Problem von Martin - 20 Jahre

Erhängt!-Wie geht es nur weiter?!

Hallo liebes Kummerkasten-Team,

ich bin eher durch Zufall auf diese Seite gekommen...naja was heißt Zufall, ich habe wieder versucht im Internet Rat zu suchen. Einfach nur ein Tipp wie das Leben für mich und meine Freunde weiter gehen kann?!

Am 18.Juli 2006 hat sich mein bester Freund erhängt und keiner wusste warum! Seit dem hat sich das Leben aller Freunde und speziell von mir geändert. Ich will nicht sagen das ich Depressiv bin, aber es gibt teilweise Tage wo ich auf nichts Lust habe. Wisst ihr was es heißt einen besten Freund zu verlieren...in diesen Alter und unter diesen fürchterlichen Umständen?

Es ist ein Grauen und in einen Steckt irgendwie immer Angst...Angst vor allem was es auf dieser Welt gibt.

Seit dem Marco tot ist, hat sich vieles in mir geändert. Ich fühle mich zum einen Erwachsener und will das aber garnicht. Das Leben hat einen anderen Stellenwert...einen der direkt nach den Tod von Marco gravierend sinkt und dann Wochen danach wieder steigt. Und das auch nur, weil man sich einredet das sonst der Tod von Marco ohne Bedeutung oder sogar Sinnlos wäre.

Alle Freunde fragen sich auch weiterhin warum er das getan hat...Geld,Liebe, Probleme Zuhause,Drogen??? Keiner wird es jemals erfahren, auch deshalb weil er garkeinen Abschiedsbrief geschrieben hat.

Es ist nun bald 3 Monate her und wir reden nicht mehr so direkt über das Thema...es wird versucht weiterzuleben. Aber mich bedrückt einfach das diese Person in meinen Leben fehlt...der Spaß mit ihm, einfach alles. In meinen Kopf spielt sich immer dieser Tag ab, ich bin über Telefon von einen Freund informiert worden das er sich erhängt hat, war gerad mit paar unserer Freunde mit dem Auto unterwegs. Wir sind dann sofort zu einen Platz gefahren wo sich alle Freunde getroffen haben...dann hat mir seine Schwester eine SMS geschickt "ruf mich bitte schnell an, es ist wichtig!bitte schnell!" seine Schwester ist 4 Jahre jünger als wir. Immer wenn ich an diesen Tag denke muss ich weinen...ich muss gerad auch wieder weinen, obwohl ich deshalb seit ca. 3 Wochen nicht mehr weinen musste. Ich bin dann als einziger von seinen Freunden zu ihn nach Hause gefahren...als erste kam mir seine Schwester in eine Decke eingehüllt in meine Arme gefallen. Ich konnte es noch garnicht richtig fassen, hatte dann aber schon die Polizei und den Pfarrer gesehen. Der Pfarrer ging mir fürchterlich auf die Nerven, weil er mich mit seine Gesülze fertig machte..."er hat alles gründlich gemacht, sogar vorher nochmal geduscht". Marco hat immer geduscht wenn er von Arbeit kam. Der Pfarrer war für mich fehl am Platze. Ich hatte dann Marco´s Vati gefragt ob ich zu ihn darf. Ich kannte jede Ecke in diesen Haus, bloß den Raum hatte er mir vorher noch nie gezeigt. Ich bin dann die Treppen hoch und habe gemerkt das man hier doch garnicht Atmen kann es war fürchterlich heiß und stickig. Dann hab ich seine Mutti gesehen. Sie kniete hinter ihn und hielt sein Kopf in ihrem Schoß...sie schaute mich mit einen verheulten Blick an und fragte mich warum ich mir das anschaue...gleich darauf sagte sie weinend...das musste er nicht machen,warum? so ein dummkopf...und ich musste schreiend weinen. Es ist einfach schlimm einen Menschen der dir nahe steht so zu sehen.

Marco lag einfach so vor mir, ich legte meine Hände auf seine Brust und hab nichts mehr gemerkt, keine Atmung und auch keinen Herzschlag...Scheiß Gefühl!!!

Es gibt Tage da vermiss ich ihn total. Will einfach zu ihn fahren und mit ihn etwas "starten". Ich mach jetzt viel mit seiner Schwester, oder hatte das zumindest vor. Sie kommt auch zu mir wenn sie irgendwelche Probleme hat. Das Problem für mich ist bloß das ich mich nicht immer mit ihr gut verstehe. Sie ist eben kein Marco auch wenn sie aus der selben Familie kommt.

Naja weiß jetzt nicht was ich noch schreiben könnte.
Wenn ihr einen Tipp habt wie ich endlich wieder Frei leben kann, könnt ihr mir gern schreiben. Werd auch noch weiter Fragen von euch beantworten.

MfG Martin

Anwort von Susi

Lieber Martin!

Lass mich sagen, wie leid es mir tut, dass Du auf so schlimme Weise Deinen besten Freund verloren hast.
Gerade wenn sich ein junger Mensch das Leben nimmt, bleibt immer ein großes, grausam klaffendes Loch zurück, Freunde und Familie fragen sich, WARUM dieser Mensch lieber starb als über seine Probleme und Gefühle zu reden.
Man kann nicht in andere Leute hineinsehen. Du darfst Dir auch keinen Vorwurf machen, dass Du nicht "da warst" als er Dich vielleicht brauchte. Ihr ward so enge Freunde, Marco wusste bestimmt, dass er mit Dir hätte reden können. Aber manchmal "ticken" unsere Freunde anders, als wir es vermuten. Plötzlich sieht man Seiten an ihnen, die uns fremd und unheimlich sind und die wir überhaupt nicht verstehen.
Für Dich ist es nun wichtig, Deinen Freund Marco in schöner Erinnerung zu behalten. Ich finde es schön, dass Du Dich auch mit seiner Schwester abgibst, erwarte aber auf keinen Fall, dass sie ein Ersatz ist. Sie ist ein eigenständiger Mensch und Du solltest in erster Linie versuchen, ihr auch in ihrem Schmerz und ihrer Trauer zu helfen. Sprichst Du auch öfter mit den Eltern von Marco? Ich denke, dass es tröstlich ist für sie, wenn sie sehen, dass Marcos Freunde auch nach seinem Tod noch seine Freunde sind und Ihr Eure Erinnerungen an Marco gemeinsam aufleben lasst. Er ist seinen Weg gegangen. Die Trauer, die Ihr (Du, seine Eltern, seine Schwester und all seine Freunde) verarbeiten müsst könntet Ihr doch in einer Webseite ausdrücken. Es gibt inzwischen so viele "Sternenseiten" von verstorbenen Jugendlichen. Vielleicht hilft es Dir ein bisschen, über Deinen Freund zu schreiben, Fotos auszusuchen und Dich so damit auseinanderzusetzen, dass er zwar nicht mehr körperlich bei Dir ist - aber in Deinem Herzen ist er immer da!

Sieh mal ein bisschen auf dieser Webseite nach:
http://www.agus-selbsthilfe.de/
Vielleicht findest Du da ein paar Anhaltspunkte, die Dir auf Deinem Weg ohne Marco weiterhelfen!
Es ist auch wichtig für Dich, dass Du verarbeitest, was Du erlebt hast, besonders das Schockerlebnis, das Du in Marcos Zuhause hattest! Auch wenn der Pfarrer Dich genervt hat, er hat es nicht böse gemeint und für bestimmt auch nicht leicht, die richtigen Worte zu finden...

Du bist stark, Martin. Gib nicht auf und lass auch Deine Tränen zu. Du darfst traurig und wütend sein, aber unterdrücke kein Gefühl! Ich glaube daran, dass Marco noch immer bei Dir ist und Dich nicht leiden sehen will!

Sei ganz liebe gegrüßt! Ich wünsche Dir viel Kraft!

Susi