Problem von Nadine - 16 Jahre 28.02.10

Mein Leben & Ich

Hallo liebes Kummerkasten-Team.

Habe euch schon viermal geschrieben, vielleicht sind meine Mails nicht angekommen; ich weiss es nicht.

Seit einiger Zeit lese ich hier die Probleme durch, und ich finde es wirklich toll, dass ihr euch die Zeit nehmt, anderen Leuten zu helfen.
Mit meiner Mail die ich euch schicke, möchte ich mir nur von meiner Seele schreiben, was mit mir alles passiert ist- ein richtiges Problem besteht nicht.
Also fange ich einmal an...
Meine Kindheit war, so denke ich, ganz normal. Im Kindergarten und in der Primarschule war ich nie die beliebteste- aber auch nicht die unbeliebteste.
Aber trotzdem war da ein Junge, der mir damals das Leben zur Hölle machte. Er war der beste Freund meines besten Freundes, und damit hatte er ein Problem. Ich weiss eigentlich gar nicht warum, ich war immer still und tat keiner Fliege was zuleide. Da er in der Parallelstrasse wohnte, liefen wir 3 immer zusammen zur Schule. Manchmal, auf dem Nachhauseweg schlug er mir Ohrfeigen oder beleidigte mich. Als meine Mutter dann bei ihm zuhause angerufen hatte um nachzufragen warum er das getan hat, log er immer dass das alles gar nicht stimmte. Also war ich die böse.
Als er dann nicht mehr mit uns in der Klasse war, war er eigentlich immer nett zu mir. Aber nur eigentlich, nett war er nur, wenn unser gemeinsamer Freund nicht in der Schule war.
In der Oberstufe war ich sozusagen das \"Opfer\". Ich wurde immer gemobbt.
Eines Tages, als ich krank war, sagte unser Lehrer das ein Schüler, der mich am meinsten gemobbt hat, von der Schule verweist worden war. Von diesem Tag an wurde ich nie mehr gemobbt.
Als ich einmal ziemlich wütend auf einen Freund war, da er nie mit mir redete, schrieb ich ihm, dass ich vergewaltigt worden bin. Und das nur, weil ich mir damit mehr Aufmerksamkeit von ihm erhoffte. Doch der Schuss ging nach hinten los: Plötzlich wusste die ganze Schule von meiner Lüge.
Jeden Tag kamen Leute zu mir und fragten mich, was an dieser Geschichte wirklich dran ist. Ich sagte dass es stimmte.
An einem Sonntag morgen schrieb mir meine Grossmutter eine SMS, dass ich ihr schnell anrufen solle (ihr müsst wissen, dass die gesamte Familie in der selben Strasse wie ich wohne. Ich sehe es als \"Fluch\", da meine Grossmutter bald jede Woche mit uns streitet, wegen kleinen Dingen.) ich rief ihr an, und sie sagte so \"Nadine ich habe etwas gehört das du vergewaltigt worden bist, stimmt denn das?\" ich verneinte alles, sagte dass es ein Missverständnis wäre.
Bis am Ende des Schuljahres musste ich mir Sprüche ergehen lassen.
Doch es gab einen Lichtblick: Die Abschlussklasse wird nicht in der gleichen Schule unterrichtet, sondern in der 3km entfernten Nachbarsortschaft.
Das letzte Schuljahr war sehr schön. Es wurde zwar noch hinter meinem Rücken getuschelt, aber ich ignorierte es.
Zum ersten Mal redete ich zu Gott, das mir diese ganze Geschichte mit der Vergewaltigung leid tut, und ich, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte, das ganue ungeschehen machen würde. Denn erstens war es scheisse alle anzulügen, und für die jenigen die wirklich vergewaltigt worden sind, idt es auch nicht toll dass man Lügen darüber erzählt.
Am Tag darauf lernte ich sehr nette Leute in der Cafeteria kennen.
Alle waren 18 und älter. Ich weiss auch nicht warum, aber ich komme mit älteren Personen generell besser klar als mit gleichaltrigen. Eine Freundin sagte dass ich reifer als andere 15 jährige bin.
Jetzt mache ich das 10. Schuljahr, da ich letztes Jahr in der Abschlussklasse keine Lehrstelle gefunden habe.
Ich finde schon, das ich Selbsvertrauen habe (nicht viel, aber ich habe).
Meine Eltern sind da aber ganz anderer Meinung wie ich. Sie sagen ich belüge mich nur selber indem ich sage dass ich Selbstvertrauen habe.
In meiner Freizeit bin ich so gut wie immer zuhause. Ich lese Bücher (meine Lektüre besteht vor allem aus Hermann Hesse) und höre Musik. Am liebsten Klassik. Dabei spielt es keine Rolle ob es von Beethoven oder Debussy ist.
Meine Gesprächsthemen beinhalten meistens Probleme der Gesselschaft (wie zum Beispiel die Situation in der 3.Welt). Mit den Gesprächen aus der Klasse kann ich gar nicht mitreden, da es meistens nur darum geht, wer mit wem geschlafen hat- wie primitiv. Oft habe ich mich einfach nur dazugesetzt und mitgehört, aber mir wurde schnell klar, dass ich mich nicht auf so ein Niveau herablassen will.
Vor ziemlich genau 2 Jahren ging ich jeden Freitag Abend an ein Treffen der FEG (FreieEvangelischeGemeinde). Es gefiel mir dort eigentlich ziemlich gut, aber nach und nach musste ich erkennen dass es mehr eine Sekte ist, als ein \"ganz normaler Teenie-Abend\". Nach dieser Erkenntis verliess ich die Gruppe. Mit diesen Leuten habe ich sogut wie keinen Kontakt mehr.
Es gibt nur wenige Menschen denen ich vertraue.
Und diese Menschen sind meistens aus dem Internet. Ich weiss das es riskant ist, eine Freundschaftliche Beziehung mit jemandem aus dem Internet zu beginnen, aber nur wenn ich schreibe kann ich offen über meine Probleme reden bzw. schreiben.
Meine Grossmutter ist an Depressionen erkrankt und möchte in eine Klinik gehen, da meine Patentante (ihre Tochter) nie zuhause ist. Sie hat zwei Kinder im Alter von 10 und 13 Jahren. D.h. sie geht Freitagabends weg, \"Party machen\", übernachtet bei \"Freundinnen\" und kommt irgendwann am Sonntag wieder. Ihr Mannn kümmert es wenig - er ist eh nicht anwesend. Körperlich schon, aber seelisch nicht. Er ist beinahe Alkoholsüchtig und findet es in Ordnung in der Wohnung mit zwei Kindern (!) zu kiffen. An Weihnachten war er wieder high und hat mich während dem Essen angeschnauzt, weil ich etwas falsch verstanden habe. Er selber ist \"perfekt\", der \"stärkste\", der \"grösste, \"schlauste\"; in seinen Augen.

Doch ich habe Angst. Angst, dass meine Familie zerbricht.

Manchmal frage ich mich was mit mir los ist, da ich meiner Meinung nicht normal bin.
Ich bin, wie oben schon beschrieben viel lieber mit älteren Personen zusammen, weil ich mit denen besser Lachen und vorallem auch reden kann.
Und auch diese Personen sind es, die mich und meinen Traum akzeptieren: Nach Japan zu gehen und dort zu bleiben. Ein neues Leben zu beginnen... Das wäre mein Traum...


Und auch mit diesem Mail versuche ich alles wiedergut zumachen,
was ich alles falsch gemacht habe (besonders das mit der Lüge), in dem ich quasi jedem meine Lebensgeschichte zeige.


Also ich denke das war es...
Eine Antwort ist nicht nötig, aber falls es doch eine geben würde, wäre ich erfreut.
Und noch was, es tut mir leid wenn mein Text zu lange ist.
Mit Freundlichen Grüssen,
Nadine