Problem von Sebastian - 21 Jahre

Ausbildungsplatz behalten oder Studium anfangen?

Hallo liebes Kummerkasten-Team !
Ich merke einfach, dass ich mich in meinem Leben in einer sehr verfahrenen Situation befinde mit Problemen in fast allen Bereichen meines Lebens (die aber doch irgendwie alle zusammenhängen) und ich deshalb Hilfe von Personen mit einer objektiven Meinung brauche.
Mein hauptsächliches Problem ist in meiner Ausbildung und den Streit mit meinen Eltern darüber zu finden.
Im Sommer 2005 habe ich erfolgreich mein Abitur mit einer Note von 1,7 erhalten. Im Dezember des vorherigen Jahren hatten mir meine Eltern schon klargemacht, dass sie es sich nicht leisten könnten mich bei einem Studium zu unterstützen und verlangten deshalb von mir einen Ausbildungsplatz zu suchen und zu finden. Es viel mir ja schon schwer genug Ausbildungsberufe zu finden, die mir gefallen könnten, aber da ich in Mecklenburg-Vorpommern wohne, einem Bundesland, das fast nur vom Tourismus lebt und in dem Ausbildungsplätze rar sind, ist es auch noch schwer genug Ausbildungsangebote zu finden, die meinen Vorstellungen entsprechen. Dummerweise hatten meine Eltern auch noch entschieden, dass ich mich nicht außerhalb meines Bundeslandes bewerben sollte. Die Suche nach einem Ausbildungsplatz stellte sich dann noch als doppelt schwierig heraus, weil die Arbeitgeber, die mich einluden zwar meine guten Schulleistungen toll fanden, aber wohl im Hinterkopf doch lieber einen Bewerber mit Realschulabschluss wollten, weil sie bei mir immer Angst hatten, dass die Ausbildung mir zu langweilig werden könnten und ich abbrechen würde bzw. ich nach der Ausbildung doch studieren gehen würde. In Vorstellungsgesprächen habe ich mich ja schon immer verstellt und so getan, als wäre mir ein Studium vollkommen zu hoch und überhaupt nicht meine Sache. Natürlich stimmte das überhaupt nicht. Ich wollte viel lieber studieren gehen. Kurz gesagt viel es mir schwer eine Ausbildung zu finden.
Eines Tages fanden meine Eltern dann eine Annonce in der Zeitung vom Landkreis, der für sein Kataster- und Vermessungsamt Auszubildende zum Vermessungstechniker suchte. Da ich bis dahin noch keine Stelle hatte, überredeten mich meine Eltern mal wieder es dort zu probieren. Also bewarb ich mich dort, hatte auch ein Bewerbungsgespräch und erhielt tatsächlich die Stelle. Nun konnte ich mich wenigstens besser auf meine Abiturprüfungen konzentrieren. Doch ich versuchte natürlich noch weiter eine Ausbildung zu finden, die besser zu mir passt. Ich dachte an eine Ausbildung in der Medienbranche. Jedoch stellte sich bei meiner Suche kein Erfolg ein.
So trat ich dann also (schon mit einem mulmigen Gefühl) im September 2005 meine Stelle im Kataster- und Vermessungsamt an. Schnell wurde mein Gefühl zur Gewissheit. ?Hier kann ich nicht glücklich werden?, dachte ich. Für diese Erkenntnis gibt es sehr viele Gründe.
Zuerst musste ich feststellen, dass meine Chefin (die Leiterin der KV-Amtes) nicht gerade das ist, was man eine Idealbesetzung nennen kann. Sie interessiert sich für die Auszubildenden (meinen Kollegen und mich) einen ?Scheißdreck?. Das Wichtigste ist ihr nur ob wir gut in der Berufsschule sind und sie auf diese Art und Weise auch gut vor ihren Chefs aussehen lassen.
Doch da liegt schon das zweite Problem. Denn sie hat zwar jemanden zu unseren Ausbilder bestimmt. Jedoch lässt sich dieser Ausbilder recht selten bei meinem Kollegen und mir sehen. Sodass mein Kollege und ich die meiste Zeit damit beschäftigt sind irgendwelche Papiere und Formulare zu kopieren. Es sei denn man hat uns in der Berufsschule ein oder zwei Aufgaben mitgegeben, die wir erledigen sollen. Die meiste Zeit sitzen wir also dumm herum oder machen irgendwelche ausbildungsfremden Tätigkeiten. Normalerweise sind Vermessungstechniker wenigstens die Hälfte ihrer Wochenarbeitszeit draußen. Schließlich sollen sie etwas vermessen. Eigentlich wurde uns das auch von unserer ?Chefin? im Vorstellungsgespräch so versichert. Denn schließlich muss man sich ja auch irgendwie die praktischen Tätigkeiten aneignen. Doch waren wir im gesamten ersten Lehrjahr etwa an fünf Tagen draußen. Sie hat uns also aus meiner Sicht regelrecht angelogen. Die Tage im Katasteramt sind für mich also stinklangweilig geworden und es machte mir überhaupt keinen Spaß. Oft kam ich zu Hause mit einer wirklich beschissenen Laune. Fragte meine Mutter mich wie es denn gewesen sei auf der Arbeit, antwortete ich meist mit so etwas wie ?so ein Scheißamt. Ist alles Kacke!?, weil ich wirklich angepisst war.
Also ging ich zum Berufsberater des Arbeitsamtes, der mir ein paar Tipps gab und in mir erwachte auch wieder der Wunsch zu studieren. Deshalb machte sogar extra einen Test beim ?geva-Institut? um genau herauszufinden welcher Beruf oder welches Studium zu mir passen würden und bewarb mich anschließend bei fünf Unis in zulassungsbeschränkten Fächern (von den Unis aus zulassungsbeschränkt). Nebenbei erkundigte ich mich auch nach Möglichkeiten der Finanzierung eines Studiums, wie z.B. Bafög, Studienkredite, Stipendien und Nebenjobs. Ich tat wirklich sehr viel für mein Ziel und investierte auch sehr viel Geld und Zeit für Briefe und Bewerbungen. Letztendlich erhielt ich dann auch von allen Unis Antwort und bei jeder hätte ich mich sofort einschreiben lassen können. Ich beredete das Ganze noch mal mit meinen Eltern sowie Großeltern, weil ich einerseits zwar hocherfreut war, aber andererseits auch etwas nervös und verunsichert. Meine Eltern und Großeltern redeten auf mich ein. Sie waren gegen ein Studium. Sie sagten es sei zu teuer, obwohl ich auf Grund des Bafögrechners aus dem Internet wusste, dass ich Bafög in hoher Summer erhalten würde. Und sie fragten sich, was sein würde wenn ich meine Meinung über meine berufliche Zukunft schon wieder nach Lust und Laune ändern würde. Außerdem machten meine Großeltern mir klar, dass mein Vater ?durchdrehen? würde, wenn ich das Studium abbrechen würde, die Finanzierung nicht gesichert wäre oder sonst irgendetwas schief gehen würde. Meine Eltern könnten mich ja auch nicht finanziell unterstützen wie sie meinten. Dabei versicherte ich ihnen noch, dass ich mich um einen Nebenjob bemühen würde um ihnen in keiner Weise zur Last zu fallen. Des Weiteren waren es ihnen auch noch wichtig zu betonen, dass ,wenn ich meine Ausbildung beendet hätte, ich ja bereits ?etwas in der Tasche hätte? und ich dann immer noch studieren könnte. So beharrten sie auf ihrem Standpunkt und auf Grund meiner eigenen Unsicherheit und mangelnder Unterstützung entschied ich mich die Ausbildung noch weitere zwei Jahre bis zum Ende fortzuführen. Schnell kam jedoch die Ernüchterung, da ich es dort einfach nicht mehr aushalte. Es macht mir keinen Spaß. Es ist langweilig. Ich fühle mich zum Teil unterfordert, weil ich ja vor allem nur irgendwelche Kopierarbeiten mache. Ich habe doch nicht Zeit und Kraft in mein Abitur gesteckt um ein ?ausgebildeter Kopierer? zu werden. Es erscheint mir so sinnlos die Ausbildung weiterzuführen. Schließlich will ich in meinem späteren Leben niemals wieder als Vermesser oder Ähnliches arbeiten, selbst wenn ich arbeitslos wäre, würde ich so ein Arbeitsangebot kategorisch ablehnen, da ich einfach merke, dass ich überhaupt nichts als Vermesser tauge.
Natürlich habe ich versucht noch einmal mit meinen Eltern darüber zu reden, doch die lehnen jede Art von Diskussion kategorisch ab und meinen dann immer, dass wir das schon besprochen hätten und es ja nichts mehr zu bereden gäbe. Doch ich bin tot unglücklich. Und das ist keine blöde Floskel. Mein Leben kommt mir so sinnlos vor. Ohne jeglichen Lebensinhalt. Ich fühle mich fast wie leer. Jeden Tag wenn ich nun zur Arbeit muss, habe ich weder Lust darauf, noch freue ich mich darauf. Ich verabscheue sie nur und bin froh, wenn ich da endlich verschwinden kann. Abends zu Hause lasse ich dann meist den Kopf hängen bzw. mache ich ein böses Gesicht, weil ich so stinkend sauer auf meine Eltern bin. Eigentlich mache ich das bloß um sie glücklich zu sehen. Bloß geht es mir dabei miserabel. Beim Abendbrot kann ich die beiden meist auch nicht mehr in die Augen schauen, weil ich sie sonst wahrscheinlich anschreien würde. Doch das will ich nicht. Aus diesem Grund sage und erzähle ich auch so wenig wie möglich. Sage ich dann doch etwas, so klingt es meist sauer und aufgebracht. Immer wenn mein Vater mich so sieht, sagt er ich solle nicht so ein Gesicht ziehen. Sie hätten es früher ja auch nicht leicht gehabt. Dann denke ich aber, dass er nicht so etwas behaupten sollte. Schließlich ist ja mein Leben und ich muss von Montag bis Freitag zu diesem ?Scheißverein? gehen und dort acht Stunden ?abkacken?. Doch kann ich ja meinen Gemütszustand nicht ändern und will deshalb auch nicht irgendein anderes Gesicht ziehen. Das regt ihn dann noch mehr auf. Ich traue mich aber nicht ihm ins Gesicht zu sagen, was ich von seiner Sichtweise und von ihm halte, denn ich will ja den Hausfrieden erhalten. Es baut sich aber in mir eine Wut auf, dass ich wirklich das Bedürfnis habe irgendetwas zu zerschlagen oder einzutreten. Ich halte mich aber immer zurück.
Meine Mutter sieht natürlich auch, dass es mir schlecht geht. Doch immer, wenn ich sie auf das Problem anspreche, meint sie nur ich solle versuchen die Ausbildung vorzeitig durch eine vorgezogene Abschlussprüfung zu beenden. Das ist aber keine Option für mich, weil ich immer noch anderthalb Jahre weitermachen müsste und meine Chefin auch zustimmen müsste und ich gemeinsam mit ihr einen Antrag stellen müsste. Dem würde sie aber nie zustimmen.
Das Verrückte ist, dass es meine Mutter in der Seele weh tut mich so leiden zu sehen, doch sie trotzdem nicht einwilligen will, dass ich studieren gehe. Ich habe ja sogar vor ihren Augen wegen dieser Sache geweint. Doch sie will ihre Meinung nicht ändern. So spreche ich kaum noch ein Wort mit ihr, weil sie ja auch nicht mit mir über meine Ausbildung reden will.
Ich weiß in dieser Geschichte wirklich nicht mehr weiter. Schließlich sind sie ja meine Eltern.
Außerdem habe ich das Gefühl mit der Welt nicht klar zu kommen.
Ich stelle mir oft die Frage wer ich eigentlich bin und wo ich eigentlich genau hin will. Meine Stärken, wüsste ich auch nur schwer zu definieren. Ich befürchte, wenn mich irgendjemand fragen, wüsste ich keine Antwort. Die Leute betrachten mich immer als Träumer, der sich meist fern Realität aufhält. Leider muss ich zugeben, dass es stimmt. Aber ich möchte meine Träume gern in die Realität umsetzten. Ich möchte z.B. gern mal nach Japan reisen. Und ich würde gern Politik oder Geschichte studieren. Doch ich frage mich oft ob es das richtige ist und ob ich das richtige tue und dann bekomme ich Angst, weil die Zukunft immer so unsicher erscheint. Ich sehe außerdem, dass andere Leute (Bekannte von mir) in ihrem Leben vorankommen so wie sie es sich immer vorgenommen haben und so wie ich es für mich auch immer wollte. Sie gehen studieren oder machen ganz einfach ihr Ding und stehen dabei fest im Leben. Ich habe oft das Gefühl, dass ich Probleme bekommen würde, wenn ich auf mich allein gestellt wäre. Einerseits möchte ich gerne in die Welt hinaus und ihre Wunder kennen lernen. Aber andererseits fürchte ich mich auch oft vor dem unbekannten und wünschte mir, ich hätte jemanden an meiner Seite. Ich besitze kaum Mut noch irgendwelches Selbstbewusstsein. Es fällt mir schwer für mich selbst einzustehen. Manchmal würde ich mich am liebsten in eine Loch verkriechen und mich einfach in Frieden lassen. Ich wünschte meine Probleme würden mich in Frieden lassen, weil ich mich im Stande fühle sie zu lösen. Dann fühle ich mich hilflos und der einfachste Weg erscheint mir dann mich selbst umzubringen, weil ich mich so leer fühle. Wenn ich tot wäre, dann wäre mein Leid endlich vorbei. Ich würde niemand anderen mehr enttäuschen und besonders mich selbst nicht mehr enttäuschen. Früher wollte ich immer etwas großes Erreichen, etwas besonderes tun. Doch ich habe den Glauben daran verloren.
Mein ganzes Leben kam mir immer so vor, als würden die anderen nur so durchs Leben sprinten wie ein amerikanischer Spitzenathlet, während ich mit zwei schweren Eisenkugeln den Weg bewältigen muss und einem hundert Kilo schweren S*** auf den Schultern. Ich meine ich habe auf die Gymnasium immer sehr viel getan um gute oder gar sehr gute Leistungen hervorzubringen. Anderen viel es oft viel leichter. Aber dort hatte ich noch das Gefühl, dass meine Leistung mich auch voranbringen würde. Jetzt ist meine Leistungsbereitschaft auf einem ziemlichen Tiefpunkt, weil es mir vorkommt, dass ich nie vorankommen würde und es sich deshalb gar nicht erst lohnt es zu probieren.
Ich tat mich auch immer schwer mit Menschen. Ich habe genau zwei richtige Freunde. Ich war eigentlich immer der Außenseiter in der Schule. In der fünften Klasse hat man mich auf dem Weg nach Hause mit Trinkbechern beworfen. Oder man hat mich beleidigt um mich wütend zu machen. Doch es viel mir schwer mich zu wehren. Denn die Überzahl erschien mir immer so erdrückend. Später ist es zwar besser geworden. Aber ich mag zum Beispiel bis heute keine Partys, weil ich mir dort so unpassend vorkomme, wie ein Fisch am Land. Meist habe ich eine Ausrede erfunden oder abgelehnt, wenn man mich gefragt hat ob ich komme wolle. Doch das Gefühl habe ich jetzt jeden Tag, wenn ich zur Arbeit fahre. Dann wünsche ich mir nichts sehnlicher als den Feierabend und dass ich endlich wieder nach Hause kann in mein Zimmer, wo ich mich tausendmal wohler fühle. Jeden Sonntag muss ich immer an die Arbeit denken und dass ich dort morgen wieder hin muss. Dann habe ich keinen Appetit mehr und bekomme auch noch Kopfschmerzen. Manchmal fangen meine Gliedmaßen (Arme und Beine) unkontrolliert an zu zucken. Das taten sie früher nicht. Doch so kann das doch nicht ewig weitergehen! Oder ?
Ich weiß wirklich nicht, was ich machen soll.

Bitte gebt mir einen Rat.

Dankend im Voraus Sebastian (21)

Anwort von Susi

Lieber Sebastian!

Ich habe für Deine Situation einen einzigen, wirklich von Herzen kommenden und ernstgemeinten Rat: Tu was Du für richtig hältst! Du machst die Ausbildung nicht für Deine Eltern, Du machst sie für DICH! Du studierst nicht für Deine Eltern, Du studierst für DICH! Ich kann die Einwände Deiner Eltern verstehen und finde es gut und richtig, dass Ihr Euch zusammensetzt und alles beredet. Wenn aber nach so langer Zeit immer wieder dasselbe dabei herauskommt, dass Du es nämlich nicht mehr aushältst, dann gibt es doch nur noch eine Möglichkeit oder nicht? Klar dass Du Bammel hast, aber überlege bitte wie das Ganze weiterlaufen soll!

Dein Beitrag wird nicht gerade gering sein, Du hast Dir sehr viel vorgenommen! Du bist erwachsen und musst lernen, Deine Entscheidungen zu überlegen, zu treffen und dann auch dazu zu stehen! Wenn Du voll und ganz überzeugt bist, dann riskiere es!

Es tut mir leid, dass meine Antwort so kurz ausfällt, aber ich möchte Dir auch nur sagen, dass DU Deinen Weg gehen musst und niemand anderer!

Alles Gute und liebe Grüße!
Susi