Anwort von PaulG

Liebe Anonyme,

ob das Jungslogik ist? Schwer zu sagen. Ich glaube, du tätest gut daran, sein Verhalten nicht mehr so negativ auf dich zu beziehen. Für dich scheint es so, dass ihr euch im Guten getrennt habt. Das ist nur verständlich, da die Initiative zur Trennung ja von ihm ausging. Aber, Hand aufs Herz: Wer hätte nicht schon mal gedacht: "Okay... was habe ich da vorhin getan?"

Ich gehe davon aus, dass er nichts gegen dich hat. Er lehnt dich nicht ab, aber sein Entschluss zur Trennung bereitet ihm schon ein paar Stiche. Vielleicht sind es kleine, vielleicht auch größere, weil er es wirklich bereut. Es mag sein, dass er es akzeptiert hat, und trotzdem glaubt, sich nicht ganz richtig verhalten zu haben. Oder es kann sein, dass er seine Entscheidung bedauert und sich doch nach dir sehnt. Was jetzt zutrifft, und wie stark sein Gefühl ist, weiß ich nicht. Aber ich vermute ganz allgemein, dass die Trennung mehr mit ihm gemacht hat, als du annimmst. Von deiner Seite ist es logisch, dass ihr jetzt easy miteinander umgehen müsstet, weil er ja als Erster die Trennung wollte. Du hast es akzeptiert, bist darüber hinweg. Er aber ignoriert dich. Und jetzt fragst du dich, wie das sein kann, und zerbrichst dir den Kopf. Nun - vielleicht wünscht er sich das ja?

Du hast ihm mehr bedeutet, als er zugeben möchte. Möglicherweise hat er nicht mehr direkt Gefühle für dich, aber empfindet es falsch, wie eure Beziehung geendet hat. Vielleicht denkt er sich, er hätte nochmal drüber schlafen sollen, hätte es dir anders sagen sollen - vielleicht hat er eine Vorstellung, dass er nicht gern selbst Schluss macht. Wobei, wer tut das schon? Ich kann dir aus Erfahrung sagen: Wenn ich die Wahl zwischen verlassen und verlassen werden hätte, ich würde das Zweite wählen. Als er mit dir Schluss gemacht hat, hast du unkompliziert eingewilligt, weil deine Gefühle nicht mehr so stark waren und deine Gedanken irgendwie schon bei jemand Anderem. Dennoch bist du bei dieser Trennung eigentlich der stärkere Teil, den das Mitgefühl ist meistens bei dem, der verlassen wurde. Besonders in solchen Fällen wie bei euch, wo es, äußerlich betrachtet, erstmal keine Gründe gab. Schließlich ist keiner von euch fremd gegangen oder hat den Anderen beleidigt, der Grund war innere Unsicherheit. Das ist in Ordnung, in eurem Alter ist es sogar ein Zeichen von Reife, sich dann einvernehmlich zu trennen, ohne größere Geschichten. Für dich wäre jetzt logisch, dass euer Kontakt entspannt wäre, da ihr (denkst du) im Grunde doch beide erleichtert sein müsstet. Gut möglich aber, dass er das eben nicht ist. Und die genauen Gründe kennt nur er selbst. Aber meine Vermutung, wie gesagt, ist einfach, dass du ihm bis zum Schluss mehr bedeutet hast, als er sich eingestehen wollte.

Vielleicht hat deine Reaktion auf seinen Wunsch, sich zu trennen, ihn irritiert. Vielleicht bereut er es auch und liebt dich noch / wieder. Vielleicht braucht er aber auch einfach noch Zeit, und möchte dir durch den Kontakt mit seiner Ex zeigen, dass er weiterhin voll im Leben steht. Als meine erste Freundin und ich uns trennten, hatten wir für eine ganze Weile keinen Kontakt. Einige Zeit später, ich war inzwischen mit einem anderen Mädchen zusammen, fand ich meine Exfreundin zufällig in einem sozialen Netzwerk. In ihrem Leben hatte sich seitdem Einiges ereignet, in meinem auch - und das Seltsame war, ich konnte recht unbefangen darüber reden. Denn es gab jetzt eine Andere, die mir die intensivsten Gefühle bescherte, gute wie schlechte - die Erfahrungen mit meiner Ex traten dahinter zurück. Dass er jetzt mit seiner Exfreundin so eng ist, muss also nicht heißen, dass er sie dir vorzieht. Aber es heißt, dass zwischen ihm und ihr jetzt der nötige Abstand herrscht, er die Sicherheit gewonnen hat, die er noch nicht hatte, als sie noch nicht so lange getrennt waren. Denn etwas Anderes hat sich ereignet, die Beziehung mit dir, und dadurch wird es für ihn erst spürbar, dass das Vorherige vorbei ist. Das ist wohl Jungslogik, das kann man sagen. Wir Männer sind keineswegs alle gleich. Aber vieles dreht sich bei uns um den Stolz. Und um Scham. Er hat sich - vielleicht, ohne es selbst einsehen zu wollen - geschämt, sich getrennt zu haben. Es war für ihn ungewohnt, es zu tun. Er empfindet es nicht ideal, wie es geschehen ist. Irgendwo sitzt da ein Stachel, eine Ungereimtheit, ein Schamgefühl, das er überdecken muss. Und es heißt nicht, dass du jetzt unwichtig für ihn wärst. Es heißt sogar, dass du ihm wichtiger bist, als du glaubst. Oder es wenigstens warst. Er spürt es, und er will es nicht an sich heranlassen. Dabei muss es nicht einmal unbedingt heißen, dass er dich zurück will. Doch Liebe hinterlässt Spuren im Herzen. Und so wie du ihn als Menschen nicht verlieren willst, weil du ihn und die gemeinsame Zeit schätzt, so fühlt auch er, dass es eben nicht bis ins Letzte "aus und vorbei ist". Ein Rest von dir rührt noch in ihm, und er will sich keine Blöße geben. Was von seiner Ex noch da war, hast du hinausgefegt, so wichtig warst du ihm. Jetzt kann er sich ihr unbefangener nähern. Jungslogik.

Mein Rat ist: Gib ihm noch etwas Zeit. Wenn du dich traust, ihn danach zu fragen, warum er sich so verhält, dann tu es. Das Einfachere ist aber, zu warten, dass es sich mit der Zeit wieder entspannt. Vergiss eines nicht: Euer Kontakt wird nie wieder vollständig so wie früher sein. Da gibt es etwas, das noch im Hintergrund schwebt, nicht belastend, weil es eigentlich schön war - aber es ist da. Warum ihn nicht mit seinen eigenen Waffen schlagen? Versuche, es nicht so an dich heranzulassen. Wenn du ihm schreibst, lass ihn wissen, was du so machst. Schreib von einem Konzert, auf dem du warst, von dem Malkurs, der dein Leben verändert hat, von der neuen Wandfarbe in deinem Zimmer... andere Jungs lass aus, aber lass ihn wissen, dass du umtriebig bist. (Übrigens ist das auch die beste Methode für den Fall, dass du ihn doch zurück willst.) Was es schwierig macht, ist, immer zu fragen: "Wie geht es dir so? Denke oft noch an die schöne Zeit mit dir..." oder "Wie ist es, wollen wir uns mal wieder treffen?" Damit kannst du verschiedene Dinge auslösen: Entweder Unsicherheit, weil er nachdenkt, ob er dich vielleicht doch noch liebt - oder Angst, weil er dich nicht mehr liebt, und glaubt, du würdest noch um ihn trauern. Beides hemmt ihn. Wenn du ihm aber zeigst, dass du es gut verkraftet hast und nicht von ihm abhängst, wird ihn das vielleicht erstmal ein bisschen ärgern - man genießt es auch manchmal, bedankt zu werden, vielleicht sogar noch geliebt zu werden. Aber auf Dauer wird es ihn herausfordern, und er wird merken, dass eine neue Zeit ist. Ob eure Freundschaft sich wiederbeleben lässt, ob es wirklich so wird (oder ähnlich), wie es mal war: Das kann man nicht sagen. Fest steht, dass eure Freundschaft zu einem neuen Abschnitt gehört, und deshalb würdet ihr wohl anders miteinander umgehen. Und es ist auch wichtig, zu signalisieren, dass sich Dinge bewegt haben. Wenn ihn je etwas an dir gestört hat, wird es ihn erschrecken, wenn er glaubt, es wäre alles beim Alten - und geht es dir nicht ähnlich? Denkst du nicht auch manchmal "Junge, du bist sooo unflexibel..." Eben. Darum lass locker, nimm mit, was das Leben dir bietet, und vertraue darauf, dass das Gras wächst. Ich glaube nicht, dass er dich ablehnt, wirklich nicht. Aber du warst für ihn schöner und wichtiger, als du selbst es glaubst. Er hat sich getrennt, er glaubt es dir nicht zeigen zu dürfen. Wenn du ihm das Gefühl gibst, es zu brauchen - dann wird er entweder Genugtuung empfinden, oder er wird erschrecken. Ja, die Jungs... aber so sind wir. Hab ein bisschen Mitleid mit uns, ja :D ?

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul