Problem von Anonym - 26 Jahre

Knoten in der Seele

Liebes Team,
seit 4 Monaten bin ich mit einem wundervollen Menschen zusammen. Er ist 1 Jahr älter als ich. Wir legen beide sehr großen Wert auf gute Kommunikation und das gelingt uns auch sehr gut. Im Laufe unserer bisherigen Beziehung haben wir beide festgestellt, dass ich offenbar einige "Knoten" in meiner Seele habe, die mich und uns beide öfter stolpern lassen. Konkret heißt das, dass ich bei geringsten Anlässen manchmal ein bisschen zu emotional reagiere. Das liegt sicherlich auch an meinem Elternhaus. Sobald mein Freund nur ansatzweise eine Art meines Stiefvaters an sich hat, reagiere ich übertrieben. Dabei weiß ich doch, dass mein Freund ein anderer Mensch ist. Nur weil jemand mit einem Bier gemütlich vor dem Fernseher sitzt heißt das ja noch lange nicht, dass er ein Pascha ist. Oder nur weil er meine Aufräumaktion nicht sofort bemerkt hat, heißt das noch lange nicht, dass für ihn alles selbstverständlich ist, und ich ihm hinterräumen darf....nur ein paar kleine Beispiele. Dazu muss ich sagen, dass mein Freund wirklich sehr aufmerksam ist, und sehr besorgt um mein Innerstes. Ich reflektiere mich sehr oft, und versuche alte Verhaltensmuster mit Neuen zu ersetzen. Ich will dieses Packet abschütteln, und ich werd es schaffen. Wenn da nicht auch noch dieses verkrampfte Verhältniss zur Sexualität wäre... Ich müsste noch ein bisschen weiter ausholen. 2002 endete meine damalige 5 Jahre andauernde Beziehung. Im Laufe dieser Beziehung manifestierte sich bei mir ein gestörtes Verhältniss zur Sexualität. Ich fühlte mich oft benutzt, wertlos und nicht bedingungslos geliebt. Dieser Mensch betrog mich zu guter Letzt auch noch in einer Art und Weise wie es im Buche steht. Ich habe 4 Jahre gebraucht um das ganze zu verdauen. Damals schon fand ich keine Antwort auf meine sexuellen Probleme. Ich kam einfach nicht damit zurecht, dass es normal sei mehrmals die Woche mit einander zu schlafen. Leider musste ich mir nach der Trennung von einigen Leuten anhören, dass es nun mal so ist, wenn man den Partner nicht das gibt was er braucht (ich konnte mich manchmal nur 1 mal im Monat dazu durchringen, oder 1 mal in 2 Monaten). Ich versteh nicht, wie man Sex einfordern kann. Das geht gegen mein Denken, und blockiert mich. Ich habe Angst dieses Problem immer noch zu haben, und über Kurz oder Lang die gleichen Probleme noch mal zu durchleben. Momentan gibt es noch nicht diese Probleme (nach 4 Monaten keine Kunst). Wobei ich....ich habe ein Problem mit Oralsex. Ich kann es nicht. Ich habe es damals gemacht, einfach so, ohne nachzudenken. Jetzt würde ich mich unterwürfig fühlen...als Dienerin....das ekelt mich an. Ich merke schon wieder, das ich emotional werde bei diesem Thema...und ich weiß nicht warum... ich habe ein Problem damit mich dabei selbst zurück zu nehmen und es nur zu machen um den Anderen eine Freude zu bereiten. Mein Freund sagte mir, dass seine damaligen Freundinnen es sogar weniger Überwindung kostete als das erste mal mit jemanden zu schlafen. Sie brauchten also für Oralsex weniger Vertrauen als für den Geschlechtsverkehr...Ich versteh die Welt nicht mehr. Für mich ist es ein riesiger Vertrauensschritt, wenn ich den Penis meines Freundes in den Mund nehme. Bin ich anders? Und warum kann ich es nicht genießen, wenn mich mein Freund oral befriedigt? Ich breche oftmals ab, weil es mir nicht viel bringt. Ich brauche den Augenkontakt, ich möchte mit ihm auf gleicher Höhe sein. Ist mein sexuelles Problem nur ein Symptom eines tieferliegenden Problems? Ich würd gern fachmännische Hilfe in Anpruch nehmen, weiß aber nicht, wem ich vertrauen soll, und wo ich überhaupt anfangen soll. Ich möchte ein gesundes Inneres haben und so gerne eine erfüllte, ungezwungene, ausgelebte Sexualität haben, und meine "Knoten" lösen. Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir Tipps geben könntet an wen ich mich weiter wenden kann.
Vielen lieben Dank.

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Ich denke, solche 'Knoten' trägt jeder in der Seele - wir sind alle von unserer Vergangenheit geprägt. Natürlich können wir alte Verhaltensmuster immer mit neuen ersetzen - aber es wird immer Dinge geben, auf die wir großen Wert legen und solche, die uns weniger wichtig sind.

Vielleicht liegt es daran, dass Du nur kleine Beispiele genannt hast, dass ich diese Knoten nicht als zwingend'behandlunsbedürftig' ansehe. Vielleicht auch daran, dass ich meine auch habe und nicht an ihnen arbeite. Auch in der Ehe meiner Eltern gibt es Dinge, von denen ich Zeit meines Lebes immer sagt "So werde ich nie!" Heute bin ich verheiratet und was spüre oft genug sehr genau den Geist meiner Mutter in mir. Ich bin ihr ähnlicher geworden als ich es je wollte. Und was soll ich sagen? Ich bin glücklich damit...

Ein Mann auf dem Sofa mit der Bierflasche in der Hand ist ja so das klassische Bild. Papa sitzt da und kommandiert Mama (kein Bild aus meiner Jugend, aber eben klassisch). Stößt Du Dich innerlich auch so sehr daran, wenn er vorher beim Kochen geholfen hat und Du Dich dazusetzen kannst? Ich kann es nicht ertragen, wenn mein Mann sich einen lauen Lenz macht, während ich noch jede Menge im Haushalt zu tun habe. Im Laufe der Zeit haben sich zwei Varianten rauskristallisiert: Er hilft oder ich bin mit den Dingen fertig, wenn er zu Hause ist. Ich kann nicht putzen usw., wenn er zu Hause ist und nichts tut (das ist wohl die letzte Rebellion gegen das Ehebild meiner Eltern).

Ihr seid erst vier Monate zusammen - ich finde nicht, dass man da erwarten kann (weder vom Partner, noch von sich selbst), dass man sich so gut kennt und weiß, was für den anderen selbstverständlich ist oder was nicht. Die Veränderungen können (und sollten vielleicht?) auf beiden Seiten stattfinden. Wenn es Dir wichtig ist, dass er Aufräumaktionen wirklich wahrnimmt, dann könnte er das doch auch tun. So wird er Dir zeigen können, dass es keine Selbstverständlichkeit für ihn ist und damit wird auch Dein schlechtes Gefühl schwinden, wenn er es mal nicht tut. Weil Du es ja anders von ihm kennengelernt hast. Du weißt im Kopf, dass er nicht Dein Stiefvater ist - dem Bauch kann er es beweisen.

Ich würde nicht unterschreiben, dass Du ein gestörtes Verhältnis zur Sexualität hast. "Ich fühlte mich oft benutzt, wertlos und nicht bedingungslos geliebt" - da hat wohl keine Frau dieser Welt ungeheuer viel Lust auf Sex. Lust auf Sex bekommen wir Mädels, wenn wir uns dem Mann nah fühlen. Ich denke, der Haken in Deiner Ex-Beziehung lag woanders und der Sex war nur ein Symptom. Kann das sein?

Der Partner geht nun mal fremd, wenn man ihm nicht gibt, was er braucht?! Das sehe ich auch ganz anders. Niemand hat ihn gezwungen mit einer anderen zu schlafen, anstatt zusammen mit Dir an den Problemen zu arbeiten. Hat er sich Mühe gegeben, um mehr Nähe zu schaffen? Für Dich romantisch gekocht, Kerzen aufgestellt, ein Bad eingelassen, Dir gezeigt, dass Du für ihn die einzige bist, hattet ihr diese schönen Abende auf dem Balkon mit einem Glas Wein? All diese Dinge, die uns Frauen das Gefühl von Nähe geben? Wir brauchen diese Momente - im Gegensatz zu Männern. Männer haben Sex, um sich nah zu fühlen - Frauen, wenn sie sich nah fühlen.

Du hast jetzt eine neue Beziehung zu einem anderen Mann - nicht alle Probleme holen uns irgendwann wieder ein. Was mit dem einen schief lief, muss nicht wieder so werden. Deshalb haben wir ja schließlich u.a. neue Beziehungen. Erdrück Dich nicht im Heute mit Gedanken, die vielleicht in ein paar Jahren notwendig sein könnten.

Sex ist wichtig für eine Beziehung und gehört auch dazu - aber einfordern kann man es in dem Sinne nicht. Dann verliert es an Zauber und Sinn. Es macht Spaß und zeigt Vertrauen, Liebe, Zusammengehörigkeit - Gefühle, die man nicht fordern kann, sondern die in einer gesunden Beziehung da sind. Und dann ist auch der Sex da.

Schau mal, was hier zum Thema Vertrauen in Bezug auf Oralverkehr steht:

http://www.sexwoerterbuch.info/blasen.html

Es ist nicht unnormal, dass es für Dich ein großer Schritt ist.

Übrigens auch hier etwas, was Dein Freund tun könnte: So, wie er nicht mit Deinem Stiefvater verglichen / gleichgesetzt werden will, sollte er Dich und Dein Verhalten nicht mit seine Ex vergleichen.

Beim Oralverkehr kann man sich als Dienerin fühlen - aber auch die Macht wahrnehmen. Ist es unterwürfig, die Macht darüber zu haben, wann er kommt und wie er sich fühlt? Ein wenig damit spielen? Die berühmten zwei Seiten einer Medaille...

Fachliche Hilfe bekommst Du über eine Therapie. Im allgemeinen wird das durch den Hausarzt eingeleitet. Bespreche mit ihm, wie es Dir geht und dass Du an diesen Dingen arbeiten möchtest.

Alles Gute!
Dana