Problem von Anonym - 16 Jahre

Lesbisch - Wie soll es weitergehen?

Hallo liebes Kummerkastenteam.
Ich weiß nicht genau wie ich mit der Situation im Moment umgehen soll.. ich bin seit etwa 2 Jahren mit einem Mädchen zusammen, damals war ich 14, als ich mich geoutet hab. Ich hatte von Anfang an keine Probleme mit meinem Umfeld, aber die Beziehung mit meiner Mum hat sehr, sehr stark darunter gelitten. Ich hatte das Gefühl, dass sie für das Thema Homosexualität nicht wirklich offen ist, was sie mir wiederum auch immer wieder deutlich gemacht hat und deshalb habe ich mich immer weiter zurückgezogen und die Probleme für mich behalten. Der Beziehungsbruch mit meiner Mum hat mir damals sehr wehgetan. In den letzten Monaten ist das Problem noch stärker geworden. Da meine Freundin und ich uns nicht sehen können, das heißt nur ganz, ganz selten, hat meine Freundin nach einem Jahr Beziehung angefangen, mir unbewusst Druck zu machen.

Aber ich wollte meine Eltern nicht anlügen und mich heimlich mit ihr treffen. Also hab ich seit fast einem Jahr einen Zwiespalt in mir und ich weiß einfach nicht was ich machen soll. Ich will meiner Freundin nicht wehtun, weil ich weiß, wie stark sie unter der Fernbeziehung, (obwohl wir nur ca. 10 km auseinander wohnen), leidet & ich will meiner Mum nicht wehtun, indem ich sie anlüge. Vor einigen Monaten fingen dann meine Selbstmordgedanken an, ich begann mich zu ritzen. Ich tue das auch heute noch, ich weiß zwar, dass es falsch ist, aber es entlastet manchmal irgendwie ein bisschen.

Dann hab ich mir einen Ruck gegeben und vor 3 Wochen mit meiner Lehrerin geredet, da sie einfach ein total offener und hilfsbereiter Mensch ist. Sie hat mir zugehört und mir Hilfe angeboten. Das war eine ganz neue Erfahrung für mich, wieder nach so langer Zeit, einen Erwachsenen zu haben, der sich um mich bemüht und sich vor allem interessiert. Vor einer Woche ca. hat meine Lehrerin jetzt mit meinen Eltern telefoniert und sie darauf aufmerksam gemacht, wie es mir geht und wie sehr ich darunter leide. Meine Mum hat dann gleich das Gespräch mit mir gesucht und mir gesagt, dass ich ja auch gleich hätte mit ihr reden können und dass ich ja da nicht noch Lehrer mit reinziehen soll und hat mir dann ihre übliche \"Das-ist-nicht-der-richtige-Weg\"- Predigt über Homosexualität vorgehalten. Das hat mir eigentlich gar nichts gebracht, obwohl ich gedacht hab, dass mir, wenn ich wieder mit ihr rede, das alles vom Herzen fällt, was sich dort über 2 Jahre aufgestaut hat. Aber irgendwie hat mir das Gespräch im ersten Moment den Boden unter den Füßen weggerissen, mich im zweiten Moment aber kalt und leer gelassen. Ich kann auch gar nicht richtig mit meiner Mum darüber reden. Ich weiß es nicht. Aber ich komm damit irgendwie nicht klar. Ich hab ein viel besseres Vertrauensverhältnis zu meiner Lehrerin und ich fühle mich einfach gut, wenn sie in meiner Nähe ist. In letzter Zeit kommen dann auch noch diese komischen Träume dazu.. Ich träume jede Nacht von meiner Lehrerin (oder einer anderen, die auch von meinem Problem weiß). In dem Traum kümmern sie sich halt um mich, nehmen mich in den Arm und machen mir halt Mut und helfen mir, wo sie können. Sie helfen mir, indem sie da sind, einfach neben mir sitzen und den Arm um mich legen. Ich verstehe diese Träume nicht. Wenn ich mir in diesen Träumen aber jetzt meine Mum anstelle der Lehrerinnen vorstelle, dann will ich diese Nähe plötzlich wieder nicht. Ich komm mit den ganzen Gedanken in meinem Kopf einfach nicht klar. Könnt ihr mir irgendwas darüber sagen, oder die Sachen irgendwie in Bezug zu einander bringen? Oder ist das einfach nur gestört?

Anwort von Karin

Liebe Unbekannte,

schön, dass du uns schreibst. Deine Träume und Gedanken sind alles andere als gestört!

Du hast deiner Mutter schon vor längerer Zeit erzählt, dass du homosexuell bist! Sie hat es scheinbar bis heute nicht akzeptieren können. Dadurch kann sie dich auch überhaupt nicht unterstützen. Im Gegenteil! Sie scheint dir eher das Gefühl zu geben, dass du einen Fehler machst!

Es ist daher nur verständlich, dass du dich nach Halt sehnst und ihn auch suchst. Du sieht wahrscheinlich keinen Sinn mehr darin, diesen Halt weiterhin bei deiner Mutter zu suchen, weil sie so abweisend zu dir ist, wenn es um dieses Thema geht. Es ist daher nur logisch, dass du dich bei deinen Lehrerinnen geborgener fühlst. Sie verstehen dich und wollen dich unterstützen!

Das finde ich wirklich toll von deinen Lehrerinnen. Nutze diese Chance. Du hast dir etwas Halt und Unterstützung verdient. Deine Lehrerinnen freuen sich sicher, wenn sie dir helfen können! Es war richtig von dir, mit ihnen zu sprechen, auch wenn dir deine Mutter jetzt ein schlechtes Gewissen deshalb einreden will.

Ich kann durchaus verstehen, dass es dich schmerzt, dass das Verhältnis zu deiner Lehrerin besser ist als das zu deiner Mutter. Aber deine Mutter hat dich mehrmals verletzt. Mach dir deshalb also keine Vorwürfe. Versuche nach und nach deine Mutter etwas zu verstehen und ihr zu verzeihen - nutze aber ruhigen Gewissens auch die Hilfe deiner Lehrerin! Du benötigst diesen Halt! Hat sich dein selbstverletzendes Verhalten in den letzten Wochen verbessert, nachdem du deiner Lehrerin die Situatin geschildert hast?

Nun zu deiner Freundin: Verleugne sie nicht! Versuche sie häufiger zu treffen! 10 km sind keine unüberwindbare Hürde. Um innerlich zufriedener zu werden, musst du diesen Druck loswerden, es jedem Recht zu machen. Steh zu deiner Freundin. Sag deiner Mutter offen, wo du hingehst; mit wem du dich triffst. Vielleicht kann sie sich so auch schneller an die Situation gewöhnen!

Auf den folgenden Seiten gibt es Foren, in denen du dich mit Gleichgesinnten austauschen kannst:
http://www.lesweb.de/web/forum.html
http://www.cyberlord.at/forum/?id=5670

Trau dich und nimm die Hilfe an, die dir geboten wird! Vielleicht wirst du eines Tages auch wieder mehr Unterstützung von deiner Mutter bekommen!

Viel Glück und viele Grüße,
Karin