Problem von Veronika - 17 Jahre

Alles holt mich wieder ein

Hallo!

Erstmal ein großes Lob an euch! Ihr gebt jungen Leuten die Möglichkeit, sich mit ihren Problemen von jemand anderen, mit dem man nicht mal so gut reden kann, beraten zu lassen und Hilfe zu bekommen.

Nun aber zu meinem (manchmal großen) Problem.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass mich aus meiner Vergangenheit alles wieder einholt. Ich bin jetzt 17 Jahre alt und fing vor 1 1/2 Jahren an, mich selbst zu verletzen. Zwar bin ich heute eigentlich davon los, doch hin und wieder kommt es auch alle paar Monate wieder dazu, dass ich mich einfach ohne Grund schneide. Das hört sich jetzt vielleicht blöd an, aber in diesen Momenten will ich den Schmerz einfach wieder spüren, ohne dass ich es jetzt aus Frust, Ärger oder sonstigen Problemen mache. Wenn ich das heute noch mache, versuche ich, nicht mehr darüber nachzudenken, als ich es früher tat.
Dann sind da noch die Erfahrungen, die Erlebnisse, die ich mit dem Tod gemacht habe. Mein Großvater ist zwar schon sehr lange tot- ich war damals erst 2 Jahre oder so und bekam es anscheinend nicht so mit. Wie aber kann das sein, wenn ich in manchen Momenten immer noch nach ihm trauerte und mich eine unerträgliche Leere ergriff, dass ich selbst den Wunsch hatte, zu sterben? Diese Todessehnsüchte und Selbstmordgedanken hatte ich mit 15 Jahren. Damals war ich auch in der Schule nicht gut und bekam zu Hause oft Ärger wegen meinen Noten. Ich war eine Zweiflerin, Pessimistin und hatte wenig Selbstwertgefühl. Mich überfielen düstere Gedanken, dann dachte ich an meinem Großvater und ich wünschte mir nur, tot zu sein. Meine Eltern wissen nicht, wie mies es mir damals ging und ab und zu auch noch heute.
Letztes Jahr starb auch noch mein anderer Großvater. Wir fuhren noch am selben Tag zu seiner Wohnung und es kam mir so vor, als ob wir den ganzen Tag nur seinen toten Körper anstarrten. Als ich ihn so sah, habe ich geschrien. Ich sah ihn noch in seinem Bett tot liegen, später dann in seinem Sarg. Ich dachte, ich könnte dieses Bild nie wieder loswerden, in den ersten Nächten verfolgten mich die Bilder und ich entwickelte eine Angst. Angst vor Leichen. Angst vor toten Körpern. Als ich mal an seinem Sarg stand, meinte meine Schwester plötzlich apathisch:"Er sieht aus wie eine Puppe". Ich bekam es mit der Angst zu tun und dachte an diese Horrorfilme. Meine beiden Großväter habe ich geliebt, auch wenn ich den früher Verstorbenen kaum kannte. Warum sehne ich mich aber immer wieder nach ihnen? Ich finde meine Ängste zum Teil belastend. Würde jemand jetzt von meiner Familie, meinen Verwandten plötzlich sterben, ich könnte nicht wieder zu ihnen hin fahren und sie tot ansehen! Leider gehört sich das aber oft. Ich würde Angst bekommen und durchdrehen!
Warum aber, verfolgt mich alles? Das Ritzen, diese Erinnerungen? Seit über 1 Jahr hatte ich keine Selbstmordgedanken und Selbsthass in mir, doch ich habe auch manchmal Angst, dass mich das wieder verfolgt.
Im Moment geht es mir eigentlich gut, aber manchmal sind diese Gefühle und Gedanken eben so da.
Was kann ich dagegen tun? Sollte ich wirklich mal früher oder später doch einen Psychiater oder so etwas aufsuchen?

Ich würde mich freuen, wenn ihr mir mit meinem Problem weiterhelfen könnt!
Danke,
Veronika

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich, Veronika!

Es gibt Bilder, die brennen sich regelrecht ein und lösen immer wieder etwas aus. Zu diesen Bildern gehören meist heftige Gefühle, die man schwer hinter sich lassen kann. Ich habe mal an einem Unfallort Erste Hilfe geleistet; der Motorradfahrer ist später im Krankenhaus verstorben. Das sind Bilder, die ich heute noch fest im Kopf habe. Und es geht mir nicht gut, wenn mein Mann seine Lederklamotten anzieht und den Helm aus dem Regal nimmt. Sicher hinkt der Vergleich ein wenig - aber auch in mir sind diese Bilder festgefressen.

'Meine Bilder' verfolgen mich nicht unbedingt durch den Alltag, haben mich als Menschen nicht stark verändert. Bei Dir ist es anders. Und daher kann ich Dir nur raten, Dir jemanden zu suchen, der Dir bei der Verarbeitung hilft. Der Tod kann klaffende Lücken hinterlassen, Ängste auslösen, Verlustängste produzieren, Angst vor Ungewissen u.v.m. Oft können wir Menschen es nicht ohne fachliche Hilfe schaffen. Und es ist keine Schwäche zu sagen "Ich nehme die Hilfe jetzt an". Es ist eine Stärke, wenn man sagen kann, ab wann man allein nicht weiterkommt.

Die Seele vergleiche ich immer gern mit einem Dachboden. Man trägt hinauf, was man in der Wohnung nicht mehr haben will, Erinnerungsstücke, von denen man sich nicht trennen will, die aber im Alltag nicht zu verkraften sind... Aber irgendwann kommt der Tag, an dem man diesen Dachboden aufräumen muss, damit nicht das ganze Haus unter der Last zusammenbricht. In diesem Vergleich braucht man oft Freunde, die mit anpacken oder eben die Spezialisten von einer Entrümpelungsfirma.

Du kannst einfach mal mit Deinem Hausarzt über die Dinge sprechen, damit Du die Vergangenheit ein Stück weit mehr hinter Dir lassen kannst.

Alles Gute!
Dana