Problem von Anonym - 24 Jahre

ICH

Hi ihr

Um gleich auf den Punkt zu kommen:
Ich fühle mich furchtbar allein und einsam. Ich breche immer mehr Kontakte zu Freunden / Bekannten ab, bin jedoch unfähig neue Kontakte zu knüpfen.
Ich trinke zu viel Alkohol, nehme immer mehr zu, weil ich Unmengen in mich reinstopfe.
Ich hab keine Freude mehr, bin agressiv, traurig, einsam, bin unfähig den Anforderungen des Alltags nachzukommen. Ich denke oft daran das ich nicht mehr leben will, würde mich jedoch nicht umbringen.
Ich gehe zu einem Psycho-Therapeut, kann aber selbst mit ihm nicht wirklich reden und mache keine Fortschritte. Hab auch schon diverse Anti-Depressiva ausprobiert, welche alle erfolglos waren und eins davon mich sogar körperlich abhängig gemacht hat.
Mein Verlobter ist vor mehreren Jahren tödlich verunglückt und ich komme nicht damit klar, er fehlt mir. Es gibt noch einiges mehr, aber das würde den Rahmen sprengen!
Ich weiß nicht mehr was ich tun soll, mein leben ist so wie es jetzt ist unerträglich für mich, und ich will so nicht weitermachen!! Was soll ich tun???
So ich hoffe das ist ausführlich genug. ;)
Liebe Grüße

Franzi Anwort von Franzi

Liebe Unbekannte,

ich freue mich, dass du dich an uns wendest!

Es tut mir von ganzem Herzen Leid, dass du so einen tragischen Verlust erleben musstest. Ich kann mir vorstellen, dass du sehr darunter leidest und nicht weißt, wie es weiter gehen soll.

Weißt du, welches Lied mir bei dem Tod meiner Großeltern geholfen hat? "Haltet die Welt an" von Glashaus. ( http://www.youtube.com/watch?v=HNpYY-7J_g0 )
Ich konnte nicht verstehen, warum das Leben einfach weiter läuft, obwohl eine wichtige Person in meinem Leben nicht mehr da ist. Die Welt dreht sich einfach weiter, ohne darauf Rücksicht zu nehmen.
Das Lied beschreibt die Trauer sehr gut, man findet sich in dem Lied wieder. Vielleicht hilft es dir ja auch.

Du schreibst, dass du bereits in psychologischer Behandlung bist. Ich finde es sehr mutig von dir, dass du diesen Schritt gewagt hast. Leider scheint dein Therapeut nicht wirklich an dich heranzukommen.
Hast du schon mal darüber nachgedacht, den Therapeuten zu wechseln? Vielleicht kann dir ein anderer Therapeut besser helfen, als dein jetziger.

Was ich allerdings viel besser finden würde, wäre ein stationäre Therapie bzw. eine psychosomatische Reha. Dort kannst du dich intensiver mit dem Geschehenen auseinandersetzen. Ich denke, dass es besser für dich wäre, als wenn du einmal in der Woche zu deinem Therapeuten gehst.

Bei so einer stationären Behandlung hast du Einzelgespräche, eventuell Gruppengespräche und in den verschiedenen Therapien (z.B. Musiktherapie, Maltherapie, Bewegungstherapie usw. ) kannst du lernen, das Geschehene zu verarbeiten.
In der Klink sind viele Menschen, denen es auch schlecht geht. Oft ist es so, dass man dort Bezugspersonen findet und sich gegenseitig aufbaut.
Während der Therapie lernst du, dass Alkohol keine Lösung des Problems ist. Alkohol betäubt deinen Kummer lediglich. Wenn du wieder nüchtern bist, ist deine Trauer wieder da. Du lernst, dass du deine Trauer anders ausleben kannst, ohne zum Alkohol zu greifen.

Ich selbst habe auch so eine Therapie gemacht. Allerdings aus einem anderen Grund. Für mich war das eine ganz tolle Erfahrung. Die erste Zeit war sehr schwer, weil ich nicht reden wollte. Ich wollte niemanden an mich heran lassen. Doch als ich merkte, dass es den anderen Patienten zunehmend besser ging, fing ich an, mich zu öffnen.

Mir hat die Therapie sehr gut getan. Ich habe gelernt, dass meine Freunde hinter mir stehen, egal, wie schlecht es mir geht. Ich habe gelernt, dass ich mich für meine Gefühle nicht schämen muss. Außerdem habe ich gelernt, Gefühle auszusprechen und sie nicht zu betäuben oder zu unterdrücken.

Heute kann ich sagen, dass es mir besser geht. Ich würde jederzeit wieder eine stationäre Therapie machen, weil es einfach viel intensiver ist, als einmal die Woche zum Therapeuten zu gehen.

Sprich deinen Therapeuten doch mal darauf an. Er kann dir geeignete Kliniken empfehlen und Anträge mit dir zusammen ausfüllen. Ich bin sicher, dass du so wieder auf die Beine kommst, weil du bereits eingesehen hast, dass es so nicht weiter gehen kann.

Klar, es ist absolut traurig, was mit deinem Verlobten passiert ist. Aber das Leben muss nunmal weiter gehen. Du darfst jederzeit traurig sein. Du darfst auch jederzeit weinen. Aber du musst auch verstehen, dass das Leben ohne ihn weiter geht. Die Welt hört nicht auf, sich zu drehen, wenn jemand stirbt.

Vielleicht hilft dir unsere Soforthilfe ein bisschen weiter: http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/13/Wie-gehe-ich-mit-dem-Tod-um.html

Du kannst dich auch jederzeit gerne wieder an uns wenden, wenn du dir deinen Frust einfach mal von der Seele schreiben willst.

Außerdem möchte ich dir eine Telefonnummer ans Herz legen. Nämlich die Telefonnummer von der Telefonseelsorge:

Telefon 0800 111 0 111 (evangelisch)
oder 0800-111 0 222 (katholisch)
Internet: www.telefonseelsorge.de

Dort kannst du jederzeit anrufen, wenn es dir schlecht geht. Die Mitarbeiter dort haben immer ein offenes Ohr und können dich ein wenig aufbauen. Vielleicht wäre das eine Lösung, bevor du zum Alkohol greifst.

Bitte nimm dein Leben wieder in die Hand. Es wird kein einfacher Weg, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Aber es gibt immer ein Licht am Ende des Tunnels.

Alles Liebe und ganz viel Kraft,
Franzi