Problem von Stephan - 23 Jahre

Verängstigt und Gefangen: Wer hört mir noch zu?

Hallo, mein Satz fängt nicht damit an, das ich ein großes Problem habe, da ich als fröhlicher Mensch versuche, nicht groß über Probleme zu sprechen, sondern in mir selbst eine Stärke und somit Ablenkung finden möchte. An alle, die das lesen: Es hilft ungemein. Selbstmitleid quält nur sich selbst. Und es führt manchmal zu starken Depressionen. Also sucht euch ein neues Thema, um Luft zu schaffen. Mein Problem selbst liegt viel tiefer in meiner Person. Ich wurde früher in der Schule viel geärgert, so dass ich ab Klasse 7 meine sozialen Kontakte zu anderen abriss. Ich wurde von den Kollegen und Lehrern gehänselt und gemobbt. Ich selbst wurde dabei immer stiller und leiser und traute mich irgendwann kaum noch, mich zu melden oder was zu sagen. Den Mut, meine Gefühle offenzulegen und zu sagen, wie es aussieht, hatte ich damals auch nicht. Freunde, die einst Klassenklameraden waren, zeigten mir einfach die kalte Schulter. Ich ging nicht mehr gern zur Schule, war aber jeden Tag da. Auch die Pausen waren grausam. Das war alles in der Realschule. Später ging ich auf die Hauptschule in die 9. Klasse. Dort waren die Mitmenschen wesentlich netter als auf der Realschule. Auch die Lehrer waren sehr nett. Mein eigentliches Problem, um es kurz auszudrücken, ist: Ich kriege aus meinem Unterbewusstsein heraus beim Kontakt zu anderen Menschen kurze Angst- oder auch Panikattacken, die mein gegenüber durch mein verzogenes Gesicht wahrscheinlich auch registirert. Über meine wahren Gefühle und Probleme konnte ich bis jetzt noch nie sprechen. Augenkontakt zu meinen Eltern ist kein Problem, aber zu anderen, die ich wenig sehe, das ist wie eine Last. Ich werde dabei schnell müde. Ich mache mir ständig Gedanken bei anderen, wenn sie vor mir stehen und ich mit Ihnen rede, wie ich bei denen ankomme. Ich bin ständig am denken, ob ich so ankomme, wie ich eigentlich bin oder ob ich mich verstelle. Ich lass mich leicht verleiten, so zu sein, wie andere und ich gebe bei Meinungen den anderen immer schnell Recht. Aber ich will gar nicht so sein. Ich will kommunizieren, ich bin wissensdurstig, aber meine Macke im Unterbewusstsein werd ich einfach nicht los. Mir kostet es viel Anstrengung, auf andere Menschen zuzugehen. Wenn ich jemanden angesprochen habe, fang ich schnell an, im Gespräch über meine negativen Eigenschaften zu sprechen. Ich bestätige gerne vieles, was andere an sich als negativ beschreiben und ich reduzier mich somit nur auf schlechtes, obwohl es mir so gut geht. Wie kann ich diesem Wahnsinn ein Ende setzen. An Selbstmord habe ich auch schon gedacht. Ich habe keine Freunde, interessiere mich nur noch für meinen Computer. Was ich fühle: Wut, Wut und nochmals Wut, weil ich in der Schule so schlecht behandelt wurde. Mir wurde keine Beachtung geschenkt und ich wurde als abgestempelt dahingestellt. Ich hab mich nicht mehr gewehrt, nicht mehr gerührt. Warum kommen diese Gefühle erst jetzt so stark in mir hoch? Noch dazu kommt, das ich zwar recht gut aussehe, aber noch nie eine Freundin hatte. Mein wahres Gesicht konnte ich bei fremden noch nie zeigen. Ich verstelle mich von alleine, ohne das ich es verhindern kann. Wie und wodran erkenne ich den wahren Sinn des Lebens, wenn andere schon immer nur die schlechten Beispiele waren? Wer bin ich und was soll ich noch hier? Ist es nicht verrückt? Ich lebe recht wohlhabend, hab ein schönes zu Hause, aber der Kontakt zu anderen bleibt aus oder wird von anderen abgeleht. Ich fühl mich wie vor die Wand gefahren. Das alles zehrt ständig an meinen Kräften. Ich rege mich innerlich schneller auf. Der liebe nette Mensch in mir bleibt verborgen, keiner erkennt mein wahres Gesicht. Ehrgeiz habe ich gar keinen mehr. Ich frage mich nur, wofür ich den noch brauche. Fragen wie: Wo geht Ihr hin? ich komm mit, bringen mich nicht weiter. Ich kann doch wohl selber meine Meinung äußern. Ich bin doch kein Mitläufer. Aber dazu fehlt mir der Mut. Ob ich nun mitlaufe oder alleine rumsitze, das Ergebnis ist für mich daselbe. Ich weiß nicht mehr, was ich noch mit mir anfangen soll, so ganz alleine. Ich komm mir vor wie in einem Alptraum. Ich höre vor lauter Stille nur noch das ticken der Uhr und denke über das Leben nach dem Leben nach. Äußerlich bin ich immer freundlich, innerlich fühl ich mich gefangen. Das Ende? Was soll ich tun, um mich selbst wohler zu fühlen, wenn ich unter Menschen sein muss? Wie kann ich mit meinem tiefen Schmerz in mir umgehen? Wie kann ich meine Gefühle trotz der Blockade und Verstellung anderen mitteilen? Könnt Ihr mir weiterhelfen? Gruß Stephan

Anwort von Sabine

Hallo Stephan!

Das erste, was mir zu Deiner Mail einfiel, waren die Worte: komm doch da mal raus, wo Du Dich drin versteckst.
Du schreibst zu Beginn Deiner Mail, dass Du Probleme, die Dich belasten, gerne sozusagen überspielst um die Freude am Leben nicht zu verlieren. Zum Schluß Deiner Mail muß ich aber feststellen, dass es Dich irgendwie wahnsinnig belasten muß. Man kann nicht alles in sich hineinfressen und verdrängen. Über Probleme zu sprechen oder eine Lösung zu finden ist sehr wichtig. Du solltest Dir auch einmal das Recht nehmen andere Probleme von anderen bei Seite zu stellen und sagen: hey sorry Leute, aber mir geht es auch gerade nicht gut. Du kannst Deine eigenen Probleme nicht immer überspielen.
Du denkst viel über andere Menschen nach. Wie sie denken, was sie fühlen oder wie sie drauf sind und was sie ggf. von Dir halten. Was ist aber mit Dir? Wie fühlst Du Dich in Deiner Haut? Ich finde, dass ist in erster Linie viel wichtiger. Natürlich ist es auch schön, wenn man von anderen so akzeptiert wird, wie man ist, aber Du kannst es nicht jedem Recht machen. Es wird immer Menschen geben mit denen man nicht klar kommt.
Wie gesagt, wichtig ist, was Du willst und das Du Dich wohl fühlst. Gönne Dir mal was schönes und tu mal nur was für Dich. Es wird Dich auch stärken und vielleicht auch bei dem Auftritt den anderen gegenüber, wenn sie mit Dir sprechen. Du solltest ehrlich sein und zu Deinen Gefühlen stehen.
Gespräche über schlechte Erfahrungen in Deinem Leben sind natürlich nicht für jeden prickelnd. Ich persönlich meine dann immer, dass die Person versucht eine Art Mitleidschiene zu fahren. Ich weiß nicht, ob es auch Deine Absicht ist, wenn Du nur von den schlechten Erlebnissen aus Deinem Leben berichtest, aber es kann auch bei den anderen schnell den Anschein bringen.
Versuche Dich, auch um Dich herum im Alltag, mehr auf die schönen Dinge im Leben zu konzentrieren. Passierte schreckliche Dinge versuche hinter Dir zu lassen. Der Tag ist vorbei. Die Zeit ist vorbei. Es geht nach vorne und Du solltest das Beste daraus machen.

Lieben Gruß