Problem von Anonym - 26 Jahre

Komplizierter Freund

Liebes Kummerkasten-Team

Meine Beziehung gestaltet sich sehr schwierig und saugt mich völlig aus, so dass ich kaum noch dazu komme mein eigenes Leben zu leben.

Ich bin seit knapp acht Monaten mit meinem Freund (37) zusammen, wir haben uns in einem Club kennengelernt, uns sofort verknallt und zwar total, und nach zwei Wochen habe ich beschlossen, bei ihm einzuziehen. Zuerst hat in derselben Wohnung noch seine Ex gewohnt, mit der er aber nicht mehr zusammen war, als wir uns kennen lernten, sie zog aber bald daraufhin aus. Den ersten riesigen Streit hatten wir schon nach einer Woche, wir hatten beide getrunken und er sagte und sagt immernoch wenn er betrunken ist, sehr verletztende Dinge wie: Du S*******, ich liebe dich gar nicht! und: Ich bin lieber allein als mit so einer B**** aus der Hölle zusammen! Ich bin damals total durchgedreht und wir haben auf der Strasse vor der Bar gestritten, bis dann die Polizei kam und mich mitgenommen hat. Er hat nicht mal versucht, mir zu helfen. Ich bin dann aber am nächsten Tag gleich zu ihm und wir haben uns kurz darauf wieder versöhnt. So schlimm, dass die Polizei nochmal kommen musste war es zwar dann nie mehr, aber wir haben alle paar Wochen mal so schlimme Auseinandersetzungen. Meistens ist der Anlass, dass wir zusammen im Ausgang sind und er sich nicht um mich kümmert, sondern alles Weibliche in der Umgebung anquatscht. Ich werde dann sauer und versuche ihm zu sagen, dass das so nicht geht, er wird total aggressiv und wirft mir vor, ihn einzusperren und viel zu eifersüchtig zu sein. Dann sagt er eben auch oft solche Dinge, wie oben erwähnt, und stellt immer gleich die ganze Beziehung in Frage. Letzte Woche hatten wir wieder so einen Krach, da bin ich einfach gegangen und für drei Tage zu meinen Eltern, weil er mich wieder B**** genannt hat. Ich habe mich gleich bei ihm gemeldet und gesagt, dass ich ihn liebe und mit ihm zusammen sein will, dass ich aber ein paar Tage Abstand brauche, um zu mir zu finden. Er war darüber, dass ich weggegangen bin, sehr sauer und als ich zurück kam sagte er, er habe die Bedingung an mich, dass ich eine Therapie bei einem Psychiater mache wegen meiner Aggressionen und meiner Eifersucht. Er ist schon seit zehn Jahren in psychiatrischer Behandlung und ist aufgrund dieser psychischen Probleme auch arbeitsunfähig. Diagnostiziert sind bei ihm so viel ich weiss eine narzisstische Komplexstörung und Depressionen.

Ich habe gedacht, dass ich mich mehr auf mich selbst konzentrieren muss und ihn los lassen muss, damit er von selbst wieder auf mich zugeht, aber seit ich zurück bin ist er nur noch total genervt und abweisend. Ich habe ihm gesagt, dass ich eine Therapie machen werde und habe das auch tatsächlich vor, ich bin mir aber nicht so sicher, dass sich dadurch irgendwas ändern wird.

Allgemein ist es im Alltag meist so, dass er sehr viel Zeit für sich selbst benötigt und wenn ich ihn da störe, indem ich ihn was frage und ihm etwas sage, wird er sehr schnell genervt. Ich versuche, das nicht mehr zu machen, aber ich ertrage dieses Gefühl won nebeneinander herleben, ohne sich wirklich wahrzunehmen oder Wertschätzung auszudrücken, sehr schlecht. Er sucht auch kaum körperliche Nähe, ausser wenn wir unter vielen Leuten sind, da nimmt er mich dann immer in den Arm oder küsst mich, aber wenn wir alleine sind nur sehr sehr selten. Sex haben wir für meine Begriffe auch sehr selten, vielleicht alle zwei Wochen mal. Hinzu kommt, dass er viele Schulden hat und trotzdem immernoch Geld ausgibt, ich muss unser gesamtes Geld verwalten, weil er sagt, dass er nicht damit umgehen kann. Ich kümmere mich um die Bezahlung der Miete, der Rechnungen und ich kaufe immer alles für den Haushalt ein. Da ich noch studiere, ist das eigentlich nicht mein Geld, sondern das meiner Eltern und ich habe deshalb mit ihnen ständig Probleme. Mein Freund sagt dazu nur, dass er sich von meinen Eltern nicht angenommen und nicht geliebt fühlt, und dass sie ausserdem genug Geld hätten, um UNS zu unterstützen.

Hinzu kommt noch, dass ich jetzt während der Beziehung sechs Kilo abgenommen habe, weil er mich zu dick fand und immernoch findet (ich bin 1,68 m gross und wiege 62 Kilo). Deshalb habe ich ständig Komplexe. Neulich sagte er mir auch, dass er eine gemeinsame Freundin von uns geil findet, die zwei nächsten Tage war ich nicht zu Hause, und als ich wieder da war erzählte er mir, er sei ganz wild im Ausgang gewesen und sie war auch da. Eine andere Freundin von ihm, von der er mir mal sagte, dass er sich fast in sie verknallt hat, war auch dabei. Ich bin mir zwar ziemlich sicher, dass er mich nicht betrügt, aber das ist natürlich nicht gerade förderlich, um mir meine Eifersucht und Verlustangst zu nehmen.

Das sind jetzt nur mal einige der Probleme, die ich in dieser Beziehung sehe. Ich bin eigentlich kurz davor, alles hin zu schmeissen, ich bin total leer und weiss echt nicht mehr, wie ich reagieren soll. Ich gebe mir wirklich Mühe, immer nett zu sein, ich mache der Haushalt, koche für ihn, unterstütze ihn in seiner Band (er ist eben Gitarrist), fahre ihn mit dem Auto in der Gegend herum, ich nehme ihn in Schutz, wenn jemand etwas gegen ihn sagt, ich versuche ihm den Rücken frei zu halten, ich bezahle immer alles, so gut ich kann, ich versuche, ihn nicht zu kontrollieren und nicht eifersüchtig zu sein. Er ist aber immer sofort genervt, wenn ich nur versuche, eines dieser Probleme anzusprechen, motzt mich an, dass ich mir halt einen anderen Freund suchen soll, wenn ich mit ihm nicht glücklich bin. Er sei halt so wie er sei und ich müsse ihn so lieben und ihn nicht ändern wollen. Ich will auch nicht ihn ändern, sondern ihm zeigen, dass wir eine echt schöne Beziehung haben könnten, wenn er nicht diese Aussetzer hätte. Er zieht sich total zurück und öffnet sich nicht, aber in guten Zeiten haben wir so viel Spass zusammen. Er ist witzig und intelligent, er sieht gut aus und tritt sehr selbstbewusst auf. Und wenn er mal über Gefühle spricht, dann sagt er mir auch, dass er nur mich liebt, dass er einen Ort braucht, wo sein Herz zu Hause ist und er ohne mich nicht leben kann. Ich weiss nicht, ob es eine Chance gibt, dass er anfängt, mich anders zu behandeln und mir ein positives, zuversichtliches gefühl für die Zukunft geben kann. ¨

Denkt ihr, dass so ein Mensch sein Verhalten ändern kann? Oder ist es seine Psyche, die ihn so beherrscht, dass er gar nicht anders kann. Ich bin wirklich kein schwacher Mensch, aber im Moment bin ich kurz vor dem Zusammenbruch. Ich finde in mir selbst keine Kraft mehr und habe ausser meiner Mutter auch niemanden, dem ich mich anvertrauen kann. Er gibt mir keine Kraft, er saugt sie nur aus. Eigentlich weiss ich, dass diese Beziehung nicht lebbar ist und keine Zukunft hat, aber ich liebe ihn so sehr und wünsche mir nur, dass er mich auch so liebt und lernt, das zu leben.

Sorry für den langen Brief und danke für die Antwort!

Anwort von Sylvia

Grüß dich,

leider muss ich sagen, ich bezweifel stark, dass du mit diesem Menschen eine anständige Beziehung führen können wirst, solange er sich nicht um 180° dreht. Im Moment ist es ja so, dass er dich aussaugt, du machst alles für ihn und zum Dank sozusagen kriegst du noch präsentiert, dass du zu dick wärst. Er sagt Dir, dass er eine Freundin "geil" findet, meint, dass es selbstverständlich ist, dass du für ihn blechen darfst, bzw. deine Eltern. Natürlich hat er auch seine guten Seiten, aber reichen die noch aus, um die schlechten zu überdecken?

Ich finde auch irgendwie anhand deiner Mail keine Gründe, warum du eine Therapie machen solltest, oder findest du das mit Dir irgendwas nicht stimmt?

Alles in allem hör auf Sachen an Dir zu suchen, die du ändern musst, lass Dir nicht so einen Käse einreden von wegen du wärst zu dick oder er ist halt so. Dann ist er halt so, aber er brauch nicht von Dir verlangen, dass du dich aussaugen lässt und dann noch um dem ganzen die Krone aufzusetzen, eine Therapie machst. Überleg Dir gut, ob seine guten Seiten gut genug sind um die schlechten zu überdecken.

Liebe Grüße
Sylvia