Problem von Simone - 30 Jahre

Demütigung und Gewalt

Hallo,

ich bin Simone, 33 Jahre alt und lebe seit April letzten Jahres mit meinem Freund Andreas, 39 Jahre zusammen. Andreas lebt noch in Scheidung, seine Tochter Hannah ist 6 Jahre alt, gerade in die Schule gekommen. Er sieht sie nur selten, d.h. im Augenblick gar nicht mehr - dieser Zustand hält schon mehr als zwei Monate an. Andreas hat ununterbrochen Stress mit seiner Ex, wegen Möbeln, seinen Sachen, die er noch aus der Wohnung geholt hat, wegen Hannah, wegen Unterhaltszahlungen, einem Kredit etc.

Ich bin natürlich nicht nur dabei, sondern wie das in einer Beziehung meist ist, mitten drin. Manchmal will ich davon gar nichts hören, aber ich versuche immer ein offenes Ohr zu haben, stehe ihm mit Rat und Tat zur Seite und bin nur für ihn da. Meine Freundin habe ich schon mehr als vernachlässigt, mit ihr unternehme ich kaum noch etwas und der Kontakt ist fast ganz abgebrochen.

Mehr und mehr fühle ich mich allein. Andreas hatte sonst seinen Sport, er war Fußball-Co-Trainer einer Mannschaft, hat das aber dran gegeben, angeblich wegen mir. Er steht finanziell nicht gut da, wird von seinen Eltern unterstützt, musste ihnen sogar seine EC-Karte geben, weil seine Eltern für ihn seine Schulden zumindest auf seinem Konto beseitigt haben. Ich habe auch ein überzogenes Konto, stehe aber für meine Schulden alleine ein und kann mir mein Geld auch einteilen.
Andreas hat seit Wochen kein Geld mehr abgehoben, alles habe ich bisher bezahlt, obwohl er auch genau weiß, wie es bei mir finanziell aussieht.

Seine Eifersüchteleien und Ausraster nehmen zu. Auf gemeinsamen Feiern, darf mich niemand umarmen oder mir ein Küsschen auf die Wange geben. Dann ist sofort danach der Bär zu Hause los. In Anwesenheit anderer lässt er sich nichts anmerken.

In meiner Vergangenheit bin ich von meinem Ex-Freund schlimm verprügelt worden, gedümtigt und tief verletzt. Die Beziehung damals endete im Jahre 2003 mit einer Anzeige meinerseits wegen Körperverletzung.

Ich... ich weiß gar nicht, wie ich das alles beschreiben soll, was in unserer Beziehung bis hierher alles passiert ist. Es ist schlimm, ganz einfach schlimm. Wir lieben einander sehr, aber die Liebe ist leider nur von kurzer Dauer.
Auf Feiern, zu denen wir gemeinsam gegangen sind, hat er jedes Mal danach die Welle gemacht. Auf einer Feier hat er mich zum Tanzen aufgefordert, ich wollte aber nicht. Dann kam eine Bekannte an, hat mich vom Stuhl gezogen, mit mir getanzt. Später kam ihr Vater herein und fragte "Darf ich bitten?" hat mich einmal herum gedreht beim Tanzen, das war es. Er war später außer sich vor Wut, als wir zu Hause waren. Hat mich beschimpft, ich wäre zwar keine Schlampe, aber dann solle ich mich nicht so verhalten wie eine. Oder ein anderes Mal, als mich ein Kollege von ihm ansprach, mich darum bat wegen eines Geburtstagsgeschenks seiner Frau nachzuhören, wir uns unterhielten und später per Umarmung voneinander verabschiedeten... was meint ihr, was zu Hause los war??? Er beschimpfte mich, was für ein Dreckstück ich doch sei. Ich würde sowieso mit jedem Mann rumhuren.
In diesen Situationen wurde ich jedes Mal wütend, begann dann um mich zu schlagen, auf ihn einzuschlagen, warf Gegenstände durch die Wohnung, die ihn dann manchmal sogar trafen.
Ich wollte und will in diesen Situationen einfach nicht mehr, dass jemand (dann noch ein Mann) die Oberhand über mich gewinnt. Es erinnert mich alles so an damals...

Wir blieben dennoch zusammen. Ich bin zurzeit in Therapie, Verhaltenstherapie. Zudem versuchten wir noch eine Paartherapie, bei der wir aber erst einmal waren. Andreas sagte zu der Therapeutin, er habe kein Problem mit Eifersucht, sei auch nicht besitzergreifend. Es wäre nur so, wenn er eine andere Frau umarmen würde, wäre der Teufel los. Das hat er aber noch nie getan, ich denke nicht, dass ich damit ein Problem hätte. Er bestreitet in der Therapie alles, was irgendwie auf ihn treffen könnte, gesteht sich keine Fehler ein.
Doch trotz allem blieben wir zusammen.

Es kam unser Urlaub, wir fuhren mit meiner Tante und meinem Onkel zur Mosel. Am ersten Abend ging alles gut, wir waren draußen auf dem Weinfest und hörten Live-Musik. Am zweiten Abend allerdings hatten wir Weinprobe bei dem Winzer, wo wir wohnten. Es war ganz nett, für mich war allerdings kein passender Wein dabei. Andreas und mein Onkel tranken eifrig, wir feierten in den Geburtstag meines Onkels rein.

Als die anderen Bekannten schon in ihre Wohnungen fuhren, blieben wir noch mit Onkel und Tante und dem Winzer unten sitzen. Meine Tante und mein Onkel saßen zusammen, dann war ein Stuhl frei und dann kam Andreas. Auf der Bank saß nur der Winzer, der ziemlich übel roch nach Schweiß - es war nicht gerade mein bester Freund, aber ich setzte mich dennoch auf die Bank, meiner Tante gegenüber. Anstandshalber, dachte ich - wäre doch blöd, wenn wir auf der einen Seite sitzen würden wie die Hühner auf der Stange. Zwischen dem Winzer und mir war noch jede Menge Platz, da zwei Bänke zusammen standen auf der einen Seite.

Später gingen wir dann rauf in unsere Ferienwohnungen. Unsere lag der von meinem Onkel und meiner Tante direkt gegenüber. Andreas war wie von der Tarantel gestochen, er hatte einiges getrunken. Er würde nicht mehr mit mir schmusen, ich hätte den Winzer ja ihm gegenüber sowieso vorgezogen heute abend. Warum ich mich nicht neben ihn gesetzt hätte? Ich dachte, ich höre schon wieder nicht richtig... es gab einen heiden Streit, meine Tante und mein Onkel bekamen alles mit. Andreas packte wutentbrannt seine Klamotten, ich sagte ihm, er brauche doch nicht eifersüchtig sein. Was er denn habe, ob er sich minderwertig fühle, das brauche er doch nicht. Aber das weckte nur noch mehr die Wut in ihm. Mein Onkel sprach lange mit ihm, meine Tante hielt mich im Arm, während ich mal wieder Träne über Träne vergoss.
Andreas ging spazieren, kam kurze Zeit später wieder und wir legten uns hin. Am nächsten Morgen versuchte ich mit ihm zu reden, er fragte mich, worüber überhaupt noch reden? Er wisse nicht mehr, ob er überhaupt noch reden wolle. Er würde jetzt erst mal Brötchen holen. Ich versuchte, ruhig zu bleiben. Wir sprachen miteinander, ließ mich wieder einschüchtern, bekam mehr und mehr Vorwürfe zu hören... Ich war diejenige, die wieder Schuld hatte "Schuldig, Simone"!
Ich gab klein bei, damit wieder alles gut war.

Ich habe keine große Familie mehr, wünsche mir nichts mehr, als eine eigene kleine Familie und bin sehr harmoniebedürftig... vielleicht zu sehr.

Wir fuhren nach Hause und alles war eigentlich gut. Bis auf das Wochenende und gestern. Gestern unser Streit ging gar nicht. Andauernd Handgreiflichkeiten, aus Versehen hat Andreas mich im Gesicht erwischt, weil er mich geschüttelt hat, dass ich angeblich wieder zur Vernunft komme. Jetzt habe ich einen kleinen blauen Fleck im Gesicht, den ich überschminken musste.

Ich möchte hier nicht alles beschreiben, was gestern in unserem Streit vorgefallen ist, aber ich weiß, dass ich so nicht mehr weiter machen kann.
Ich möchte mich trennen, mein Kopf sagt mir, lauf, so lange es noch nicht zu spät ist. Aber ich schaffe den Absprung einfach nicht.

Gestern abend hat er mich aus dem Bett geschmissen "Verpiss dich aus meinem Bett, das habe ich bezahlt." Ich habe mir meine Matratze geholt und wollte im Gästezimmer schlafen, die Tür abschließen. Er nahm mir den Schlüssel weg, sagte zu mir, ich solle wieder nach oben kommen, er hätte es nicht so gemeint. Ich übernachtete in dem Zimmer und das werde ich auch weiterhin tun.

Er versuchte mit mir zu reden, aber für mich gab es nichts mehr zu reden .Die Wunden sitzen zu tief.

Heute früh rief er im Büro an, fragte, ob ich es wirklich ernst meinen würde mit dem Ausziehen, dass wir uns trennen und ob es das wäre, was ich mir wünschen würde. "Die Frage stellt sich gar nicht" gab ich zur Antwort.
Natürlich hätte ich es mir anders gewünscht, aber so wie es jetzt ist, geht es nicht mehr. Das halte ich nicht mehr aus!

Andreas meinte, wir sollen die Therapie fortsetzen, unsere Paartherapie. Wir hätten doch noch so viele Träume gehabt, die wir gemeinsam hätten verwirklichen wollen.
Die Frage, die mich bedrückt ist: Therapie, gut und schön. Nur was, wenn ich als "Patient" innerhalb der Therapie nicht mal ehrlich sein kann? Was, wenn ich mir selber und auch dem Therapeuten immer irgendetwas vorspiele, um alles von mir zu weisen? Dann kann eine Therapie nicht helfen...

Der Absprung... ich bin fast 34 Jahre alt, jetzt noch einmal von vorne anfangen? Was kommt dann? Wieder alles neu anschaffen, Couch, Bett, Waschmaschine... Dann das allein sein... ich bin oft so labil, fühle mich allein. Freunde habe ich auch nicht viele, Familie auch nicht.

Aber mit Andreas zusammen bleiben? Auf Teufel komm raus? Wird sich etwas verändern? Was soll ich nur tun?

Heute kommt mein Vater, wir wollen noch einmal sprechen.

Ich halte das alles nicht mehr aus. Damals mit meinem Ex-Freund... in einem Jahr bin ich drei Mal bewusslos zusammen gebrochen, kam sogar ins Krankenhaus. Verdacht auf Gehirntumor, aber es war alles psychisch bedingt. Ich will nicht, dass das noch einmal passiert. Ich brauche meinen Job hier, bin stolz darauf, was ich mir beruflich aufgebaut habe. Ich möchte das alles nicht aufs Spiel setzen.

Liebe ich Andreas überhaut noch? Ich glaube, ich bin in totalem Gefühls-Chaos. Bitte gebt mir euren Rat, ich weiß einfach nicht mehr weiter.

Auf eine baldige Antwort hoffend,
eure Simone :-(

Anwort von Kerstin

Liebe Simone
In der Tat bist du scheinbar auf dem besten Wege, dh. du bist bereits mitten drin, dass sich da in deinem Leben böse etwas wiederholt.
Ich glaube nicht, dass ich viele Worte machen muß, denn du hast selbst das einzig richtige getan was man tun kann. Den Vorwurf du hättest es nicht versucht - du bist Schuld oder so weiter, kannst du dir nicht machen lassen.
Klar verspricht er jetzt --- glaubst du er wird es halten? Mal ehrlich??
Ja das Gefühlschaos ist da, aber lass dich nicht mit der Schuldmasche wieder in das Netz zurückholen.
Eine Paar-Therapie war ein guter Ansatz - doch bringt eine solche nur etwas wenn, wie der Name schon sagt, das Paar ein Problem hat. Bein einer Therapie muß auch der Wille zur Mitarbeit da sein und den sehe ich bei dem lieben Mann nicht, wenn er nicht mit der Wahrheit herausrückt. Hier hat doch wohl einer ein Riesenproblem mit sich selbst und tut noch dazu so, als wäre bei ihm alles in Butter.
Ob du da weitermachen willst, wo ihr aufgehört habt, mußt du für dich entscheiden. Das kann dir niemand abnehmen.
Ich würde dir raten vielleicht erst mal für deine geschundene Seele was zu tun. Versuch dir mal die Frage zu beantworten,wieso jemand wie diese beiden Männer so eine Macht über dich haben konnten.
Er spricht da von Träumen, die ihr zusammen verwirklichen wolltet. Hat sich davon einer schon bestätigt, oder ist aus dem Traum nur ein Albtraum geworden.
Es wäre schön wenn ich dir ein wenig geholfen habe --
Ich wünsch dir ganz viel Kraft!! Du schaffst das!!!
Alles Liebe Kerstin