Problem von Quendoline - 18 Jahre

Ich will sterben! (3)

Lieber KuKa!

Danke für Ihre weitere Antwort, das ist wirklich sehr, sehr nett !

Der Unfall ist jetzt einige Wochen zurück ... und ich bin seit einiger Zeit bei meinem Onkel und meiner Tante.
Ich bin wirklich froh, dass ich sie habe, denn sonst hätte ich niemanden mehr, doch sie können meine Familie nicht ersetzen.
Es schmerzt so unendlich, ich kann diesen Schmerz einfach nicht in passende Worte fassen, denn ich kann einfach nicht das audrücken, was ich wirklich fühle ...
Meiner Tante geht es seit dieser Woche sehr, sehr schlecht, erst jetzt realisiert sie, was passiert ist. Ich glaube, ich habe es auch noch nicht ganz realisiert, ich will es auch nicht, ich will aus diesem Traum aufwachen, und meine Famile einfach wieder in den Arm nehmen können ... Oh Gott, ich vermisse sie so sehr ...
Ich möchte meine Tante trösten, doch ich kann es einfach nicht ...
Ich möchte sogerne weinen können, doch ich bin irgendwie wie erstarrt, zumindest äußerlich. Ich habe unsichtbare Tränen ...Ich versuche stark zu sein, doch je mehr ich es will, desto weniger gelingt es mir.

Ich sehe den Unfall, ich fühle den Unfall, ich höre den Unfall, ich rieche den Unfall...
Es hört nicht auf ...
Doch ich kann mich nicht erinnern, was genau passiert ist, ich habe das Bewusstsein verloren, und mehr weiß nicht nicht ...

Allmählich kann ich nicht mehr darüber reden, es ist mir zviel, ich weiß nicht, ich schaffe es einfach nicht mehr ...
Schreiben geht noch, ich hoffe, das bleibt so ...
Ich hab solche Angst, dass ich meine Familie vergesse, einmal so tue, als hätte es sie nie gegeben ...Das macht mir wirklich totale Angst ...
Ich will sie nie, nie, nie vergessen, ich hab sie noch immer so unbeschreiblich lieb, doch wen habe ich eigentlich lieb, wenn niemand da ist ?

Vielleicht will ich ja genau deswegen den selben Weg gehen, wie meine Familie, damit alles vorbei ist ...
Ja, ich weiß, ein Leben liegt vor mir, doch was ist es für ein Leben ?
Ich hatte Ziele, und ich wollte diese erreichen, doch es ist alles so nichtig geworden, alles so unwichtig ... alle Ziele sind so unerreichbar geworden, so.... ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll ...
Darf ich überhaupt Ziele haben, jetzt, wo meine Familie weg ist ? Darf ich überhaupt daran denken ?
Ich sollte doch jede Sekunde nur an meine Eltern und Geschwister denken, denn ich will sie nicht vergessen.
Alles ist so unwichtig geworden, ich verstehe nicht mehr, warum ich früher über Nichtigkeiten geweint habe ...
Was ist ein 1er auf einer Lateinschularbeit, was ein Streit mit einer Freundin, was ist eine verlorene Sonnenbrille usw. ?
Nichts, das ist alles nicht wichtig ... Ich hatte immer lauter 1er in der Schule, lernte bis zum Umfallen, war immer angepasst ... aber was brachte es mir ?
Ich hätte mehr Zeit mit meiner Familie verbringen sollen, ihnen öfters sagen, dass ich sie so lieb habe ... Ich hätte nicht so oft streiten sollen mit meinen Geschwister ...
Ich möchte so vieles rückgängig machen, anders gemacht haben ...

Ich will niemanden mehr sehen, habe mich total zurückgezogen ... Eigentlich will ich das nicht, doch ich schaffe es nicht außer Haus zu gehen, ich hab einfach keine Kraft dazu ...
Ich versuche mich abzulenken, doch nichts kann mich ablenken ...
Meine Freunde, meine Lehrer wollen mir helfen ... doch sie können es nicht, meine Familie können sie nicht wieder lebendig machen, und das würde ich mir so sehr wünschen ...
Soviele Menschen wollen mir helfen, ich finde es nett, doch ich kann einfach nicht danken, und keine Hilfe annehmen. Doch die Leute akzeptieren es...es ist einfach so schwer ...

Liebe Jeanett, Sie haben wirklich total Recht damit, dass tröstende Worte nicht helfen, auch wenn es lieb und mitfühlend ist, doch niemand, der soetwas nicht selbst erlebt, weiß, wie man sich fühlt, und ich glaube, es ist gut so, denn ich wünsche keinem, wirklich keinem soetwas.
Ich will auch von keinem Menschen bemittleidet werden, das brauche ich wirklich nicht ... Wenn ich Mitleid bekomme, dann wird alles nur noch schlimmer, dann werde ich noch trauriger usw....
Die Zeilen, die Sie mir geschrieben haben, waren sehr schön, und ich konnte so viel mehr damit anfangen, als mit :" Das tut mir Leid, ich fühle mit Dir mit, das muss unerträglich für dich sein, ich kann verstehen, wie Du Dich jetzt fühlst",oder Ähnliches. Mit solchen Beileids-Sätzen komme ich nicht zurecht.
Ich finde, Sie haben mit Ihrem Text die richtigen Worte gefunden, vielen Dank dafür !

Seit dieser Woche bin ich bei einer Physiotherapeutin, denn erst jetzt wurden die Fäden gezogen, und erst jetzt die ersten Platten und Schrauben entfernt...
An meiner Schulter müssen die Platten und Schrauben noch mehrere Wochen drinnenbleiben.

Ich weiß nicht, wozu ich eigentlich diese Therapie machen soll ...
Ja, um ein schönes Leben zu leben, wieder normal gehen können, doch hab ich das eigentlich verdient? Meine Familie ist tot, und ich lebe ... das ist doch nicht gerecht !

Es ist einfach so schwer, ich muss allem einen neuen Sinn geben, und irgendwie macht gerade nichts irgendeinen Sinn für mich, mir scheint alles so sinnlos ...

Danke, dass ihr an mich denkt. Es ist wirklich sehr nett, und der Gedanke daran tut mir ein kleines Bisschen gut !

Liebe Grüße
Quendoline

Anwort von Günther

Hallo Quendoline,

wie Du weißt sind wir Alle aufrichtig mit Deinen Gefühlen verbunden, aber ich glaube ich muss mal meine Emotionen weg lassen und Dir Deinen Kopf etwas gerade rücken.

Das mit dem Unfall ist nicht nur traurig, sondern eine Tragödie für dich, das ist mit klar, nur überleg doch mal was Deine Eltern sich denken würden, wenn Du jetzt alles aufgeben würdest, ich bin sicher sie würden dich eher dazu anspornen die dir beigebrachte Selbständigkeit zu beweisen. So hart es klingt, aber mit der Zuneigung zu Deinen Eltern hast Du dich auch verpflichtet in ein Leben zu gehen, das Dir gehört und nur Dir und das Du es so gestallten sollst, dass es Dir gut geht, dazu erziehen Eltern ihre Kinder. Das Du jetzt in psychotherapeutischer Behandlung bist ist mehr als gut, versuche zu Deiner Therapeutin ein vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen in dem auch den Mut aufbringst mit ihr wirklich alles zu bereden, so offen, dass Du alles aussprichst wie Du dir es gerade denkst oder wie Du es fühlst.

Dich dazu zu zwingen ständig daran zu denken um es nicht zu vergessen musst Du nicht, Dein Geist ist so programmiert, dass Du es für immer abgespeichert hast und bei Bedarf abrufen kannst. Deine Selbstvorwürfe manchen gerne ungeschehen machen zu wollen zeigen mir, dass ihr ein gutes Verhältnis hattet, aber das Geschehene ist zur Geschichte geworden, wie in einem Geschichtsbuch und so solltest Du es sehen und dich nicht mit Selbstvorwürfen zerfleischen.

Liebe Quendoline, wie Du ja sicher mitbekommen hast denken wir alle an dich, also bewahre Dir Deinen Lebensmut schon allein uns hier zu liebe und kämpfe bitte weiter, von Deiner offenen Schreiweise ausgehend sind wir alle davon Überzeugt Du schaffst das.

Liebe Grüße

Günter