Problem von Sylvie - 20 Jahre

Sauberkeit

hallo liebes kummerkasten-team,

Meine Tochter Sarina (3 1/2) hat es eigentlich schon gelernt, die Toilette zu benutzen.
Seit einiger Zeit jedoch benutzt sie für "ihr Geschäft" diese nicht mehr, sondern verrichtet es auf dem Kinderzimmerboden oder sogar in Schränken. Ich hab schon des öfteren versucht ihr zu erklären, das man auf die Toilette gehen muss, aber es brachte nichts. Soll ich vielleicht mal mit ihr zum arzt gehen um die Ursache für ihr Verhalten zu finden? Was soll ich tun?

Danke im vorraus sylvie

Anwort von Michaela

Hallo Sylvie,

selbst wenn Kinder schon "sauber" sind, kommt es immer mal wieder zu Ausrutschern. Das ist normal und sollte ein gewisses Maß nicht überschreiten.
Wenn es in deinen Augen jedoch extrem ist, sollten zwei Dinge nachgeprüft werden:
- Liegt eine körperliche Ursache vor? Mit der Sauberkeitserziehung wird auch die Schließmuskulatur trainiert, was manchmal aufgrund von körperlichen Beeinträchtigungen nicht möglich ist. Der Körper des Kindes möchte zwar lernen, "kann" aber nicht, weil ihm vielleicht eine Voraussetzung fehlt. Er verkrampft und sucht einen Weg, um sich wieder zu entspannen. Das kann sich darin ausdrücken, dass dann öfter was in die Hose geht oder das Kind den Weg zur Toilette nicht schafft. Kinder mögen zwar daneben stehen und sich ungerührt anhören, dass das so nicht geht; ich kenne jedoch keinen Fall, in dem das Kind sich nicht geschämt hätte, dass "es" auf einmal nicht mehr geht.
- Könnte es auf ein Ereignis zurückzuführen sein, dass deine Tochter beeindruckt hat? Ist sie z. B. in den Kindergarten gekommen, hat es Streit gegeben in der Familie, ist ihre beste Freundin weggezogen (die es in dem Alter durchaus schon geben kann), ist eine nahestehende Person verschwunden oder gestorben...?

Ich führe diese Fragen deshalb an, weil es sich vielleicht auch um Enuresis, also "Tränen nach unten" handeln könnte. Kinder reagieren z. B. sehr oft mit Verhaltensweisen aus ihrer Babyzeit, wenn sie in den Kindergarten kommen, fangen wieder an am Daumen zu lutschen, wollen ihren Schnuller haben, nässen wieder ein, schlafen nicht mehr durch... Die Möglichkeiten sind vielfältig, genauso wie Kinder einfallsreich sind. Bei ihnen mögen diese Vorgänge noch unbewusst sein, jedoch wirken sie sich alle auf die Eltern aus als Signal: Kümmer dich um mich! Ich habe etwas auf dem Herzen! Dabei muss es nicht unbedingt etwas dramatisches sein. Schon sog. Kleinigkeiten in unseren Augen können Kinder aus dem Gleichgewicht bringen.

Was kannst du tun? Sprich mit deiner Tochter ruhig über das Thema. Sag ihr z. B., dass es riecht, wenn sie ihr Geschäft auf den Boden macht und dass es für dich Arbeit bedeutet, es wieder wegzumachen. Vielleicht möchte sie dir dabei helfen, oder du willst sie dazu anregen. Das mag in manchen Augen mittelalterlich erscheinen, würde jedoch den Vorgang des "Machens" und letztlich "Gebens" abschließen, den die Kinder in diesem Alter lernen. Auch Anerkennung könnte dadurch ausgedrückt werden, wenn sie ihr Geschäft hilft wegzumachen - Lob sollte danach selbstverständlich sein, um ihren Selbstwert zu heben.

Weiterhin solltest du mit ihr darüber reden, dass sie für eine Zeit z. B. wieder eine Windel tragen könnte, wenn sie es tatsächlich nicht auf die Toilette schafft. Protest ist hierbei wohl vorprogrammiert, weil nur "Babys" Windeln tragen. In ihrem Fall wäre es jedoch nur noch mal eine Übung, bis sie wieder alleine auf die Toilette gehen kann. Vielleicht kannst du mit ihr dahin gehend eine Vereinbarung treffen: Sie darf ohne Windel herumlaufen, wenn sie es schafft, rechtzeitig auf die Toilette (oder das Töpfchen) zu gehen. Ansonsten wäre die Windel die andere Alternative.

Wichtig: Mach kein Drama draus. Es kratzt ganz schön auch am Selbstbewusstsein als Mutter, wenn das "Saubersein" plötzlich nicht mehr klappt, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Es ist jedoch auch ein Beweis der Unabhängigkeit deiner Tochter: Ich entscheide, wo ich hinmache. Und letztlich kann daraus ein Machtspiel werden, wenn du Druck ausübst. Deshalb sollte deine Antwort darauf sein: Ja, du entscheidest, deswegen trägst du dafür auch die Verantwortung und machst mit sauber - oder bekommst die Windel. Ich denke, dass das bei deiner Tochter schon funktionieren kann, da sie bereits über ein eigenes Selbstbild verfügt.

Wenn du trotzdem den Rat eines Artzes hinzuziehen möchtest, um dich abzusichern, geh am besten zu einem Kinderarzt - die kennen sich besser aus als Hausärzte, und das kann dir und deiner Tochter den wesentlich unangenehmeren Gang zum Urologen ersparen.

Ich wünsche dir viel Glück!

Viele Grüße,

Michaela