Problem von Ann-Christin - 21 Jahre

Ich stehe mir oft selbst im Weg!

Hallo liebes Kummerkasten Team!

Zurzeit liegen meine Nerven etwas blank, weil ich mir einfach viel zu oft im Weg stehe!
Das trifft sowohl im Privatleben zu als auch auf der Arbeit.
Ich arbeite in einem Großraumbüro und merke mittlerweile immer mehr, das dieser Job mir überhaupt nicht liegt. Zu viele Menschen und das lange Sitzen macht mich echt fertig. Doch statt mir einen neuen Job zu suchen, der mir besser liegt, bleibe ich dort, weil mir Veränderungen Angst machen. Meine Angsterkrankung habe ich mittlerweile gut im Griff dank Therapie und meiner Familie, die immer für mich da ist. Trotzdem nervt es mich extrem, das ich manche Ängste immer noch nicht überwinden kann. Durch meine Angststörung ist meine Belastungsgrenze niedriger und mir wird häufiger alles zu viel. Mittlerweile weiß ich, dass die Panikattacken ein Zeichen von Überforderung sind.
Trotzdem schränkt sie mich ein und ich habe manchmal übersteigerte Angst zu Versagen.

Das alles hat seinen Ursprung vor vier Jahren. Ich habe damals mit 17 Jahren eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten begonnen. Nach ein paar Monaten wurde der Leistungsdruck am Arbeitsplatz stärker. Es musste alles immer schnell gehen, weil die Praxis überfüllt war. Ich gehöre zu den Menschen, die langsamer lernen und auch Übung brauchen. Ich war im Dauerstress und kam abends meist vor 20 Uhr auch nicht nach Hause, weil ich mit den Bus fahren musst. Und jeden Morgen musste ich bereits um Fünf Uhr aufstehen. Bald darauf begannen mich meine Kollegen unter Druck zu setzten. " Das muss schneller gehen, oder strenge dich mehr an" Ich habe alles hingenommen und auch die blöden Aufgaben übernommern, die keiner machen wollte. Eine Kollegin hatte es besonders auf mich abgesehen, denn ständig zickte und faltete mich zusammen, weil ich zu langsam war. Sie lästerte mit anderen Kollegen über mic zu h , wie dumm ich doch sein. Zitat: Kannst du nicht bis zwei denken?
Anfangs habe ich mich ja noch gewehrt, doch wenn man keinen zum Reden hat, um seinen Kummer loszuwerden, resigniert man irgendwann. Abends war ich zu erschöpft um mit meiner Familie über meinen Kummer zu reden. Meine Mittagspausen verbrachte ich auch immer alleine, weil ich einfach nicht die Interessen der Kolleginnen teilte. Solarium und Nägel machen waren nicht so mein Ding, weil ich immer schon der natürlichere Typ war.
Doch mann kann nicht immer alles herunterschlucken, denn irgendwann rächt es sich. So erlebte ich nach fünf Monaten meinen ersten Nervenzusammenbruch. Ich lag in der Notaufnahme und zitterte am ganzen Körper und konnte erst nach einer Beruhigungstablette wieder zur Ruhe kommiesen en. Einige Monatedanachwurde mir gekündigt. Doch statt es persönlich von meinen Chefs zu erfahren, konnte ich von meinen Eltern die Nachricht erhalten. Man hätte es mir doch im Beisein meiner Eltern sagen können. Das war einfach nur feige. Meine Panikattacken waren täglich da und ich traute mich nur mit Begleitung nach draußen, weil die Angst vor einer erneuten Panikattacke sehr groß war.
Dank der Therapie kam ich wieder auf die Beine. Doch auch heute habe ich manchmal noch Rückfälle, indem es mir schlecht geht. Im Moment mache so eine Phase durch. Meine Angstattacken häufen sich wieder, was wahrscheinlich nicht nur mit meiner Arbeit zusammenhängt,denn auch privat läuft es auch nicht rund. Meine Freundin sehe ich vielleicht einmal im Monat, weil sie mit Ihren Freund zu sehr beschäftigt ist. Ich freue mich ja für sie, aber ich habe Angst das wir uns aus den Augen verlieren und unsere Freundschaft zerbricht. Letztens hatten wir einen festen Termin ausgemacht zum Telefonieren, aber den hat sie total vergessen, weil sie mit ihren Schatz unterwegs war. Ich habe viel Verständnis, das die Vertliebtheit einen verändert, aber Freunde sind doch immer noch wichtig.
Und dann gibt es da noch eine Sache, mit der ich mich schon seit Monaten herumquäle. Vor acht Monaten habe ich einen Arbeitskollegen kennengelernt und wir haben uns auch immer sehr gut verstanden. Ich habe mit der Zeit Gefühle für ihn entwickelt und er war auch immer sehr aufmerksa zu mir. Mit der Zeit hat er mir Komplimente gemacht und immer meine Nähe gesucht. Doch trotz allem habe ich mich gegen meine Gefühle gewehrt, weil ich starke Angst vor Verletzung habe. Als wir von der Firma auf einer Sommerfeier waren, hat er mich gefragt ob wir zusammen tanzen wollen. Natürlich habe ich ja gesagt und an den Abend war ich nur glücklich. Doch danach haben wir uns kaum noch gesehen, weil er sein Praktikum beendet hatte und die Arbeitsstelle wechselte. Einmal habe ich mir vorgenommen ihn zu besuchen , doch meine Angst vor Ablehnung war zu groß. Zudem ist er zehn Jahre älter als ich und stammt aus Syrien. Das sind alles Faktoren die mich einschüchtern. Mit der Zeit habe ich versucht ihn zu vergessen, was mir mehr oder weniger geling. D.och letztes Wochenende( 15.07.17) habe ich ihn in der Einkaufstraße wiedergetroffen. Höflich hat er mir die Hand gegeben und hat mir sehr viele Fragen zu mir gestellt und hat mich die ganze Zeit Augenkontakt gehalten. Er war sehr aufmerksam und alle Gefühle waren wieder da. Das Wiedersehen hat alle sdurcheinandergebracht und ich weiß nach wie vor nicht ob er Gefühle für mich (immer noch) hat. Durch meine verdammte Angst verbaue ich mir meine Chancen. Habt ihr eine Idee, wie ich meine Blockade überwinden kann und ihn nach ein Treffen fragen kann? Oder bin ich noch nicht so weit.
Aber ich muss es doch versuchen, sonst kann ich nie damit abschließen

Ich hoffe, dass der lange Text noch etwas übersichtlich ist und meine Probleme verstehen kann. Danke schon einmal für die Antwort

Christina B. Anwort von Christina B.

Hallo liebe Ann-Christin!

Danke für dein Vertrauen und dass du dich mit deinen Sorgen und Problemen an uns gewandt hast! Ich kann mir gut vorstellen, dass das eine schwierige Situation für dich sein muss. Du hast bei deiner Ausbildung so einiges an Schwierigkeiten ertragen müssen, Mobbing, Druck und Dauerstress. Dass sich sowas auswirkt und auf deine Substanz geht, ist ganz normal. Ich kann mir vorstellen, dass es sehr schwer für dich gewesen sein muss, bei dieser Arbeitsstelle zu sein und noch nicht mal freundliche Kollegen dort zu haben. Irgendwann hattest du dann den Nervenzusammenbruch und dann wurdest du gekündigt. Doch du warst wegen alldem und deiner Angst und Panikattacken auch in Therapie und die hat offenbar geholfen (: Momentan scheinst du jetzt bei einer anderen Arbeit zu sein, die dich aber auch nicht erfüllt. Und du hast selbst geschrieben, dass du weißt, dass du dir einen neuen Job suchen solltest, aber Angst vor Veränderungen hast. Angst vor Veränderungen ist häufig verbreitet und so gut wie jeder hat sie. Es ist aber wichtig, sich von dieser Angst nicht beherrschen zu lassen. Veränderungen bergen immer ein gewisses Risiko und Spannung, aber gleichzeitig versprechen sie auch Aufregung, Abenteuer und neue, bessere Chancen. Es kann immer die Chance sein, etwas zu verbessern. Also kann auch ein neuer Job die Chance für dich sein, glücklicher zu sein.

Ich könnte mir vorstellen, dass deine Angst vor Veränderungen allgemein mit deinen Angst und Panikstörungen zu tun hat. Wie bist du denn in der Therapie damit umgegangen? Wenn dir diese geholfen hat, dann wäre es vielleicht gut, sie wieder aufzugreifen und erneut dorthin zu gehen? Anscheinend dürftest du dort auch gute Fortschritte gemacht haben. Rückfälle gehören zu solchen Dingen dazu, aber oft ist ein Schritt zurück nur ein Ausholen für einen größeren Schritt nach vorne (: Was deine Freundin betrifft, könnte ich mir vorstellen, als Idee, dass euch vielleicht ein klärendes Gespräch helfen könnte. Du kannst deiner Freundin ja ehrlich sagen, dass es dir momentan sehr schlecht geht und du ihre Hilfe und Unterstützung gerade wirklich gebrauchen kannst. Ich kann mir vorstellen, dass das nicht leicht ist, doch du wärst überrascht, wie sich Menschen manchmal freuen, wenn sie gebraucht werden. Sie muss ja nicht rund um die Uhr für dich da sein, aber du kannst sie ja mal darum bitten, dass sie das nächste Telefongespräch oder Treffen nicht absagt oder vergisst. Du hast außerdem geschrieben, dass deine Familie dich toll unterstützt und für dich da ist. Das ist doch schon mal ein Anfang! Es gibt viele Leute da draußen, die solche Probleme ganz ohne Familie bewältigen müssen. Ich will damit nicht sagen, dass du es leichter hast als andere, sondern nur, dass es ja schon super ist, dass du eine Familie hast, die dich in dem Punkt unterstützt und dass man das durchaus als wertvolle Ressource sehen kann (:

Dann gab es da noch den jungen Mann, der dir den Kopf verdreht hat. Eigentlich hat auch er angedeutet, dass er dich gut findet (die Komplimente, das tanzen usw.), doch du hast dich innerlich dagegen gewehrt, weil du, wie du geschrieben hast, Angst vor Verletzungen hast. Auch diese Angst ist normal und es gibt viele, die sie in sich tragen. Aber genau wie schon bei deinen anderen Ängsten wäre es gut, sie selbst steuern und kontrollieren zu lernen. Es ist bestimmt schlimm, wenn man sich seinen Ängsten so ausgeliefert fühlt, aber wenn man erst mal der Herr über sein eigenes Leben ist, dann kann es auch leichter werden, mit diesen Ängsten umzugehen.

Diese zehn Regeln habe ich im Internet zum Thema Angststörung gefunden:
1) Angstgefühle und dabei auftretende körperliche Symptome sind zwar (sehr) verstärkte, aber normale Stressreaktionen
2) Angstreaktionen sind nicht schädlich für die Gesundheit
3) Bleibe in der Realität, beobachte und beschreibe für Dich selbst (innerlich, laut oder durch Aufschreiben), was um Dich herum wirklich geschieht
4) Verstärke die Angstreaktion nicht durch unrealistische Fantasie- und Katastrophenvorstellungen
5) Bleibe in der Situation, bis die Angstreaktion wieder abklingt
6) Beobachte bewusst, wie die Angst von allein wieder abnimmt
7) Vermeide keine Angstsituation (außer Du bringst Dich damit in reale Gefahr!)
8) Setze Dich den Situationen aus – gegebenenfalls nach Schwierigkeit gestuft – die Dir Angst machen
9) Nimm Dir in Angstsituationen Zeit
10) Sei stolz auf kleine Erfolge, auch die ganz kleinen! Lobe Dich! Tu dir was Gutes!

Es gibt allgemein im Internet eine Fülle an Büchern, die dieses Thema behandeln - vielleicht willst du dich ja mal durchwühlen und das Ganze auch selbst in die Hand nehmen?
Um wieder zurück zu kommen auf den Mann, den du kennen gelernt hast: Deine Bedenken sind die, dass er zehn Jahre älter ist als du und außerdem Syrier von der Nationalität her ist. Ich kann diese Bedenken gut verstehen, denn auch ich würde mir darüber Gedanken machen, doch Verliebt sein sucht man sich nicht aus - wenn du ihn wirklich so gern hast, dann solltest du die Angst nicht mehr dir deine Chancen verbauen lassen. Fang erst mal mit kleinen Schritten an. Vielleicht einer lieben Sms mit einem "Hey, wie geht's dir?" Und dann anschließend ein "Fand es neulich schön, mich mit dir zu unterhalten." Dann kannst du ja mal schauen, was von seiner Seite kommt. Kleine Schritte bringen dich schneller zum Ziel als Druck und hohe Erwartungen! Wenn es passt, dann triff dich mit ihm und lass den Dingen einfach mal ihren Lauf. Was mir noch einfällt, wie du die Angst vielleicht steuern lernen kannst, sind Mentalübungen wie z.B.: positive Affirmationen oder visuelle Übungen. Zum Beispiel stellst du dir ein Lagerfeuer vor, in das du all deine negativen Gefühle abfließen lässt, vor allem deine Angst. Oder aber du stellst dich mental unter eine Lichtdusche und stellst dir vor, wie die ganze Angst weggewaschen wird. Oder du legst dich mental ans Meer und jedes Mal, wenn eine Welle deinen Körper umspült, nimmt sie die Angst mit ins Wasser. Dann kommt eine neue Welle usw bis du dich erleichterter fühlst. Oder du packst die Angst in einen Rucksack und schmeißt ihn in einen Brunnen. Da gibt es unzählige Übungen. Vielleicht magst du mal eine davon ausprobieren. Gegen Angst können auch Meditationen sehr gut helfen, da gibt es viele, wo auf den CDs ein Sprecher etwas dazu ansagt.
Hier noch ein paar Übungen aus dem Internet:
http://www.depressionen-depression.net/mentales-training/mentales-training.shtml

Ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen.
Wenn du noch etwas brauchst oder noch Fragen an mich hast, kannst du mich gerne erneut kontaktieren. Richte dazu einfach deinen Text am Anfang "An Christina B.", dann wird mich die Nachricht erreichen.
Alles Liebe und herzliche Grüße,
Christina B.