Problem von Anonym - 16 Jahre

Innerlich schon tot?

Hallo liebes Kummerkasten.de-Team,

zuerstmal vorweg: Ich finde eure Arbeit grossartig und lese auch schon längere Zeit hier mit und habe dabei vieles gelernt. Schön dass es noch Menschen wie euch gibt.

Ich zwinge niemanden diese sinnlosen Zeilen durchzulesen, denn genau genommen verschwendet jedes Individuum, welches selbiges macht, nur seine Zeit. Und Zeit ist ja bekanntlich Geld. Falls sich trotzdem jemand dazu durchringen sollte, spreche ich demjenigen meinen herzlichen Dank aus.
Ich habe lange damit gezögert euch zu schreiben, weil mein Selbstvertrauen auf ein solches Minimum geschrumpft ist, dass mir selbst dieser Schritt sehr schwer fiel. Denn eigentlich kenne ich die Antwort auf mein Problem bereits: "Depressionen sind eine Erkrankung und gehören daher in ärztliche Hände." Hier möchte ich anmerken dass ich deswegen nie zu einem Arzt gehen würde. Aber genug des langatmigen Gelabers, kommen wir zu meinem/n Problem/en.

Es ist momentan so, dass ich total antriebs- und lustlos bin. Früher hatte ich z.B. noch Lust auf PC-Spiele oder gewisse Sportarten... früher. Das einzige auf das ich im Moment noch Lust habe ist traurige Musik hören (Emocore, Screamo usw.), was meinen Zustand nur noch verschlimmert. Es schadet mir und dennoch tu ich es, ist das nicht ein Widerspruch in sich? Ich bin seit ich 14 Jahre alt bin dauerdepressiv und kein Schwein hats gemerkt, weil mein (relativ kleines) soziales Umfeld zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist (dies trifft auch auf mich selbst zu). Naja, böse kann ich ihnen nicht sein, schliesslich gibt es da wirklich nur wenige Personen. Ich habe keine Freunde, übrig bleibt also nur der bröckelnde Rest meiner Familie. Meine Mutter ist zu sehr mit der Trennung von meinem Vater beschäftigt und ich sehe selbst wie schlecht es ihr geht aber dagegen kann ich auch nichts tun. Einzig und allein mein väterlicher Grossvater meinte neulich mal ich sitze ja einfach nur lustlos da und sage nichts, ich verhalte mich komisch (was er dann wieder als giftiges Argument gegen meine Mutter missbrauchte). Ansonsten gibts da niemanden, kaum zu glauben aber wahr. Kein Wunder, ich würde auf mich selber auch nicht zu gehen, wer geht schon auf jemanden zu der ein Gesicht macht wie 365 Tage Regenwetter?
Seit ca. 2 Jahren bin ich einfach nur unglaublich müde. Ich habe während 6 Wochen Ferienzeit jeden Tag nicht weniger als 14 Stunden geschlafen. 6 Wochen lang! Das ist doch nicht normal. Das geht doch gar nicht. Meine Mutter hat manchmal schon gedacht ich wäre tot. Es liegt aber nicht an Eisenmangel, das hat eine Blutprobe ergeben. Ich hatte eine Zeit lang Hämoglobinmangel, da wars noch viel schlimmer (was ich mir jetzt gar nicht mehr vorstellen kann).
Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren. Ich fühle mich immernoch in meiner Vergangenheit gefangen, lebe sogar noch dort, obwohl das ein Jahr zurück liegt. Manchmal sitze ich an Arbeitstagen am Computer, richte einen kurzen Blick auf die Uhr und stelle entsetzt fest, dass es schon 2 Uhr nachts ist. Und mir kommt es so vor als wäre es noch 20 Uhr. Ich kann es mir selber nicht erklären warum das so ist, es macht einfach keinen Sinn, es ist nicht real.
Ich fühle mich gefangen in dieser Illusion der Freiheit. Ich bin ein angeketteter Sklave, aber egal was ich mache, lebend komm ich aus dem Leben sowieso nicht raus (ein Witz, haha -.- Ich war noch nie gut im Witze erzählen).

Zum Liebesleben... ich habe die Hoffnung, dass sich das weibliche Geschlecht einmal für mich interessieren wird schon längst metertief begraben. Mal ganz ehrlich: Wenn ein Eskimo mal Eis braucht dann muss irgendeine Frau auch mich haben. Man sagt zwar auf jeden Topf gibt es einen passenden Deckel, aber vllt bin ich ja gar kein Topf?
Ich war zwei Mal unglücklich verliebt. Das erste Mal mit 14 (was dann auch der Auslöser für meine Depression war). Mir wurde relativ schnell klar, dass ich nie mit ihr zusammenkommen würde. Der Liebeskummer hat ganze 2 Jahre angehalten, wahrscheinlich weil ich sie jeden Tag in der Schule gesehen habe. Das zweite Mal hab ich mich vor 1 Jahr und ein paar Monaten verliebt und bin heute noch nicht drüber hinweg. Obwohl ich sie seit einem Jahr nur noch sehr selten sehe (und dann leider auch noch zu den ungünstigsten Momenten). Da wäre z.b. der letztjährige letzte Schultag. Eine Wanderung stand auf dem Programm, also musste ich zu einer anderen Zeit auf den Bus. Als ich dann beim Bahnhof ausstieg war sie da. Ihre Schönheit in Zusammenspiel mit ihrer unglaublichen Ausstrahlung haben mich sofort wieder überwältigt. Was ich da sah war kein Mensch, sondern ein Engel. Ich hab mich tausend Mal gefragt WIESO das ausgerechnet am letzten Tag passieren musste. Was dann in den Ferien los war kann sich wohl jeder selber denken.
Wahrscheinlich werde ich als einsamer alter Mann sterben, der nie die Vorzüge der Liebe geniessen konnte.

Eigentlich müsste ich ja glücklich sein, immerhin geht es Millionen Menschen schlechter als mir. Ich habe keine gesundheitlichen Probleme (bis auf einen sehr komplizierten Oberarmbruch, der mittlerweile verheilt ist. Allerdings leide ich jetzt unter einer sogenannten "frozen shoulder", was meine Bewegungsfreiheit doch beträchtlich beeinträchtigt) und ich bin ein sehr guter Schüler, ohne viel zu lernen. Und dennoch spüre ich diese unglaubliche Leere in mir. Obwohl ich mich als einen sehr emotionalen Menschen bezeichnen würde, zeige ich meiner Aussenwelt keine Gefühle. Es ist als wäre ich innerlich schon lange gestorben. Es ist nur noch die beudeutungslose Hülle übrig. Ich bin eine Maschine. Ich stehe jeden Morgen zur gleichen Zeit auf, gehe zur Schule, komme nach Hause und gammle dann so lange sinnlos vor dem PC herum bis ich mich überwinde schlafen zu gehen. Mein Herz hat so viele Narben, ein Wunder dass es noch schlägt. Eine verrostete, alte Maschine, die schon lange kalt ist, nur noch ein Wrack?
Ich fühle mich des öfteren dieser Welt gar nicht zugehörig. Es ist als wäre ich im falschen Film. Fasziniert beobachte ich diese Lebewesen, die sich selbst die oberste Stufe der Evolution schimpfen, wie sie ihren eigenen Planeten zu Grunde richten. Der Mensch nistet sich irgendwo ein, verbraucht alle Ressourcen und lässt nur noch Abfall zurück, zieht weiter und macht dasselbe am neuen Ort. Ein Verhalten das mich stark an die Gruppe der Viren erinnert. Ich habe wohl eine soziale Phobie und eine Art Abneigung gegen die meisten Menschen. Ich rede nicht mit Menschen, ich beobachte sie lieber, das ist ungefährlicher. Sie behandeln mich wie Luft, und ich bin nicht unglücklich darüber...

Ich kann mich selber nicht gut leiden, ich hasse mich sogar. Ständig frage ich mich, warum ich überhaupt geboren wurde. Eine andere Persönlichkeit würde viel mehr Sinn machen. Aber offenbar braucht es auch solche Idioten wie mich auf dieser Welt, damit ein gewisses Gleichgewicht hergestellt ist. Ich habe schon ziemlich oft an Selbstmord gedacht, aber ich hätte nie den Mut mir das Leben zu nehmen. Mir würde eigentlich nur meine Mutter nachtrauern, irgendwie traurig. Wahrscheinlich wird sich der werte Leser jetzt denken: "Was für ein Pessimist". Diesen Gedanken muss ich verneinen. In diesem Zusammenhang würde ich mich eher als Realist bezeichnen. Wobei die beiden Begriffe natürlich sehr nahe beieinander liegen.
Ich bin viel zu nett zu den wenigen Menschen die etwas mit mir zu tun haben. (Zumindest glaube ich das, vielleicht bin ich ja ein richtiger Kotzbrocken und merke es nicht einmal?) Dadurch werde ich auch immer ausgenutzt. Aber nicht einmal das juckt mich, es ist mir total egal. Egal wie alles andere. Mein Leben scheint keinen Sinn zu haben, ausser das knappe Budget meiner Mutter zu strapazieren. Oder ist das etwa schon der Sinn? Die Antwort kann manchmal so nah, und doch so fern sein.

Ich bin noch keine 17 und trauere jetzt schon meiner verschwendeten Jugend nach. Wenn ich zurück überlege was ich in den letzten 3 Jahren an einem Freitag oder Samstag Abend getan habe... ich bin irgendwelchen sinnlosen Tätigkeiten nach gegangen. Ich habe Löcher in die Luft gestarrt, Filme geschaut die ich schon in- und auswendig kenne, mein Gehirn mit irgendwelchen dämlichen Fragen belastet etc. Sowas macht doch kein normaler Jugendlicher. Aber offenbar bin ich das auch nicht. Ich mach mir über alles zuviele Gedanken, dürfte auch der Grund sein warum diese Mail so unglaublich lange wird. Ich entschuldige mich an dieser Stelle für diese Unannehmlichkeit. Ich bin nunmal froh dass ich mein Hirn hab.

In der Antwort wird wahrscheinlich geschrieben stehen, dass ich die vielen Probleme einzeln anschauen soll, weil sie sich dann einfacher lösen lassen. Allerdings habe ich schon lange den Überblick verloren. Genau genommen weiss ich nicht einmal was und warum ich hier schreibe. Als Aussenstehender wird diese Mail sicher wirr und unverständlich erscheinen. Mit einem Male weiss ich eigentlich nicht mehr, was überhaupt mein Problem ist. Ich weiss nur dass etwas nicht stimmt. Am liebsten würde ich an einer nebligen Küste in ein Holzboot steigen und einfach losfahren ins Nichts, ins Ungewisse. Alles bisher geschehene hinter mir lassen. Los lassen, etwas das ich nicht kann... was für eine jämmerliche Kreatur muss man überhaupt sein, um so einen Text zu verfassen.

Noch einmal sorry für die Länge, ich erwarte keine Antwort und auch nicht, dass sich das jemand durchliest. Aber trotzdem danke im Voraus. Wer Rechtschreib- oder Tippfehler findet darf diese behalten.
Und jetzt werde ich schlafen gehen, die einzige Methode um aus dieser Welt zu flüchten.

Mit freundlichen Grüssen

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Du hast Dir offenbar schon einige ähnliche Beiträge durchgelesen. Ich jedenfalls finde meine Worte in Deiner Mail wieder ;-) Und ja, die hätte ich Dir jetzt alle geschrieben.

Warum willst Du nicht mit einem Arzt sprechen? Warum keine Hilfe, um aus der Situation herauszukommen? Warum nicht einen Weg gehen, der Dich weiterkommen lässt und der verändern kann? Wie es ist, soll es nicht bleiben - also bleibt Dir das Verändern.

Die Probleme einzeln anschauen, wird dann schwierig, wenn sie ineinander übergehen und zusammenhängen. Du bist lustlos, antriebslos, hast u.a. dadurch so gut wie keine sozialen Kontakte, was widerum lustlos macht... und so dreht es sich im Kreis. Du bist derjenige, der es in der Hand hat und aus dem Kreis aussteigen kann. Trete Dir selbst in den Hintern und mache heute nachmittag etwas anderes als sonst. Geh raus! Wenn ich meine Freizeit verbringen würde wie Du, ginge es mir auch schlecht. Es liegt in Deiner Hand. Du bist verantwortlich für Dein Leben, Du entscheidest, wie Du es führst.

Hast Du auch Mails mit dem Thema "Freunde finden" gelesen? Pack es an. Die Lust am Sport kann zurückkommen, wenn Du es auch zulässt. Mit einem Verein könntest Du viele Fliegen mit einer Klappe schlagen. Überwinde Dich! Es liegt bei Dir.

Es liegt bei Dir, wie Du Deine Zeit gestaltest, es liegt bei Dir, ob Du der Maschine wieder Leben einhauchst, es liegt bei Dir, ob es bleibt, wie es ist. Mein Schwager sagt oft und gern: Glücklich sein ist auch Entscheidungssache.

Es wird sich dann etwas verändern, wenn Du etwas veränderst.

Alles Gute!
Dana