Problem von Anonym - 33 Jahre

Wie kann ich unsere Beziehung retten?

Wir sind seit dreizehn Jahren zusammen, seit zwölf Jahren wohnen wir zusammen und seit 1,5 Jahren sind wir verheiratet.
Wir kennen uns in- und auswendig und verstehen uns auch ohne viele Worte.
Er hat einen großen Freundeskreis aufgrund seines Hobbies, dem er mehrmals in der Woche und am Wochenende nachgeht. Auch ich gehöre in diesen Freundeskreis und treffe diese Leute regelmäßig, wenn alle abends unterwegs sind. In diesem Freundeskreis gab es im letzten Winter einen unerwarteten Todesfall. Seit dem ist mein Mann wie ausgewechselt: er war noch nie ein Typ der vielen Worte, aber jetzt hat er sich noch mehr zurückgezogen und scheint alles in sich hinein zu fressen.
Nachdem ich durch Zufall ein Foto von einer anderen bei seinen Sachen gefunden habe, habe ich ihn daraufhin zur Rede gestellt. Die Situation eskalierte und im Gespräch wurde es von ihm so dargestellt, dass ich ja schließlich wüsste, wie es bei uns läuft... sprich: nicht der Rede wert. Von wegen! Das Mädel auf dem Foto ist schließlich jemand aus unserem Freundeskreis...
Ich habe sie direkt auf diese Situation angesprochen und sie war sehr geschockt; denn sie ist selbst in einer langjährigen festen Beziehung und ihr Freund ist ein enger Freund meines Mannes.
Nach etlichen Versuchen meiner Seite zu einem Gespräch mit ihm, kam heraus, dass es ja schließlich schon seit längerem kriselt (Ich frage mich nur seit wann; denn dieses Gefühl hatte ich nicht) und dass er einiges in seinem Leben vermisst. Er hat Bedürfnisse, die nicht erfüllt werden und im Gegenzug weiß er, auch ich habe Bedürfnisse, die er nicht erfüllen kann. Das war mir bis dahin nicht klar: wenn er mir seine Bedürfnisse nicht mitteilt, kann sich auch nichts verändern; denn schließlich kann ich leider keine Gedanken lesen!!!
Hinzu kam, dass er mir eröffnete, dass er seinen Partieabenden von vor fünfzehn Jahren hinterher trauert, er das Verliebtsein vermisst und sich nicht sicher ist, ob er noch Gefühle hat, er möchte leben.
Das alles hört sich für mich nach einer handfesten Midlifekrises an.
Alles was er angeblich vermisst, versucht er ja gar nicht zu erreichen. Ich habe das Gefühl, als erwarte er, dass er morgens aufwacht und in eine andere Zeit gebeamt wurde, in der alles rosarot ist. Aber von Nichts kommt Nichts! Ich muß doch meinen A**** selbst hoch bekommen, wenn ich merke, es fehlt mir etwas und ich bin im Moment mit all dem nicht zufrieden? Er sagt selbst, dass der Tod im Freundeskreis ihm gezeigt hat, wie schnell alles zu Ende sein kann.
Es nervt ihn vieles an, aber kriegt es nicht gebacken an der Lage etwas zu ändern, z.B. seine Arbeit ist blöd aber sich nach was anderem umzusehen schafft er nicht, seit Jahren wollen wir umziehen, aber keiner verfolgt dieses Ziel wirklich. Das zeigt mir aber nur, dass es hier auch um Sicherheit geht und dass man das was man hat, nicht so einfach aufgeben kann.
So sehe ich auch unsere derzeitige Beziehung: Sicherheit- es ist jemand da auf den ich mich verlassen kann aber irgendwie steht jeder mit seinen Ängsten alleine da.
Tagtäglich mache ich mir Gedanken und versuche das, was er mir vorgeworfen hat, zu ändern. Aber ich vermisse sein Engagement etwas zu ändern oder zu verbessern. Ich weiß noch nicht mal, ob ich ihm noch wichtig bin; denn das weiß er selbst auch nicht.
Komisch ist nur, wenn wir abends dann doch noch unterwegs sind mit Freunden o.ä. ist er offen, lacht, hat Spaß mit mir- sind wir dann wieder in unseren eigenen vier Wänden bleibt der Großteil der Komunikation aus.
Sein bester feund hat mir neulich erzählt, dass mein Mann vor kurzem gesagt hat, als er auf einer Partie war und der Rest dazu keine Lust hatte, er wäre jetzt lieber mit mir hier, denn dann könnte er wenigstens richtig Partie machen. Oder wenn ich mit einer Freundin am Abend unterwegs bin, er ihr genau sagt, wie sie auf mich und meinen Diabetes aufpassen soll.
All diese Situationen zeigen mir schon, dass ich ihm nicht ganz egal geworden bin und er trotzdem für mich Verantwortung übernimmt. Allerdings zeigt er mir dies nicht direkt, sondern ich erfahre dies hintenrum. Und so schöpfe ich Mut und hoffe, dass wir das wieder hinkriegen. Trotzdem bin ich mit meiner Kraft am Ende und weiß nicht woran ich bin oder ob er vielleicht mit der ganzen Situation schon abgeschlossen hat. Ich erwische mich immer öfter mit dem Gedanken, wie es wohl wäre, wenn ich einfach ausziehen würde... und das will ich gar nicht.
Wahrscheinlich ist ihm mitten in seine Midlifekrises gar nicht mehr bewusst, was Liebe ist, dass das Alltägliche bei jedem Paar Einzug hält und keiner wirklich über etliche Jahre das verliebte Gefühl behalten kann. Alles und Jeder verändert sich. Man wächst in sein Leben hinein und erangiert sich mit dem was man hat und sich aufgebaut hat. Zeiten, die er hinterher trauert, haben sich auch verändert.
Mittlerweile habe ich sogar Angst davor ihm meine Gefühle und Bedürfnisse zu offenbaren, da ich Angst vor einer Abfuhr habe- andererseits kann er es aber auch so verstehen, dass ich mit dem abgeschlossen habe und er sich weiter von unserer Beziehung entfernt...
Ich weiß nicht mehr weiter. Was kann ich tun und was liegt in meiner Kraft? Kann ich Erwartungen haben? Muß nur ich die Initiative ergreifen? Soll ich abwarten und Tee trinken?
Das was mir im Kopf rum geistert teile ich ihm schriftlich mit- da die Gespräche sonst nur von mir ausgehen und er lieber alles mit sich selbst ausmachen will. Er stellt sich gerne als der starke, unantastbare und durch nichts- aus- der Ruhe- bringende- Kerl da. Für Alles und Jeden hat er gute Ratschläge aber für sich nimmt er diese nicht an.
So- jetzt kommt ihr dran! Für Tipps und Tricks bin ich dankbar und vielleicht habt ihr ja noch Ideen, die mir noch nicht eingefallen sind?!

Lieben Gruß und Danke im voraus

Anwort von Marius

Hi,

du hast Recht damit, dass ihn seine Vergleiche mit der Vergangenheit im JETZT leiden lassen. Immer wenn diese Gedanken durch seinen Kopf jagen, stellt er automatisch einen Vergleich mit dem jetzt an und leidet.
Er hat lange Zeit in einer Illusion gelebt und die wurde ihm genommen als er den Todesfall erlebt hat. Dadurch stellt er jetzt alles in Frage und will vergleichen. Immer wieder vergleichen. Ist das was ich habe gut genug? Ist das was ich habe nicht schlechter als das in der Vergangenheit? Das Problem dabei ist einfach, dass uns Erinnerungen oft zu schaffen machen. Wir dürfen die Gedanken an die Erinnerung nicht die Oberhand überlassen, denn wir leben im jetzt.

Das große Problem ist, dass die Menschen ihre eigenen Gedanken oft nicht in Frage stellen. Menschen müssen SICH in Frage stellen, denn die Menschen denken oft, sie wären ALLE Gedanken die sie haben. Da wir aber ALLES erleben also negative wie positive Gefühle/Gedanken sollten wir uns fragen welche wir davon erleben wollen? Wollen wir Vergleiche erleben, die uns leiden lassen oder wollen wir wie man sagt wunschlos glücklich leben.

Dein Freund muss davon überzeugt werden. Er sollte sich fragen was im Leben zählt. Er sollte die Dinge einfach halten und jeden Moment genießen. Tut die Dinge die ihr geplant hattet damit ihr merkt, dass sich etwas verändert. Denn wenn im außen alles "gleich" bleibt, ändert sich auch oft im "innern" nichts. Außer man weiß wie aber das ist nicht so einfach.

Also fang im Außen an und änder etwas. Z.B. der Umzug. Neue Erfahrungen bedeuten oft auch neue Gedanken und die braucht dein Freund jetzt mehr als alles andere.

Leb Wohl
Marius