Problem von Susanne - 41 Jahre

Meine Kinder hören nicht mehr auf mich

Ich bin so traurig. Ich habe zwei Kinder, Jungs im Alter von 15 und 16 1/2 Jahren, bin in zweiter Ehe seit drei Jahren wieder neu verheiratet. Vor einem Jahr habe ich einen Nervenzusammenbruch gehabt, weil ich Schwierigkeiten mit meinen Kindern und mit meinem neuen Mann habe. Ich stehe immer zwischen den Stühlen. Von meinem ersten Mann habe ich mich getrennt, weil es nicht mehr ging. Ich habe nur an mich gedacht und nicht an meine Kinder. Der Vater hat keinen Kontakt mehr zu meinen Kindern, weil er ihn abgebrochen hat und meine Kinder haben sich damit abgefunden. Ich plagt aber ein schlechtes Gewissen, darum erlaube ich meinen Kindern viel, was natürlich wieder meinen neuen Mann sehr ärgert. Am Anfang unserer Beziehung kam er sehr gut mit den Kindern aus, doch das Blatt wandelte sich schon nach einem Jahr. Er drängte mich sehr in die Ecke. Meine Kinder durften nur noch in ihren Zimmern fern sehen und er schloss alle privaten Sachen von ihm ein und wollte Regeln aufstellen, die er als Kind auch befolgen musste.
Ich war so traurig und entsetzt und wusste keinen Ausweg mehr. Ich habe mir aus Verzweiflung die Arme aufgeschnitten und wollte nicht mehr den Schmerz in meinem Herzen spüren, sondern den Schmerz in meinen Armen. Dann kam ich für sechs Wochen ins Krankenhaus und er hat sich dann um meine Kinder gekümmert. Mit dem Jüngsten hatte er massive Probleme und als er auch noch überall rumerzählte, dass mein Mann daran Schuld ist, konnte er gar nicht mehr mit meinem jüngsten Sohn umgehen und stellte mich vor die Wahl, entweder er oder mein Kind. Ich war so traurig, ich war doch erst ein Jahr verheiratet und dachte Gott gibt mir eine neue Chance. Durch mehrere Gespräche mit meinem Psychologen ging die Sache dann doch wieder weiter. Aber ständig sitze ich zwischen den Stühlen, zwischen meinen Kindern und ihm.
Dazu muss ich sagen, dass mein neuer Mann ein sehr nervöses Handtuch ist. Ihn regt alles auf, ob auf der Arbeit, zu Hause (wenn nur schon der Nachbar mit seinem Auto bei uns vor der Tür steht) im Straßenverkehr, beim Essen. Jetzt ist mein ältester Sohn das erste mal straffällig geworden. Für mich ist es sehr schlimm, weil ich selbst bei der Justiz arbeite. Ich habe ihm von Anfang an erklärt, frisiert er sein Mofa wird dies abgemeldet. Er hat ihn nicht nur frisiert, so dass er 90 fuhr, er ist auch noch vor der Polizei geflüchtet.
Die Sache ist für ihn noch einmal gut gegangen, er hat Arbeitsstunden bekommen. Doch jetzt lügt er mich ständig an, kommt sehr spät nach Hause, macht hier nichts mehr, will sich nur noch mit seinen Roller-Freunden treffen und Alkohol trinken. Er sagt, er würde am liebsten von zu Hause weg und zum Amt gehen, weil wir nur ständig an ihm herummeckern. Er gibt aber auch Grund dazu, denn mein Mann weiß noch gar nicht, dass schon wieder ein Verfahren ansteht, wegen einer Mofasache. Ich habe natürlich das Mofa abgemeldet, weil ich ihm das ja angedroht hatte. Jetzt regt er sich ständig nur noch auf. Dazu kommt noch, dass er nicht der Beste in der Schule ist wegen seiner Legastenie. Mit zwei fünfen auf dem Zeugnis Deutsch und Englisch soll ersich nun bewerben. Ich bin so verzweifelt, weil mein ganzes Kinergeld nur für Nachhilfe draufgeht. Er stand die ganze Zeit vier in Deutsch und jetzt hatte er eine fünf auf dem Zeugnis. Welche Firma will meinen Sohn schon einstellen.
Ich schreibe für ihn Briefe zum Berufsberater, ich besorge ihm einen Ferienjob, ich gebe und mache und tue, doch ich bekomme nichts mehr von ihm, kein nettes Wort, kein Gefühl mehr der Liebe.
Jetzt macht auch noch mein jüngster Sohn gerade den Führerschein fürs Mofa.
Heute kam ein Nachbar und erzählte uns, dass mein jüngster Sohn mit einem frisierten Mofa (das Mofa gehört dem Freund meines ältesten Sohnes) auf unserer Straße hoch und runter gefahren ist. Er hat noch nie eine Fahrstunde gehabt und sei fast vor den parkenden Autos gefahren. Mein ältester Sohn meinte nur er wollte das nicht, aber mein jüngster Sohn hätte so gedrängt und dem Freund dann 7 Euro dafür gegeben. Für Geld hätte mein ältester Sohn das natürlichauch gemacht.
Mein Mann war wieder außer sich. Sorge dafür, dass du das in den Griff bekommst, bedrohte er mich mit dem Finger. Dann ist mein ältester Sohn vom Freund abgeholt worden. Ich bin so traurig und verzweifelt. Ich möchte nicht, dass meine Kinder straffällig werden. Ich kann nicht mehr. Ich habe auch schon den Wunsch geäußert, mich wieder von meinem Mann zu trennen, da er und ich ja wohl auch ein Problem hätten und er sich wohler fühlen würde, wenn er wieder ganz alleine wohnen würde.
Ich spiele schon wieder mit dem Gedanken, mich ganz weg zu bringen, weil ja alles irgendwie keinen Sinn mehr hat. Niemand denkt an mich. Ich bin traurig, so traurig. Bitte helfen Sie mir.

Jeanett Anwort von Jeanett

Hallo Susanne,

dein Problem ist ziemlich vielschichtig, daher weiß ich gleich gar nicht, wo ich anfangen soll...am besten bei den Kindern.

Deinen zwei Jungs hat wahrscheinlich jahrelang eine Richtlinie gefehlt, an der sie sich orientieren konnten. Kinder brauchen jemanden, die ihnen ihre Grenzen aufzeigt. Wenn sie das nicht haben, haben sie keinen richtigen Halt und entwickeln sich eben teilweise in eine Richtung, die sie selber für richtig halten, weil sie ja keine Richtung aufgezeigt bekommen haben.

Ich verstehe dich natürlich, dass dir das damals sicher schwer gefallen ist und du ihnen deshalb alles durchgehen lassen hast. Aber nun sind sie in einem Alter, wo du nur noch schwer mit Erziehung einwirken kannst. Aber nach allem, was du schreibst, wäre es wirklich nötig, ihnen wieder eine Richtung zu geben.

Dazu solltest du vielleicht auch die Hilfe deines Mannes in Anspruch nehmen. Du bist seit drei Jahren verheiratet. Dein Mann wusste, als er dich geheiratet hat, dass du zwei Kinder in die Ehe mitbringst und sollte sich auch im Klaren darüber gewesen sein, dass er damit Verantwortung übernimmt, dass das Probleme mit sich bringen könnte und dass deine Probleme dann auch seine Probleme sind. Wenn er sich vor dieser Verantwortung jetzt drücken will, dann hat seine Entscheidung für eine Ehe vielleicht etwas zu leichtfertig getroffen. Du solltest deshalb unbedingt mit ihm reden und ihn bitten, dass ihr diese Probleme als Ehepaar gemeinsam löst.

Wenn sich das nicht machen lässt und dein Mann seine Verantwortung ablehnt, musst du selbst aktiv werden. Dazu musst du dein weiches Mutterherz verstecken, denn deine Kinder hören nur auf dich, wenn sie in dir eine Autorität sehen. Gib ihnen klare Richtlinien, an die sie sich halten müssen, ziehe angedrohte Strafen auch wirklich durch (deshalb vorher genau überlegen, ob du eine Strafe auch durchziehen kannst), erkläre deinen Kindern genau, wo die Grenzen sind.

Dass dein Mann außer sich war wegen der Sache mit deinem Jüngsten, kann ich verstehen. Andererseits ist er ja als dein Mann, wie schon gesagt, auch in der Verantwortung. Er kann also nicht so tun, als ginge ihn das alles nichts an.

Aber vor allem hast du die Verantwortung für deine Kinder. Verlang nicht von ihnen, dass sie dich verstehen. Übernimm nicht alles für sie, sondern zeig ihnen, wie sie sich selbst bewerben, mach ihnen klar, dass es um ihre Zukunft geht, nicht um deine. Du klagst darüber, dass du immer nur gibst und alles für deine Kinder tust. Aber hast du ihnen auch beigebracht, dass sie auch mal lernen müssen, sich um sich selbst zu kümmern? Sich selbst um einen Ferienjob bemühen? Wenn sie kein Geld brauchen, sondern immer alles bekommen, was sie wollen, dann haben sie natürlich auch kein Bedürfnis, sich eigenes Geld zu verdienen. Solange sie nicht verstehen, dass sie auch Verantwortung für ihr eigenes Leben haben, solange werden sie dir auch nicht danken dafür, dass du Dinge für sie tust, die sie eigentlich selber tun sollten. Und erst recht werden sie dich nicht verstehen. Also hör auf, dich selbst zu bemitleiden. Jetzt ist Zeit zu Handeln! Zeit, deinen Mann an seine Verantwortung zu erinnern und Entscheidungen zu treffen. Zeit, selbst Verantwortung zu übernehmen. Zeit, deinen Kindern beizubringen, wie sie selbst die Verantwortung für ihr Leben übernehmen.

Viel Glück und alles Gute für dich!
Liebe Grüße, Jeanett