Problem von Anonym - 20 Jahre

Hass von allen Seiten

Hi, ich wüsste gern, ob mein Verhalten richtig ist.

Meine beste Freundin und große Liebe lebt in einem sehr grausamen Umfeld. Die Eltern versuchen sie beruflich in eine Richtung zu lenken, in der sie zwar Geld und Ansehen hätte, aber nicht glücklich wäre. Der Abbruch ihrer derzeitigen Ausbildung, in die sie praktisch von ihren Eltern reingesteckt wurde, wurde demnach bestimmt auch nicht zuletzt durch mein Zureden unterstützt, da ich ihr klar machte, dass Geld und Ruhm nicht das Wichtigste sind und sie wirklich tun solle, was sie glücklich macht. Ich sagte ihr, dass ich sie unabhängig von ihren Entscheidungen auch weiterhin unterstützen werde.

Ich will sie unterstützen und für sie da sein, dennoch erfährt sie seit unserem Kennenlernen sehr viel mehr Stress, da es weder ihren Freunden noch Ihren Eltern passt, dass wir uns regelmäßig sehen. Hinzu kommt, dass das weitere Umfeld auch nur über sie lästert und ihren Ruf schädigt, da alle annehmen, dass wir eine Art Beziehung führen. Ich stecke bereits verdammt tief in den Lästereien drin, sodass ich im Grunde von allen gehasst werde.

Hinzu kommt, dass die Eltern mir die Schuld dafür geben, dass ihre Tochter nicht länger nach ihrer Pfeife tanzen möchte. Zunächst empfanden sie Sympathie mir gegenüber, dies hat sich jedoch in puren Hass umgewandelt.

Demnach erfährt sie zu Hause den puren Psychoterror, nicht zuletzt auch dank mir. Sie ist absolut verwirrt und denkt mittlerweile, dass ich sie manipuliere und dass ich ihr versuche zu vermitteln, dass das Leben einfacher ist, als es der Realität entspricht.

Ich "manipuliere" sie meiner Meinung nach jedoch lediglich in dem Sinne, dass ich sie unabhängig von ihren Entscheidungen unterstützen will. Ihre Eltern manipulieren sie dagegegen, indem sie ihr verletzende Beleidigungen an den Kopf schmeißen.

Ihre Situation nagt sehr stark an ihrer Psyche und auch ich fange damit an, aufgrund meiner Machtlosigkeit zu verzweifeln.

Ihr fehlendes Einkommen und mein geringer Satz von c.a 450 € reichen nicht aus, um eine Wohnung und ein unabhängiges Leben zu finanzieren. Unterhalt o.ä ist von ihrer Seite auch ausgeschlossen, da ihre Eltern genau wissen, wie sie auf derartige Versuche reagieren müssen. Dann wird nämlich gelogen und vertuscht bis der Arzt kommt.

Ich liebe sie über alles, auch wenn sie nicht das Gleiche empfindet und will ihr so gern helfen, aber langsam zweifel ich daran, ob mein Kontakt zu ihr wirklich das Richtige ist. Dabei geht's keinesfalls darum, dass ich gehasst werde oder leide, sondern darum, dass sie meinetwegen beleidigt, erniedrigt und manipuliert wird.

Ich weiß, dass ich sie auffangen kann, wenn es ihr schlecht geht. Ohne mich hätte sie niemanden, der sie so gut behandeln würde. Verhalte ich mich richtig, wenn ich bei ihr bleibe? Bin ich wiklich Schuld daran, dass sie ihr Leben umkrempelt und, wie es ihre Eltern sehen, ihr Leben vor die Wand fährt? Mein Glück ist mir weitesgehend egal, alles was ich will ist, dass sie ihr Glück findet.

Wie sollte ich mich verhalten?

Bernd Anwort von Bernd

Hallo Unbekannter,

im Prinzip gebe ich Dir ja so was von Recht mit Deiner Meinung:
"dass Geld und Ruhm nicht das Wichtigste sind und sie wirklich tun solle, was sie glücklich macht."
Ist nur blöd, wenn man das eine (Die Möglichkeit zu "Geld und Ruhm") über Bord wirft, ohne einen wirklichen Plan für das Andere (das persönliche Glück) zu haben.
Wie lange hätte die Ausbildung noch gedauert, wenn sie nicht abgebrochen worden wäre?
Und nur da würde ich meine Kritik anbringen: Du machst ihr etwas klar, ohne selber einen "Plan B" zu haben!
Und: bei dem Wenigen, was Du selbst positiv an Plan für euer Glück hast, beziehst Du auch noch die mit ein, die Du ja eigentlich ablehnst?
"Unterhalt o.ä ist von ihrer Seite auch ausgeschlossen, da ihre Eltern genau wissen, wie sie auf derartige Versuche reagieren müssen. Dann wird nämlich gelogen und vertuscht bis der Arzt kommt."

Weißt Du eigentlich, was Du mit solchen Sätzen zum Ausdruck bringst?

Ich sag es mal mit meinen Worten, was ich aus Deinen Zeilen lese:
die Schwiegereltern haben ihr Leben eh verkackt, weil sie ihr Glück in den falschen Werten (Geld und Ansehen) gesucht haben und nie wirklich finden werden.
Und wo sie selbst es doch so verkackt haben, sollten sie doch wenigstens das, was ihnen sowieso nicht fehlen wird, Dir und Euch zu einem glücklichen Leben beisteuern (wobei ein positiver Plan, was dann "Glück" für euch bedeuten wird im Augenblick noch fehlt?).

Weißt Du, wie ich das sehe?
Man wirft das Steak nicht einfach weg, bevor man nicht zumindest eine Scheibe trockenes Brot in der Hand hat, nur weil man meint, Steak passt nicht zu mir! (Das ist die Version des etablierten Arschlochs!)
Wenn Du dagegensetzt: Dein Glück verträgt auch Hunger! Hauptsache der geliebte Mensch entbehrt nichts, was sein Glück bedeutet. Gutes Essen gibt es auch in den Mülltonnen hinter dem Aldi oder Lidl. Deine 450 € reichen für euch beide, wenn ihr das wirklich ernsthaft wollt!
Dann könnte ich Deine Ratschläge an Deine Freundin verstehen.

Oder lasse es mich andersherum sagen: Wenn Du die Möglichkeit (abgeschlossene Ausbildung) hast, hindert Dich niemand, auch als Senner auf der Alm Dein Glück zu suchen.
Wenn du dann merkst, dass der Weg zur Disko oder der Empfang beim Handy nicht so klappt, wie es Dein Glück erfordert, ist es immer noch möglich, einen Schritt zurück zu gehen.

Wenn Du keine "Rückfallebene" hast gilt nur der Spruch:
"letztes Jahr standen wir kurz vor dem Abgrund! In diesem Jahr wollen wir einen großen Schritt vorwärts machen"!

Das ist aber wohl nicht der Rat, den Du Deiner Freundin geben wolltest?



Nach all dem an Text, der Dich sicherlich auch frustrieren soll, hoffe ich trotzdem, dass Du mir noch abnimmst, dass all das Geschriebene Dir wirklich in aller Freundschaft Rat geben will!?

Und das erwarte ich auch von Dir, wenn du Deine Freundin wirklich liebst:

nicht nur nach dem Mund reden:

was ihr schwer fällt muss wohl falsch sein, weil es ihrem Glück nicht förderlich ist? Also über Bord mit Ballast?

Ein verantwortlicher Freund bist Du, wenn Du mit ihr Alternativen ausarbeitest!
"Nein" sagen kann jeder! Dem "Neinsager" auf die Schulter klopfen kann auch jeder!

Verantwortung trägst Du, wenn Du mithilfst zu ergründen, wozu sie "Ja" sagen kann! Wenn Du mithilfst, den gemeinsam gefundenen Weg mitzugestalten! Mit Leben zu erfüllen!

Wenn Du sie wirklich liebst

werdet ihr einen gemeinsamen Weg festlegen,

bevor der eine dem Anderen nichts zu sagen hat, als dass sein gegenwärtiger Weg der falsche ist?!

Alles Liebe,

Bernd