Problem von Anonym - 17 Jahre

Die schlimmste Beleidigung für mich

Ich bin 17 Jahre alt und lebe seit meinem 15. Lebensjahr in einem "Kinderheim" (ich finde, dass dieser Begriff viel zu negativ besetzt ist). Ich bin keines von diesen Kindern die ins Heim gekommen sind, weil sie verhaltensauffällig oder kriminell sind; nein, ich bin im Heim, weil ich es so wollte. Ich möchte gerne etwas weiter ausholen: Mein Vater starb, als ich noch nicht einmal ein Jahr alt war. Für mich war das nie besonders schlimm, da ich ihn ja nie wirklich kannte. Meine Mutter stürzte sich danach von einer Beziehung in die Nächste. Das Problem dabei war, dass sie sich immer die falschen Männer aussuchte: meistens waren es Alkoholiker. Wir Kinder (ich habe 3 große Geschwister) mussten so einiges durchleben. Als ich 12 war lernte meine Mutter einen Mann kennen, der über 250km von unserem damaligen Wohnort lebte. Wir zogen für diesen Mann um, ich ließ mein komplettes altes Leben hinter, obwohl ich dort restlos glücklich war. Dieser Mann war auch ein Alkoholiker! Es folgte eine wirklich harte Zeit. Meine "Eltern", denn meine Mutter heiratete diesen Mann, stritten sich so gut wie jeden Tag. Und es war nicht nur Streit. Über 15-mal musste ich völlig verzweifelt die Polizei anrufen, weil es zu heftig wurde. Alkohol, Gewalt. Meine Mutter versuchte sich umzubringen. Ich war dankbar für jede Sekunde die ich nicht zu Hause verbringen musste. Die Schule war ein Segen. Ich bin ein ausgesprochen guter Schüler, trotz all dieser Schwierigkeiten schaffte ich es, immer Jahrgangsbester zu sein. Meine großen Geschwister waren schon alt genug und schon länger ausgezogen. Mein großer Bruder hielt es auch nicht mehr lange aus und ging. Ich blieb aus verzweifelter Hoffnung auf bessere Zeiten. Dennoch, als es nicht mehr auszuhalten war, hatte ich den meiner Meinung nach stärksten und schwersten Moment in meinem ganzen Leben: Ich entschied mich fortzugehen. Das war das erste Mal, dass ich wirklich dachte etwas in meinem Leben ist richtig gelaufen. Ich zog ins Heim. Meine Situation besserte sich schlagartig. Hier sind Leute die mich verstehen, die mit mir reden, die sich niemals untereinander streiten, die immer für mich da sind. Niemand von denen versucht sich umzubringen. Niemand von denen wirft nachts um drei bessoffenerweise unseren halben Geschirrbestand an die nächste Wand. Nein. Ich war angekommen in meinem Leben. Seit ich hier bin kann ich wieder lachen, ich habe ein Leben! Ich bin jemand! Meine schulischen Leistungen wurden noch besser! Und dafür bekomme ich etwas, das ich vorher nie kannte: Anerkennung.
So das zu Vorgeschichte.
Nun mein Problem:
Als ich und ein paar Freunde neulich zusammenkamen und einfach nur redeten, geriet ich in eine Diskussion mit einem meiner Freunde. Diese wurde immer erhitzter und wie das dann so ist, wird die Sache beiseite gelegt und die Person angegriffen. Beleidigungen fielen. Und dann passierte es:
Mein Freund nannte mich ein "dreckiges Heimkind" und wiederholte dies einige Male voller Häme. Nun eigentlich sehe ich nichts schlimmes daran ein Heimkind zu sein, wie oben erklärt, aber dass einer meiner Freunde (!!) dies zu mir in einem Moment sagt, in dem es ihm nur darum geht, mich zu beleidigen, hat mich total fertig gemacht. Ich habe nicht geweint, als meine Mutter sich den Arm aufschnitt. Ich habe nicht geweint, als mein Stiefvater meine Mutter würgte. Ich habe nicht geweint, als mein Bruder uns verließ. Aber in diesem Moment musste ich weinen. Ich hoffe, Sie können das nachvollziehen. Ich redete mit meinen anderen Freunden darüber. Sie kritisierten das Verhalten des "Beleidigers" und meinten es wäre für sie nicht wichtig, wo ich wohne. Meinen die das ernst? Ist der "Beleidiger" wirklich mein Freund? Warum war das für ihn die schlimmste Beleidigung, die er mir entgegenbringen konnte?

--

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich!

"Warum war das für ihn die schlimmste Beleidigung, die er mir entgegenbringen konnte?" Weil er Dich kennt und weiß, dass es für Dich schlimm ist, derart beschimpft zu werden. Sieht so aus, als habt ihr / hat er im Streit dann nur noch verletzen wollen - und dann greift man oft zu Mitteln, die auch ein Stück zu weit gehen und nicht nur verletzen, sondern nahezu erschüttern. Schau Dir mal Deine Seite dazu an: Was hast Du zu ihm gesagt? Bist Du nicht auch an seine empfindlichste Stelle oder hast es versucht?

Ich will ihn nicht in Schutz nehmen und nicht rechtfertigen - aber verständlich machen, was da passiert ist. Ob diese Freundschaft weiterhin existieren kann, entscheidest Du.

Warum sollten Deine Freunde Dich belügen und Dir verheimlichen, dass es ihnen nicht egal ist, wo Du lebst? Warum sollten sie dann diese Freundschaft führen? Würde es ihnen etwas ausmachen, dann wäre es nie zu dieser Freundschaft gekommen.

Alles Gute!
Dana