Problem von Anonym - 18 Jahre

Einsam,keine Unterstützung und bald keine Kraft mehr.

Hallo liebes Kummerkastenteam. Ich lese relativ regelmäßig seit einem halben Jahr die Probleme anderer Menschen und hätte nie gedacht,dass auch ich mal an dieser Stelle meine Probleme schildern würde. Ich schätze eure Arbeit wirklich sehr. Nun zu meiner Person und zu meinen vielfältigen Problemen (Vorsicht: Langes Leiden,langer Beitrag :-( :

In der Kindergartenzeit und in meinen ersten sechs Schuljahren (Klasse 1-6) war ich immer ein beliebter Schüler,der gut in die Klassengemeinschaft integriert war und überaus viele Freunde hatte. Damals war das Leben noch völlig in Ordnung.

Im Alter von 12 Jahren,als ich in die 7 Klasse und damit auf ein gutes Gymnasium kam, für das ich mich mit guten Leistungen in der 5 und 6 Klasse qualifiziert habe, fingen meine Probleme an. Ich kam in eine völlig neue Klasse und kannte niemanden,da alle von meiner ehemaligen Schule auf andere Schulen gegangen sind. Zwar kannte ich diese Situation schon von der ersten und von der fünften Klasse her,denn dort fand ich mich auch immer in einer neuen Klassen mit fremden Schülern wieder, doch diesmal waren die Ausgangvoraussetzungen anders. Schon am ersten Schultag bemerkte ich, dass ich körperlich den anderen Schülern (Jungen,aber auch Mädchen) unterlegen war. Die meisten waren ein Jahr älter als ich,aber auch gleichaltrige und auch Freunde aus meiner alten Klasse,die ich über die langen Ferien nicht gesehen habe schienen auf einmal alle gewachsen zu sein und waren größer als ich. Das war der Tag an dem ich meine Körpergröße als Problem empfand,welches ich bis heute immer noch nicht zu 100% überwunden habe (dazu später mehr). Und wie Kinder in diesem Alter nunmal so sind ließen die ersten Sprüche wie "Zwerg" und diverse Hänseleien (Kinder sind dort sehr einfallsreich) nicht lange auf sich warten. Das trug auch dazu bei,dass sie das Problem Körpergröße bis heute noch bei mir im Kopf hält.

Bis zu diesem Zeitpunkt wurde ich noch nie mit solchen Hänseleien konfrontiert. Zum Glück hatte ich damals noch großes Selbstvertrauen, das ich mir in den schönen Jahren zuvor angesammelt hatte, sodass mich das anfangs nicht sehr gestört hat. So war es mir auch möglich mich aus der schweren Ausgangssituation, die zudem durch bereits bestehende Freundeskriese in der klasse erschwert wurde, raus zu kämpfen. Über den Sport(Fußball),den viele in meiner Klasse betrieben,konnte ich mich dann mit altbekannter Leichtigkeit in die Klasse integrieren und fand schnell ein Dutzend Freunde. Ich hatte zwar wieder neue Freunde,von denen ich auch gut behandelt wurde und mit denen ich viel unternahm, jedoch wurde mir der Respekt,den ich mir wünschte, aufgrund meiner Körpergröße nie entgegen gebracht. Dieses Defizit an Respekt konnte ich auch nicht durch meine stets guten schulischen Leistungen ausgleichen. Der einst offene und lebendige Mensch,der ich bis dahin immer war, wurde trotz Freunde immer ruhiger,verschlossener und ich nahm zunehmend eine Beobachterposition ein. Ich war damals nicht wirklich unglücklich,es ging mir meistens sogar relativ gut,doch insgesamt wurde meine Lage von Jahr zu Jahr schlechter, bzw. ich bemerkte immer mehr,dass es für mich keine zufriedenstellende Situation war,weil ich immer mehr nachdachte. Bis zur 10 Klasse verharrte ich in diesem Zustand.

In der 10 Klasse verschlechterte sich meine Situation abermals,nicht nur das meine über alles gelibete Oma starb, was ich jedoch verarbeiten konnte, bekamen wir 2 neue Schülerinnen in unsere Klasse,die sitzen geblieben waren.
2 wunderschöne Mädchen. Von einem dieser Mädchen fühlte ich mich sofort angezogen,wie eigentlich alle Jungs aus unserer Klasse. Alle jungs versuchten mehr oder weniger ihr Glück bei ihr, außer mir. Meine Mitschüler waren mir körperlich mittlerweile 2 Jahre vorraus (viele dachten in der 10 Klasse,dass ich noch ein 8 Klässler wäre). Sie waren früher in der Pupertät und haben sich zudem schneller entwickelt. Das Mädchen, das ich so schön fand, war gute 2 Jahre älter als ich und größer,also habe ich es gleich gelassen mich an sie ran zu machen. Mit dem Beginn der 10 Klasse kristallisierte also das zweite Problem für mich heraus---> meine Beziehung zum weiblichen Geschlecht.

Mit der 11 Klasse,dem Beginn der Qualifikation für die gymnasiale Oberstufe, wurden die alten Klassenverbände aufgelöst und für ein jahr neue Klassen geformt. Dadruch wurde meine Verbindung zu meinen Freunden,die ich seit der 7 Klasse konstant hatte gelockert und ich verlor die ersten Freunde,die jetzt neue, "coolere" Freunde als mich fanden. Viele wollten sich nicht mehr mit so einem "Kleinkind" wie mich abgeben,Mädchen schon gar nicht. Das sagte mir zwar keiner direkt ins Gesicht, aber ich konnte ja eins und eins zusammen zählen. Ich wurde zunehmend nicht nur von den Mädchen ausgeschlossen,sondern auch von den Jungs. In der 11 Klasse begann bei den meisten auch die Zeit mit den Party´s und Discos,wo ich mit dem Körper eines 14-jährigen natürlich nicht mithalten konnte. Ich wäre in keine Disco rein gekommen.
Mein Selbstvertrauen hatte einen vorläufigen Tiefpunkt erreicht und ich begann an mir selbst zu zweifeln,was ich zuvor nie tat. Ich begann mein Aussehen und meinen Körper mehr und mehr zu hassen. Eine gute Sache hatte dieser Tiefpunkt. Ich ließ den Verlauf der letzten Jahre Revue passieren und mir wurde klar, dass diese stetig negative Entwicklung nicht so weiter gehen konnte,denn das hätte mich irgendwann umgebracht. Ich begann Pläne zu schmieden,wie ich aus dieser Lage raus kommen könnte. Mein erster Schritt war es mich um eine Zahnspange zu kümmern,denn ich hatte echt schiefe Zähne (meine Eltern haben sich nie richtig drum gekümmert). Das tat meinem Aussehen zwar nicht gut,aber ich gehörte eh schon zu den Loosern.

Nun,mit der 12 Klasse,dem Beginn der Oberstufe, bestätigte sich die Entwicklung,die sich in der 11 Klasse schon mit dem Verlust von ehemaligen Freunden abzeichnete. Durch die Organisation in Kursen verlor ich noch mehr den Draht zu meinen Freunden und Fußball musste ich aus gesundheitlichen Gründen aufhören, was mir den letzten Stoß in Sachen Freunde gab. Ich habe momentan keinen wirklichen Freund. Ich habe nur ein paar "Alibifreunde",die hier und da mal mit mir reden,aber sobald jemand interessanteres kommt sind die auch schon weg. Wahrscheinlich ist das auch nicht die richtige Art von Freunden,aber naja,besser als gar nichts. Die seit der 11 Klasse verstärkte Isolation hat mich natürlich extrem schüchtern und nachdenklich gemacht was mir auch immer wieder zu schaffen macht. Das dritte große Problem: Ich habe seit der 11 Klasse keine richtigen Freunde mehr... und bin deswegen verdammt einsam. Lange Stunden alleine vorm PC oder Gespräche mit Gott sind Resultate dieser Einsamkeit,die mich langsam von innen auffrisst. Sie raubt mir die Kraft. Und aus diesem Teufelskreis ist es verdammt scher raus zu kommen.

Aber das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange... Meine Familie ist zu allem Überfluss alles andere als ein RÜckhalt oder ein Rückzugsort. Ich erhalte absolut keine Unterstützung von meinen Eltern. Überall muss ich mich alleine durchkämpfen,ich kann mit meinen Eltern über nichts reden. Meine Eltern haben sich nie richtig um meine positive Entwicklung gekümmert,sie haben mich nie gefördert. Wenn ich sehe wie andere Eltern ihre Kinder unterstützen,dann frage ich mich immer wieder womit zum Teufel ich das verdient habe. Zudem sind meine Eltern untereinander auch keine Einheit,ihre Ehe läuft schon seit 5 oder 6 Jahren schief und ich habe ziemlich eindeutige Beweise,dass mein Vater meine Mutter betrügt,aber ich glaube das weiß sie auch schon. Mein Vater knausert mit seinem Geld und hält mich an der kurzen Leine,damit er seine Äffären, seine Party´s am Wochenende oder sonst was finanzieren kann. Und zu meiner älteren Schwester konnte ich nie eine innige Beziehung aufbauen, da ich durch die zunehmende Isolation in der Schule auch ihr gegenüber ziemlich verschlossen war. Jetzt studiert sie auch noch in einer anderen Stadt und ist sowieso nicht greifbar für mich. Aber sie würde sich glaube ich auch nicht um meine Probleme kümmern. Zumindest habe ich gelernt mich nicht mit den Problemen anderer zu belasten,denn sonst könnte ich mir gleich die Kugel geben. Das vierte große Problem: Die Familie

Aber ihr könnt mir glauben,ich wäre nicht mehr am Leben und würde diesen Beitrag verfassen,wenn es kein Licht am Ende des Tunnels gäbe. Schon immer habe ich in der Bildung ein Ausweg aus meinem Schicksal gesehen und bisher konnte ich trotz aller Belastungen immer gute schulische Leistungen bringen. Ich bin jetzt in meinem letzten Schuljahr in der 13 Klasse und habe die 12 Klasse mit einem Schnitt von 1,7 gemeistert und sehe dem Abitur dementsprechen positiv entgegen. Zudem konnte ich in meiner körperlichen Entwicklung seit der 11 Klasse stetig Fortschritte erzielen. Ich bin auf natürliche Art und Weise nochmal gewachsen. Mit Krafttraining und einer relativ unbekannten Sportart aus den USA kann ich meinen Körper weiter aufbauen,sodass ich von der Statur und der Größe her immer mehr dem Durchschnitt meines Jahrganges ähnele.(Ich bin momentan 1,76m groß) Mittlerweile habe ich einige Jungs überholt,die mal größer als ich waren und mich deswegen auch gemobbt haben. Meine hässliche Brille habe ich gegen Kontaktlinsen getauscht und meine Zahnspange,die bald raus kommt, hat mir schöne,gerade Zähne verliehen. In Zukunft lasse ich mir noch 2 kleine Narben,die ich vom Fußball habe, entfernen und mir die Nase etwas verschönern. Ich bin mittlerweile zu einem Perfektionisten geworden. Und das ist eine gefährliche Entwicklung. Ich war mal ganz unten und jetzt ist es mein Ziel ganz oben mitzuspielen und es allen zu zeigen,die mich einst nur belächelt haben oder mich abgeschrieben haben. Für micht gibt es jetzt nur Alles oder Nichts,kein Zwischending( charakteristisches Merkmal von Perfektionisten). Und das ist die Gefahr,ich habe Angst zu scheitern,obwohl ich so kurz vor meinem großen Ziel stehe. Und wenn ich scheitere, dann gehe ich mit Sicherheit vor die Hunde.

Man sollte meinen,dass mir die jüngsten Erfolge Kraft und Aufschwung gegeben haben, aber dem ist komischerweise nicht so. Ich drohe zu scheitern und das wäre mein Ende. Mich halten nur noch die kleinen Freuden des Lebens über Wasser,aber ich weiß nicht mehr wie lange. Ich weiß doch wofür ich kämpfe,aber trotzdem kann ich nicht mehr lange. Wieso? Ich glaube ich brauche eine Freundin oder irgendwas,was mir wieder Kraft gibt die letzten Schritte zu gehen. Vorher kann ich nicht zufrieden sein. Ich bin mit 18 noch Jungfrau und habe noch nie ein Mädchen geküsst,es ist so armselig.

Diese scheiß Gesellschaft hat mich echt kaputt gemacht.Zu lange habe ich diesen Kampf schon gekämpft und ich kann nicht mehr. Wenigstens habe ich es mir jetzt einmal von der Seele geschrieben. Ich freue mich über ein Feedback eines Außenstehenden.

Belinda Anwort von Belinda

Hallo,

es ist doch nicht schlimm, wenn man mal scheitert. Das gehört zum Leben dazu und lässt dich letztendlich doch stärker werden. Stärker an deinen Erfahrungen und es verschafft dir die Möglichkeit Dinge anders zu betrachten und das nächste Mal besser zu machen.
Ich denke du hast die Hänseleien, die du jahrelang erleiden musstest noch nicht ganz verarbeitet hast. Da hat dir dann doch ein gesundes Maß an Selbstvertrauen gefehlt. Wenn du mit deinem eigenen Körper unzufrieden bist, dann strahlt das eine gewisse Unsicherheit deinen Mitmenschen gegenüber aus und das werden sie gemerkt haben. Wir sind doch alle Menschen ob groß oder klein ob dick oder dünn ist doch ganz egal. Wenn du dich selber liebst und mit dir in einem bist, dann kann dich keiner so leicht verletzen. Das musst du noch lernen bzw. hast du ja schon einiges getan, dass du mit dir zufrieden wirst.
Erinnere dich doch an die Grundschulzeit zurück und probiere es genauso wieder auf Menschen zuzugehen. Ganz Selbstbewusst einfach. Das wird so manchen imponieren und du schaffst vielleicht wieder eine Bindung herzustellen.
Und noch was, du darfst nicht so streng mit dir selber sein. Lerne dich so zu akzeptieren wie du bist und zwar ein Mensch, wie jeder andere.

Geh doch mal in einem ruhigen Moment auf deine Mutter oder deinen Vater zu und rede mit ihnen. Erklär ihnen das dir der Familienzusammenhalt fehlt und warte ab wie sie reagieren.

Wenn du Geldprobleme hast, dann kannst du dir ja einen 400?-Job suchen. Damit wäre das Problem auch gelöst und du lernst vielleicht wieder neue Leute kennen.

Kopf hoch und alles Gute
LG Beli