Problem von anonym (w) - 16 Jahre

Familie zerstritten, Probleme mit mir selbst

Guten morgen erst ein Mal.

Schon seit etwas längerer Zeit läuft bei mir so einiges schief.
Angefangen hat alles vor 6 Jahren, als ich 10 war.
Genau erinnern kann ich mich auch nicht mehr.
Ich war mit meiner Großmutter mehrere Wochen zu Besuch bei meinem Onkel, meiner Tante und meiner Cousine.
Meine Cousine und ich waren an dem Abend irgendwie besonders gut drauf und hatten einen endlosen Spaß daran, ihren Vater, meinen Onkel etwas zu necken.
Irgendwann ging ihm das ganze zu weit, er wurde wütend und begann zu schreien. Meine Cousine und ich lachten weiterhin. Irgendwann nannte ich ihn Arschloch. Das war das erste Mal, dass ich so etwas gegenüber einem Familienmitglied gesagt hatte. Ich meinte es nicht ernst, ich hatte meine fünf Minuten. Mein Onkel verstand das nicht und tickte völlig aus.
Meine Oma ergriff Partei für mich. Das gefiel ihm nicht. Er nannte sie H***, mich einen B******, eine Vaterlose Missgeburt. Ich war zehn. Ich wusste nicht, wieso er das alles sagte. Ich weinte ziemlich viel.
Meine Oma hatte unsere Sachen zur Abreise gepackt, ich wollte bleiben. Ich wollte meine Freunde dort sehen, meine Cousine und meine Tante. Meinen Onkel auch. Ich liebe ihn wie einen Vater.
Als ich meiner Oma sagte, dass ich bleiben möchte, rastete sie aus. Sie verschwand zwei Wochen lang. Am selben Abend noch rief ich meine Mutter an. Die konnte mir nicht helfen. Sie wusste nicht wo Oma war, ich solle Ruhe bewahren.
Nach zwei Wochen trat ich mit zehn allein die Abreise an. Meine Oma saß im selben Reisebus wie ich. Sie sprach nicht mit mir.
Dazu muss ich noch erwähnen, dass meien Großeltern, die Eltern meiner Mutter also bei meiner Mutter und mir wohnen. Sie wollten meiner Mutter eine Stütze sein, nachdem er sie im Kreissaal verließ.
Zu Hause angekommen ging das ganze weiter. Ich wurde zwei Monate lang ignoriert. Meine Mutter auch, sie hatte mich beschützen wollen und war somit das schwarze Schaaf.
Irgendwann sprach sie wieder mit uns. Ohne eine Aussprache schien alles in Ordnung zu sein.
Solche Probleme traten noch öfters auf. Desto älter ich wurde, desto mehr Freiheit wollte ich. Meine Mutter hatte mir im Vertrauen genügend Freiheit geschenkt. Das gefiel meiner Großmutter gar nicht. Mein Opa hielt sich immer aus allem raus.
Meine Mutter musste sich Dinge anhören wie, sie würde mich schlecht erziehen.
Das war damals schon hart für mich sowas zu hören.
Bis ich 11 war, war für mich eigentlich alles in Ordnung. Mich strapazierten die Ignoranz und die Vorwürfe meiner Großmutter zwar sehr, aber mit der Zeit vergaß ich das.
Als ich dann nun 11 war, lernte meine Mutter einen Mann kennen. Sie waren lange Zeit ein Paar. Meine Mutter hatte eine wahnsinnige Angst, es meiner oma, IHRER EIGENEN MUTTER, das zu erzählen.
Sie verheimlichte es. Irgendwann kam meine Oma dahinter. Sie beschimpfte erst mich, dann meine Mutter.
Meine Mutter sei eine H***. Sie würde sich nicht um mich kümmern. Andere Männer seien ihr wichtiger als ihre eigene Tochter. Das hab ich nicht verkraften können. Ich war wütend auf meine Oma. Sie sagte noch viele andere Dinge, die mich sehr verletzten. Irgendwann sagte ich dann zu ihr, sie solle doch ausziehen.
Sie hat es bis heute nicht getan.
Zwischenzeitlich beruhigte meien Oma sich.
Bis vor einem Jahr. Vor einem Jahr sackte ich ziemlich in der Schule ab. Die immer häufiger werdenden Auseinandersetzungen mit meiner Oma, der Leistungsdruck den sie auf mich ausübte... Das wurde mir zu viel.
Ich fing an die Schule zu schwänzen, meine Hausarbeiten zu vernachlässigen, belügte meine Mutter. Ich klaute Geld. Ich klaute Zigaretten. Mama konnte mir verzeihen...
Meine Oma machte mich kontinuierlich fertig. Ein Mal, saß ich meinem Zimmer, ich hatte Besuch, meine Oma kam rein und fing an zu schreien. Ich soll um 23 Uhr daheim sein, sonst stünde ic später vor verschlossenen Türen. Meine Mutter war zu der Zeit bei ihrem Freund in Berlin. Als ich ihr sagte, dass ich etwas später da sein werde, und auch nicht alleine nach Hause käme rastete sie völlig aus. Sie machte mir eine Szene vor meinen Freundinen, beschimpfte mich als S*******, als H***. Ich hatte einige Tage zu vor meinen Freund mit nach Hause gebracht, der schon öfter da war. Das schien für sie kein Argument zu sein.
Sie sagte ich sei billig. Ein Bordell. Jeder könne mal über mich drüber rutschen. Meine Mutter hätte ich so in die Verzweiflung getrieben, dass sie vor mir weglaufen würde.
Ich wollte das nicht hören. Ich rief meine Mama an und sagte ihr, ich würde nicht daheim schlafen. Oma ist ausgetickt. Ich würde ihr morgen bescheid sagen.
Als ich am nächsten Mittag Heim kam, war mein Zimmer verwüstet. Kleider wurden aus dem Schrank geworfen auf dem Boden verteilt. Das Bett sah wie zerrupft aus. Mein Aschenbecher war auf den Boden geleert worden. Der Laptop lag auf dem Boden. Verschiedene Parfum Flacons lagen in Scherben auf dem Boden.
Ich sagte nichts, ich zog meine Jacke aus und wollte mich an die Arbeit machen. Da kam sie wieder rein. Sie fing an zu schreien. Wischte mir eine. Wenn ich nicht aufräumen würde, würd ich noch was erleben. Dann schlug sie fester zu. Meine Wange brannte. Ich war so wütend. Ich schubste sie weg. Es passierte nichts. Sie war entsetzt. Sie rief meinen Opa und sagte, ich hätte sie geschlagen. Der ging mir an den Hals und wollte mich würgen. Ich griff mir mein Handy rannte ins Bad und verrammelte die Tür. Die beiden schrien und beschimpften mich. Aufgelöst hatte ich meine Mutter angerufen. Sie konnte mir nicht helfen. Ich solle mich bitte beruhigen das Zimmer aufräumen und zu einer Freundin gehen, bis ich sie vom Bahnhof abholen konnte. Meine Mutter tat mit Leid, sie hat sich furchtbare Vorwürfe gemacht.
Sie macht sich diese immer noch. Dabei fühle ich mich schuldig an der ganzen Misere.
Zu diesem Fiasko kommt, dass ich mich schlecht fühle. Ich fühle mich leer, ausgelaugt, nutzlos. Ich komme mir schmutzig vor, ich habe das Gefühl, das falsche zu tun.
Nach Aussen hin zeige ich das nie. Ich versuche immer standhaft zu wirken. Ich gehe mit einer gewissen Arroganz und Unantastbarkeit durch die Welt. Ich bleibe aber immer nett und offen. Ich versuche anderen zu helfen. Ich arbeite ehrenamtlich mit Kindern. Ich beschäftige mich mit anderen Problemen.
Und dann merk ich an Tagen wie heute, wie scheisse es mir geht.
Ich stehe auf, will mich fertig machen, einen Kaffee trinken eine Zigarette rauchen und zur Schule gehen. Ich bleibe liegen. Ich liege im Bett und starre die Decke an. Ich fühle mich kraftlos. Ich kann nicht ein Mal weinen. Ich habe nicht genug Kraft zum weinen.
Nach Aussen hin soll alles so schön wie es geht wirken, aber in mir geht im Grunde genommen alles ganz anders vor.
Ich habe schon überlegt einen Psychologen aufzusuchen. Jemand, mit dem ich wirklich darüber reden kann. Aber da ist mein Stolz mir im Weg. Ich traue mich nicht einen Termin zu vereinbaren. Weder weiss ich, was ich sagen soll, noch traue ich mich nicht. Ich will nicht verweichlicht wirken.
Ich weiß einfach nicht mehr weiter. Ich weiß nicht wohin mit meinem Kopf. Mit meinen Gedanken. Mit meiner Zukunft. Ich lasse die Schule hängen. Ich hab über ein Jahr Stoff verpasst. Ich werde diese Klasse wiedrholen müssen. Ich weigere mich. Ich hatte immer den Wunsch eine Diplompädagogin zu werden. Jetzt denke ich ernsthaft daran, meinen Abschluss an der TAS zu machen und etwas zu machen, was ich nicht will. Ich habe Angst, mir ein Mal mein eigenes Leben vorspielen zu müssen. Aber genug Kraft und Elan um etwas zu tun, damit ich mir mein Leben nach Wunsch gestalten kann, habe ich nicht.
Ich weiß einfach nicht mehr. Ich habe Angst, dass ich bald noch nicht ein Mal mehr die Kraft habe zu lügen. Ich will den anderen nicht zeigen, dass ich eigentlich ein Trauerkloß bin. Ich habe solche Angst vor der Zukunft... Vor dem was kommt...
Zu der Situation mit meinen Großeltern; nach dem so viel vorgefallen ist, hat meine Mutter endlich genug Mut gehabt zu sagen, dass wir bald ausziehen. Nächsten Monat ist es soweit.

Ich weiß, dass ich keine professionelle Hilfe erwarten kann. Aber ein Ansporn, ein kleiner Stups würde reichen.

Lieben Gruß.
Ich würde mich über eine baldige Antwort sehr freuen.

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

Schaffst Du es, im Umzug einen kompletten Neustart zu sehen? Nicht nur die Möbel werden einen neuen Platz finden, sondern auch Du. Nicht nur die vielen Papiere und Dinge werden aussortiert, sondern auch die Seele ein Stück weit? Nicht nur die neue Wohnung wird gestaltet und dekoriert, sondern auch die Wünsche an die Zukunft? Manchmal funktioniert das sehr gut. Ob Dir das ausreichen kann, um zu Dir selbst zurückzufinden und Dich innerlich auch neu zu sortieren, Deine Ziele wieder anzupacken, kann ich natürlich nicht sagen.

Sollte es nicht ausreichen, dann habe ich nur den Rat der fachlichen Hilfe. All die Erinnerungen, Erfahrungen und Erlebnisse müssen dann aufgearbeitet und verarbeitet werden. Du kannst Dich dafür jederzeit an einen Arzt wenden oder auch an die Familienberatung in Deiner Stadt.

Zu stolz, um Hilfe anzunehmen? Ist es wirklich leichter, allein so weiterzumachen, immer mehr abzubauen, immer mehr Lebenslust und Lebensmut zu verlieren, als diesen Stolz beiseite zu schieben? Und wie groß ist wohl der Stolz eines Tages auf Dich selbst, wenn Du wieder die Kraft hast, Deine Ziele zu verfolgen und Dir die Wünsche für die Zukunft zu erfüllen. Ich denke, diesen Stolz solltest Du anstreben. Nicht den, der Dich davon abhält, Dich um Dich selbst zu kümmern.

Alles Gute!
Dana