Problem von Jule - 19 Jahre

Plötzlich Schwanger

Hallo liebes Team,

ich habe heute Morgen einen Schwangerschaftstest gemacht, mit dem Gedanken, es wird ja sowieso nichts sein. Tja, das dachte ich. Positiv. In einem Monat sollte meine Ausbildung beginnen. Ja, ich weiß.. ich bin schon 19. Das liegt daran, dass ich 3 Jahre nach der Schule gearbeitet habe, um die Ausbildung erlernen zu können. Habe mich daher auch sehr darauf gefreut. Schwanger geht das natürlich nicht mehr.. Ich habe es meiner Mutter erzählt. "Treibe es ab, oder such dir eine eigene Wohnung. Ich habe nichts damit zutun." Um es kurz zu fassen. Ich habe viel geweint. Ich habe es meiner Oma erzählt. "Nein, natürlich treibst du es nicht ab, wir finden schon eine Lösung.." Und ich habe es meinem Opa erzählt. "Ganz klar, einzige Lösung wäre die Abtreibung. Möchtest du etwa vom Staat leben und auf den Taschen anderer sitzen? Du machst es dir ja einfach.." Aber, ist es nicht noch viel einfacher einfach abzutreiben? Ich möchte es nicht bereuen. Ich bin mir sicher, ich werde es bereuen. Warum verwehre ich jemandem sein Leben, weil ich zu "blöd" war richtig zu verhüten? Ist das moralisch für mich machbar? Dazu muss ich sagen, kenn ich meinen Freund erst seit knapp 4 Monaten. Er sagt mir er ist immer für mich da und will auch für's Baby da sein. Er freut sich total und wollte schon länger Vater werden. (Nochmal zum Verständnis.. ich bin 19 und er fast 22). Was soll ich tun? Sollte ich es behalten, um meine Ausbildung gut zu machen und mein Leben in den Griff zu bekommen, auch wenn es etwas egoistisch klingt, oder mich für das Kind entscheiden? Vielleicht könnte ich die Ausbildung machen, wenn es einen Kitaplatz bekommen hat. Aber bis dahin bin ich finanziell ja auch nicht gut bestückt. Bin ich schon so weit, für ein Kind zu sorgen? Ich könnte mir noch nicht vorstellen von Zuhause auszuziehen. Ich weiß nicht weiter..

Hoffentlich konntet ihr die ganze Sache gut verstehen und könnt mir helfen.

Liebe Grüße

Jule

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Jule,

ich bedaure wirklich, dass ich dir nicht eher antworten konnte. Im Augenblick bin ich sehr besorgt, dass dir in der Zwischenzeit alles über den Kopf gewachsen sein könnte. Wenn du inzwischen eine Entscheidung getroffen hast, weil du auf unsere Hilfe gehofft hattest, dann kann ich leider nur kleinlaut sagen: Es tut mir sehr leid. Wenn nicht, dann hoffe ich, dass ich dir ein bisschen helfen kann.

Eigentlich stellt die Sache sich sehr klar dar, Jule: Du selbst hast das Gefühl, einen Fehler zu machen, wenn du das Baby nicht behältst. Deine Familie aber - von deiner Oma abgesehen - steht nicht hinter dir und sieht nur die Kosten. Das ist sehr enttäuschend - es geht immerhin auch um ein Enkelkind, das deine Eltern haben könnten. Warum deine Mutter sich so verhält, ob aus Panik, Egoismus oder Angst, das weiß ich nicht. Ich finde es jedenfalls übel, dass sie ernsthaft sagt: "Ich habe damit nichts zu tun." Wenn deine Familie jetzt so tut, als ginge sie das alles gar nichts an, dann liegen sie damit falsch. Denn es stimmt zwar, dass die Verantwortung dafür, dass du schwanger geworden bist, nicht bei ihnen liegt. Aber mit welchem Recht möchte deine Mutter dann später einmal von dir verlangen, ihr Enkelkind sehen zu dürfen? Sie hat ihr eigenes Leben - ja. Aber dass sie dir zu verstehen gibt, dass es ihr egal ist, ist in deiner Situation nicht angemessen. Wir können es aber nicht ändern, und deshalb solltest du auch wirklich nur auf deine innere Stimme hören, und dich nicht zu irgendetwas überreden lassen.

Dein Freund will das Kind, und du bist der Meinung, es durchaus schaffen zu können. Du sagst mit Recht: Wenn ich schon darüber nachdenke, dass ich es wahrscheinlich bereuen werde, dann bin ich schon halb entschieden. Ob dein Freund immer bei dir bleiben wird oder nicht, ist erst einmal nicht wichtig. Denn er ist der Vater eures Kindes, ist genauso verantwortlich wie du, und auch durch das Gesetz dazu verpflichtet, dich zu unterstützen. Vorerst finde ich es aber sehr gut, dass er sogleich gesagt hat, er möchte für dich und euer Kind da sein. Ich denke, dass seine erste Reaktion schon einmal viel darüber aussagt, was er für ein Mensch ist. Und in solchen Situationen erweist sich, wie verlässlich jemand ist. Er hat gesagt, er freut sich, er möchte Vater werden. Dadurch weißt du mehr über ihn, als du vielleicht nach einer viel längeren Beziehung gewusst haben würdest: Er weicht der Verantwortung nicht aus, obwohl er auch noch sehr jung ist. Das ist gut - und ich denke, du kannst diese Unterstützung jetzt in Anspruch nehmen. Ganz egal, ob eure Beziehung andauert oder nicht. Was übrigens nicht zur Folge haben müsste, dass er sein Kind dann nicht mehr liebt und es nicht mehr unterstützen mag. Deshalb, mach dir in dieser Hinsicht möglichst wenig Gedanken!

Grundsätzlich musst du ganz allein entscheiden, was nun zu tun ist. Niemand kann dir abnehmen, in dich hinein zu hören und die Folgen abzuschätzen. Doch ich sage dir ganz offen: Ich würde mich sehr freuen, wenn du dein Kind annimmst. Einfach, weil ich das Gefühl habe, dass es eine Chance hat. Und weil eine liebende Mama das Wichtigste ist, was man auf der Welt haben kann. Ich denke, du kannst es schaffen. Und ich denke auch: In eine Aufgabe wächst man hinein. Und es gibt viele Menschen, die dir in so einer Situation gerne zur Seite stehen. Auch, wenn deine eigene Familie es (überwiegend) leider nicht tun mag.

Du solltest nun erst einmal so schnell wie möglich einen Termin bei deiner Frauenärztin wahrnehmen, um abzuklären, wie lange du schon schwanger bist, und ob alles in Ordnung ist. Sie kann dir gewiss auch die besten Tipps geben, an welche Stellen du dich jetzt wenden solltest, und die entsprechenden Adressen. Trotzdem habe ich dir unten ein paar Links aufgeführt, die jetzt nützlich sein könnten. Überstürze nichts, es sei denn, die Zeit drängt - lass dich von niemandem überreden (auch von mir nicht), sondern handle nach deinem Gewissen. Sicher kann deine Frauenärztin dir auch manche Fragen beantworten, auf die ich keine Antwort wüsste. Habe den Mut, zu fragen - es kann dir nur helfen.

Über die Frage, wie sich das Ganze mit deiner Ausbildung und deiner Wohnsituation vereinbaren lässt, wird dir am besten jemand Auskunft geben können, der sich mit der Thematik besser auskennt, als ich. Daher bitte ich dich umso mehr, dich zeitnah untersuchen zu lassen, und auch den Seiten, die ich verlinkt habe, nachzugehen. Du findest dort auch die nächsten Anlaufstellen für dein Bundesland und kannst dich online austauschen. Wir im Kuka verstehen uns mehr als Impulsgeber - worauf es jetzt ankommt, ist, dass du planvoll handelst und konsequent darin bleibst, dich von niemand zu etwas zwingen zu lassen. Denn in deiner Lage kann man nicht alles mit dem Verstand beschreiben; auch dein persönliches Gefühl und das, was du für das Leben in dir fühlst, spielen eine mindestens genauso wichtige Rolle. Lass dir von niemandem sagen, dass du es nicht schaffen könntest - wenn du es wirklich willst, kannst du alles schaffen. Und zwar nicht nur mit Mühe und Not, nein. Sondern so, dass du dabei glücklich wirst. Ganz bestimmt. Das wünsche ich dir!

http://www.familien-wegweiser.de/wegweiser/stichwortverzeichnis,did=47814.html

https://www.caritas.de/hilfeundberatung/ratgeber/familie/schwangerschaft/finanzielle-hilfen-vor-und-nach-der-gebu

http://www.hallo-eltern.de/schwangerschaft/hilfe-fuer-schwangere-in-not/

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul

PS: Wenn du nichts dagegen hast, würde ich mich sehr freuen, zu hören, wie es mit dir weitergegangen ist.