Problem von vanessa - 15 Jahre

Leide ich an selbstverletzendem Verhalten?

Liebes KuKa-Team
Also bei mir ist es so, das ich mich nun seit bald 6 Monaten selbst verletzte, meistens indem ich mich r****, manchmal auch mit schlagen oder Kratzen bis es blutet.
Das erste Mal verletzt habe ich mich eigentlich vor eineinhalb Jahren als ich mich mit meiner damals besten Freundin zerstritten hab. Danach hatte ich es nie wieder gemacht, bis halt vor ungefähr einem halben Jahr.
Der Grund war schulischer Stress, Probleme mit meinen geschiedenen Eltern. Dazu kommt das ich mich selber nicht leiden kann und deshalb auch extrem schüchtern und zurückhaltend bin. Ich hab zB große Angst jemand neues kennenzulernen, weil ich immer sofort denke, dass er/sie mich total dämlich und hässlich findet. Wenn ich mit vielen Leuten zusammen sitze, traue ich mich kaum was zu sagen, weil ich immer denke, dass das was ich sagen will eigentlich total bescheuert ist, es niemanden interessiert und alle mich für doof und nervig halten. Also sage ich dann lieber nichts. Das ist aber nicht nur so, wenn da fremde sind, sondern auch wenn ich zB mit meinem Team zusammen sitze. Ich gelte schon so ziemlich als 'Die Stille' Sogar meine beste Freundin meinte heute, das ich immer so still bin und nie was sage wärend alle reden.

Damit komme ich schon zum nächsten Punkt: Obwohl meine beste Freundin mir oft sagt das sie mich lieb hat und mich niemals verlieren möchte, rede ich mir oft ein, das sie mich eigentlich gar nicht so gut leiden kann und das sie das nur sagt, damit ich mich nicht alleine fühle. Sie weiß auch das ich mich selber verletze, aber ich denke immer das ihr das egal ist weil sie da eigentlich nichts zu sagt. Ich erzähle ihr mittlerweile oft von meinen Problemen aber ich denke immer das sie das eigentlich nicht interessiert. Ich denke auch dauernd ''du bist gar nicht ihre beste Freundin! Guck doch mal, wie viel Spaß sie mit den anderen hat-glaubst du, sie hat mit DIR auch soviel Spaß? Hat sie nicht! Du bist langweilig. Sie will dich nicht.'' Das tut sehr weh sowas zu denken, aber ich kann da nichts gegen machen. Ich denke immer wieder, ich bin ihr egal.
Ich fühle mich oft fett, hässlich, ungeliebt.
Auch meine Kindheit war nicht die allerschönste. Als meine Eltern noch nicht geschieden waren, hatten meine Eltern kaum Zeit für mich. Mein Vater hatte ich den ganzen Tag nicht zu Gesicht bekommen, da er immer arbeiten war und wenn er zuhause war, sich gleich an den Pc gesetzt hat. Ich sprach also recht selten mit ihm. Wenn ich ihn dann doch mal gesehen habe, hat er oft verletztend Sachen gesagt. Er sagte mir zB oft, das ich viel zu dick bin, obwohl ich gar nicht so dick war. Er meinte ich müsse abnehmen. Er sagte, manche Kinder können soviel Schokolade essen wie sie wollen-andere müssen sich nur einen Schokoriegel anschauen und werden schon dick. Das hat mich damals sehr verletzt. Geschlagen wurde ich eigentlich nie. Manchmal bekam ich den berühmten 'Klaps auf den Po' was zwar auch wehtat, aber ich glaube das ist nicht so schlimm. Nur hatte meine Mum früher oft Ausraster. Einmal war meine Freundin zu Besuch, sie saß unten im Wohnzimmer. Ich stand ober auf der Treppe in die Ecke gedrängt, da meine Mutter mich total fertig macht. Ich weiß gar nicht mehr wieso; jedenfalls ist sie dann so ausgetickt, das sie mich schlug-mitten ins Gesicht. Sie hatte mich geohrfeigt. Ich weiß noch wie weh es tat. Ich weinte und dann musste ich ihr versprechen es niemanden zu erzälen. Einmal war sie auch sehr sauer weil ich beim Zimemr aufräumen vergessen hatte unter dem Bett aufzuräumen. Sie hat daraufhin meine gesammten Bücher aus dem Regal auf dein Boden geschmissen die ich dann auch alle wieder einsortieren durfte. Auch wurde ich öfters ins Zimmer gesperrt oder ich musste alleine zu Mittag essen. Außerdem hatte ich sehr oft Streit mit meiner Schwester, wir hatten uns gehasst. Ich bekam bei Streit immer den Ärger von unseren Eltern - sie war ja die Kleine. Als ich 11 war, hatte ich sehr oft Streit mit meiner Mum, ich hab jeden Tag nur noch geheult, es war schrecklich. Aber ich glaube meine Kindheit ist jetzt nicht wirklich schlimm gewesen.
Totzdem ist das Problem, das ich oft daran denke, und ich manchmal sehr traurig darüber bin wenn ich sehe wie glücklich manche Freunde von mir mit ihren Eltern sind. Ich bin oft traurig und fühle mich alleine und irgendwann hat das dann mit dem selbst Verletzen angefangen. Es fing an das ich mich mit einem spitzen Ohrringstecker ritzte. Es hat zwar nicht geblutet und auch keinen großen Schmerz zugefügt, aber es reichte mir. Fürs erste.Mittlerweile sind es nun Rasierklingen und das Blut fließt auch runter. Ich schäme mich dafür und verdecke meine Narben, laufe bei 30 Grad mit langen Ärmeln rum. Ich brauche auch nicht immer einen bestimmten Auslöser. Ich habe oft so eine Unruhe in mir und bin ganz Kribbelig in mir. Das ist ganz komisch. Ich habe dann so ein großes Verlangen mich wieder zu verletzten, mich zu ritzen und den Schmerz zu spüren. Meistens gebe ich dem nach, und danach fühle ich mich kurz besser. Ich fühle mich, als wenn eine unheimlich große Last von mir abfällt, ich fühle mich frei und leicht. Im Nachhinein mache ich mir wieder Vorwürfe, warum ich es denn wieder getan habe. Ich sage mir immer wieder, das es lächerlich ist, das es Leute mit viel größeren Problemen gibt und ich mich nicht so anstellen sollte. Ich frage mich: Leide ich schon an SvV? Manchmal denke ich ja, manchmal denke ich nein.Ich denke immer wenn ich keine großen Probleme habe, hab ich auch kein SvV und das mit dem Ritzen geht schon wieder vorbei. Manchmal denke ich aber auch, dass ich ja nicht einfach so mit dem Ritzen angefangen habe, sondern es geht mir ja wirklich nicht gut. Und irgendwie 'brauche' ich diesen Schmerz. Ich kann das gar nicht richtig beschreiben...ich habe mich zwar meine besten Freundin angetraut aber ich denke immer das es ihr egal ist weil sie nichts dazu sagt. Ich musste ihr versprechen es nicht wieder zu tun aber das habe ich nicht gehalten, weswegen ich ein schlechtes Gewissen hab. Ich habe oft ein schlechtes Gewissen und schieb mir oft die Schuld für irgendwas zu. Auch vertrage ich sehr schlecht Kritik, ich fühle mich immer persönlich angegriffen.
Ich weiß auch nicht...einerseits wünsche ich mir sosehr, das ich von diesem beschissenen Ritzen loskomme, andererseits hilft es mir, diesen Druck loszuwerden... naja, ich hoffe ihr nimmt mich ernst. Ich denke schon wieder, das das eigentlich total albern und lächerlich ist was ich hier schreibe.
Jedenfalls danke, das ihr immer so toll helft.
Viele liebe Grüße,
vanessa

Sandra Anwort von Sandra

Hallo Vanessa,

was du geschrieben hast, ist nicht total lächerlich und albern. Kein Problem ist das.
Wenn Menschen sich selbst verletzen, dann hat das meistens einen tiefer gehenden Grund, der bei dir vielleicht in deiner Kindheit liegt. Auch wenn du eigentlich der Meinung bist, dass deine Kindheit nicht wirklich schlecht war, so kann es dennoch sein, dass dich das Erlebte belastet, dass du mal "einen Klaps auf den Po" bekommen hast zum Beispiel. Meine Eltern haben das auch getan, ich finde es aber rückblickend nicht schlimm. Es hat mich nicht seelisch verletzt oder dergleichen. Aber vielleicht hat es dich schlimmer getroffen als du vielleicht denkst. Rede mit deinen Eltern darüber, warum sie es getan haben. Auch wenn es jetzt schon etwas zurückliegt und komisch sein mag, aber vielleicht hilft es dir.
Ich verstehe wie du dich nach dem Ritzen fühlst. Du hast das Gefühl, wieder Herr über deinen Körper zu sein, du hast das Gefühl all deine Emotionen kontrollieren zu können. Letztendlich ist ritzen auch immer ein stummer Schrei nach Aufmerksamkeit, auch wenn du deine Wunden versteckst. Das sieht man daran, dass du dir wünschen würdest, dass deine beste Freundin etwas unternimmt, bzw. dir hilft. Sie sieht es allerdings nicht als so ernstes Problem an, vielleicht ist sie damit auch überfordert. Du darfst ihr keine Vorwürfe machen. Es heißt nicht, dass sie dich nicht gerne hat. Auch wenn sie dir die Meinung sagt, solltest du nicht traurig sein. Eine wirklich gute Freundschaft zeichnet sich auch dadurch aus, dass man sich alles sagen kann, auch unangenehme Dinge. Aber wenn es dich dennoch verletzt, sage ihr das. Sicherlich denkt sie sich nie etwas schlimmes dabei, wenn sie dieses oder jenes zu dir sagt.

Dein ritzen muss noch nicht krankhaft sein, sollte dich aber zum Umdenken und Handeln ermuntern. Gerade in der Pubertät, wenn alles aus den Fugen zu geraten scheint, ritzen sich Jugendliche. Meist auch mehrmals. Später dann nicht mehr.
Dennoch solltest du versuchen aufzuhören. Wenn du denkst dich ritzen zu müssen, nimm dir doch mal ein Kissen oder etwas ähnliches und "verhau" es. Hört sich dämlich an, hilft aber ungemein und ist besser als sich selbst zu verletzen.
Hast du dich schonmal deswegen an deine Eltern gewand? Ich weiß, dass ist unheimlich schwer, aber vielleicht können sie dir helfen. Ansonsten solltest du dir auch professionelle Hilfe holen, wenn du mit dem Ritzen nicht mehr aufhören kannst.

Ich hoffe ich konnte dir ein wenig helfen. Denk positiv! Nimm deine Probleme in die Hand, denn von alleine lösen sie sich nicht. Und komm von dem Gedanken weg, dass deine Probleme lächerlich sind. Derjenige, der dich nicht ernst nimmt, ist lächerlich.

Ich wünsche dir alles Gute!!!

Sandra