Problem von Abijah - 23 Jahre

Bildungsunterschiede Mutter / Tochter

Hallo,

ich hatte heute mal wieder einen grossen Streit mit meiner Mutter. Ich kann nicht wiederholen, was sie mir alles gesagt hat. Hauptsächlich geht es aber darum, dass meine Mutter anscheinend nicht damit klar kommt, dass ich eine wesentlich höhere Bildung als sie erreicht habe ( studiere gerade Medizin nach einem 1er-Abi) und vielseitig interessiert bin. Ich interessiere mich für Politik, generell für das Weltgeschehen und was dahinter steckt, bin sehr belesen etc. Daher ist es auch so, dass meine Gesprächsthemen auch in diese Richtung gehen. Sie - und das meine ich nicht abwertend - hat halt mit 14 Jahren die Volksschule beendet, eine Friseurausbildung gemacht und danach ihr halbes Leben geputzt. Nun ist sie Frührentnerin mit 55 nach langjähriger Arbeitslosigkeit und verlässt ihre Wohnung nicht mehr. Sie guckt bis zu 12 Stunden Fernsehen am Tag ( am liebsten Sachen wie Frauentausch, Popstars und Big Brother), wenn sie nicht gerade schlafend auf der Couch liegt. Sie hat weder eine Perspektive noch Visionen und beschimpft mich nun als eingebildete Kuh, die glaubt, etwas Besseres zu sein, nur weil sie studiert.
Für mich ist es beispielsweise unverständlich, wenn man nicht weiß, dass Deutschland 16 Bundesländer hat. Soetwas führt dann zu Streiterien .
Ich habe in den Semesterferien in der Entwicklungshilfe in Äthiopien gearbeitet und möchte auch nach meinem Studium für Ärzte ohne Grenzen arbeiten. Seitdem beschimpft sie mich als Weltverbesserer, Nichtsnutz und kann nicht verstehen, dass besonders Deutschland immer für die Armen eintreten muss, während man sich doch ausschließlich um Deutsche kümmern sollte und die Anderen uns nichts angehen würden. Ich sehe das ja anders und finde, dass man als freies, demokratisches und wohlhabendes Land nun mal Verantwortung übernehmen muss. Und so geht es dann immer weiter..... Dann gibt ein Wort das andere!
Ich bin bereits seit 4 Jahren verheiratet und wohne seit einem Jahr im gleichen Mietshaus wie sie und ihr Mann.

Ich habe immer mehr das Gefühl, dass sie mich nicht so akzeptieren kann und ich ihre Ignoranz ebenfalls nicht ertragen kann.
Nun sagt sie seit einiger Zeit, dass nur ich daran schuld bin, dass aus ihr nichts geworden ist und ihr Leben anders verlaufen wäre, hätte sie mich nicht bekommen. Das verletzt mich zutiefst und ich bin nun extremst wütend.
Ich gehe ihr jetzt aus dem Weg und werde wohl hier wegziehen müssen.

Ich weiß nicht, was ich sonst machen soll. Wir hassen uns sonst immer mehr!
Wir sind einfach zu verschieden und sie macht mich nun für ihre Unzufriedenheit verantwortlich. Ich weiß nicht, ob diese unterschwelligen Töne von ihr bezüglich meines Studiums ( O-ton von ihr: "Ich sollte mir auch einen Laptop kaufen und das Internet nutzen. Vielleicht werde ich dann auch mal so schlau wie andere hier!) aus eigenen Komplexen resultieren oder wodurch auch immer. Jedenfalls habe ich andere Umstehende gefragt, ob ich eventuell arrogant herüberkomme. Aber mir wurde bestätigt, dass ich doch normal bin und mich wie immer verhalte und sie halt aus heiterem Himmel anfängt solche Bemerkungen zu machen.

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Wenn ich es mal so sagen darf: Deine Mutter hat offenbar nicht begriffen, dass sie selbst die Verantwortung für sich und ihr Leben trägt. Eine bittere Fraue, die auf ein Leben zurückschaut, dass sie vielleicht so nie wollte und jetzt einer jungen Frau gegenübersteht, die all das erreicht, wovon sie mal geträumt hat? Dir dafür aber die Schuld zuzuschieben, Dich klein zu reden, schlecht zu machen, ist ein übler Weg. Nicht nur, weil es Dir damit schlecht geht - sondern weil es ihr nicht hilft. Sich selbst größer erscheinen lassen, indem man andere klein drückt, lässt nicht wachsen.

Ich weiß nicht, ob ihr dieses Verhalten wirklich verändern könnt. Hast Du mal gefragt, ob ihr bewusst ist, was sie sagt und tut? Dass sie Dich verletzt und Du doch nur Deine Ziele im Leben anstrebst? Was genau wirft sie Dir vor? Frag sie mal.

Allein dadurch, dass Du so anders bist und lebst, gibst Du ihr wohl das Gefühl, weniger wert zu sein. Und dagegen lehnt sie sich auf. Vielleicht sind es zusätzlich noch kleine Gesten, Aussagen? Achte mal darauf, wie Du ihr gegenübertrittst und versucht, wirklich auf Augenhöhe mit ihr zu bleiben; sie auch zu akzeptieren, wie sie ist und lebt. Das, was man von anderen erwartet, sollte man schließlich auch tun. Okay, ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sie mit ihrem Leben, so wie es ist, zufrieden ist - aber das muss man ihr ja nicht vorhalten. Die Veränderungen liegen bei ihr; es sind ihre Entscheidungen.

Ihr habt euch wenig zu erzählen, was? Ich kann mir schon vorstellen, dass da die Themen ausbleiben und irgendwann nur noch 'gezickt' wird. Ihr steckt im Kreislauf der Vorwürfe und Vorhaltungen; seid ihr schon sauer aufeinander, bevor ihr euch überhaupt seht? Das abzuschalten ist ein schwieriger Weg - denn die Dinge sind passiert und ihr tragt sie mit euch. Aber einen Versuch wäre es wert. Drei mal durchatmen und dann unbefangen dem anderen in die Augen sehen und innerlich sagen: Ich nehme Dich so, wie Du bist. Nicht genervt sein, wenn sie erzählt, wer bei Popstars rausgeflogen ist - das ist ihre Welt, ihre Interesse. Genauso, wie Du auch erwartest und Dir wünschst, dass sie nicht die Augen rollt, wenn Du vom Studium erzählst. Einer muss den Kreis durchbrechen, einer damit beginnen.

Alles Gute!
Dana