Problem von Anonym - 19 Jahre

Freundin fühlt sich eingeengt und wird mit Problemen nicht fertig

Hallo,
zunächst mal möchte ich sagen, daß ich es bewundernswert finde, wie ihr eure Freizeit dafür opfert, anderen zu helfen, ganz großes Lob und weiter so!

Meine Freundin (15) und ich waren seit März ein Paar; gestern hat sie mir gesagt, daß sie nicht mehr mit mir zusammen sein will, nachdem sie sich 2 Tage lang gar nicht gemeldet hat und nicht ans Handy gegangen war. Sie meinte, daß sie mit ihren ganzen Problemen im Moment nicht fertig wird und sich durch mich noch zusätzlich eingeengt fühlt, sprich sie kann die Verantwortung, die eine Beziehung mit sich bringt, nicht mehr tragen, sie fühlt sich zu zu vielem mir gegenüber verpflichtet und das packt sie nicht.

Vielleicht erzähle ich so kurz wie möglich womit sie sich herumschlagen muß:
Zunächst einmal sind ihre Eltern schon lang geschieden, sie wohnt bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater. An ihrer Mutter hängt sie sehr, ihren Stiefvater kann sie nicht besonders leiden. Die Situation zuhause wird immer unerträglicher für sie, beide lassen ihre schlechte Laune desöfteren an ihr aus, sie muß ständig den Haushalt machen und wird nach meinem Empfinden ziemlich schlecht behandelt. Ihr Stiefvater schreit sie manchmal an, sie hat ständig Angst beiden irgendwas nicht Recht zu machen.

Grundsätzlich ist ihr Problem, daß sie sich nie oder selten wehrt, immer freundlich zu beiden ist. Ihre Mutter weiß gar nicht wie sehr sie unter der Situation leidet, und sie will sie nicht damit belasten.
Das führt auch dazu, daß sie nie sagt, wenn irgendjemand sie nervt. Ihre Freundin z.B. ist eine absolute Klette, bombardiert sie ständig mit Anrufen und ist beleidigt wenn sie mal was mit anderen macht. Inzwischen weiß die Freundin zwar Bescheid, aber geändert hat sich nicht viel. Die zwei Wochen Ferien, wo besagte Freundin nicht da war, waren in dieser Hinsicht pure Erholung. Dazu kommt, das diese Freundin kaum, eigentlich gar keine anderen Freunde hat und meine Freundin, ich sollte eigentlich schreiben Exfreundin, deswegen ein schlechtes Gewissen hat, weil sie sie ja eigentlich ganz gern mag.

Außerdem wurde sie vor einigen Monaten wohl sexuell belästigt, ich weiß nicht wie schlimm, sie wollte nie genauer drüber reden. Das hat am Anfang etwas zu Problemen zwischen uns geführt, weil sie keine Nähe wollte; inzwischen schien zumindest das gelöst zu sein, sie sagte daß sie Nähe und Zärtlichkeit bei mir zulassen kann und es ihr nichts mehr ausmacht.

Der Auslöser jetzt war, daß beim Vater ihres Stiefvaters plötzlich Lungenkrebs festgestellt wurde, er hat maximal noch ein Jahr zu leben. Seitdem sind ihre Eltern verständlicherweise total fertig, was wiederum sie fertig macht, es wurde ihr einfach alles zuviel.

Ich weiß nicht wie ihre Gefühle für mich aussehen, ich liebe sie jedenfalls immer noch und sie hat noch letzte Woche, wo sie nicht da war, am Telefon gesagt daß sie mich auch liebt, und auch ihrem ganzen Verhalten nach war das ehrlich gemeint. Als sie gestern nach 2 Tagen Funkstille endlich eine SMS geschrieben hat, meinte sie daß sie gemerkt hat daß sie mich nicht liebt, ich kann nicht einschätzen ob sie es mir damit nur leichter machen wollte (wäre ihr zuzutrauen) oder ob es wirklich so ist.
Wir sind jetzt so verblieben daß wir nur befreundet bleiben; ich habe zunächst vorgeschlagen, daß wir uns einige Wochen nicht sehen, damit diese Einengung weg ist, aber im Laufe des Abends hat sie mich dann doch wieder zu ihrer Schultheatervorstellung heute eingeladen.

Jetzt endlich meine Frage: wie kann ich sie davon überzeugen, daß sie sich endlich helfen lässt? Ich weiß nicht ob es für uns nochmal eine zweite Chance gibt...natürlich ist meine Hoffnung, daß sie eventuell wieder zu mir findet wenn es ihr irgendwann besser geht, aber unabhängig davon möchte ich nicht daß sie so weitermacht, ich merke ja wie es sie kaputtmacht. Aber sie hat mir gestern wieder mal gesagt, daß sie alles alleine schaffen will, sie meint sie kann nicht anders, ihr Stolz lässt nicht zu daß sie sich helfen lässt. Aber es kann doch nicht so weitergehen? Sie möchte nicht zu ihrem Vater ziehen, um ihre Mutter nicht alleinzulassen. Anscheinend waren sie schon mal bei einem Psychologen, aber was sie da so erzählt hat, scheint er nicht besonders erfolgversprechende Methoden auf Lager zu haben.

Außerdem möchte ich diesen Druck von ihr nehmen, den ich anscheinend ungewollt auf sie ausgeübt habe...wie soll ich mich jetzt verhalten, damit sie versteht daß sie mir zu nichts verpflichtet ist?

Tut mir Leid, daß es so lang geworden ist,
Viele Grüße

Anwort von Sylvia

Grüß dich,

das ist wirklich etwas schwierig, wie soll man jemanden davon überzeugen sich helfen zu lassen, wenn man keine Hilfe will?

Und mal zum Thema Therapeut: Sowas braucht Zeit, geht nicht in ein paar Sitzungen, zwischendurch hat man immer wieder mal das Gefühl: Was mach ich hier überhaupt, das bringt doch gar nichts, aber wenn man dran bleibt, dann bringt es irgendwann doch was. Ein Therapeut hat keine Allheilmittelmethoden, sondern muss speziell auf jedes Problem eingehen und Lösungsansätze finden. Das dauert seine Zeit. Vielleicht wäre es gut, wenn sie das nochmal probiert.

Mir fällt leider nichts anderes ein, als dass du dich nochmal mit ihr zusammen setzt und mit ihr über alles redest. Auch wie es mit euch Beiden jetzt weiter geht. Denn irgendwie denke ich auch, dass sie Schluß gemacht hat, weil sie dich nicht mit ihren Sachen nerven wollte. Versuch ihr zu erklären, dass sie nicht alles allein tragen muss in ihrem Leben, kein Mensch kann das. Und kein Mensch erwartet das von ihr.

Liebe Grüße
Sylvia