Er oder sie hat schon keine Vorstellung mehr, was die eigenen Taten bedeuten. Schade und traurig - für sie.

Dass die Schikane aufgehört haben, verschafft dir eine Atempause, was das angeht. Natürlich bessert es deine Noten nicht, und auch nicht das Verhältnis zu deinen Eltern. Ich könnte mir vorstellen, dass deine Eltern sich insgeheim schon große Sorgen machen, aber das Ausmaß der Verheerung nicht wirklich wahrhaben wollen. Es ist nicht einfach - aber du musst auf dein Recht pochen. Denn es wäre schlimm, wenn du einen Zusammenbruch erleidest, weil du den Druck nicht mehr aushältst. Anbieten würde es sich, eine Lehrerin oder Schulpsychologen mit ins Boot zu holen, die deine Eltern darauf ansprechen können; auch eine Verwandte, deine Tante oder Oma, oder ein Freund / Freundin der Familie könnten das tun. Möglicherweise täuschen sich deine Eltern darüber, wie es dir wirklich geht, weil es sich einfacher mit den körperlichen Beschwerden ihres Kindes lebt, als mit etwas so Unfassbarem. Gleichzeitig macht das für dich nichts leichter. Du solltest, wenn du das willst, erneut eine Therapie bekommen. Im Übrigen möchte ich dir raten, dich, wenn du gerade keinen Sport treiben kannst, künstlerisch zu betätigen. Kannst du dir vorstellen, deine Gedanken und Ängste weiterhin in Textform aufzuschreiben? Vielleicht noch umfassender, deine Erinnerungen zu Papier zu bringen? Vielleicht auch in Form von Bildern? Probiere es aus. Es ersetzt dir ein Stück weit die Gespräche mit einer Psychologin, und gibt dir wieder etwas Bestätigung. Denn dass du gerade Probleme hast, dich zu konzentrieren, ist nur verständlich, wenn dein Ausgleich weggefallen ist - das Reiten. Ich vermute, es führt dich nicht weit, wenn du an den früheren Erfolg ohne Wenn und Aber anknüpfen möchtest. Es mag schwer fallen, aber versuche, dir realistische Ziele zu setzen. Es darf auch eine 3 oder eine 4 sein - denn das genügt. Ich will damit nicht sagen, dass du die Schule vernachlässigen sollst. Suche dir lieber einen Schwerpunkt, ein Fach, dem du dich besonders stark widmen möchtest. Entweder, weil du dort Probleme hast, oder einfach, weil es ein Gegengewicht schafft. Für deine Eltern bedeutet das einen Lichtblick, wenn dein Zeugnis nicht so berauschend wird. Aber das wirst du nicht gleich ändern - du hast viel durchgemacht. Es wäre zuviel verlangt, überall vorne mit dabei zu sein. Denn so sehr deine Eltern dich unter Druck setzen: Nun, du bist noch nicht beim Abitur angekommen. Vergiss niemals, dass dein Abiturzeugnis das einzige Zeugnis ist, von dem wirklich etwas abhängt. In der Oberstufe können sich die Dinge um 180 Grad drehen. Davor gilt es, sich nicht unterkriegen zu lassen, und einfach zu bestehen.

Und das wünsche ich dir: Lass dich nicht unterkriegen! Denn bei allem, was du erlebt hast, bist du dir selbst doch immer treu geblieben. Ich bin sicher, dass es für dich eine Zukunft gibt. Deine Krise dauert an, das lässt sich nicht leugnen. Aber du hast daran keine Schuld. Du bist es wert, zu leben, du besitzt sehr wohl viele gute Eigenschaften und Talente. Nur hatten sie bisher nicht das richtige Publikum. Vieles, das ich schreibe, sagt sich so einfach, ich weiß. Allerdings: Wäre es dir anders ergangen, hätte das Leben vielleicht einen weniger einfühlsamen, sorgfältigen Menschen aus dir gemacht. Es war furchtbar, aber du hast es nicht verschuldet. In deinem Text habe ich keine Beschimpfung und Abfälligkeit gehört, das freut mich. Aber von deiner Selbstkritik hoffe ich, dich abbringen zu können: Du bist schwer in Ordnung, und hast nichts falsch gemacht! Dein Text zeigt ganz deutlich, dass sie dich nicht brechen konnten. Sie haben sich nur selbst geschadet und entwürdigt. Glaubst du nicht, dass du am Leben bleiben solltest, um es ihnen zu zeigen? Ich bitte dich, tu dir nichts an. Gib dich nicht auf. Denn du kannst es schaffen. Ich glaube an dich - und dass es eine Zukunft für dich gibt. Trau dich, dir zu sagen, dass das noch nicht das Ende ist. Du bist eine offene, empathische und selbstkritische junge Frau - aber du gehst auch sehr hart mit dir ins Gericht. Es war alles nicht deine Schuld, sondern die Umstände waren gegen dich. Aber sie lassen sich aufbrechen. Ich bin überzeugt, dass in dir die Kraft schlummert, das zu tun.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul