Freundin wird sexuell belästigt
Hallo erstmal,
ich habe ein sehr umfangreiches Problem, bei dem ich ganz einfach nicht mehr weiter weiss. Es ist sehr kompliziert und ich würde nicht um Rat fragen, wenn ich mir nicht schon umfangreiche Gedanken darum gemacht hätte. Ob ihr mir helfen könnt, weiss ich nicht ... aber ich greife momentan nach jeden Strohhalm.
Es geht darum ... eine Freundin von mir (15) wird seit Wochen von ihrem Stiefvater verfolgt und sexuell belästigt. Begonnen hat es bereits vor Monaten, als ihre Mutter und sie noch mit ihrem Stiefvater zusammen gewohnt haben. Sie hat mir erzählt, dass er sie oft "verfolgt" hat, wenn sie duschen gegangen ist, oder sonst wohin, er hat sie beim duschen beobachtet, beim umziehen. Ihre Mutter hat ihr sogar erzählt, dass er Fotos und Videos von ihr gemacht hatte und oft an der Tür stand und gespannt hat. Die Mutter hat lange nichts getan ... aber sich letztendlich doch getrennt.
Nun ist es aber nur schlimmer geworden. Er hat ihr bereits mehrmals draussen aufgelauert, hat sie bedrängt, an Brüsten und unter dem Rock angefasst, gesagt das er sie braucht und zu sich holen wird. Dass er ihr alles gibt was sie will und das sie es bereuen wird, wenn sie nicht tut was er will. Es war sogar einmal eine Freundin von uns dabei als es passierte, und ein anderes Mal ist zufällig ein weiterer vorbeigekommen und hat ihn verjagt. Ihr Vater ist meiner Meinung nach unberechenbar ... er ist auch schon oft ausgerastet und hat sie geschlagen. Sie hatte letzte Woche auch mit ihm telefoniert, um zu fragen, was er denn genau wolle. Er hatte dann erstmal lange geredet, dass er jede Sekunde an sie denkt, sie nichts dagegen machen kann, dass er jeden Tag Sex will, was er noch alles mit ihr machen will usw. ich will das garnicht weiter ausführen.
Sie ist natürlich absolut fertig. Dazu muss ich was zu ihr erzählen. Sie hat ADS und ist stark suizidgefährdet. Sie ritzt sich, und war vor kurzem im Krankenhaus, weil sie sich den Arm aufgeschnitten hatte, nachdem ihr Vater sie mal wieder gefasst hatte. Ich war gerade im MSN und habe mit ihr geschrieben, und konnte rechtzeitig die Mutter informieren, sonst wäre es zu spät gewesen, sie ist fast verblutet.
Ihre Mutter weiss von dem was ihr Vater tut nichts, sonst wäre ja längst die Polizei eingeschaltet. Sie weiss nur von mir, dass er mal 3 Stunden vor ihrer Haustür auf sie gewartet hatte, worauf die Mutter ihm mit einer Anzeige gedroht hatte. Wenn sie wüsste, was sonst noch passiert ist ... aber meine Freundin will auf garkeinen Fall das irgendjemand etwas weiss. Sie hat zu viel Angst, vor ihrem Vater, dass er ihr dann sonstwas antut, sie schämt sich, will nicht das irgendjemand etwas weiss darüber. Und weitere Gründe, die ich nachvollziehen kann, aber kein wirkiches Argument sind.
Ich weiss das alles, da ich ihr bester Freund und engster Vertrauter bin. Mir vertraut sie mehr als jedem anderen, daher weiss ich eben nicht ob ich es einfach ihrer Mutter erzählen soll, damit sie ihn anzeigt. Was wäre dann? Sie hat zwar Zeugen und SMS als Beweise, aber reicht sowas? Für sowas wird der doch nicht weggesperrt! Der dreht nachher nur noch mehr durch, dem ist alles zuzutrauen. Und wenn er sie wirklich vergewaltigt, bin ich sicher das sie sich selbst umbringen wird ... das hält sie niemals mehr aus.
Ich habe einfach keine Ahnung was ich am Besten tun kann. Ich war immer gegen die Todesstrafe ... aber bei solchen Leuten ... sie hat niemals jemandem was getan, sie ist die liebste Person der Welt! Und sie erlebt soviel scheisse, es ist ein Wunder das sie noch lachen kann. Ich habe ja mehrere Schicksalsschläge in ihrem Leben garnicht erwähnt. Das kann doch so nicht gehen, irgendwas muss man tun können!
Ich hoffe auf eine Antwort, bin für jeden Rat dankbar.
Liebe Grüße, Simon
Anwort von Dana
Grüße Dich, Simon!
Auch ich kann ihre Gründe ein Stück weit nachvollziehen - aber ich sehe nur zwei Varianten: Darüber sprechen, Anzeige erstatten und ihm damit auch zeigen, dass er nicht alle Macht über sie hat oder aber die Situation halten, wie sie ist und darauf warten, dass es schlimmer wird. Die Angst, dass das durch eine Anzeige passiert, kann ich schon verstehen. Aber es wurde auch so mehr und schlimmer und ich fürchte, es wird so weitergehen. Von allein wird er nicht aufhören; daher ist die Öffentlichkeit und die polizeilichen Ermittlungen wohl der einzige Weg, wieder Kontrolle zu gewinnen.
Was würde passieren? Nun, wahrscheinlich hast Du recht und er wird dafür ggf. nicht 'weggesperrt' und wenn, dann nicht für alle Ewigkeiten. Aber so gäbe es z.B. die Handhabe, eine einstweilige Verfügung und erwirken, dass er sich ihr nicht mehr nähern und keinen Kontakt aufnehmen darf. Jeder Verstoß wäre dann eine weitere Straftat und sobald er anruft, sich zeigt o.ä. könnt ihr / kann sie die Polizei anrufen.
Du bist ihr engster Vertrauter - aber d.h. nicht, dass Du die Situation für sie lösen kannst. Es reicht nicht, mit Dir darüber zu sprechen, denn die Veränderungen liegen nicht bei Dir. Sie braucht mehr Unterstützung. U.a. auch die von ihrer Mutter. Wie soll sie auf ihre Tochter eingehen können, sie auffangen, wenn sie gar nicht weiß, was wirklich los ist? Sie kann nur dann die Rückenstärkung im vollen Umfang bekommen, wenn sie auch bereit ist, es nicht mehr nur mit sich selbst auszumachen und die Hilfe von außen auch anzunehmen.
Die Polizeidienststellen beraten auch gerne; es ist nicht so, dass mit dem Schritt ins Gebäude eine Anzeige bereits besiegelt wäre. Vielleicht wäre das eine Art Kompromiss, auf den sie sich einlassen kann? Ich denke, auch eine Beratungsstelle kann ihr / euch weiterhelfen mit mehr fachlichem Wissen als ich es habe. Wo ihr eine in der Nähe finden könnt, könnt ihr hier ersehen:
http://www.wildwasser.de
Und noch etwas: Sie sollte sich klar wehren und laut 'Nein' sagen; nicht anhören und aushalten. Sie darf schreien, sie darf treten, wenn er sie anfasst. Ganz deutlich für alle um sie herum und auch für ihn. Sie will es nicht! Und das muss deutlich werden. Ich kenne sie nicht un weiß nicht, wie gut sie das schafft; aber z.B. eine Selbstverteidigungskurs kann ihr dabei helfen. Es ist gar nicht so leicht, wie man denkt, auf offener Straße laut loszuschreien.
Alles Gute!
Dana