Problem von Anonym - 17 Jahre

Zukunft

Hey
Ich bin gerade einfach nur... So müde. Oder vielleicht wäre erschöpft das bessere Wort. Ich bin nicht unglücklich. Also eigentlich nicht. Ich habe zumindest keinen Grund dafür: ich habe Freunde, Familie, bin recht gut in der Schule und auch körperlich gesund.
Ich weiß selbst, dass mein Problem recht irrational ist und nehme mal an es hat mit der Pubertärbedingten Hormonlage bzw. mit Pubertärbedigtem Überdramatisieren zu tun, aber ich bin trotzdem ziemlich verzweifelt.
Ich kann gar nicht richtig erklären, was eigentlich mein Problem ist. Ich versuches es mal:
Ich habe richtig Angst vor der Zukunft, davor, dass ich mal mit der Schule fertig sein werde (knapp zwei Jahre genauergesagt) und einen Job bzw einen Studienplatz oder ähnliches finden muss und naja.... Ich habe auch Angst davor mich mal damit zu beschäftigen oder mich über Plätze zu informieren, weil ich solche Angst vor diesem neuen Lebensabschnitt, der eigentlich mein komplettes zukünftiges Leben beeinflussen wird. Ich habe Angst davor seg zu gehen, mein jetziges soziales Umfeld zu verlassen und die meisten Menschen darin nicht mehr wiederzusehen. Denn ich weiß, wie das ist, aus den Augen, aus dem Sinn und so...
Das ist die Kurzfassung des ersten Problems. Das andere Problem ist, dass alle Erwachsenen bzw die Gesellschaft mir den Eindruck vermittelt die Jugend sei die Zeit des Abenteuers, der besonderen Erlebnisse und einfach nur geil. Aber ich habe nicht das Gefühl die Zeit meines Lebens zu haben. Ganz im Gegenteil. Ich bin schon siebzehn. Werde vielleicht bald mal meinen Führerschein haben und hab noch kein einziges Abenteuer erlebt. Ich meine, ich hatte irgendwie immer die Vorstellung mit siebzehn bereits das absolut krasse sechzehnte Lebensjahr hinter mir zu haben, in dem ich quasi alles erlebt habe, was es gibt, dass ich alles (Schule etc) voll im Griff hätte und am Besten in einer Beziehung wäre und keine Ahnung. Jedenfalls habe ich mir nicht das hier vorgestellt. Nicht diese Unsicherheit, Ungewissheit, Überforderung und... Irgendwie... Langeweile. Nein. Nichtigkeit. Nichts hat Besonderheit. Mein Leben hat an sich nichts besonderes an sich. Ich lebe. Das ist irgendwie alles. Ich habe ständig das Gefühl mein eigenes Leben zu verpassen während alle um mich herum ihres in vollen Zügen genießen.
Das hört sich an wie ein 40jähriger mit Midlifecrisis, aber so empfinde ich es.

Nuala Anwort von Nuala

Hallo Du!

Deine Zukunftsängste kann ich verstehen. Und wahrscheinlich sehr viele andere junge Menschen ebenfalls.
Es gibt zwei einfache Mittel, um ihnen zu entrinnen - nämlich 1. stur in der Gegenwart zu bleiben und einen Fuß vor den anderen zu setzen, nicht mehr und nicht weniger. Es ist in der Umsetzung anfangs etwas schwierig, doch an sich, wenn du erstmal diese Gefühl aufgesaugt hast, immer leichter. Du kannst dir helfen, indem du dir selbst sagst, wenn die Angst droht: "Ich schaue auf den heutigen Tag und mache das beste aus ihm.", "Ich erkundige mich einmal aus Interesse, welche Ausbildungs - oder Studienmöglichkeiten für mich interessant sein könnten." Das bedeutet, du kannst dich auf spielerischer, gelassener Weise mit der Zukunft beschäftigen, aber nur so viel, dass es eben möglichst locker - leicht bleibt. Als Beispiel: Du setzt dich mit einer Freundin zusammen und macht gemeinsam einen Berufsinteressentest, interviewt euch gegenseitig, formuliert Fragen zu "eurem" Beruf usw. Ihr habt dann zunächst Spaß und nebenbei bestimmt auch ein paar Erkenntnisgewinne. Und dabei bleibt es dann vorerst. -
Und das 2. einfache Mittel ist Dankbarkeit und Demut. Bedanke dich für alles, was du hast: Beispielsweise Gesundheit, Freundeskeis, Familie, einen schulischen Erfolg, bestimmte Charaktereigenschaften, kleine Momente des Friedens... und so vieles mehr! Sei demütig dem Leben gegenüber. Das öffnet dich dann auch gleich viel mehr dem anderen Bereich mit den Abenteuern... dazu dann gleich mehr.

Die zwei Jahre sind ein großer Zeitraum, da ist es wirklich am sinnvollsten, wenn du an erster Stelle deine persönliche Zufriedenheit und deinen aktuellen Job, die Schule stehen hast.

Zu deinem zweiten Problem denke ich, dass du einer sehr fiesen Illusion aufgesessen bist! Längst nicht alle Jugendlichen erleben Abenteuer. Einige erleben nicht einmal die "typische" Pubertät, sondern bleiben einfach gelassen und ziemlich stressfrei. Bei Manchen beginnt sie auch erst viel später, wenn sie bei Anderen schon am Abklingen ist... Das spielt auf jeden Fall eine Rolle, wenn es darum geht, was man schon alles erlebt, gesehen, gefühlt hat. Es ist so unterschiedlich! Und kommt auch stark auf dein Umfeld, deine familiären Prägungen, deine Persönlichkeit an. Und auch darauf, was du mit bestimmten Lebensabschnitten verbindest. Wenn du in deinem Kopf ein starres Schema hast, in welchem 16-Jährige eigentlich in Dauer-Action sein müssen und 40-Jährige fast schon klinisch tot sind, überspitzt gesagt, solltest du dringend an deinen inneren Bildern arbeiten.

Stelle dir doch einmal die folgenden Fragen:

- Was sind Abenteuer?
- Warum muss man in der Pubertät unbedingt Abenteuer erleben?
- Sind Abenteuer nicht total subjektiv?
- Warum muss man mit 16 Jahren schon "alles" erlebt haben, obwohl man da erst recht kurz auf der Welt ist - im Vergleich zu den ganzen darauf folgenden Jahrzehnten, in denen man teilweise viel freier ist als in der Schulzeit?
- Woher kommt dieser Zwang zum Abenteuer?
- Gaukeln die Medien nicht sehr viel vor - gaukeln uns nicht andere Menschen häufig etwas vor, von ihrem angeblich so aufregendem Leben??
- Welche Arten von Abenteuern schweben dir denn überhaupt vor?
- Wer oder was könnte dich hemmen, dich in Abenteuer zu stürzen?
- Was wäre, wenn du einfach nicht der Typ für "Abenteuer" im Allgemeinen bist?

Ich denke, diese Fragen können dich zum Reflektieren einladen, warum du so resigniert scheinst und so viele Erwartungen in dein Lebensalter packst.

Sicher: Du selbst kannst sehr viel reißen und aus deinem Alltag, deinen Wochenenden und Ferien viel rausholen: Wegfahren, feiern, etwas erkunden, viel Neues kennenlernen... auch mal etwas Riskantes wagen. Die Frage ist immer, wie deine Bedürfnisse gestrickt sind. Jeder Mensch ist anders, vergiss das nicht! Was der Einen die größten Glücksgefühle beschert, kann dem Anderen Unbehagen machen. Vielleicht stehst du einfach nicht so auf Party, bist lieber gemütlich zuhause mit einem Film, einem Buch oder einem kleinen Kreis an Vertrauten. Vielleicht magst du Partys, "übertreibst" es aber einfach nicht damit, weil du vernünftig bist. Vielleicht würdest du gerne mal ein paar Tage mit Leuten an einen See fahren und dort unter freiem Himmel übernachten. Vielleicht findest du die Vorstellung aber auch langweilig oder beängstigend...

Nicht die Welt gibt dir die Antwort auf deine Angst, sondern allein du. Begib dich daher als Erstes auf das Abenteuer der ICH-Entdeckung! Erforsche, was du brauchst, was du WIRKLICH brauchst. Löse dich von medial erzeugten Bildern, vergleiche dich nicht mit einer bescheuerten Norm. Sei einfach du und lebe danach. Dann kannst du auch deine individuellen Abenteuer erleben - in der Dosierung und Weise, wie sie dir entsprechen und dir deswegen gut tun.

Ich wünsche dir alles Liebe!
Nuala