Problem von Jörg - 41 Jahre

Pure Verzweiflung

Hallo,liebes Kummerkasten-Team. Ich habe ein wahnsinniges Problem. Ich habe vor vier Jahren eine Beziehung zu einer Österreicherin aufgenommen, die sich allerdings 3 Jahre nur auf Distanz abspielte, und zwar in der Form, daß ich 4-5mal im Jahr ein oder mehrere Wochen nach Österreich fuhr, und im Winter sogar im Skigebiet dort einen Saisonjob wahrnahm, nur um in ihrer Nähe bleiben zu können. Ich hatte in Deutschland ein kleines Gewerbe, und zu dieser Zeit war eh nie viel los. Nach zwei Jahren stellte sie mir ein Ultimatum, nach Österreich zu ziehen (nicht zusammen, nur in die Nähe). Dieses Ultimatum galt bis Oktober, ich habe es aber erst Ende November geschafft, herunterzuziehen, mit enormen Kosten, da ich sogar teils Kündigungstermine nicht einhalten konnte, und somit doppelt und dreifach zahlen konnte. Aber das war mir die Liebe wert. Ich muss dazu sagen, ich hatte das Geld für den Umzug eigentlich nicht, wollte doch das Gewerbe solange halten, bis ich das finanziell gekonnt hätte. Doch anstatt eines freudigen Willkommens verhielt sies sich eher wie gute Miene zum bösen Spiel, und einem gequälten Versuch zur Aufrechterhaltung der Beziehung.
Aufgrund des überschrittenen Ultimatums, und daß ich es schon vorher nicht geschafft hatte, einen Job zu finden (trotz div. Bewerbungsgespräche), sowie div. anderer Kleinigkeiten (einmal eintägige Unterbrechung eines Alm-Urlaubes wegen Vorstellungsgespräch, einmal zu spät gekommen bei einer Kinderzimmer-Umräum-Aktion) war sie einfach der Meinung, daß ich nicht zuverlässig sei, und man mir nicht vertrauen könnte. Dementsprechend hatte ich auch nie die Chance bekomen, mich richtig in die Familie zu integrieren und dort meinen Mann zu stehen. Das alles schlug mir unheimlich auf mein Selbstbewusstsein. Wobei ich sagen muß, daß ich nicht gerade über ein stabiles Selbstbewusstsein verfüge, sondern dieses sogar größtenteils aus dem Vorhandensein einer Partnerschaft schöpfe. Sie, vor unserem Zusammenfinden geschieden von einem Mann, der beinahe Alkoholiker war und häusliche Gewalt ausübte, zog bei ihren Eltern im Haus ein, schaffte innerhalb eines Jahres eine Ausbildung, die normal 3 Jahre dauert, und wurde innerhalb eines weiteren Jahres zur rechten Hand der Geschäftsführerin ihres Betriebes).Eine Powerfrau mit wahnsinnigem Selbstbewusstsein und sich ihres guten Aussehens voll bewußt. Was sie schaffte, verlangte sie von mir auch, aber finde mal als 40jähriger Bürokaufmann in Österreich einen Job. Ich kämpfte mich von einem Job zum anderen, und wurde dabei teils ganz schön über den Tisch gezogen. Aber ich gab den Kampf nie auf. Ich war nur in Österreich, weil ich diese Beziehung retten wollte. Aber ich war mittlerweile finanziell ziemlich am Ende, und mein Selbstbewusstsein auch. Suchte sie doch einen starken Partner, der auch Geborgenheit und Sicherheit vermitteln kann. Ich hab doch alles versucht, doch es genügte ihr nicht, und so reduzierte sie die Beziehung auf eine rein sexuelle Angelegenheit, was mich derart abturnte, daß ich auch dort versagte.
Jetzt hat sie einen anderen, der von vornherein jene Gefühle zu vermitteln scheint, die mir fehlten. Dabei war ich doch gerade dabei, mit einem neuen Job Ordnung in mein Leben zu bekommen, immer in der Hoffnung des Kampfes um sie. Diese Hoffnung ist nun entgültig zerstört, und es tut wahnsinnig weh, sie mit einem anderen glücklich zu sehen, während ich alles aufgegeben und versucht hatte. Mein einziges Lebensziel (eine harmonische Familie) ist somit für mich zerstört. Ich drehe nur noch am Rad, will weg aus Österreich (komm mit der Mentalität eines Kärtner 2000-Seelen-Städtchens nicht klar, wo jeder morgen weiß, was Du gestern gekauft oder mit wem gesprochen hast). Leider sind meine Finanzen immer noch nicht in Ordnung, zahle noch immer wegen oben genannter Aktion ab. Aber jeder Tag in Österreich war in meinen Augen nur für diese Beziehung gut, jetzt will ich keinen Tag länger mehr hier sein. Zurück nach NRW. Aber ohne Geld, ohne Wohnung, ohne Job? Meine Nerven liegen so blank wie im Schockzustand, hab mir als Anti-Alkoholiker gestern zwei große Bier genehmigt und bin die Nacht 20 km durch die Gegend gelaufen, wobei ich tatsächlich schon mit dem Gedanken spielte, das Leben einfach aufzugeben. Finde seit ich von ihrer neuen Beziehung weiß (2 Tage) keine Minute Schlaf mehr, obwohl ich total fertig bin, mit schweren Augen. Auch Hunger empfinde ich keinen.Mein einziges Empfinden ist regelrechte Panik, ein davonlaufen vor sich selber. Und ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen, wie es weitergehen soll, nur das ich hier weg muss.

Anwort von Michaela

Hallo Jörg,

kannst du übergangsweise bei einem Bekannten in NRW unterkommen? Dann tu das. Die Schulden verschwinden dadurch nicht, aber du bist erst einmal weg aus Österreich. Wenn es dir so sehr widerstrebt dort zu bleiben, dann sieh zu, dass du Land gewinnst!

Du hast viel für diese Beziehung riskiert und auch (zu?) viel gegeben, und jetzt bist du im wahrsten Sinne des Wortes fertig. Schaffe dir erst einmal einen Raum, ein Umfeld, das dir zusagt, und in dem du zur Ruhe kommen kannst, um auch wieder zu dir zu kommen. In deinem momentanen Zustand eine Arbeit zu finden gleicht einem Glücksspiel, denn du musst auch als Bürokaufmann ausgeglichen sein, um arbeiten zu können.
Hast du einen guten Freund in NRW? Familie? Nimm Kontakt mit ihm auf, sprich mit ihm. Vielleicht kann er dir weiterhelfen, deine Zelte in Österreich abzubrechen. Vor allem kann er dir eine mentale Stütze sein, bis du wieder einigermaßen sicher auf deinen eigenen Füßen stehst.

Was deine Beziehung angeht, steht hier jetzt die Mühe an, sie zu verarbeiten und das Kapitel abzuschließen. Es ist nicht ideal gelaufen, es hätte besser sein können, und deine Freundin hat vielleicht einfach zu viel von dir verlangt - was du aus Liebe zu ihr gegeben hast. Frauen können manchmal ganz schön fordernd sein, und nicht selten messen sie Männer an den Dingen, die sie NICHT können, was nicht fair ist. Das ist weder ihr noch ihm zuträglich, denn sie hat dadurch miese Laune ("das schafft der nie, nicht mal für mich"), und er fühlt sich ganz klein und nutzlos, so wie du zur Zeit. Es gibt zu diesem Thema ein ganz interessantes Buch von Eric Berne "Spiele der Erwachsenen", das auf anschauliche Weise demonstriert, in was für absurde Dialoge und Situationen man sich verstricken lässt und wie man sich aus ihnen befreit - ich denke, das könnte dir momentan helfen, um die Beziehung im Nachhinein zu analysieren.

Weiterhin kannst du Kontakt zu einer professionellen Stelle in NRW aufnehmen, um wieder zu dir zu kommen. Das kann die Telefonseelsorge sein:
Telefon 0800 111 0 111 (evangelisch)
oder 0800-111 0 222 (katholisch)
Internet: www.telefonseelsorge.de

Aber auch von der Stadt gestellte Beratungsstellen sind gut geeigent, um dir in deiner Krise zu helfen (Was möchtest du tun? Wie fängst du es an? Wie stellst du dir deine Zukunft vor?). Sicher gibt es solche Einrichtungen auch in Österreich. Jedoch herrscht dort eine ganz andere Mentalität, und es kann passieren, dass du dort zwar Ansprechpartner findest, die dir aber nicht weiterhelfen können, weil sie deine sog. "Sozialisation", also dein Kulturverständnis aus Deutschland, nicht begreifen. Übergangsweise wäre das natürlich trotzdem möglich, bis du den Schritt zurück geschafft hast.

Ich hoffe, das hat dir ein bisschen geholfen? Lass uns wissen, wie es weitergegangen ist und schreib uns, wenn du noch Fragen hast!

Liebe Grüße,

Michaela