Problem von Anonym - 23 Jahre

Freundschaft Ja oder Nein?

Hallo,

Dies wird nun ein langer und sehr ausführlicher Text und ich hoffe einen Rat zu erhalten, der mir bei meinem Problem weiterhelfen kann.

Ich bin Student und musste aufgrund eines Studienortwechsels, natürlich meinen Wohnort wechseln. Ich zog in Studentenheim und lernte, im wahrsten Sinne des Wortes, sehr interessante Menschen kennen. Auch einen, zu Beginn, recht schüchternen Studenten, der im Laufe der Zeit mein bester Freund werden sollte. Dass wir uns auf Anhieb gut verstanden haben, kann ich nicht behaupten. Ganz im Gegenteil: Ich hasste ihn sogar. Er war arrogant, egozentrisch, kaltblütig, angeberisch und unglaublich eingebildet. Viele dieser Eigenschaften trägt er noch in sich, doch man schaut eben einfach drüber hinweg. Darüberhinaus ist mir im Laufe der Zeit aufgefallen, dass unter seiner rauen Schale doch ein weiches Herz steckt. Mit aus diesem Grund war er der vertrauenswürdigster und bester Freund, den ich (immer noch) kenne.
Unsere Freundschaft hat sich mit der Zeit nach und nach aufgebaut. Zunächst waren es kurze Gespräche in der Gemeinschaftsküche. Mal gingen wir gemeinsam einkaufen, dösten unter der Sonne usw. Die gemeinsam Zeit und verschiedenste Ereignisse schafften eine enge Freundschaft und ein Vertrauen, das man in seinem Leben wohl sehr wenigen Menschen entgegenbringen kann. Wir sprachen sehr offen miteinander, verbrachten praktisch den ganzen Tag zusammen?wir verstanden uns wirklich super. Das ging so weit, dass sogar Gerüchte auftauchten, ob nicht etwas mehr zwischen uns bestand. Ich machte den Leuten klar, dass unsere Beziehung eine rein Freundschaftliche ist. Wir waren eben dicke Kumpels.

Wie ich schon sagte: Wir verbrachten den ganzen Tag zusammen. Ich hatte den Eindruck, dass ich mich auf ihn verlassen konnte. Es bestand und besteht immer noch ein großes Vertrauen zwischen uns. Ich bin mir immer noch sicher, dass er nichts tun würde, um mir zu Schaden. Dies beruht auf Gegenseitigkeit.

Bedauerlicherweise habe ich sein Vertrauen missbraucht. Ich verschaffte mir unerlaubterweise Zugang zu seinem Rechner (hacken) und ?..es war eben Blödsinn. Ich habe einige seiner wichtigsten Daten geklaut. Es war als Scherz gedacht. Er sollte sie am nächsten Tag wiedererhalten. Ich hatte nicht erwarten, dass er mir dies so übel nehmen würde. Er hatte angeblich sogar vor, mich zu verklagen. Auf dem Weg zum Richter, hätte er sich das Ganze noch anders überlegt und sein Vorhaben abgebrochen (er ist Jurastudent).

Er bekam seine Daten von mir zurück, doch meine Tat hatte böse Folgen. Er brach den Kontakt ab. Für mich war dies eine??es fühlte sich an, als ob ein wichtiger Mensch in meinem Leben herausgerissen wurde. Zunächst musste ich wohl abwarten, bis der Zorn sich gelegt hatte. Anschließend wollte ich mit ihm über den Vorfall reden. Etwa 2 Wochen später folgte unser erstes Gespräch. Ich wollte ihm klarmachen, dass mir der Vorfall sehr leid tut. Wir sprachen sicher länger als zwei Stunden, dennoch musste ich die bittere Wahrheit akzeptieren. Ich hatte sein Vertrauen gebrochen und er wollte für eine gewisse Zeit Abstand von mir halten, da er Zeit bräuchte, um die Geschichte zu vergessen. Ich wollte dies so nicht akzeptieren. Mir war klar ein ,,Vergessen? wird es nie geben und die Geschichte wird einen Fleck in unserer Freundschaft hinterlassen.

Unsere gemeinsamen Freunde konnten es nicht verstehen wie es so weit kommen konnte. Sie wollten mir helfen und gaben mir Hinweise wie ich mich verhalten sollte. Ich sollte warten, mit ihm Bier trinken oder Blumen/ Pralinen schenken. Also tat ich alles. Ihr hätten den Moment sehen müssen, als ich ihm die Blumen und Pralinen überreichte und dabei noch ein selbstgeschriebens Gedicht aus meinem Rucksack hervorholte. Vorlesen konnte ich nicht (peinlicher Moment), also musste er das Gedicht selbst lesen. Die Situation war eben ziemlich peinlich und wird saßen mit knallroten Gesichtern im Zimmer. Das Gedicht sollte mein Bedauern über meine Tat ausdrücken. Das Beste war: Es hatte geholfen. Pralinen, Blumen und Gedichte sind wohl die wahren Freundschaftsretter.
Dachte ich zumindest.

Die Zeit, in der er nichts mit mehr zu tun haben wollte betrug ca. 8 Wochen. In dieser Zeit hatte sich natürlich einiges geändert. Inzwischen ist er auch berufstätig und muss etwa 8h am Tag arbeiten. Darüberhinaus hat er andere Freizeitbeschäftigungen gefunden, wie Tischtennis und Kartenspiele. Ich wurde sehr schnell ersetzt durch zwei Heimbewohnerinnen. Wir hängen eben nicht mehr so einfach mal herum, gehen nicht mehr gemeinsam laufen oder schauen einfach mal fern oder?wir tun nichts mehr gemeinsam.

Ich hatte ihn natürlich darauf angesprochen, da ich mit dieser Situation nicht glücklich war. Er meinte, dass sich die Zeiten nun geändert haben. Da wäre zum einen seine Arbeit, und dass er zum anderen gerne das tut, was ihm Spaß macht (wer tut das nicht?). Das gab mir natürlich einiges zu denken. Seine Arbeit kann ich natürlich akzeptieren. Das ist normal und ich werde niemandem seinen Job vorwerfen. Mein Gedankengang ist eben dieser: ,,was ihm Spaß macht? habe ich ihn etwa früher so sehr gelangweilt?
Also wartete ich wieder. Es blieb dabei. Er geht arbeiten und gestaltet seine Freizeit mit den zwei Bewohnerinnen. Auf eine gewisse Art und Weise kann ich ihn ja verstehen, da die beiden Damen wirklich sehr reizende Personen sind, dennoch hatte ich gehofft, dass unsere Freundschaft Platz in seinem neuen Leben findet. Er hat den Vorschlag gemacht, dass wir hin und wieder ins Kino gehen könnten.
Sollten wir mal mit unserer Gruppe weggehen ist eine Unterhaltung mit ihm nicht möglich. Meine Versuche werden mit einsilbigen Antworten abgebockt, so dass die Unterhaltung gleich ein jähes Ende findet.

Ich bin mit meiner Geduld am Ende. Ich habe um diese Freundschaft gekämpft, in einer Weise, die den Rahmen dieses Briefes sprengen würde. Wie ich schon am Anfang meiner Mail geschrieben habe. Das Vertrauen ist nach wie vor da. Ich würde ihm mein Leben anvertrauen und umgekehrt, da bin ich mir trotz meiner Schuld sicher, besteht dieses Vertrauen auch. Dafür habe ich sehr viele ,,Beweise? gesehen. Mir fehlt die gemeinsame Zeit. Trotz dieses Gefühls, sagt mit mein Verstand, dass nun Zeit ist aufzugeben und die Freundschaft (sofern überhaupt noch nötig) zu beenden und mit ihm kein Wort zu wechseln (wir wohnen praktisch Tür an Tür). Ich bin mir nicht sicher, ob ich diesen Weg gehen sollte oder ob ich vielleicht noch andere Möglichkeiten habe. Vielleicht könnt ihr mir einen Rat geben.

Anwort von Elaine

Hallo,

das was du gemacht hast war ein sehr großer Fehler und damit hast du das Vertrauen deines Freundes total verletzt und missbraucht. Ich glaube dir das es dir sehr Leid tut und du es nie getan hättest, wenn du wirklich den Ausmaß der Folgen gekannt hättest, dennoch kann man das Geschehene nicht ändern und so ein Vertrauensbruch hinterläßt immer Spuren.
Auch wenn dein Freund dir wieder Vertraut und sicher im inneren auch weiterhin dein Freund sein will, ist er sehr verletzt und es scheint nicht so als würden diese Wunden schnell heilen. In der Zeit in der ihr keinen Kontakt hattet, hat er sich ein "neues" Leben aufgebaut und nun ist er nicht bereit als das aufzugeben wie mir scheint.
Dennoch denke ich nicht das du den Kontakt nun ganz abbrechen solltest.
Ich kann verstehen, das du langsam am Ende deiner Kraft angekommen bist, weil du schon lange um die Freundschaft kämpfst und es zeigt sehr, das dir wirklich etwas an ihm liegt, dennoch kannst du nichts beschleunigen.
Du solltest einfach weiter Intresse an ihm zeigen, fragen ob er nächste Woche einen tag Zeit hat, versuchen weiter etwas mit ihm zu unternehmen und ihm zeigen, das du ihn nicht verlieren willst. Vielleicht solltest du auch nochmal mit ihm reden und es ihm sagen. Frag ihm, ob er nicht immer zumidnest einen Tag in der Woche für dich Zeit nehmen kann, so könnt ihr euch langsam immerweiter annähern.
Ich weiß nicht ob ihr je wieder soviel zeit wie früher miteinander verbringen werdet, aber versuche immer, den Kontakt aufrecht zu erhalten.

Alles Gute und liebe Grüße