Problem von Aenne - 22 Jahre

meine Schwester muss sterben

Liebes Kummerkasten-Team!

Vorerst will ich euch einfach mal sagen, dass ihr klasse seit und dass es schön ist, dass es Menschen wie euch gibt!

Ich weiß nicht genau womit ich anfangen soll, es fällt mir sehr schwer das alles hier aufzuschreiben.

Im Moment bin ich recht verzweifelt, obwohl mein Leben bis vor kurzem so schön war. Ich weiß einfach nicht weiter?
Vor beinahe genau 10 Jahren starb meine Mutter, damals war ich 12. Natürlich war das damals schlimm, und es ist nicht so das mir meine Mutter nicht viel bedeutet hat oder das ich sie nicht geliebt hätte. Meine Mutter war 18 als ich kam, bis vor 3 Jahren habe ich daher bei meiner Oma gelebt, was toll war. Meine Mutter war mehr Tante und weniger Mutter, aber das war nicht weiter schlimm. Vater hatte ich nie. Meine kleine Schwester Mara kam, als ich 10 war und bis heute ist sie einfach der wichtigste Mensch in meinem Leben. Unsere Oma starb vor 3 Jahren und das war richtig schlimm. Natürlich, mir war immer klar, dass es irgendwann bald passieren wird, sie war alt, aber es kam trotzdem plötzlich.
Wie auch immer, meine Schwester kam zu mir, damals war sie gerade 9 Jahre alt und dann lief alles gut. Meine Oma hatte für uns alles so geregelt, dass ich weiterhin studieren konnte und uns trotzdem ein gutes Leben finanzieren konnte. Dafür bin ich ihr heute noch unendlich dankbar. Kurz vor ihrem Tod lernte ich auch meinen Mann fürs Leben kennen, mittlerweile sind wir über ein Jahr verheiratet. Meine Schwester, er und ich, wir waren immer wie eine kleine Familie. Wir waren glücklich, auch wenn nicht alles perfekt war. Jake, mein Mann pendelt immer zwischen hier und Irland hin und her, da er dort beruflich viel zu tun hat und seine Familie dort lebt. Bis jetzt klappt das gut, auch wenn er mir fehlt. Dann vor 8 Monaten brach unsere kleine Welt irgendwie zusammen. Bei meiner Mara wurde ALL diagnostiziert, eine From von Leukämie. Grundsätzlich lässt sich dieser Krankheitstyp mit Chemo auch gut behandeln, wie uns immer wieder gesagt worden ist und anfangs klappte das auch ganz gut. Die ersten Monate waren schon schlimm, unsere Kleine musste viel durchstehen. Im Januar sah es auch richtig gut für uns aus, Maras Blutbild und die Leberwerte verbesserten sich stark und sie durfte zur Erhaltungsphase und zur weiteren Behandlung mit Tabletten auch nach Hause. Mitte Januar ging es ihr dann wieder ziemlich schlecht, sie hatte Fieberkrämpfe und seither ist sie auch im Krankenhaus. Bis jetzt ging es immer weiter bergab mit ihrem Zustand, noch einmal Chemo, sie mussten ihre Milz entfernen und dann wieder Behandlungen. Gestern, also am Donnerstag, holte mich die behandelnde Ärztin zu sich in ihr Zimmer, und meinte, dass sie nicht an Maras Genesung glaubt und das man nicht mehr für sie tun kann. Ich bin noch immer so geschockt, dass ich einfach nicht weiß was ich denken soll. Mara ist erst 12, und sie ist einfach wunderbar. Ich kann nicht glauben, dass man nichts mehr für sie tun kann, auch wenn mir das mittlerweile 4 verschiedene Ärzte unabhängig voneinander gesagt haben. 3 davon wollten sich nicht festlegen, aber einer meinte, dass Mara noch 6-12 Wochen hat. 6-12 Wochen, ich kann es einfach nicht glauben. Sie ist noch so klein, sie war so tapfer die letzte Zeit und alle Schmerzen alles war umsonst. Ich will sie nicht verlieren, ich kann nicht ohne sie leben. Sie ist meine Familie und ich will nicht dass sie stirbt. Ich weiß nicht wie ich ihr das alles beibringen soll, sie ist erst 12. Und ich weiß nicht wie ich die nächsten Wochen ertragen soll und die Zeit nach den nächsten Wochen. Ich kann einfach nicht ohne Mara Leben, sie ist nicht nur meine Schwester sie ist meine ganze Familie und sie war für mich jahrelang der Grund nicht aufzugeben und weiterzumachen. Wie soll ich ihr es sagen? Sie muss sterben, ich kann es ihr nicht sagen, aber ich kann es ihr auch nicht nicht sagen. Ich weiß einfach nicht wohin mit meinen Gedanken und Gefühlen und allem. Es ist zuviel. Meine Prüfungen an der Uni habe ich auf Eis gelegt, mehr konnte ich noch nicht planen oder machen oder was auch immer. Ich weiß auch nicht ob ich irgendetwas machen soll oder ganz normal machen, als wäre nichts oder wüsste ich nichts. Ich will nicht das sie stirbt, und ihr das sagen zu müssen tut einfach so weh. Vielleicht könnt irh mir irgendetwas raten was ich tun soll! Danke, Aenne

Anwort von Sabine

Hallo Aenne!

Kaum einer mag sich mit dem Thema TOD auseinandersetzen. Tod bedeutet immer Verlust und Schmerzen.
Man muss sich von geliebten Menschen trennen aber auch Haustiere "hergeben" und nichts davon ist leicht. Dennoch: der Tod gehört genauso zum Leben wie die Geburt. Anfang und Ende - das "Dazwischen" will sinnvoll und schön genutzt werden. Man darf das Wesentliche nicht aus den Augen verlieren: die Zeit zu nutzen und auszukosten, damit man etwas Trost hat, wenn der Abschied da ist.
Man muss lernen, umzugehen mit dem "Gehenlassen" dem Gefühl der Leere, das sich nach dem Tod eines nahestehenden Menschen einstellt. Natürlich spielen viele Dinge eine Rolle beim Verstehen, dem Begreifen. Je nachdem, WER der Verstorbene war, in welcher Beziehung man zu ihm stand, wie alt oder jung derjenige war. Schlimm trifft es oft Kinder und Jugendliche, die ein Elternteil oder ein Geschwisterkind verlieren. Sie brauchen ganz viel Verständnis und viel Raum für ihre Trauer.
Jeder Mensch trauert auf seine ganz eigene Art und Weise und die Trauer sollte möglichst nicht unterdrückt werden sondern im Idealfall innerhalb der Familie "gelebt" werden. Das ist ein Prozess, der zum Verarbeiten dieses Schicksalsschlages nötig ist.


Es ist schlimm, plötzlich ohne den Papa, die Mama, den Bruder oder die Schwester leben zu müssen. Man meint ständig, er oder sie müsste doch eigentlich gleich wieder fröhlich zur Tür reinkommen als sei nichts gewesen. Erst ganz langsam begreift man es und möchte es doch nicht wahrhaben. Vergiss nicht, dass der Mensch, den es nun nicht mehr "körperlich" gibt doch immer noch ganz nah bei Dir ist. Der Schmerz wird irgendwann kleiner - weggehen wird er nie, aber die Erinnerung, die Liebe, die Dich mit ihm verbunden hat, das bleibt und das kann Dir auch niemand wegnehmen. Ganz wichtig: Du bist mit Deiner Trauer nicht alleine. mittlerweile gibt es im Internet viele Möglichkeiten, andere Betroffene zu finden um sich mit ihnen auszutauschen.
Hier sind ein paar Links:
Für Kinder/Jugendliche, die eines oder beide Elternteile verloren haben: http://www.elternlos.de/
Für Kinder/Jugendliche, die ein Geschwisterkind verloren haben: http://www.trauernde-geschwister.de/
oder auch: http://www.leben-ohne-dich.de/geschw/index.htm
Für Kinder allgemein, die einen Todesfall erleben mussten: http://www.trauernde-kinder.de/index.php?id=1069007168



Du musst Dir vor Augen halten, dass der Tod unumwindbar ist und zum Leben dazugehört. Betrachte es als ein "Tor" durch das der Mensch gehen darf und in eine andere Dimension wandert. Vielleicht kann Dir ein Seelsorger in Deiner näheren Umgebung zur Seite stehen, frage einmal in einem Krankenhaus, der nächsten Kirche etc. nach der Möglichkeit, Dich über den Tod zu unterhalten. Vielleicht findest Du tröstliche Gedanken. Viele stellen sich ein Leben nach dem Tod vor, so wie sie es sich immer wünschten gelebt zu haben. Ein wunderschönes Buch hierzu gibt es von Astrid Lindgren "Die Brüder Löwenherz", ebenfalls wunderschön ist "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry.
Sprich offen mit der Person um die Du Dich sorgst, sprecht über Eure Vorstellungen vom Tod und was "danach" kommen könnte.

Mein persönlicher Rat:
Liebe Aenne, bitte lass Dir Hilfestellung geben, wenn Du mit Deiner Schwester sprechen möchtest. Im Krankenhaus gibt es oftmals Anlaufstellen, wo man Hilfe bekommen kann. Sprich die Ärztin noch einmal darauf an.
Beim Lesen Deiner Mail habe ich gedacht, dass Du ein super starkes Mädchen bist und wirklich Kraft für euch beide besitzt.

Lieben Gruß
Sabine